Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Expeditionen«

Urlaub, Tage 8 bis 11 – Ein Ausflug nach Tivoli, Abholservice vom Flughafen in Rom und Eröffnung des Pools

8. 10. 2022  •  Keine Kommentare

Mittwoch | Ich wache auf und weiß: Heute ist ein Tag, der nichts von dir wollen soll. Ich frühstücke ausgiebig. Dann gehe ich hinaus, ziehe die Plane vom Pool, schalte den Poolroboter ein und fange mit einem Käscher Blätter und tote Insekten. Das ist eine meditative Tätigkeit, und es sind sehr spannende Insekten dabei: eine Gottesanbeterin, außerdem wurmartige Gliederinsekten und große, haarige Spinnen von einem Gewicht, das sie bis auf den Grund des Pools hat sinken lassen.

Danach sinke ich auch – in den Liegestuhl und schrecke nur hoch, wenn der Poolroboter zwischendurch schlürfend an die Oberfläche kommt. Später erhebe ich mich noch einmal und pumpe den Flamingo auf. Badebereitschaft ist hergestellt!

Badeflamingo treibt auf dem Pool in Olivenhängen

Donnerstag | Gegen Mittag breche ich in Torrevecchia Teatina auf, fahre zwei Stunden lang durch die Berge der Abruzzen, über Brücken und durch Tunnel, bis ich in Tivoli bin. Tivoli ist in der Nähe von Rom. Der Name wurde zum Synonym für Vergnügungsparks, weil Kaiser Hadrian dort eine ausgedehnte Villenanlage errichten ließ, die Villa Adriana, mit künstlichen Seen, Wasserspielen und Theatern – was den gemeinen Römer halt unterhielt.

Dort gehe ich allerdings nicht hin, sondern besuche stattdessen die Villa d’Este. Sie hat all das auch: in einem atemberaubenden Renaissancegarten. Errichter war der Kardinal Ippolito d’Este. Er hatte ein bisschen zu viel Geld – seine Mutter war die Fürstin Lucrezia Borgia – und litt wohl auch an leichtem Größenwahn (subjektive Interpretation). Sein Nachfolger Alessandro d’Este – offenbar auch ein Mann, dem Mäßigung und Bescheidenheit fern lagen – vollendete das Werk.

Ich steige auf verschiedenen Wegen, Rampen, Treppen und Terrassen den Hang hinunter. Hinter jedem Vorsprung und jeden Torbogen kommt ein neues, gigantisches Wasserspiel zum Vorspiel. Wahnsinn.

Panoramabild eines Hofs mit Wasserpiel und Sitzbänken

So viele Wasserspiele es gab, so viele Damen gab es auch, die vor den Wasserspielen posierten, die Brüste vorgestreckt, die Lippen zu einem Schmollmund geschürzt, ein Bein leicht angewinkelt. „Dreh dich noch einmal“, ruft ihnen die Freundin zu. Das Model wendet sich zur anderen Seite, schiebt die Sonnenbrille ins Haare, und schüttelt die Haare über die Schultern. Eine Hand ist in die Hüfte gestemmt, die andere hängt locker herab. Es scheint, als hätten sich alle auf diese Pose verständigt, als sei dies die Haltung, die man einnehmen müsse, wenn man vor einem Wasserspiel steht.

Anschließend verweile ich noch etwas in Tivoli, nehme ein MIttagessen ein (gepfefferte Pasta) und esse ein Eis, Pistazie und Wafelino, Waffeleis. Beides ist so lecker, dass ich fast ohnmächtig werde vor Rührung.

Eis mit extra Deko-Eishörnchen vor einem Platz

Danach fahre ich an den Flughafen nach Rom und hole den Reiseleiter und die Kinder ab. Der Flug hat eine Stunde Verspätung. Ich verbringe sie lesend. Dann fahren wir nach Torrevecchia Teatina, wo wir gegen Mitternacht ankommen. Die Kinder sind erst aufgeregt, dann schlafen sie ein, dann sind sie übernächtigt. Zu Hause fallen wir alle in unsere Betten.


Freitag | Den kommenden Tag verbringen wir akklimatisierend am Pool mit einem spätnachmittäglichen Ausflug ans Meer. Das ist gleichs ums Eck, einmal den Berg runter.

Der Flamingo wird zum Wassertaxi erkoren, das die Fahrgäste über den Pool schippert.


Samstag | Der Pool hat gerade einmal 20 Grad, aber das stört uns alle nicht. Geht man das erste Mal hinein, ist es kalt, aber beim zweiten Mal ist es schon gar nicht mehr schlimm. Die beste Beschäftigung ist, das Wassertaxi per Arschbombe in Seenot zu versetzen. Mein Körper kann üppige Arschbomben machen.

Am Nachmittag fahren wir nach Ortona, erklettern die dortige Zitadelle, essen Eis und schauen uns die Gassen der Stadt an.


Gelesen | Miss Island von Auður Ava Ólafsdóttir, aus dem Isländischen von Tina Flecken. Klappentext:

In Amerika sagt Martin Luther King »I have a dream«.  John F. Kennedy wird erschossen. In England starten die Beatles ihre Weltkarriere. Nur in Island steht die Welt still. Das muss auch Hekla erfahren, als sie –  22-jährig mit ihrer Remington-Schreibmaschine, einem Romanmanuskript, dem „Ulysses“ von James Joyce und einem englischen Lexikon – in einen verrauchten Überlandbus steigt, der sie vom elterlichen Hof nach Reykjavík bringt. Dort, in der Stadt der Poeten, will sie ihren Traum verwirklichen und mit Büchern berühmt werden. 

Aber die schöne Hekla, benannt nach einem Vulkan, stellt schnell fest, dass in der konservativen, männerdominierten Gesellschaft das Interesse an einer Miss Island größer ist als das an einer Schriftstellerin. Genau wie ihr Freund Jón John, der von einem Engagement am Theater träumt und als schwuler Mann ebenso mit Einschränkungen und Rollenzuschreibungen konfrontiert ist, erkennt sie, dass sie ihre Pläne nur realisieren, ihre Freiheit nur finden kann, wenn sie die Insel hinter sich lässt.

Ein leiser Roman, allerdings mit etwas wenig Handlung, dafür mit guten Charakterbeobachtungen.

Urlaub, Tage 5 und 6 – Ortswechsel in die Abruzzen und Akklimatisierung

4. 10. 2022  •  Keine Kommentare

Reisetag | Ich fahre in die Abruzzen. Von San Pellegrino aus sind das knapp 700 Kilometer, zunächst Richtung Mailand, dann über Bologna Richtung Osten an die Adria, dort die Küste hinunter bis nach Pescara. Die Fahrt ist entspannter, als man sie sich auf einer deutschen Autobahn jemals vorstellen kann. Der Verkehr fließt dahin; alle fahren die gleiche Geschwindigkeit.

An den Raststätten fallen mir drei Dinge auf:

  1. Es gibt, als Schutz vor der Sonne, überdachte Parkplätze – darauf Photovoltaik.
  2. Die Anzahl der Ladeplätze für E-Autos ist schon auf der Autobahn ausgeschildert.
  3. Während auf deutschen Autpbahnen zunächst die Tankstelle und dann die Raststätte kommt, ist es hier umgekehrt: Erst parkt man, besucht die Toilette, isst und trinkt, und beim Wegfahren tankt man. Das erscheint mir deutlich sinnvoller.

Ich höre „Die Diplomatin“, geschrieben von Lucy Fricke, gelesen von Bettina Hoppe. Es ist die Geschichte der Diplomatin Friederike Andermann, die in Montevideo beginnt und nach Istanbul führt, wo Friederike – Fred – an ihrem Beruf zu zweifeln beginnt und eigene Wege geht. Die Lesung von Bettina Hoppe gefällt mir noch besser als das Buch selbst, ein lakonisch-rotziger Lesestil von einer tollen Stimme.

Gegen Abend komme ich in Torrevecchia Teatina an. Hier werde ich zwölf Tage bleiben; auch der Reiseleiter und die Kinder werden kommen. Der Pool ist noch abgedeckt. Wir werden sehen, ob es in den nächsten Tagen warm genug ist. Der Blick aus dem Liegestuhl geht jedenfalls bis hinunter aufs Meer.

