Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Mülltonne | Es ist früher, dunkler Morgen. Mein Bewusstsein befindet sich in einem wohligen Zwischenzustand. Ins Erwachen mischen sich Fetzen von Traum; ein sanftes Delir, wohl umflauscht von einem warmen Federbett. Bis ich das Geräusch höre. Brummen. Klappern. Brummen. Erneutes Klappern. Der Müllwagen!

Wo ist die Tonne? Hinterm Haus! Und wo wird sie abgeholt? Vor dem Haus. Weit vor dem Haus, vorne an der Straße.

Ich: raus aus dem Bett. Hose? Zu wenig Zeit. Bademantel! Raus auf die Straße. Hui, glatt. Und: minus fünf Dioptrin. Schlechte Kombination. Wieder rein. Brille. Wieder raus. In der Straße schon zu sehen: die Schweinwerfer des Müllwagens. Klappern. Brummen. Sehr nah! Wieder Klappern. Unmittelbar! Direkt beim Nachbar.

Ich zerre die Tonne hinter dem Haus vor. Renne in Schlappen zur Straße. Wehender Bademantel. Schlafhaare, Knautschgesicht. Motorbrummen. Ich schlittere auf die Straße. Ein geschmeidiger Schwung. Tonne positioniert! Der Müllwagen nimmt sie auf.

YES!! Becker-Säge.


Broterwerb | In Köln gewesen und drei Tage Seminarworkshop gegeben: ein kurzer Einblick in verschiedene Formen agilen und nutzerzentrierten Arbeitens – Kanban, Scrum und Design Thinking. All das kann man natürlich nicht in drei Tagen erklären. Im Überblick zeigt sich allerdings gut die Haltung, die hinter den Arbeitsweisen steckt: keine Über- und keine Unterforderung der Menschen, guter Arbeitsfluss, Arbeiten in Iterationen (Arbeitszyklen), schnell Werthaltiges ausliefern, Prototypen bauen, schnell scheitern – oder das Erfolgreiche nehmen und damit weiterarbeiten. Die Teilnehmer’innen waren allesamt Berufsanfänger’innen; das Seminar soll Neugier wecken und ihnen Anlass geben, die Methoden zu gegebener Zeit zu vertiefen.

Rückfahrt mit dem Zug: vier Stunden für 120 Kilometer. Sprechen wir nicht darüber, Sie können das auf Mastodon nachlesen. Meine einzige Freude war die Modelleisenbahn im Bahnhof Duisburg.

Modelleisenbahn in einem Schaukasten im Bahnhof Duisburg. Im Hintergrund, sich spiegelnd, die Fotografin.

Nebentätigkeiten | ifo-Geschäftsklimaindex ausgefüllt. Dort mache ich jeden Monat mit, damit auch Einzelunternehmer’innen in der Erhebung abgebildet sind. Außerdem VG Wort gemeldet. Ein bisschen was kommt dabei ja immer rum.


Bürgermeisterkandidatur | Neujahrsempfang der Stadt Haltern am See – eine schöne Veranstaltung mit Ensembles der Musikschule. Jeder kann dort hingehen. In der Mehrheit kommen verschiedene Akteurinnen und Akteuren der Stadt.

Im Bild mit mir: die Vorsitzenden der Ortsverbände von Grünen und SPD.

Außerdem war ich auf einer Veranstaltung des Regionalverbands Ruhr (RVR) zur Windenergie. Der RVR hat als Konsequenz des „Wind-an-Land“-Gesetzes seinen Regionalplan überarbeitet. Der Regionalplan legt fest, was auf den Flächen in der Region passiert, also: wo gebaut werden darf, wo sich Gewerbe ansiedeln darf, wo auch zukünftig Wald oder Wasser sein sollen, wo Verkehrswege vorgesehen sind, wo Artenschutz Vorrang hat, wo sich Militäranlagen befinden und wo Platz für weitere Infrastruktur ist, zum Beispiel Energieleitungen. Spezielle Bereiche, auf denen Windenergie gewonnen werden kann, waren bislang nicht vorgesehen. Windkraftanlagen wurden überall dort errichtet, wo sie genehmigt werden konnten. Die Genehmigungsverfahren waren oft lang. Das ändert sich nun. Der RVR hat nach transparenten Kriterien Bereiche festgelegt, die zukünftig für die Gewinnung von Windenenergie vorgesehen sind. Das wird helfen, schneller Windkraftanlagen zu bauen, weil ein Teil dessen, was für die Genehmigung einer solchen Anlage notwendig ist, schon grundsätzlich geprüft wurde. Gleichzeitig helfen die Windenergiebereiche, den Bau von Anlagen stärker regional zu steuern. Denn mit den Bereichen steht fest: Hier kann gebaut werden, woanders nicht. Die Änderung im Regionalplan muss allerdings erst rechtskräftig werden; bis dahin sind noch einige Schritte zu gehen. Bis Anfang März läuft nun erstmal das Beteiligungsverfahren: Jeder, der Einwände gegen die Bereiche hat, die der RVR erarbeitet hat, kann Stellung nehmen.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie gehen die Bonuskinder mit der „öffentlichen Situation“ um? Also sprich:

  • dass sie ab und an im Blog vorkommen – natürlich nur unkenntlich oder mit wenigen Zitaten. Autorisieren sie die Geschichten, Erwähnungen, Fotos von Füßen auf Pedalen?
  • dass ein nicht unerheblicher Teil des Lebens ihrer Bonus-Mutter/ Reisebegleiter-Lebensgefährtin für viele ihnen unbekannte Menschen nachlesbar ist? Nervt es, spielt es keine Rolle, amüsiert es?“

Es ist interessant, dass Sie das so wahrnehmen. Meine Perspektive ist, dass ein erheblicher Teil meines Lebens nicht nachlesbar ist. Das können Sie als Leser’innen nicht wissen. Denn von dem, was ich Sie nicht sehen lasse, wissen Sie ja nicht, dass es da ist. Ich kann aber versichern: 95 Prozent meines Lebens, alles Erhebliche, findet nicht hier statt.

Mit „alles Erhebliche“ meine ich vor allem das Private: Ereignisse in meinem Leben, im Leben des Reiseleiters, im Leben meiner Freunde, meiner Eltern und Schwiegereltern, der Kinder, im Leben anderer Verwandter und Bekannter – und im Beziehungsgeflecht zwischen all diesen Menschen. In meinem Real Life gibt es viele, sehr viele Dinge, die mich intensiv beschäftigen, die mich emotional aufwühlen, die mich zeitlich binden, die mir wichtig sind – und die hier mit keiner Silbe auftauchen. Zu diesen privaten Dingen kommt all das, was mich gemeinsam mit meinen Kunden bewegt: die konkreten Projekte, die speziellen Konstellationen im Projekt und alles Menschelnde in meinen Aufträgen. Das ist ebenfalls intensiv, findet sich hier aber, wenn überhaupt, nur ausschnittsweise und auf einer sehr allgemeinen Ebene.

Auf die Frage hin habe ich nachgeschaut, wann die Kinder zuletzt im Blog vorkamen: Kurz vor Weihnachten mit ihren Händen, als wir Dubai-Schokolade machten – mit einem bewusst auf den Herstellungsablauf beschränkten Bericht. Darüber hinaus tauchten in den vergangenen sechs Monaten viermal die Ergebnisse kindlicher Anwesenheit auf: in Gestalt einer Schneefamilie und eines Tipis, zwei Monate davor gab es die Erwähnung eines Fußballspiels, vor fünf Monaten den Besuch eines Konzertes. In solchen Fällen läuft es dann so ab: Die Kinder sehen, dass ich ein Foto mache. Sie möchten es angucken („Zeig mal!“) und fragen, ob ich das Bild für Instagram nutze – und geben ihr Einverständnis oder nicht. Wenn nicht, wird das Bild gelöscht. Ich filtere, der Reiseleiter liest ebenfalls auf allen Kanälen mit. Ins Blog schauen die Kinder kaum; es interessiert sie (bislang) nicht. Mein Instagram ist interessanter. Das schauen sie sich regelmäßig auf einem der Erwachsenen-Handys an, und das finden sie spannend, speziell wenn ihre Lebenswelt abgebildet ist (Orte oder Ereignisse, die sie kennen) oder wenn ich unterwegs war.


Gesehen | Während ich auf einem Hometrainer durch mein Arbeitszimmer ruderte, sah ich Mein härtestes Rennen · Zugspitz Ultratrail. Bergfreundin Cathi Schauer lief 106 Kilometer und mehr als 5.000 Höhenmeter um das Zugspitz-Massiv – in 22 Stunden. Und ist auch noch fröhlich dabei! Irre. Ich würde ja mehrere Tage brauchen und zwischendurch schlafen wollen.

Gehört | Demenz – wenn ein geliebter Mensch einfach verschwindet. Ein aufschlussreiches Interview mit Friederike, deren Mann mit Mitte 50 an Demenz erkrankte und die schonungslos davon erzählt.

Gelesen | Konservatismus am Kipppunkt. Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl schreibt über radikalisierten Konservatismus, wie wir ihn in den USA, Großbritannien und in Österreich finden – und in Teilen in der CDU/CSU. Strobl stellt die fünf Strategien der radikal Konservativen vor.

Fünftens wird der Emotions- und Erregungspegel immer auf Anschlag gehalten. Radikalisiert konservative Parteien befinden sich im permanenten Wahlkampf. Es geht immer darum, die nächsten 24 Stunden medial zu gewinnen. So werden Aufreger und Schlagzeilen am Fließband produziert, ganz gleich, ob sie Substanz haben oder nicht.

Faule Bürgergeldempfänger, kriminelle Ausländer, betrügende Sozialschmarotzer (alle Nationalitäten), Dunkelflaute, Reichweitenangst, Wärmenpumpenzwang, Register für psychisch Erkrankte, Aberkennung der Staatsbürgerschaft, Blaumachen und Lohnstreichung am ersten Krankheitstag, Grenzen dicht machen … Es ergibt ein Muster, nicht wahr?

So entsteht sechstens eine Parallelwelt. Die inszenierte und behauptete Realität hat immer weniger mit einer faktischen Realität gemeinsam.


Schweine | Versteckschweine.

Ausflug | Heute vorletzter Urlaubstag und ein kurzer Abstecher nach Dortmund. Ich habe immer noch Ärzt:innen dort. Ab und an bedarf es eines Besuchs. Ich nutzte die Gelegenheit, um zwei, drei Dinge einzukaufen und einmal durch die Stadt zu bummeln.

Alter Markt in Dortmund unter Regenwolken

Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Kannst du mal was zu deinem beruflichen Werdegang schreiben? Wie ist es dazu gekommen, dass du jetzt da bist, wo du bist?“

Ein Muster, das sich durch meinen Lebenslauf zieht, ist: Gelegenheiten ergreifen. Ein zweites ist: Neugier. Ich bin ein recht furchtloser Mensch, der sich mehr von Chancen als von Bedenken leiten lässt. Ich mag Herausforderungen. In den vergangenen Monaten habe ich mich mehrmals gefragt, ob das immer schon so war oder ob das mit der Zeit gekommen ist. Ich glaube: Es war immer schon in mir. Vielleicht ist es Charakter, vielleicht die Gnade einer sicheren Kindheit, vielleicht das Geschenk, immer gefordert zu werden. Denn ich bin ein großer Mensch und war ein großes Kind, sah mit einem Jahr aus wie mit zweien, mit sechs Jahren wie acht und so fort – und ich wurde von meiner Umwelt so behandelt.

Als ich sechzehn war, sagten meine Eltern zu mir: „Sechs Wochen Sommerferien, sechs Wochen faulenzen – das gibt es nicht mehr. Entweder du machst ein Praktikum für deine Zukunft oder du gehst in eine Fabrik arbeiten.“ Ich entschied mich für ein Praktikum und heuerte bei der Lokalzeitung an. Lokalzeitung, das war damals noch was, in Zeiten, als es kein Internet gab. Ich schrieb über den Kinderferienspaß und die größte Sonnenblume des nördlichen Sauerlandes und stellte mich wohl insgesamt ganz gut an, denn ich wurde als freie Mitarbeiterin übernommen. Das blieb ich auch während des Studiums, übernahm an den Wochenenden Redakteursdienste, lernte, einigermaßen gute Bilder zu machen, übernahm Fotodienste und entwickelte Negative in der Dunkelkammer.