Panoramabild: Haus, abgedeckter Pool, in der Ferne die Abendsonne.

Ich räume die Sachen ins Haus und fahre noch rasch in den Supermarkt, Brot und Käse kaufen, Gemüse, Obst, Getränke und ein paar Kekse.


Torrevecchia Teatina | Als ich am Morgen erwache, weiß ich nicht, wo ich bin. Nach den Nächten auf der Schlaf-Empore, eng unterm Dach, ist das Schlafzimmer riesig. Durch die Vorhänge schimmert die Morgensonne.

Balkontür, geöffnet, durch Vorhänge schimmer Morgensonne. Daneben ein alter Schrank.

Es ist warm, viel wärmer als auf dem Berg in Norditalien. Aus der Umgebung klingen betriebsame Geräusche herüber: Klopfen, Brummen, das entfernte Dröhnen von Maschinen. Ich könnte aus dem Schlafzimmer direkt hinunter in den Pool gehen; an einem anderen Tag vielleicht.

Blick von einer Treppe hinab auf Pool und die Landschaft

Seit mehr als einer Woche bin ich nun unterwegs, und es ist an der Zeit, Wäsche zu waschen. Ich verreise, was die Oberbekleidung angeht, ja nach dem Prinzip 5-5-5: fünf T-Shirts, fünf Hosen oder Kleider/Röcke und fünf andere Dinge, zum Beispiel ein warmer Pullover, die Wanderweste oder die Bluse, die ich Anfang vergangener Woche beim Kunden trug (von dort bin ich direkt in den Urlaub gestartet). Nach acht Tagen braucht’s da mal eine Waschmaschine.

Ich wasche also einmal Dunkelbunt und einmal Hellbunt, genieße den Blick ins Tal und schaue der Wäsche beim Trocknen zu. Die Olivenbäume wiegen sich im Wind. Schmetterlinge fliegen vorbei. Die Nachbarskatze zerlegt knirschend eine Gottesanbeterin.

Ich fahre ans Meer. Der nächste Ort die Straße runter, sechs Kilometer, ist Francavilla al Mare, ein Badeort. Dort: Leere. Der Strand: leer. Die Straßen: leer. Die Parkscheinautomaten: abgeschaltet. Die Geschäfte: geschlossen. Die Rolläden: heruntergelassen. Der ganze Ort ist abgetakelt, bereit für den Winterschlaf. Das Wasser hingegen ist noch warm, wärmer als ein deutsches Freibad im Sommer.

Panoramabild vom Meer in der Sonne.

Ein Stück den Strand hinauf fährt ein Mann einen Trecker. Er kämmt den Strand, schiebt Sand zusammen, baggert ihn von links nach rechts, fährt zum Meer.

Strand, ein Boot und ein Mann auf einem Trecker.

Zwei Schwimmer entkleiden sich, legen ihre Kleidung auf einen Haufen und steigen ins Meer, erst nur bis zur Hüfte, dann tauchen sie unter.

Schirme stehen da wie Statuen. Der Wind zerzaust sie sanft. Bald werden auch sie eigemottet.

Vier große Strohschirme, zugeklappt, dahinter das Meet.

Ich fahre weiter Richtung Ortona. Ich brauche dringend ein Eis.

Wenn man nach Ortona will, fährt man die Landstraße am Meer entlang, durch Badeorte, die ebenso verlassen sind wie Francavilla al Mare, und doch ist einiges los. Supermärkte und Geschäfte säumen die Straße. Zwischen den Orten: Schilf und Bambus.

Ortona ist für zwei Dinge bekannt: In der Kirche San Tommaso liegen die Gebeine des Apostels Thomas. In den Straßen der Stadt fand ein erbitterter Häuserkampf statt – im Dezember 1943, zwischen deutschen Fallschirmjägern und Einheiten der Ersten kanadischen Infanterie-Division. Seither trägt es den Namen „Stalingrad Italiens“.

Ich finde ein Eis und setze mich auf eine Bank an der Promenade. Bänke sind etwas, das die Mittelmeerländer uns voraus haben: Überall sind Bänke, und kaum wird es Abend, sitzen die Menschen dort.

Ein Paar, er und sie, kommt von links. Er schiebt einen Rollator vor sich her, am Griff ihre Handtasche. Sie geht eine Schrittlänge voraus, pafft eine langstielige Zigarette, ihre Schuhe klappern auf den Fliesen. Von der anderen Seite kommen Sohn und Mutter, ganz offensichtlich, sie haben nicht nur denselben gebeugten Gang, dasselbe Gesicht, sie haben auch beide einen Schnurrbart. Ein Mann und ein Kampfhund kommen und gehen wieder. Von rechts ein Mann und eine Frau, sie unterhalten sich auf Deutsch. Er trägt sein Haar wie Guildo Horn, das Polohemd spannt, über die Brust der Riemen einer Herrenhandtasche. Sie ist hübsch, eine Alltagsschönheit, hat die Haare hochgesteckt und wirkt, als sei sie einem Esprit-Katalog entstiegen. Das Eis ist spektakulär gut.

Ich gehe noch etwas durch die Gassen.

Von unten nach oben fotografiert: Häuserfassaden mit Balkonen.

Dann fahre ich nach Hause. Die Sonne steht bereits tief.


Gehört | Alles gesagt? mit dem Wissenschaftsdirektor der NASA, Thomas Zurbuchen. Wieder einmal bedaure ich, dass es zwei Männer sind, die in diesem Podcast die Interviews führen. Eine Frau, da bin ich sicher, hätte an einigen Stellen anders gefragt. Sie hätte tiefer nachgefragt, als Zurbuchen sagte, dass er für Frauen, die bei der NASA arbeiten, viel verändert hat. Sie hätte sich genau erklären lassen, wie die Teamarbeit, die Zurbuchen oft anspricht, bei der Nasa tatsächlich funktioniert, welche Strukturen er verändert hat, nach welchen Kriterien Stellen besetzt werden, welche Rolle Diversität spielt. Sie hätte ihn beim Bericht seines Tagesablaufs gefragt, wie er seinen Beruf mit der Familie vereinbare, zumal wenn er, um 20 Uhr nach Hause kommend, erstmal laufen geht. Auf der anderen Seite bin ich sicher, dass die Interviewer all das gefragt hätten, wäre Zurbuchen eine Frau.

Gehört | Die Lage der Nation – mit einem Interview zum Energiemarkt der Zukunft mit Prof. Lion Hirth, Hertie School (ab 01:02:21). Im Grunde nichts Neues, aber sehr empfehlenswert, weil nüchtern und faktenbasiert. Gerne gehört.

Urlaub, Tag 4 – Morbider Charme in San Pellegrino, ein Tag in Bergamo und ein reichlich gedeckter Tisch

3. 10. 2022  •  1 Kommentar

Sonne | Am vierten Tag meines Urlaubes reißt der Himmel auf, und der Tag begrüßt mich mit Sonne.

Rotgoldener Morgen. In der Ferne hohe Berge. Im Tal Wolken.

In Erinnerung an den Regen hat die Natur einen dicken Batzen Nebel ins Tal gelegt. Durch den Nebel stapfe ich hindurch, als ich vom Berg hinunter gehe nach La Vetta, dem Ortsteil am Hang, wo mein Auto steht. Fünfzig Minuten dauert der Abstieg, 500 Höhenmeter. An einigen Stellen ist es so steil, dass ich in Schlangenlinien absteige.

Nebliger Abstieg ins Tals. Links ein kleines Häuschen mit Geländer, rechts Felswand.
Verlassener Torpfosten, im Hintergrund Blick ins Tal auf San Pellegrino

San Pellegrino Terme ist ein Ort mit morbidem Charme. Einst war es Erholungsort der Reichen und Illustren mit Grand Hotel, Zahnradbahn und Aussichtslokalen. Jetzt lebt es vom Einstigen.