Ich war die Erste in meiner Familie, die Abitur gemacht und ein Studium aufgenommen hat (Italienisch, Medienwissenschaft, Sozialpsychologie). Im Studium konnten meine Eltern mir die Miete zahlen, für alles andere musste ich selbst sorgen. Ich arbeitete viel: am Wochenende als freie Mitarbeiterin bei der Zeitung, in der Woche gab ich Schüler:innen Englisch- und Latein-Nachhilfe und war als studentische Hilfskraft beschäftigt, in den Semesterferien arbeitete ich mal in einer Buchbinderei, mal in einer Kunststofffabrik oder baute Messestände auf.

Ungefähr 1999 wechselte ein Redakteur meiner Lokalzeitung ins Haupthaus des Verlages, der Funke Mediengruppe (seinerzeit noch WAZ Mediengruppe), und begann, Internet zu machen. Ich studierte schon und fand das interessant, rief ihn an und fragte, ob ich in den Semesterferien ein Praktikum bei ihm machen könne. Ich stellte mich ausreichend gut an und wurde als freie Mitarbeiterin übernommen. Wir bauten die Zeitungsauftritte der Mediengruppe auf – und die Infrastruktur im Hintergrund. Damals war alles grüne Wiese, es gab keine Konzepte, nur rudimentäre Content-Management-Systeme, wir brachten uns alles selbst bei. Mit dem 11. September 2001, Nine Eleven hatte ich eine unbefristete 20-Stunden-Stelle, auf der ich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen die Onlineauftritte der Zeitungen weiterentwickelte und mit Inhalten bestückte. Die letzten eineinhalb Jahre meines Studiums arbeitete ich eine Woche und studierte eine Woche und wurde dennoch in de Regelstudienzeit fertig.

Mit dem Ende meines Studiums bot man mir einen Festvertrag an, aber ich wollte erst ein Volontariat machen, die grundständige Redakteursausbildung. Man strickte mir ein Digitalvolontariat, und ich wurde die erste Digitalvolontärin der WAZ Mediengruppe – mit Stationen bei der dpa infocom in Hamburg, der Digitaltochter der Deutschen Presseagentur, und der Thüringer Allgemeinen in Erfurt, bei denen ich jeweils einige Wochen verbrachte. Nach Ende der Ausbildung wurde ich Teamleiterin für aktuelle, überregionale Themen, die wir zentral aus Essen für alle Onlineauftritte der Funke-Zeitungen aufbereiteten. Gemeinsam mit meinem Team kümmerte ich mich um die Online-Berichterstattung von Bundestags- und Landtagswahlen, um Naturkatastrophen – zum Beispiel den Tsunami 2004 – und um andere nationale und internationale Ereignisse.

Nach zweieinhalb Jahren verließ ich Funke, um in die Wissenschaft zu gehen. Parallel zum Job hatte ich mich am Institut für Journalistik an der TU Dortmund beworben und angefangen, eine Doktorarbeit zu Innovation im Lokaljournalismus zu schreiben. Am Institut übernahm die Lehrredaktion Print – und zeitweise auch die Lehrredaktion Online. Auch am Institut gab es viel Umbruch und Entwicklung: Es war Bologna-Reform, die Umstellung von Diplom auf Bachelor und Master. Außerdem sorgten wir dafür, dass die Studierenden nicht mehr nur in einem Medium – Print, Radio, TV oder Online – ausgebildet wurden, sondern mehrmedial. Das erforderte große Umstrukturierungen. Wir veränderten die Ausbildungspläne, aber auch die Technik im Hintergrund, um medienunabhängige, journalistische Inhalteproduktion zu ermöglichen. Als Redaktionsleiterin wurde ich außerdem Chefredakteurin von Deutschlands größter Studierendenzeitung, eine Kooperation mit der (und da war sie wieder) WAZ Mediengruppe.

Ich war mit meiner Dissertation noch nicht ganz fertig, als sich alte Kollegen bei mir meldeten. Es gebe jetzt neuerdings solche tragbaren Geräte, Tablets – ob ich Lust habe, digitale Produktentwicklung bei Lensing Media zu machen. Ich sagte zu und arbeitete gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen daran, das Mobile Business von Lensing aufzubauen, gleichzeitig die digitalen Zeitungauftritte zu relaunchen und zahlreiche weitere Dinge aufzubauen, zum Beispiel Single-Sign-On-Lösungen, digitale Bezahlmodelle und innovative Werbeformate wie das REWE-Dinner. Auch hier gab es seinerzeit viel grüne Wiese: E-Paper, Konzepte für Apps … wir brachten uns vieles selbst bei – im Verbund mit anderen Verlagen und einem technischen Dienstleister. Parallel schrieb ich meine Diss zu Ende.

Nach knapp fünf Jahren verließ ich die Medienbranche und wechselte als Leiterin der Kundenentwicklung zu einer Strategieagentur. Gemeinsam mit meinem Team berieten wir mittelständische Unternehmen in Kommunikation und Veränderung, darunter Unternehmen aus IT, aus der Wohnungswirtschaft, der Kulturbranche und dem sozialen Bereich.

Nach dieser Station machte ich mich selbstständig. Ich hatte bis dato fast zwanzig Jahre in Veränderung und Digitalisierung gearbeitet, unzählige Vorhaben gesteuert, Strukturen aufgebaut, hatte sowohl lateral als auch disziplinarisch Projekte und Menschen geführt und viele Erfahrungen gesammelt, wie man erfolgreich Wandel gestaltet – und woran er scheitert. Seit knapp neun Jahren arbeite ich nun als selbstständige Unternehmensberaterin und begleite Organisationen. Ich bin Teil von längeren Beratungsprojekten, in denen ich gemeinsam mit den Leuten im Unternehmen Arbeitsweisen verändere, in denen ich vermittle und gestalte und Dinge, die stocken, in Bewegung bringe – und auch dafür sorge, dass sie nachhaltig zu Ende geführt werden. Ich moderiere als neutrale Instanz Workshops und Tagungen, gebe mein Wissen in Seminaren weiter und coache Führungskräfte (und manchnal auch Privatpersonen). In der Selbstständigkeit habe ich bislang unfassbar viel gelernt – dank meiner Kunden, ihrer Herausforderungen und durch Weiterbildungen. Letztere kann man auf meiner Website nachlesen, auch einige Kundenstimmen und Vorhaben, die ich begleitet habe.

Das waren nun viele Worte, und dennoch ist der Lebenslauf immer noch nicht vollständig. Denn nebenbei habe ich ja nicht nur die Dissertation zu Ende geschrieben, sondern auch ein Buch und noch ein Buch. Aber das ist dann vielleicht eine anderer Beitrag.


Schweine | Heute großer Ausflugstag in den Garten. Der Weihnachtsbaum liegt dort, der Wind hat ihn vor den Stall geweht. Die Schweine waren verzückt und hatten große Freude, zwischen den Ästen hindurchzulaufen und sich im Baum zu verstecken. Das anschließende Abendessen:

Drei Meerschweine am Gemüsenapf, essend.

Jahreszeitliche Ereignisse | Die Heiligen Vier Königinnen haben mich besucht und ihren Segen dagelassen.

Dreikönigssegen mit Kreide auf Backsteinen geschrieben.

Außerdem hat es dick geschneit. Als ich erwachte, lag die Welt unter einer hübschen Schneedecke. Für drei Stunden war Winterwunderland, dann begann es, ausdauernd zu regnen. Nun ist alles bereits wieder Matsch, die Schneefamilie verendet langsam auf dem Rasen.

Ein Schneemann, eine Schneefrau und ein Schneekind neben dem Meerschweinchenstall im Garten. Die Schneepersonen tragen Mütze und Schal und haben eine Möhrennase.

Leser:innenfragen | Zwei Fragen aus der unverbindlichen Themenvorschlagsliste, die ich gemeinsam abhandele:

  • „Wie ist es dazu gekommen, dass du dich als Kandidatin aufstellen lassen hast? Von wem kam die Idee? Wie läuft so ein Prozess ab?“
  • „Wie war der Findungsprozess innerhalb der Familie, sich als Bürgermeisterkandidatin aufstellen zu lassen? Es betrifft ja dann doch irgendwie alle und ist sicher nicht unproblematisch, gerade für die Kinder.“

Die Idee kam zu mir geflogen. Der Reiseleiter ist seit ungefähr einem Jahr Mitglied bei den Grünen und hatte begonnen, sich ein wenig im Ortsverband zu engagieren, ist zu Stammtischen und Vorstandssitzungen gegangen und hat sich auch daran beteiligt, Plakate für die Europawahl aufzuhängen. Auf der kommunalen Ebene lebt politisches Engagement ja viel vom Ehrenamt.

Eines Tages kam er von einer der Sitzungen des Ortsverbandes nach Hause und erzählte, man habe über die Kommunalwahl 2025 gesprochen. Man wolle einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Bürgermeisteramt stellen – wahrscheinlich gemeinsam mit der SPD. Momentan gebe es aber niemanden, der sich anbiete. Man habe eine Liste gemacht, was der-/diejenige mitbringen müsse. Bei jedem Punkt, sagte der Reiseleiter, habe er gedacht: Krass, die Person sitzt bei mir zu Hause.

Er zählte die Punkte auf – Nahbarkeit, Führungserfahrung und noch viele Punkte mehr – und ich dachte: Tja, er hat Recht. „Aber das kommt ja für dich nicht in Frage“, meint er, und ich antwortete: „Nee … wahrscheinlich nicht.“ Ich ließ die Idee jedoch ein bisschen in mir marinieren, bis sie gut durchgezogen war, und sagte einige Tage später: „Unverbindlich sprechen kann man ja mal.“

Also sprach ich mit verschiedenen Personen und Kreisen: mit der Ortsverbands-Vorsitzenden der Grünen, mit dem Vorstand der SPD, dem erweiterten Vorstand der Grünen, der SPD … darüber gingen ein paar Wochen ins Land. Dann wurde ich zunächst von den jeweiligen Vorständen der Ortsverbände bestätigt. Anschließend habe ich mich auf den Mitgliedervsammelungen vorgestellt und wurde als potentielle Kandidatin gewählt. Danach war ich offiziell Bürgermeisterkandidatin und habe mich der Presse vorgestellt.

Wir haben die Kandidatur vorab nicht mit den Kindern oder anderen Menschen aus unserem Umfeld besprochen. Denn wenn die Kinder es gewusst hätten, hätte es über kurz oder lang die ganze Stadt gewusst. Gleiches gilt für andere Menschen. Das wäre kommunikatorisch ungünstig gewesen.

Ehrlich gesagt finde ich nichts problematisch an der Kandidatur. Am meisten betrifft sie mich selbst. Denn während des Wahlkampfs muss ich meine Selbstständigkeit einschränken: zu Beginn wenig, in der Hochphase viel – und sollte ich gewählt werden, ruht sie für die Zeit des Amtes. Meine Unternehmung läuft sehr gut, ich bin auf Monate ausgebucht – die Kandidatur ist in jedem Fall ein wirtschaftlicher Verlust für mich. Ich kandidiere aus der Überzeugung, dass es eine fortschrittliche, vermittelnde Politik braucht, die an Lösungen interessiert ist, nicht an Parteigrenzen – mit Know-how in Sachen Digitalisierung und moderner Führung, damit die Stadt weiterhin ein toller Ort zum Leben bleibt.

Das größte Thema für mein Umfeld ist der Zeitaufwand, besonders in den Abendstunden und am Wochenende. Die Kandidatur sorgt allerdings auch dafür, dass ich mehr zu Hause und nicht so viel in Deutschland unterwegs bin. Hier und da können der Reiseleiter und die Kinder zu Veranstaltungen mitkommen, wenn sie Lust haben – zum Beispiel zum Neujahrsschwimmen -, müssen aber nicht. Das sind Veranstaltungen, die wir auch unabhängig von der Kandidatur besucht hätten; wir leben hier ja auch.