Zwar gibt es das luxuriöse Casinò Municipale im Jugendstil, doch das Grand Hotel steht als Mahnmal am Ufer des Brembo, die Fensterläden verschlossen, die Fassade strahlt Sepia aus. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war es eines der modernsten Häuser der Region, 250 Zimmer, ein jedes ausgestattet mit Telefon und fließendem Wasser. Nun dämmert das Wahrzeichen des Ortes seit vierzig Jahren dahin und wartet auf seine Wiedergeburt.

Grand Hotel, davor ein Baumstamm, in den das Grand Hotel geschnitzt ist.

Ich frage Elisabetta, was geschehen sei. Man habe sich auf dem Erfolg ausgeruht, sagt sie, und über lange Zeit nicht investiert. Irgendwann seien dann die Gäste ausgeblieben. Die Zweifelnden, denke ich, sind auf der Langstrecke eben doch erfolgreicher als die Überzeugten, die Selbstgefälligen. Il Funicolare, die Zahnradbahn, ist immerhin seit diesem Jahr wieder in Betrieb, frisch herausgesputzt.

Gegenüber des Grandhotels, auf der anderen Seite des Flussufers, ein halbrundes Gebäude mit Säulen. Über dem Eingang formen verrosteten Buchstaben den Namen des Wassers, das nach der Stadt benannt ist: Acqua S. Pellegrino.

Flaches, halbrundes Gebäude mit Säulen. Über den Säulen, aus verrostetem Metall: "Acqua S. Pellegrino".

Sonst gibt sich der Ort dörflich. Es ist Samstag. Man geht ins Städtchen, man grüßt sich, trägt Taschen, zieht Hackenporsche hinter sich her, hält ein Schwätzchen.

Neben dem Zeitungskiosk am Ufer des Brembo steht eine Anzeigetafel. Adrian sei geboren, steht dort. Die Kommune heißt ihn herzlich willkommen.

È nato Adrian. La communità dà il benvenuto.

Dann wechselt der Text. Hundehalter werden aufgefordert, Häufchen aufzuheben: „Dein Hund kann es nicht aufsammeln. DU MUSST ES MACHEN! Steck den Kopf nicht in den Sand!“ Die Altherrengruppe auf der Bankbank starrt mich erst an und mir dann hinterher.

Ich fahre nach Bergamo. Bergamo hat ungefähr so viele Einwohner wie Bottrop, ist aber ungleich ansprechender, nicht zuletzt, weil dort das Stracciatella-Eis erfunden wurde. Aber auch architektonisch gibt Bergamo mehr her.

Antike Fassaden, links Santa Maria Maggiore, die Kathedrale.

Die Oberstadt liegt auf einem der letzten Alpenausläufer, und so fühlt es sich auch an, wenn man hinaufläuft. Bis zum höchsten Punkt, dem Castello di San Vigilio, geht es zünftig bergan. Wie auch in San Pellegrino fahren hier Zahnradbahnen. Allerdings sind sie am heutigen Samstag überfüllt. So laufe ich bergan, und mir wird gehörig heiß.

Die Stadt hat eine längjährige Geschichte: Etrusker, Langobarden und Barbarossa bis zum Risorgimento. Bergamo war Zentrum der Corona-Pandemie: Binnen zwei Monaten starben 6000 Menschen.

Brücke in die Città Alta, im Hintergrund liegt die Unterstadt zu Füßen.

Es gibt eine Universität, deren Fakultäten und Institute sich über die Stadt verteilen. Vor allem aber gibt es: Essen. Die Straßen quellen über vor pasticcerie, macellerie, birrerie – Konditoreien, Metzgereien, Brauereien, dazu Bars, Restaurants und natürlich Eisdielen.

Im Il Fornaio liegen die Pizzen im Schaufenster, dick belegt mit ganzem Büffelmozarella. Sie werden nach Kilo-Preis verkauft. Menschen drängen sich im Geschäft.

Massig dick belegte Pizzen in einer Auslage.

Nach dem Tag in der Stadt fahre ich wieder heim auf den Berg.

Im Jeep sitze diesmal nicht nur ich, sondern auch die Tochter und der Schwiegersohn der Vemieter und die zwei Enkelkinder. Elisabetta und Paolo laden mich nicht nur zu Polenta ein, wie verabredet, sondern auch zu Gemüse und Käse, zu Kaffee und Zitronenkuchen, zu Kaktusfrüchten, Wein und Kastanien. Die Kastanien röstet Paolo auf dem Herd: Dazu zerkleinert er Holz, schiebt es in den alten Ofen und kippt die Kastanien auf die gusseiserne Platte. Es wird heiß in der kleinen Küche in der wir zu Siebt um den großen Tisch sitzen, auf dem sich das Essen stapelt. 27 Grad zeigt das Thermometer an der Wand.

Voller Abendbrottisch, im Vordergrund halte ich eine Kaktusfrucht in der Hand

Gegen Zehn steige ich, erwärmt vom Ofen und von Gespräch, in meine Koje in der ersten Etage und schlafe sofort ein.


In Gedanken | Während ich in Bergamo war, waren meine Gedanken oft bei Elena – Journelle -, ihrer Familien und denen, die an diesem Tag auf ihrer Trauerfeier waren.


Gelesen | Schlafmediziner Martin in Schlott, passenderweise auch Chefarzt für Anästhesie, über guten Schlaf:

Schlott: […] Ich bin sogar der Meinung, dass wir uns die Hälfte der Persönlichkeitsentwicklungsseminare sparen könnten, wenn die Menschen ausgeschlafener wären.

ZEIT ONLINE: Sie beraten unter anderem Topmanager und Topmanagerinnen, wie diese besser schlafen können. Was genau empfehlen Sie denen?

Schlott: Schlaf zu einer Priorität zu machen und nicht länger zu glauben, dass vier oder fünf Stunden ausreichen. Am besten sollte man sich klarmachen, dass ausreichend Schlaf dazu führt, dass man bessere Entscheidungen trifft, fokussierter arbeitet und viel mehr Dinge in einer kürzeren Zeit schaffen kann. Wer ihn auf seiner Prioritätenliste nach ganz oben setzt, richtet seinen Tagesablauf danach aus. 

Wie komme ich zu gutem Schlaf?

Die Reise-Richtlinie in meinem Unternehmen sagt ja: Wenn ich vor 6 Uhr aufstehen muss, nehme ich mir ein Hotelzimmer. Ohne ausreichend Schlaf bin ich nicht gut.

Urlaub, Tag 3 – Es regnet weiter

1. 10. 2022  •  7 Kommentare

Einfach nur sitzen | Der Morgen beginnt mit Prasseln. Eineinhalb Meter über mir regnet es aufs Dach. Ein trommelnder Regen, ein Geräusch der Behaglichkeit über den schweren Balken der Blockhütte.

Ich präpariere meine Wärmflasche neu und schlafe erneut ein. Danach lese ich. Dann klettere ich von meiner Schlaf-Empore hinab und mache mir Frühstück. Es dauert etwas, bis ich das Brot in der Pfanne geröstet habe. Immer, wenn ich keinen Toaster habe, mache ich das so: Das Baguette in die Pfanne legen. Ich röste es langsam, Stufe drei, höchstens Stufe vier, sonst verbrennt es schnell. Ich habe Zeit.

Blick ins Tal. Wolken hängen in einer Mulde. Es ist regnerisch.

Ich ziehe mich an und schaue „Mensch, Horst“ in der ARD-Mediathek.

Es regnet in schweren, behäbigen Tropfen. Später in zarten, feinen Tropfen. Ich lese. Am Mittag fällt ein entschlossener, wilder Regen. Um mich herum gluckert es. Ich beobachte fünf kleine, gesprenkelte Vögel, die in der Wiese vor dem Haus Interessantes finden. Es regnet jetzt dünne Fäden. Zu Hause bemitleidet man mich angesichts des Wetters und des Festsitzens auf dem Berg. Aber ich finde es großartig. Ich komme mir vor wie diese Loriot-Figur, die einfach nur sitzen will.

Ich schaue eine Doku über Uschi Glas. Wäre ich ein Delfin – meine Hirnhälften schliefen abwechselnd ein, so angenehm unterfordernd ist es.

Es regnet in Schnüren. Ich überlege, wann ich kochen soll, und denke: Jetzt noch nicht. Später koche ich mir Nudeln mit Paprika und Zwiebeln. Dann bin ich auch schon wieder müde.