Dass die Bürgermeisterkandidatur für die Kinder problematisch sein soll, sehe ich nicht. Gerade in diesen Zeiten halte ich es für gut, wenn sie hautnah erfahren, wie Demokratie funktioniert, wofür Menschen sich einsetzen, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann und dass es am wichtigsten ist, demokratische Werte im Sinne des Grundgesetzes und des europäischen Gedankens zu vertreten. Sollten die Kinder auf meine Haltung und meine Meinungen angesprochen werden, können sie sich natürlich selbst dazu positionieren; das ist eine gute Möglichkeit einzuüben, sich eine eigene, fundierte Meinung zu bilden und sie zu verargumentieren. Dieses Szenario ist momentan aber noch hypothetisch. Bei allem muss man auch sehen: Es sind nicht meine Kinder; sie haben eine Mutter, einen Vater, Großeltern, Tante, Onkel – eine eigene Familie.

Ich bin kein Typ, der alle Probleme durchdenkt, bevor ich mit etwas loslege; Bedenken gibt es für alles immer genug, die Fokussierung auf Probleme führt nur zum Stillstand. Ich höre stattdessen in mich hinein, ob ich mich in der Lage sehe, die Herausforderungen, die auf mich zukommen, zu bewältigen und bespreche das mit meinem Partner.

Als meine Kandidatur bekannt war, fragten die Mädchen mit großen Augen: „… und wenn Vanessa gewählt wird, ist sie dann Chefin der ganzen Stadt?“ Allein dafür, dass diese Möglichkeit nun in ihrer Vorstellungswelt auftaucht – für sich und andere Mädchen -, hat es sich gelohnt.


Gelesen | „The Trouble with Goats and Sheep“ von Joanna Cannon. Ein Buch, das ich in Den Haag gekauft habe, weil mir das Cover gefiel. Ein guter Griff.

Buch "The Trouble with Goats and Sheep" von Joanna Cannon

Eine Nachbarschaftsgeschichte mit einem Hauch von Miss Marple, eingetaucht in britische Vorstadtatmosphäre und menschliche Abgründe. Denn Mrs Creasy ist verschwunden, einfach weg. Die Nachbarschaft ist in Aufruhr. Möglicherweise hat es etwas mit der Geschichte vor zehn Jahren zu tun, mit dem Mann aus Hausnummer 11 und dem Baby. Die Geschichte wird aus der Perspektive mehrerer Nachbarn erzählt, Erwachsene wie Kinder, mit einem feinen Sinn für die Figuren. Ein Panorama von Spießigkeit mit einem bitteren Kern. Habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.


Schweine | Schneeschweine, leicht missgestimmt.

Drei Schweine im Stall, davor Schnee. Die Schweine fressen Heu, gucken aber wenig fröhlich.

Gute Wünsche | Zunächst einmal wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein frohes neues Jahr. Möge es Gesundheit und Heiterkeit bringen!


Müßiggang | Das Leben hier ist angenehm träge. Ich habe noch Urlaub, der Reiseleiter auch, die Kinder haben Ferien – und die Kunden sind ebenfalls noch nicht im Geschäft, denn das einzige, was in meine Postfächer weht, sind Newsletter mit nachweihnachtlichen Rabattaktionen. Wir liegen also herum, lesen oder gehen gesundheitsfördernd spazieren. Gestern sind wir zu Fuß in die Stadt gegangen, fünf Kilometer, mit einem Paket auf dem Rücken, das versendet werden wollte. Wir halten uns also leicht beschäftigt, um danach zurück aufs Sofa zu sinken.


Jahreswechsel | Den Silvesterabend verbrachte ich mit Freunden. Es gab Raclette und alles war entspannt: ohne Extravaganzen und Experimente, mit Freude und guten Gesprächen. Die Tafel bog sich vor Käse und Köstlichkeiten, man reichte sich dieses und jenes, wir plauderten, es gab Eierlikör, und wir spielten Tabu.

Um Mitternacht stießen wir an. Einzelne gingen auch raus auf die Straße, jedoch ohne eigene Böllerei. Um 2 Uhr waren wir im Bett. Ein wunderbar spießiges Silvester zwölf mittelalter Menschen.


Silversterspaziergang | Zuvor, am Silvestermorgen, habe ich an einer Wanderung des Flaesheimer Heimatvereins teilgenommen. Flaesheim ist ein Ortsteil von Haltern am See, wo ich wohne; der Heimatverein hat zwei Jahren zwei junge, neue Vorsitzende. Angeboten wurde eine kurze Silvesterwanderung, morgens um 10:30 Uhr für eineinhalb Stunden, und anschließend, so versprach der Aushang, Reibeplätzchen und Punsch. Das Angebot holte mich ab: eine gute Uhrzeit, um schon aufgestanden zu sein und sich danach nochmal hinzulegen – und zu guten, selbstgemachten Reibeplätzchen muss ich nichts sagen.

Wir spazierten also durch die Haard, und es gab auch ein Ziel: einen Luftschutzstollen. Der Heimatverein hatte zwei Zeitzeugen organisiert, ein Geschwisterpaar, das damals als Kinder den Bau miterlebt hatte. Die beiden erzählten lebhaft von ihren und den Erlebnissen ihrer Eltern. Eine gute Sache: Zeitzeugen des Weltkriegs gibt es nicht mehr viele; man sollte ihnen zuhören.

Der Stollen selbst war nur noch eine Schneise in einem Hügel. Wer nicht weiß, um was es sich handelt, erkennt nichts. Erbaut wurde der Stollen Anfang 1945. Er ging knapp 100 Meter in den Hügel hinein und ist auch heute noch erhalten – vorausgesetzt, man würde den Eingang freilegen. Gebaut wurde er, um Menschen aus Flaesheim für mehrere Wochen ein Obdach geben zu können, sollte das Dorf bombardiert werden. In Flaesheim und Umgebung gab es Stellungen der Deutschen Flugabwehr, die Jagdflieger abfingen, die die Chemischen Werke Hüls bombardierten, heute der Chemiepark Marl. Außerdem war die nahe gelegene Schleuse des Wesel-Dattel-Kanals ein potentielles Ziel.