Gelesen | Das 9-Euro-Ticket war nicht nur für Städtern, sondern auch für Menschen auf dem Land attraktiv: Lasst uns Landmenschen da raus.

Ob ein preiswertes ÖPNV-Ticket für uns auf dem Land sinnvoll ist oder nicht, hängt eben nicht davon ab, ob hier ein Bus fährt. Sondern wie weit es zum nächsten Bahnhof ist und wie oft dort der Zug fährt. Ich beispielsweise bin in 12 Minuten mit dem Rad am Bahnhof, wo alle halbe Stunde jeweils ein Zug nach Lübeck und nach Kiel fährt.

Gehört | In einer Folge des Podcast „Abschaffung der Problemzonen“ sprach Meike Rensch-Berger mit der jüngst verstorbenen Journelle.

Urlaub, Tag 2 – Der Regen über San Pellegrino

30. 09. 2022  •  2 Kommentare

Regen und ein warmer Herd | Ich erwache auf meiner Empore. Es ist kalt. Ich klettere hinunter. Das Thermometer im Wohnraum zeigt sechzehn Grad.

Es gibt eine Heizung, aber die Hitze steigt auf und sammelt sich auf der Schlaf-Empore. Dann ist es zwar warm, aber ich werde auf eine unschöne Weise gebraten. Also lasse ich alles, wie es ist, fülle nur meine Wärmflasche neu, steige wieder hinauf und krieche unter meine Decke.

Ich brauche etwas, um mich an diesen Umstand zu gewöhnen: zu erwachen und nicht aufstehen zu müssen, mich wieder hinlegen zu können. Mein Körper ist noch auf Arbeit programmiert; er erwacht frph, und mein Kopf beschäftigt sich sofort mit dem, was getan werden muss. Aber es muss nichts getan werden. Es ist nicht einmal hell draußen. Ich nicke noch einmal ein.

Später frühstücke ich ausgiebig und arbeite noch ein wenig: E-Mails schreiben, Dinge abschließen, sie gut übergeben, Rechnungen rausschicken. Die Abwesenheitsnotiz ist schon seit drei Tagen drin, aber ein paar Antworten braucht es doch.

Es beginnt zu regnen. Schwer hängen die Wolken in den Bergen, umhüllen die Hütte. Es schüttet aus Kübeln.

Blick aus dem Fenster auf Wald. Es ist sehr neblig.

Ich genieße das Wetter, das Verdammtsein zum Nichtstun, das Nicht-Rausgehenkönnen, das Prasseln des Regens als einziges Geräusch hier oben.

Später am Nachmittag klart es noch einmal auf. Ich schnüre meine Wanderschuhe und gehe in jede Richtung: den Berg hinauf, den Berg hinunter, links am Berg entlang, rechts am Berg entlang.

Der Weg nach oben führt durch dichten Wald. Es ist rutschig. Zwei Salamander, schwarz-gelb, kriechen durch Laub und Efeu.

Bäume im Nebel

Als es nebliger wird, drehe ich um und gehe in die andere Richtung. Der Matsch klebt lehmig an den Schuhen. Ich hebe einen dicken Ast auf und nutze ihn als Stock.

Auf der anderen Seite öffnet sich bald die Landschaft. Über eine saftige Wiese führt ein Weg den Hang entlang. Es gebe hier viele Rehe, sagt meine Gastgeberin Elisabetta, aber man sehe sie nur am Abend.

Blick vom Hügel ins Tal. Es ist bergig.

Den Berg hinab in einer Kurve steht eine Kirche, die Chiesa di San Michele, die Kirche des Erzengels Michael. Heute, am 29. September, ist Michaelistag. Paolo und Elisabetta haben deshalb ihr Haus geschmückt. Die Maronen, die wir gestern den Berg hinaufgefahren haben, werden am Sonntag im Feuer geröstet – ein kleines Fest.

Sowohl oberhalb als auch unterhalb der Hütte gibt es Wanderwege: eine halbe Stunde hinauf auf den Pizzo Cerro, vierzig Minuten bis nach Vettarola, eineinhalb Stunden bis zum nächsten rifugio. Auf der Wiese ein alter Mann mit Hirtenstock und zwei Hunden. „Salve!“ ruft er, und pfeift gleichzeitig seine Hunde zurück.

Wanderschild, dahinter ein verlassenes Haus

Ich stehe im Wald und tausche Sprachnachrichten mit Beutekind III aus. Alles wird erfragt. Ich schicke ein Video des Salamanders, ein Foto meines Bettes. Noch einen Tag Schule, dann sind Herbstferien.

Der Weg nach Hause führt den Berg hoch. Der Berg kann hier sehr steil sein.

Steiniger, steiler Weg, der an einem Haus endet.

Als ich oben bin, kommt noch einmal die Sonne heraus. Ich lehne meinen Stock ans Haus und ziehe die Schuhe aus. Sie sind noch immer voller Erdklumpen. Als ich gerade die Tür schließen möchte, kommt Paolo den Weg hinauf. Ich höre seinen Jeep, höre, wie die Steine unter den Reifen wegspringen. Er müsse heute Abend kurz die Heizung durchbürsten, sagt er, ich solle mich darauf einrichten, dass es einen Moment lang kalt bleibe. Hier wird mit Pellets geheizt, in Säcken liegen sie in der Garage.

Am Abend gehe ich auf einen Kaffee zu den beiden runter, sie haben mich eingeladen. Es ist gemütlich in der kleinen Küche, die sie mit einem Holzofen beheizen. Paolo und Elisabetta erzählen, wie sie das Haus gekauft und hergerichtet haben. Bis in die Siebziger Jahre haben hier Bauern gewohnt; sie hatten Vieh auf den Weiden und bewirtschafteten das Land. Danach stand es mehr als dreißig Jahre lang leer. Paolo und Elisabetta kauften es mitsamt dem Wald, der sich anschließt.

In ebendiesen Wald hinter dem Haus ging Paolo auch, um Bauholz für seine Hütte zu schlagen; alles, was in meinem Wohnraum ist, einschließlich der Empore, stammt aus diesem Wald. Wo ich heute wohne, war nichts als Ruine. Fast jeden Tag fuhr Paolo nach der Arbeit auf den Berg, um hier zu arbeiten; damals waren die beiden noch nicht in Rente. Wir schauen uns alte Bilder an.

Sie sind besorgt um mich, den morgen sind sie den ganzen Tag nicht da, und ich bin alleine hier. Viermal, nein, sechsmal fragen sie nach, ob das auch wirklich in Ordnung für mich sei, ob ich noch etwas brauche. „Es wird morgen regnen, wir werden bestimmt nicht bis in den späten Abend fort bleiben.“ Und: „Wir haben ein Handy dabei! Wenn etwas ist, ruf uns an.“ Sie zeigen mir, wo sie den Schlüssel zu ihren Räumlichkeiten deponieren, damit ich mir jederzeit holen kann, was fehlen sollte. Ich beteuere mehrmals, dass nichts fehlt und dass alles gut sei, tutto bene, aber sie sind skeptisch.

Am Samstag, sagt Elisabetta, sei sie den ganzen Tag zu Hause, dann werde sie, wenn ich wolle, Polenta für mich kochen, polenta bergamascha mit Käse aus der Region. Drei bis vier Stunden müsse sie auf dem Herd stehen und garen. Ich könne nicht fahren, ohne Polenta gegessen zu haben, auf keinen Fall. Wir machen aus, dass ich am Samstag nach Bergamo fahre und Paolo mich am Abend wieder in La Vetta abholt, Shuttle Service im Jeep. „Lass dir Zeit, ruf uns einfach an, wenn du in Bergamo losfährst. Und iss nichts zu Abend!“

Als ich später wieder auf meine Schlaf-Empore klettere, ruft in der Ferne ein Käuzchen. Sonst ist es still.

Urlaub, Tag 1 – Eine Fahrt zum Borgo di Sussia, hoch in den Bergen über San Pellegrino

29. 09. 2022  •  4 Kommentare

Auf Reisen | Auf der Rückbank sitzen drei hechelnde Pekinesen. Ihre platten Gesichter wirken betroffen. Es ist früher Nachmittag. Ich habe gerade 580 Kilometer zurückgelegt, von Schriesheim bis an die Gotthard-Raststätte. In der Ferne warten, nebelverhangen, schneebedeckte Berge. Aus dem Auto neben mir glotzen mich die Hunde an. Sie warten darauf, dass es weitergeht in Richtung Italien.

Raststätte Gotthard Nord vor wolkenverhangenen Bergen

Ich mache eine Pause, bevor ich in den Tunnel fahre. Die Toiletten auf der Raststätte sehen überraschenderweise aus wie eine Saunalandschaft. Holzverkleidete Kabinen, steinerne Waschbecken. Wäre ich woanders, röche es nach Zitrone und Bergamotte. Hier riecht es nur nach nichts, was auf einer Autobahntoilette schon großartiger ist, als man erwartet.

Toiletten in der Gotthard-Raststätte. Sie sehen aus wie Saunen.

Ich fahre durch den Gotthard, um Mailand herum nach San Pellegrino, den Ort des Mineralwassers. In einem Supermarkt kaufe ich Brot, Müsli, Joghurt, Nudeln und Gemüse. Dann klettere ich mit dem Auto hinauf nach La Vetta, wo Paolo und Elisabetta mit ihrem Jeep auf mich warten.

Auf der Ladeflächen liegen Säcke mit Maronen. Wir packen mein Gepäck dazu, und ich steige auf die Rückbank. Anschnallen ist nicht vorgesehen, und so rumpeln wir über einen Wirtschaftsweg bergan, es wirft uns im Wagen hin und her. Im Sommer, erzählen sie, wohnen sie dort oben, im Winter indessen „giù, giù, giù“, unten, ganz unten. Es geht über bewaldetete Serpentinen hinauf zum Borgo di Sussia, so langsam, dass man nebenher laufen könnte, wenn es nicht so steil bergauf ginge. Als Alternative zu diesem servizio navetta, dem Shuttle Service, sagt Elisabetta, sei ein einstündiger Gepäckmarsch. Während ich durchgeschüttelt werde, überlege ich, ob diese Umstände im Inserat der Unterkunft gestanden hatten; ich konnte mich nicht erinnern, und es ist mir auch gar nicht mal angenehm, die nächsten Tage gefangen auf meinem Berg zu verbringen. Aber Urlaub ist die Zeit des Loslassens, und, sage ich mir: Nun ist es eben so, wie es ist. Einfach annehmen, was das Leben bietet.

Nach zwanzig Minuten öffnet sich der Weg und wir sehen La Cà Fonta, die Blockhütte an der Quelle.

Haus in den Bergen, ein Wirtschaftsweg schlängelt sich hinauf

Paolo hat das Haus selbst restauriert, jede Schraube, jedes Stück Holz hat er in der Hand gehabt. Jetzt, wo er und seine Frau in Rente sind, möchten sie diesen Ort mit Gästen teilen. Dafür lernt Elisabetta nun Sprachen, Englisch und auch ein bisschen Deutsch; sie tue das lentamente, ganz langsam, denn, so sagt sie, kaum habe sie einen Satz gelernt, habe sie den vorherigen schon wieder vergessen, aber irgendwas bleibe am Ende doch hängen.

Es gibt einen Esstisch, ein Sofa und eine Küchenzeile. Auf einer Empore liegen Matratzen. Es ist auf rustikale Weise behaglich. Ich fühle mich sofort wohl.

Ich packe meine Sachen aus und nehme meine Wärmflasche in Betrieb; zwischen September und Mai habe ich auf Reisen immer eine Wärmflasche dabei. Elisabetta schenkt mir Eier – außerdem Zucchini und Tomaten aus ihrem Gewächshaus, das sie immer abschließen muss. Sonst kommen Bergziegen und fressen ihr alles weg.

Ich koche mir Penne Rigate, Nudeln mit Tomaten, Basilikum und Sahne, und gebe Elisabettas Zucchini dazu. Als es dunkel wird, klettere ich auf meine Empore und schlafe sofort ein.


Gehört | SWR1-Leute mit Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann. Sie sagt: Klimaschutz und Wachstum gehen nicht zusammen; wir brauchen eine neue Wirtschaftsordnung. Sie plädiert für eine Überlebenswirtschaft – die allerdings deutlich mehr Luxus bietet als überleben. Vielmehr geht es um ein Leben in der Kreislaufwirtschaft, bei dem wir nur produzieren, was wir auch (ver-)brauchen. Das entspräche einer Wirtschaftsleistung, wie wir sie im Jahr 1978 hatten – allerdings mit deutlich mehr technischem Fortschritt.

Hitze in Rostock

19. 08. 2022  •  4 Kommentare

Ein Ausflug nach Rostock | Anfang der Woche fuhr ich nach Rostock. Management Summary: Tolle Stadt. Guten Workshop gemacht. Strand gesehen.

Strand von Warnemünde in Panoramaaufnahme, Sonnenuntergang

Ein kurzer Ritt durch die Ereignisse, beginnend mit An- und Abreise. Die Rückfahrt verlief trotz dreier Umstiege reibungslos pünktlich. Na gut, zwischen Schwerin und Hamburg musste mein Waggon evakuiert werden – Klimaanlage kaputt und keine Frischluftzufuhr. Im Zug von Hannover nach Hamm war in meinem Waggon ebenfalls die Klimaanlage kaputt, „aber Sie können sich setzen, die Frischluftzufuhr funktioniert, es ist nur ein bisschen warm.“ Ein Zwergelefant aus Borneo hätte es bestimmt „nur ein bisschen“ warm gefunden; für alle anderen war es brühheiß.

Die Hinreise können Sie in einem Thread auf Twitter nachlesen.

Rostock hat direkt mein Herz erobert: Trambahnfahrt am Rathaus und dem Neuen Markt vorbei in die Kröpeliner-Tor-Vorstadt. Hotel fußläufig zum Wasser, zum Kunden und zum Veranstaltungsort. Alles hübsch überschaubar und voller Hanse-Charme. Ich fühlte mich von der Stadt emotional abgeholt. Ich fuhr auch nach Warnemünde – mit der S-Bahn bis fast an den Strand.

Gearbeitet habe ich zwischendurch auch: einen Tag im Büro des Kunden, zwei Tage Workshop im Hotel. Jeweils mit Blick aufs Wasser. Geschäftsreisen an die Ostsee scheinen mir ein Konzept zu sein, das ich ausbauen sollte.

Bemerknisse:

  • Schiffe gucken beruhigt ungemein.
  • Warnemünde verfügt über ein ähnlich illusteres Publikum wie Dortmund, nur ohne Leute mit Migrationshintergrund, dafür mit Menschen aus Sachsen. Bandbreite von „Polohemd mit hoch gestelltem Kragen und Segelschuhen“ bis zur Familie mit Fluppe auf’m Zahn und „Fresse da hinten im Bollerwagen! Es gibt gleich Pommes!“
  • Die Nicolaikirche wird bewohnt, ist aber nicht entweiht: Im Turm sind Büros, unterm Dach Wohnungen, und im KIrchenschiff finden Gottesdienste und Konzerte statt. Spannendes Konzept.
  • Im Petrikeller kann man intensiv trinken. Ich habe das angetestet, Stichwort „Metgebräu“, aber nicht weiter verfolgt, Stichwort „Kopfschmerzen“.

Heiß | Heute war der erste Tag dieser Woche, an dem ich nicht durchgehend schwitzte. In Rostock fühlte ich mich wie ein Pritt-Stift: Schon kurz nach dem Frühstück klebte alles an mir. Die Hitze legte sich über Bewegungen und Gedanken. Nur die Klimaanlage des Hotelzimmers kam gegen die Schwüle an, so dass ich immerhin gut schlafen konnte. Ich sehnte ein Freibad herbei – oder auch nur ein Tauchbecken.