Neujahrsschwimmen | Eine Kandidatur in der Lokalpolitik bringt Herausforderungen auf Ebenen mit sich, die man vorher nicht ahnt.

An Neujahr, nach dem Raclette-Abend, bin ich gemeinsam mit meinen Kameraden Asterix und Miraculix in den Halterner Stausee gestiegen: Anbaden!

Die Angelegenheit hat Tradition und ist eine Riesengaudi: mit fast 700 Badenden das größte Neujahrsschwimmen nach Cuxhaven. Es ist auch Brauch, dass man sich verkleidet. Ich trat als Majestix, Häuptling der Gallier inmitten des konservativen Münsterlandes an. Die Luft hatte acht Grad bei schneidigem Wind, das Wasser sechs Grad. Beim Reinlaufen in den See habe ich nichts gespürt – bis zu dem Moment, als ich bis zum Bauch drinstand. Dann habe ich sehr viel gespürt.

Der Reiseleiter Asterix hatte anfangs geplant, sich als Gutemine zu verkleiden, der Frau von Majestix, was nur folgerichtig gewesen wäre. Er nahm jedoch davon Abstand, als er sah, dass das Kostümkleid nicht nur meerjungfrauenrosa, sondern auch bodenlang und Schlauch-eng war. Er hatte Angst, darin umzukippen und als gallische Arielle im Wasser zu verenden.


Kapitalanlage | Ein guter Freund verkauft eine Eigentumswohnung in Mülheim an der Ruhr, 46 Quadratmeter, in einer schönen Straße mit Altbauten, fünf Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Wer Interesse hat: die Anzeige.


Leser:innenfragen | In der unverbindlichen Themenvorschlagsliste sind drei interessante Fragen. Vielen Dank dafür! Ich werde mich ihrer alsbald annehmen. Sie benötigen etwas Zeit und Raum. Insbesondere meine Antwort zum Werdegang wird wohl etwas länger werden: Ich bin ja nicht mehr ganz so jung, und mein Lebenslauf ist zwar aus meiner Sicht konsequent und aufeinander aufbauend; das bedarf jedoch Erläuterungen.


Gelesen | Callan Wink: Big Sky Country, aus dem Amerikanischen von Hannes Meyer. Ein guter, nein: sehr guter Coming-of-Age-Roman und gleichzeitig ein Seelenpanorama der republikanischen USA. Es ist die Geschichte von August, der auf einer Farm in Michigan aufwächst. Die Familie zerbricht. Die Mutter, eher progressiv, zieht mit August nach Montana, wo er die Highschool besucht und mehr schlecht als recht Anschluss findet. Nach der Schule lässt er sich treiben und findet Arbeit auf einer Ranch. Er macht die stumpfe Arbeit ohne Selbstliebe.

Callan Wink zeichnet ein Bild von Empathielosigkeit, Alkohol und Gewalt, von Männern, die nur über die Arbeit und das Wetter sprechen können und sonst keine Worte finden. Beinahe alle Probleme entstehen aus ihrer Wortlosigkeit – und finden keine Lösung.

„Hast du dich jemals entschuldigt? Das habe ich mich immer gefragt.“

Veldtkamp schüttelte den Kopf. „Man kann nur Probleme mit reden lösen, die auch durch reden entstanden sind.“ (S. 357)

Gelesen | Frank Glanert war über den Jahreswechsel in Paris und Antwerpen – mit Auto und Fahrrad. Die Bilder aus Paris, von ehemaligen Autotunneln und heutigen Fahrradstraßen, sind faszinierend.

Gelesen | Frau Novemberregen über Abreißkalender


Schweine | Man verweilt dieser Tage gerne inhäusig und lässt die Tage vorüberziehen.

Drei Meerschweine am Gemüsenapf im Stall

Silvester | Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen die Partys erst um 23 Uhr losgingen. Wir hingen in Jugendzimmern auf Sofas ab, auf Parkplätzen und vor Imbissen, es war wahnsinnig fade, bis es endlich losging. Dazu das permanente Gefühl der Unzulänglichkeit, begleitet vom Sich-Beweisen-Wollen. Beides bedingt sich, aber das wusste ich damals nicht.

Heute gehe ich mit Freude früh zu Bett und bekomme schon Tage vor Silvester schwitzige Hände – wenn ich nur daran denke, dass ich bis 1 Uhr aufbleiben muss. Dann noch nach Hause fahren … ach je. Wenn ich diese Umstände allerdings außer Acht lasse, verspricht es, ein illustrer Abend zu werden. Mittelalte Menschen werden sich um ein Raclette-Gerät versammeln, es gibt viel Käse und möglicherweise auch Partyhütchen.


Der Reisende | Wir haben die Hochkultur besucht. Im Essener Grillo-Theater haben wir uns Der Reisende angeschaut, nach einem Roman von Ulrich Alexander Boschwitz: die Geschichten des jüdischen Kaufmanns Otto Silbermann, der erst seine Wohnung, dann seine Frau und dann seinen Verstand verliert, während er, seines Zuhauses und seiner Identität beraubt, in Zügen im Deutschen Reich umherreist.

Es war … (Sie hören mich leise seufzen) … schwierig. Der Kern des Stücks, die eigentliche Geschichte, die Boschwitz-Erzählung vom Reisenden, war gut. Auch die musikalischen Darbietungen, die die Geschichte begleiteten, gefielen mir. Was für eine tolle Stimme Lene Dax hat!

Doch der Regisseur Hakan Savaş Mican hat die Geschichte des Juden Otto Silbermann mit seiner eigenen Geschichte verwoben, hat Parallelen dazu gezogen, wie er in Berlin geboren wurde, bei seiner Großmutter in der Türkei aufwuchs, durch Europa reiste und nach Berlin zurückkehrte. Das passte nicht recht zueinander. Die verbindenden Gedanken – ja, die habe ich verstanden. Aber dennoch: Ich fremdelte mit den erzwungenen Parallelen, mit dem Hauptdarsteller und dem Bühnenbild, mit der Länge der Inszenierung (fast drei Stunden) und mit den unbequemen Stühlen. Es war nicht meins.