Broterwerb, zurückliegend | Das Graduiertenkolleg „Privacy and Trust for Mobile Users” ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zwischen Doktorand:innen aus Informatik, Rechtswissenschaft, Soziologie, Psychologie und Wirtschaftswissenschaften. Für die weiblichen Mitglieder habe ich im Juni einen Seminarworkshop gestaltet – Workshop for Female RTG members: “Moderating with Confidence” with Dr. Vanessa Giese. Gerade in der interdisziplinären Arbeit gibt es so einige Haken und Ösen; eine gute Moderation von Gesprächen und Projektreffen kann Missverständnissen vorbeugen und Konflikte vermeiden. Gerade das wissenschaftliche Umfeld ist zudem von Besonderheiten geprägt, die sowohl Haltung als auch Fingerspitzengefühl erfordern.


Barcamp Dangast | Wir bleiben im Strandkontext: Am 17. September findet wieder ein Barcamp Dangast statt – in den Räumen des Weltnaturerbes Wattenmeer. Eine kleine Konferenz, die Agenda entsteht am Vormittag. Direkt am Strand treffen sich Menschen und tauschen Wissen und Erfahrungen aus. Ich bin dabei. Themen: offen. Ziel: dort sein, aufs Watt gucken, nette Menschen und am Ende des Tages schwimmen gehen. Denn dann ist Flut.

Mit dabei sind (unter anderem) Frank, Christian, Annette. Es sind noch Plätze frei! Kosten: ein paar Euro für den Raum. Verpflegung und Unterkunft trägt jeder selbst. Verbindliche Anmeldungen unter barcampdangast@ewe.net.

Historisches Bilddokument aus 2018:

Dangast: Am Stand mit Milchkaffee und Cola

Zum Barcamp in Dangast regnet es traditionell. Ich hoffe es innig. In Dortmund weiterhin seit Wochen kein Tropfen. Die Dürre macht Angst vor der Zukunft.


Gelesen | Stefan Rahmsdorf, Professor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, beschreibt sachlich und verständlich auf 18 Seiten, was eine Klimaerwärmung um drei Grad bedeutet. Spoiler: nichts Gutes.

Gelesen | Warum es sinnvoll ist, mit der Hand zu schreiben

Weißt du noch?

8. 08. 2022  •  8 Kommentare

Schatöchen | Manche Unternehmungen sind mehr als andere dazu geeignet, ihre Akteure mit Erinnerungen zu munitionieren für die fernen Tage, in denen sie hüftsteif und reisesatt in einem Lehnsessel sitzen. Zu diesen Unternehmungen gehören zweifellos die Ausflüge aufs Schatöchen, die 2018 ihren Anfang nahmen.

Der letzte Ausflug ist drei Jahre her. Seuchenbedingt mussten wir 2020 und 2021 vorbeiziehen lassen; nun war es daran, den bereits Ende 2019 bezahlten Aufenthalt endlich abzuwohnen. Im vergangenen Wochenende reiste ich wieder dorthin, gemeinsam mit drei Handvoll Freunden.

Was werden wir uns erzählen, wenn wir in vierzig Jahre im Sessel sitzen, die Augen trüb, aber die Erinnerungen klar?

Weißt du noch, das Unwetter? Als wir bei 38 Grad Grad dort ankamen und wir uns nachts mit wehendem Gewand gegen die Fenster des Schlosses stemmten?

Wir werden uns daran erinnern, wie das Wasser in die Zimmer lief und wir versuchten, in der stockfinsteren Nacht die Flügel zu schließen, während Regen prasselte und Blitze die Szenerie erhellten. Der Wind drückte gegen die Fenster, und es dauerte, bis es uns gelang, die Mechanik zu überwinden und sie zuzudrücken.

Weißt du noch, wie wir uns die Leiste zerrten, während wir versuchten, das Einhorn zuzureiten?

Wir werden uns daran erinnern, wie wir uns erst den Arm lahm pumpten, um Herbert, das zwei Meter dreißig lange und ein Meter breite Gay Pride Unicorn, zu Wasser zu lassen. Wie wir zunächst erfolglos versuchten aufzusitzen, bis wir den Bogen raus hatten: Man durfte nicht zu weit vorne aufsteigen und musste seinen Po schwungvoll-beherzt, aber ohne hastige Überstürztheit in der Rückenmitte platzieren und sich sofort gegen den Schweif lehnen.

Weißt du noch, der Notarzteinsatz?

Wir werden uns daran erinnern, wie ich mir beim Ausstieg aus dem Pool den Fuß anschlug, und wir dachten, ich hätte mir den Zeh amputiert. Dabei war es nur ein Nagel. Die Ameisen waren sehr interessiert am üppig tropfenden Blut. Schließlich kam der Zahnarzt, legte einen Druckverband an, und die Sache fand ein zwischenzeitliches Ende. Details verbleiben im Nebel der Erinnerung.

Weißt du noch, wie wir aßen und tranken?

Wir werden uns daran erinnern, wie wir gemeinsam in der Küche standen und die Mahlzeiten zubereiteten, wie wir Gemüse schnitten und Feta würzten, wie wir Eintopf und Nudeln kochten, Kartoffel schälten und Gratin buken, wie wir alles hinaus trugen auf die lange Tafel vor dem Pool, wie wir die Töpfe und Platten herumreichten, bis wir uns schließlich zurücklehnten und stöhnend überstreckten, damit die guten Dinge tiefer hinunter sacken und Platz machen konnten für einen Magen schließenden Digestiv.

Weißt du noch, die Besuche im Paradies?

Wir werden uns erinnern, wie wir in den Leclerc fuhren und wieder auf Neues entzückt waren angesichts der Käsen und Pasteten, der Pasten und Marmeladen. Wir kauften Baguette und zehn Sorten Weichkäse – den im Schälchen mehrmals -, wir packten Panaché und Rosenkekse in den Wagen, suchten Geschenke für Daheimgebliebende, nahmen Suze mit nach Hause und schnupperten wie Süchtige an Seifen.

Weißt du noch, das Pferdewasser?

Wir werden uns erinnern, wie uns die Bremsenbremse begleitete, „Ultrafresh Insektenschutz für Tier und Mensch“: Fünfzig Milliliter fürs Kleinpferd, neunzig Milliliter fürs Großpferd, auf den Menschen passen zwanzig. Wir sprühten uns ein und dufteten wie fünf Zitronenbäume.

Weißt du noch, unsere Fahrt über die Dörfer? Wie ausgestorben alles war?

Wir werden uns daran erinnern, wie wir nach Vertus fuhren und dort nichts erleben, außer dass die Boulangerie schloss, als wir ankamen. Entgeistert standen wir vor verschlossenen Türen und drückten unsere Nasen platt – die Macarons unerreichbar und wir untröstlich. Wir fuhren daraufhin zu einem Champagnerwinzer, verköstigten vier Sorten, kauften drei und fühlten uns wieder besser.

Weißt du noch, die Baguettes in den Mehlsäcken?

Wir werden uns daran erinnern, wie es zwei unserer Männer trotz mäßigen Französischs gelang, die Bäckerei zu dreimaliger Lieferung von Baguettes und Croissants zu überreden. Die Baguettes kamen in Mehlsäcken und dufteten köstlich. Croissants hatten sie wohlweislich mehr bestellt, als wir Reisende waren. Es blieb an keinem Tag etwas übrig.

Weißt du noch, wie wir einfach beieinander waren?

Wir werden uns nicht mehr daran erinnern, worüber wir sprachen, aber wir werden noch wissen, dass wir Gespräche führten über große und kleine Dinge des Lebens, Freuden, Zweifel und Alltägliches. Mehr als unser Kopf wird unser Herz wissen, wie es uns gefiel, befreundet zu sein und diese Freundschaft zu feiern, mit diesem Aufenthalt, ohne Programm. Denn das Programm waren wir selbst.

Wir werden uns an all dies erinnern, wenn wir in unseren Lehnstühlen sitzen und nicht mehr reisen können – oder vielleicht nicht mehr reisen wollen, weil wir so voll sind von Erlebnissen, dass wir sagen: Jetzt ist es genug, jetzt genügen die Erinnerungen, denn sie sind schön und ohne Beschwernis.