Drei Menschen auf einer dunklen Bühne, zwei Männer in Kleidung der 1930er Jahre und eine Frau in einem roten Kleid

A propos Stühle: Ob im Grillo-Theater, im Dortmunder Konzerthaus oder in der Elbphilharmonie – warum sitzt man in all diesen klassichen Häusern so furchtbar ungemütlich? Ist es, damit das Publikum nicht einschläft? Vielleicht betrifft es nur Menschen über einsachtzig, aber herrgottnochmal, das hält mich wirklich von einem Besuch ab.


Gelesen | Eis von Ulla-Lena Lundberg, aus dem Schwedischen von Karl-Ludwig Wetzig. Das richtige Buch für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr: stimmungsvoll, die Handlung gleitet sanft dahin. Pfarrer Petter Kummel tritt Mitte der 1940er Jahre eine neue Stelle auf den Örar-Inseln an, ein kleines, windumtostes Archipel abseits der Schiffsrouten zwischen Finnland und Schweden. Seine Frau Mona und die kleine Sanna begleiten ihn. Das Leben auf der Kircheninsel ist hart und entbehrungsreich, die Menschen sind ebenso herzlich wie eigenbrötlerisch, und Petter weiß sie zu handhaben. In der 500 Seiten langen Geschichte passiert nicht viel, aber doch ausreichend. Ein schöner Roman.


Ausverkauf | Deakin & Blue, die britische Bademodenmarke, die Journelle mir nahe gebracht hat und die Badeanzüge für verschiedene Körperformen anbietet, schließt. Wer noch zuschlagen möchte: Es ist Final Sale.


Schweine | Spaziergang.

Drei Schweine auf der Wiese, eins von hinten, zwei in der Ferne

Weihnachten | Das war es also, Weihnachten 2024, und es war schön. Ich fühle mich komplett durchweihnachtet, ich bin keksbefüllt und sattgegessen. Ich habe sogar gesungen. In der Kirche an Heiligabend konnte ich nur brummen, weil ich immer noch heiser war; mir brach die Stimme. Am ersten Weihnachtstag war ich genesen und konnte mich nach Kräften ins Zeug legen, ein Weihnachtswunder. Zu vierzehn Leuten saßen wir am späten Nachmittag um den Küchentisch, die Torte war verspeist, und der Reiseleiter klampfte nach mehrfacher Aufforderung endlich Feliz Navidad. Die Festgesellschaft sang Prosecco-selig: I wanna wish you a merry Christmas, holte Luft, from the bottle of my heart, aus der Flasche meines Herzens. Prost.

Aber von vorn. An Heiligabend ging ich nach mehreren Jahren mal wieder in die Kirche. Die evangelische Gemeinde wirkte auf der Konfirmation von KindEins ganz sympathisch und hatte zum Fest ein Weihnachtsmusical im Programm: Kinder spielten und sangen die Weihnachtsgeschichte. „Das kann man sich mal ansehen“, waren wir uns einig, und so war es dann auch: kurzweilig, festlich und angemessen aufgewühlt, so wie das sein muss bei einem Krippenspiel und einer Kirche voller Kinder. Außerdem war es angenehm bodenständig: Als Joseph, nachdem er ein paar Tage auf Montage war, erfuhr, dass Maria schwanger ist, reagierte er, wie wir es alle tun würden: Der Heilige Geist, jaja, schon klar, das glaubt nicht mal deine Mudda!

Am ersten Weihnachtstag dann Open House, ich berichtete von den Plänen. Es kamen Alte und Mittelalte, Verwandte, weniger Verwandte und gar nicht Verwandte, wir saßen alle in der großen Wohnküche, aßen Kuchen und Suppe und erzählten uns Schwänke aus unseren Leben. Der Reiseleiter hatte ein Fotobuch von der Dänemark-Fahrradtour erstellt. Die Bilder der Regentage sorgten für große Gefühle; die Fotos, auf denen wir durchnässt, in kükengelben Regenponchos, mit Mülltüten um den Füßen und mit sauertöpfischen Gesichtern in Unterständen saßen, sorgten für große Erheiterung. Humor, sagte einst Woody Allen, sei nichts anderes als Tragik plus Zeit. Ich mag ihm nicht widersprechen.

Wir aßen, tranken und sangen, aßen wieder, und als es an der Zeit war, dass die Gäste aufbrachen, fragten sie nach den Trockentüchern und spülten noch ab. Ich werde sie wieder einladen.

Nachdem sie gegangen waren, war es still – und blieb auch still. Denn am zweiten Weihnachtstag hatten der Reiseleiter und ich kinder- und familienfrei. Wir gingen in die Sauna, lasen zusammen mehrere hundert Seiten, nickten mehrmals ein und kamen am Abend ausgeruht und duftend wieder heim.


Gelesen | Less is Lost von Andrew Sean Greer. Arthur Less ist um die Fünfzig, ein mittelmäßiger Schriftsteller, schwul und mitten in einer Lebenskrise. Sein Selbstbewusstsein liegt am Boden: Mit der großen Karriere will es nicht klappen, finanziell ist es eng und seine Langzeitaffäre Freddy heiratet einen anderen, weil Less es nicht über die Lippen gebracht hat, Freddy seine Liebe einzugestehen. Less nimmt drittklassige Aufträge an, um nicht bei der Hochzeit dabei sein zu müssen. Er tingelt durch die USA – mit einer Theatertruppe und mit Lese-Engagements, er fährt zu seinem Vater und seiner Schwester, nur um immer wieder der Liebe zu begegnen. Ein sympathischer Protagonist und eine mit Leichtigkeit erzählte Geschichte, ausgezeichnet mit dem Pulitzerpreis 2018. Hat mir gefallen.


Und sonst | Sonst passierte nichts – außer dass wir Reste aßen und spazieren gingen, einmal mit Nebel und einmal mit Sonne.


Schweine | „Wir möchten über den Füllstand des Gemüsenapfes sprechen.“

Drei Meerschweine in der Stalltür, zwei schauen in die Kamera, das dritte hatt die Pfoten auf den Futternapf gestellt.