Serviceblog | Chateau de Pleurs, Rue du Château, 51230 Pleurs, Frankreich. Buchbar über Olivers Travels oder Airbnb France. Man kann nur das ganze Schloss mieten, die Nacht kostet 1.515 Euro – geteilt durch die Anzahl der Personen, mit denen man reist. Wir waren noch zum preiswerteren 2019er-Kurs dort. Wenn Sie es wie wir machen und eine WG-Kasse eröffnen, aus der Sie Essen und Trinken bezahlen, rechnen Sie mit etwa 40 Euro pro Person für drei Tage, Kinder die Hälfte.

Eine Fahrradfahrt von Gronau über Deventer nach Emmerich

26. 07. 2022  •  9 Kommentare

Die Anreise | „Dafür, dass wir eben so schnell waren, sind wir jetzt ganz schön langsam“, sage ich, als wir auf freie Strecke stehen, und es nicht weitergeht. 

Eine halbe Stunde zuvor, auf dem Weg nach Lüdinghausen, wir fahren gerade an einem Maisfeld vorbei und die Sonne kommt heraus, frage ich: „Wann fährt der Zug?“ – „Halb“, antwortet der Reiseleiter. Ich sehe auf die Uhr. „Das wird aber knapp“, sage ich, „dann haben wir nur noch eine Viertelstunde.“ – „Das wird knapp“, sagt der Reiseleiter. Synchron schalten wir auf ein größeres Ritzel und geben Hackengas. Genau fünfzehn Minuten später fahren wir mit quietschenden Reifen direkt auf den Bahnsteig und in die geöffneten Türen des Zuges. 


Im Zug | Ein Mädchen mit wilden, blonden Locken trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Find your inner Minion“. Eine Frau, die Blondierung herausgewachsen, knallroter Nagellack, schiebt vier goldene, kühlschrankgroße Hartschalenkoffer in den Zug, am Griff Flugetiketten. Zwei Niederländer, ebenfalls mit Fahrrädern unterwegs und routiniert organisiert, blicken während der Fahrt stumm aus dem Fenster. Eine Herrengruppe in Schalke-Trikots trinkt mit erstaunlicher Zielstrebigkeit Sixpacks; bei einem längeren Halt in Coesfeld steigen sie aus und pinkeln gruppendynamisch gegen einen Schmetterlingsflieder.

Angekommen in Gronau lobt ein Mann, zwei Meter groß, Bartschatten, Typ Kuschelbär, mein Fahrrad. Er liebe tolle Fahrräder, sagt er , er komme aus Dortmund, vier seien ihm schon geklaut worden. Ich sage, dass ich auch aus Dortmund komme. „Dann treffe ich doch dort vielleicht mal, Inshallah. Ich kann tolles Essen kochen.“ In dem Moment schiebt sich der Reiseleiter hinter einem Wagenstandsanzeiger hervor. „Dein Freund?“, fragt der Bär. In seinen Augen erlischt ein Leuchten. Doch dann erwacht Kampfgeist. Er zeigt auf den Reiseleiter. „Kann der kochen?“ Ich nicke. Der Bär streckt seine Brust vor. „Aber ich kann besser kochen.“


Geschmeidigkeit | Fahrradfahren in den Niederlanden unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt vom Fahrradfahren in Deutschland: Man bangt nicht um sein Leben.

Als wir die Grenze überqueren, ist der Radweg plötzlich betoniert, glatt betoniert, ohne Wurzelwerk und Hindernisse, breit und auslandend, und er führt immer weiter: durch Felder und Wiesen, Landstraßen entlang, durch Kreisverkehre, mit Richtungs- und Fahrbahnwechseln. Es gibt Ampeln für Fahrräder, Beleuchtung und Pfosten, an denen man sich festhalten kann, ohne abzusteigen. Alles ist so durchdacht, die Fahrt so geschmeidig, man möchte weinen.

Als wir nach Deventer hineinfahren, aus dem Vorort in die Innenstadt, haben wir eine grüne Welle. Auf dem Rückweg entdecken wir, warum: Jeweils 30 Meter vor der Kreuzung fahren wir über einen Anforderungskontakt. Die Autos müssen halten, und wir haben freien Weg. Es ist fantastisch.


Flüsse und Hügel | Gibt es einen Berg, neigen die Niederländer dazu, direkt ein Naturschutzgebiet drumherum zu legen, hier wie dort. Kilometer um Kilometer fährt man durch Heide, Wald und Ginster, vorbei an Birken, Eichen und Kiefern. Der Boden ist sandig. Es geht auf und ab, aber eben auch bergauf. Man wundert sich, schließlich sollte hier doch alles flach sein, so erwartet man das.

Zweimal kreuzen wir auf kleinen Fähren die Ijssel, Fußgänger zahlen einen Euro, mit Fahrrad einszehn. Wir kommen an einen Badesee. Am Natuurzwemmen Lathumse plas springen wir ins Wasser. Das Ufer fällt sofort steil ab. Am Ufer flirrt die Hitze, das Wasser ist schön kalt.

Auf dem Weg gibt es Cafés. Nicht so viele, wie man sich wünschen würde, aber ausreichend. Ein Lokal trägt den Namen „Bike & Eat“ , mein Motto. Wir trinken alkoholfreies Bier, der Elektrolyte wegen.


Die Rückreise | Die Strecke von Emmerich zurück nach Haltern könnte schön sein – gäbe es mehr Züge. Doch zwei Verbindungen fallen aus, andere verspäten sich; einige Linien werden bis September gar nicht bedient, sie sind komplett aus dem Programm genommen: Personalmangel. So schlagen wir uns durch, gemeinsam mit hunderten anderen. Es ist bummsvoll in den Zügen. Handys plärren, Hunde bellen. Das Mitführen von Gepäck, Kinderwagen, Fahrrädern, Rollstühlen oder Rollatoren ist nicht vorgesehen, schon gar nicht zum gleichen Zeitpunkt. Man arrangiert sich und möchte danach in Sterilium baden: Es hat sich noch nicht herumgesprochen, dass man zum Sprechen und Husten die Maske auflässt – wenn man denn eine trägt. Eine Haltung christlicher Nächstenliebe ist gefragt: Um diese Fahrt zu genießen, muss man Menschen mögen wollen.

Es stellt sich heraus, dass Oberhausen einen gar nicht mal so schönen Bahnhof hat. Die Getränkeautomaten sind leer, auf dem Nachbargleis kollabiert eine Frau; Menschen helfen. Der Kiosk in der Unterführung hat noch kalte Cola vorrätig, immerhin. Auch Gelsenkirchen ist nicht hübsch; doch von hier fährt der Regionalexpress – und er fährt tatsächlich, sogar fast leer. Nur weg.

Bahnhof Oberhausen, trostloser Bahnsteig, darüber fliegt eine Taube
Wunderschönes Oberhausen

Zu Hause, nach einer kalten Dusche und einem noch kälteren Radler, geht’s dann schon wieder. Der Reiseleiter erwärmt eine Pizza. Bike & Eat.


Serviceblog | Etappen:

Von Haltern nach Lüdinghausen, circa 10 Kilometer. Von Lüdinghausen mit dem Zug nach Gronau. Von Gronau über Losser nach De Lutte, circa 20 Kilometer

Von De Lutte nach Deventer über Oldenzaal, Borne, Bornerbroek, Enter, Rijssen, Nationaal Park de Sallandse Heuvelrug, Okkenbroek und Lettele, circa 70 Kilometer

Große Kathedrale und ein Platz davor

Von Deventer nach Emmerich über Epse, Gorssel, Klaerenbeek, Loenen, Nationaal Park Veluweezoom, Rheden, Lathum, Zevenaar und Elten, circa 70 Kilometer. Von Elten mit diversen Zügen, wie gerade verfügbar, nach Haltern. Von dort raus aufs Dorf, nochmal 10 Kilometer.


Uns Uwe | „Wir sind noch im Spiel, Digga.“ – „Ja, noch sind wir im Spiel.“

Ein Eiskaffee, ein Buch über Aale und: Man kann mich gewinnen.

2. 05. 2022  •  9 Kommentare

So! | Kurze Zusammenfassung der Ereignisse: Von Garmisch-Partenkirchen aus bin ich nach Karlsruhe gefahren. Der Reiseleiter ist in den Zug ins Münsterland gestiegen. Ich hingegen bin ins Hotel eingecheckt: zwei Tage Arbeit beim Kunden und einige weitere Termine. Insgesamt vier Tage vor Ort. Koffer Eins (Garmisch) blieb im Auto, Koffer Zwei (Business) kam mit ins Hotel.

Am Montag spazierte die Kundin mit mir durch Karlsruhe und zeigte mir die Stadt.

Ich lernte etwas über den Städtebau und über Absolutismus, über den Markgrafen Baden-Durlach, über die Bundesgartenschau 1967, über die Schwarzwaldhalle und das Bundesverfassungsgericht.

Bei unserem Rundgang gelangten wir auch in die Zooterrassen.

Die Zooterrassen sind ein Café. Als wir es betraten, katapultierte uns ein unsichtbarer Fluxkompensator ins Jahr 1965. Am Kopfende des Raumes ziert ein Mosaik die Wand, blau-weiße Schwäne wippen über eine braune Backsteinwand. Von der Decke regnet es Lichttropfen aus dem Lampendesign. Die Tapete über der Holzvertäfelung trägt ein heimeliges Nikotingelb, ebenso die Tischdecken. An der Garderobe baumelt, eingespannt in einen Zeitungsstock, Lektüre. In einer Vitrine warten vier Kuchen auf Gäste.

Die Speisekarte enttäuscht den Besucher nicht. Es gibt Irish Coffee mit Tullamore Dew Whisky (4cl), dazu Vanilleeis und Sahne. Wer es fruchtig mag, entscheidet sich für einen „Kaffee Kirsch“ mit echtem Schladerer Kirschwasser. Auch zu haben: „1 Salamibrot, reich garniert“, der gemischte Eisbecher „Rheindampfer“ (natürlich mit Schladerer Kirschwasser), „1 Paar orig. Frankfurter mit Kartoffelsalat“, dazu Rothaus-Pils „Tannenzäpfle“.

Ich nahm einen Eiskaffee („gemischt nach Original Barrezept“), und glauben Sie es mir oder nicht: Es war einer der besten Eiskaffees, die ich je getrunken habe.

Nach der Arbeit in Karlruhe bezog ich Quartier in Schöllbronn. Das Quartier dort, eine Ferienwohnung, hatte den gleichen Innenarchitekten wie die Zooterrassen. Es war also rundherum großartig.

In Schöllbronn gibt es einen Dorfladen, das Gasthaus „Zur Krone“ und viel Landschaft.


Ich bin ein Gewinn! |  Bessere und nachhaltigere Mobilität: Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg und die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg zeichnen wegweisende Vorreiterinnen und Mitgestalter der Mobilitätswende aus.

Wer dort einen Preis gewinnt, bekommt … mich! Also, wenn er oder sie will. Die Preisträgerinnen und Preisträger dürfen sich nämlich Unterstützung auswählen, die ihr Projekt, Team oder ihr Unternehmen weiter voranbringt. Ich habe mich sehr gefreut, als ich angefragt wurde und war sofort dabei.


Gelesen | Ich habe ein Buch über Aale gelesen. Ja, tatsächlich, über Aale – über diese schwarzen, sich schleimig schlängelnden Fischtiere. Es heißt Das Evangelium der Aale und war verrückterweise ziemlich gut. Ich wusste vorher nichts über Aale – nur, dass sie ziemlich stinken, wenn man sie von der Nordsee mitbringt und unter dem Beifahrersitz des Autos vergisst (alte Familiengeschichte).

Eigentlich bin ich nicht an Aalen interessiert, schon gar nicht kulinarisch (*grünes Brech-Emoji*). Aber irgendwas in mir ließ mich zu diesem Buch greifen. Vielleicht war es das Zitat auf der Rückseite:

Ein Sachbuch wird in 30 Sprachen übersetzt, und es geht um … Aale? Da muss also was dran sein, und da ist was dran.

Sven Stillich, Zeit Wissen

Aale sind, ich hatte mich vorab noch nie mit ihnen befasst, rätselhafte und faszinierende Tiere. Alle europäischen Aale – und auch die amerikanischen – werden im Atlantik geboren, in der Nähe der Bahamas, in der Sargassosee. Der Aal ist dann klein wie ein Weidenblatt und sieht auch so aus. Schwimmend und mit den Meeresströmungen gelangt er ans europäische Festland. Dort verwandelt er sich, wechselt vom Salz- ins Süßwasser, wird vom Weidenblatt zum durchsichtigen Glasaal und sucht sich einen Platz in der Welt. Er schwimmt dabei Flüsse und Seen hinauf, durchquert Moore und geht teilweise über Land. Irgendwann hält er an und bleibt: in einem Fluss in England oder zwischen Schilf im Saarland, in einem Gewässer in Polen oder irgendwo in Schweden. Warum er sich welchen Platz aussucht, weiß niemand. Man weiß nur: Dort verwandelt er seine Gestalt erneut und wird zum Gelbaal. Und: Nimmt man einen Aal, trägt ihn dort und wirft ihn hunderte von Kilometer weiter in ein Gewässer, schwimmt er zu genau dieser Stelle zurück, zu der ihn auch sein Weg von den Bahamas geführt schon hat. Als Gelbaal bleibt er viele Jahr an diesem Ort, manchmal Jahrzehnte. In dieser Zeit macht er nichts anderes als herumliegen und fressen.

Buch "Das Evangelium der Aale". Auch im Bild: Eine Tastatur, Maus und Mauspad im Design eines Teppichs.

Irgendwann macht der Aal sich auf den Rückweg. Er schwimmt die Seen und Flüsse zurück ins Meer und zurück in die Sargassosee. Auf dem Weg dorthin schwinden seine Organe und es wachsen im Geschlechtsorgane. Die hatte er vorher nicht. Was in der Sargassosee geschieht, weiß eigentlich niemand. Noch nie hat jemand gesehen, wie ein Aal sich fortpflanzt. Noch nie hat jemand einen Aal gesehen, der gestorben ist, nachdem er dort gelaicht hat. Die Aale verschwinden einfach in diesem Meeresgebiet, genauso wie sie von dort aufgetaucht sind.

Das ist nur ein Rätsel rund um den Aal. Dass wir überhaupt wissen, woher er kommt, damit hat unter anderem auch die Carlsberg Brauerei zu tun. Aber ich möchte nicht zu viel verraten. Lesen Sie das Buch einfach selbst.


Mist, Mist, Mist | Ich hab etwas verbaselt: Ich habe eine Webinar-Kundin so richtig vergessen. Leider kann ich im Nachhinein nicht mehr tun, als aufrichtig um Entschuldigung zu bitten und ein Angebot für die nächste Teilnahme zu machen. Ich ärgere mich über mich.

Immerhin ist mir klar, woran es gelegen hat, und ich habe eine Idee, wie ich das in Zukunft abfange. Trotzdem Mist, Mist, Mist.


Idee für den nächsten Newsletter | Ich werde etwas über den Unterschied zwischen Selbstorganisation und Selbstüberlassung schreiben. In vielen Unternehmen ist es nämlich ein Problem, dass das Management ein Flaschenhals ist, was Entscheidungen angeht; wenn es sich dann noch schwer tut, Entscheidungen zu treffen, steigt der Frust und sinkt die Beweglichkeit der Organisation. Oftmals wird Verantwortung dann einfach „nach unten“ abgegeben, die Leute werden damit allein gelassen. Falls Sie mehr dazu lesen möchten: Hier gehts zum Newsletter Abo.

Das Thema passt gut zum ersten Präsenzseminar, das ich in diesem Jahr anbiete: Souverän Führen in dynamischen Kontexten. Dort beschäftigen wir uns mit dem Arbeiten in der traditionell-hierarchischen Welt, im agilen Umfeld und dazwischen: In Unternehmen, die alte Strukturen aufbrechen oder das vorhaben. Es geht ums Delegieren, um Entscheidungsprozesse und um Handlungssicherheit bei gleichzeitiger Flexibilität.


Westfalenpark | Die Stadt Dortmund hat den Robinson-Spielplatz im Westfalenpark saniert. Die Beutekinder sind sehr angetan. Bilder vom Spielplatz hier. Für eigene Bilder war zu viel los. Als Ersatz idyllische Parkbilder:



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