Serviceblog | Im Sinne aller Leserinnen und Leser dieses Blogs haben KindZwei, KindDrei und ich keine Mühen gescheut und Dubai-Schokolade hergestellt. Das hier ist ja ein Serviceblog, und es war uns eine Herzensangelegenheit, uns selbstlos in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen und diesen Trend kritisch zu begleiten. Die Zutaten:

  • 900 Gramm Schokolade
  • 250 – 300 Gramm Kadayif geröstet
  • 600 Gramm Pistaziencreme
  • 5 Esslöffel Tahin

Wir haben zwei Drittel der Schokolade geschmolzen, in Formen verteilt und ein bisschen den Rand hochgestrichen. Wir haben eine Kuchenform, Muffinförmchen und Gefrierdosen genommen. Dann haben wir die Schokolade im Kühlschrank oder Gefrierfach fest werden lassen. In der Zwischenzeit haben wir Kadayif, Pistaziencreme und Tahin vermischt. Anschließend haben wir die Mischung auf die Schokolade gestrichen und die Formen wieder ins Gefrierfach gestellt, bis die Pistaziencreme fest war. Zum Schluss haben wir die restliche Schokolade geschmolzen, auf die Creme gegeben und fest werden lassen.

Das Ergebnis ist sehr überzeugend und ergibt eine große Menge Schokolade, die wir nun verschenken. Möglicherweise essen wir auch ein bisschen was selbst. Vielleicht auch viel.


Broterwerb | Letzte Amtshandlungen: Ich habe die Buchhaltung schön, alle Unterlagen sind abgeheftet, das Postfach ist durchgearbeitet, die Abwesenheitsnotiz ist eingeschaltet.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Solltest Du als Bürgermeisterin gewählt werden, kannst Du das zeitlich mit Deiner beruflichen Selbstständigkeit vereinbaren oder wäre das ein Vollzeitjob?“

Das ist ein Vollzeitjob: Als Bürgermeister:in ist man Wahlbeamt:in auf Zeit. Man hat den Vorsitz des Stadtrates und ist Verwaltungsleitung. Falls ich gewählt werde, wird die Selbstständigkeit für die Zeit der Bürgermeistertätigkeit ruhen. Werde ich nicht gewählt, geht es ganz normal weiter.

Das war die vorerst letzte Frage – es gibt aktuell keine weiteren. Es sei denn, Ihr tragt welche ein.


Vorweihnachtstätigkeiten | Ich habe drei Sorten Kekse gebacken und dabei keine Fotos gemacht. Ist es dann überhaupt passiert?

Außerdem: Baumschmückung. Nachdem in der Vergangenheit öfter die Lichterketten, die beim Einpacken elfeinhalb Monate zuvor noch funktionierten, auf magische Art und Weise kaputt gegangen waren, schmücke ich Bäume nur noch an Baumarktöffnungstagen. Aber alle Lichterketten waren diszipliniert eingepackt (//*anerkennendes Nicken in Richtung Reiseleiter), ungenuddelt und funktionierten.

Jetzt haben wir einen drei Meter großen Baum, in dem alles drinhängt, was wir haben.

Ich wünsche allen Besucherinnen und Besuchern des Kännchenblogs ein frohes, schönes, wildes, warmes, ruhiges und liebevolles Weihnachtsfest!


Schweine | Wissen nicht, dass morgen Heiligabend ist.

Meerschwein in der Stalltür, streckt die Schnauze hoch. Zwei andere Meerschweine im Hintergrund.

Tagesgeschäft | Ich gleite aus dem Arbeitsalltag heraus in meine Weihnachtspause. Es ist immer noch Dies und Das zu tun, Rechnungen schreiben, E-Mails beantworten, eine letzte Dokumentation verfassen, aber ohne Termindruck. Das ist sehr angenehm.

In dieser Woche habe ich mich vergleichweise viel mit meiner Bürgermeisterkandidatur befasst. Wir haben Social Media aufpoliert und SharePics erstellt, und ich habe gelernt, mit Canva umzugehen.

Falls Sie mich in meiner Bürgermeisterkandidatur unterstützen möchten, gibt es jetzt einen Paypal-Link, der das unkompliziert ermöglicht. Der Wahlkampf erfordert viel persönlichen Einsatz, ehrenamtliches Engagement von Leuten aus der Stadt – und auch Geld. Ich freue mich über jede Spende, die mich unterstützt. Ich setze sie für meinen Webauftritt ein, für Grafikleistungen (Plakate, Flyer, Share Pics für Social Media, Aufbereitung von Grafiken etc.), für den Kauf von Give Aways und für Unterstützung beim Betreiben von Instagram und Linked.In – und demnächst auch TikTok. Denn dorthin werde ich auch gehen, um dem blauen Ortsverband nicht das Feld zu überlassen.

Die Spende können Sie von der Steuer absetzen, denn sie geht nicht an mich direkt, sondern an eine der beiden Parteien, die mich unterstützen – genauer an den Ortsverband der Grünen in Haltern am See. Man muss zur Abwicklung seine Adresse angeben. Der Grund ist: Die Grünen haben es sich zur Pflicht gemacht haben, alle politischen Spender:innen im Zweifel transparent machen zu können.

Gestern war ich noch einmal in der Innenstadt unterwegs und habe Weihnachtsgrüße verteilt – bei fürchterlichem Wetter. Wir waren hinterher alle ganz durchgefroren.

Drei Frauen und ein Mann stehen in der Innenstadt von Haltern am See und halten Schoko-Weihnachtsmänner in die Kamera. Es regnet in Strömen.

Trotz des Wetters hat es sich gelohnt: Wir sind mehr als 300 Schokoweihnachtsmänner losgeworden, und es gab sogar einige Gespräche – obwohl die Umstände nicht dazu angetan waren, lange stehenzubleiben und zu plaudern.


Herausforderung | Zu Hause wartet das hier auf mich:

Zutaten für Dubai-Schokolade auf einem Küchentisch: Kadayafi, Pistaziencreme, Tahin und Schokolade

Die Kinder möchten unbedingt Dubai-Schokolade selbst machen. Als ich in Dortmund bei meiner Zahnärztin war, fuhr ich in den türkischen Supermarkt in meiner alten Hood (ein toller Supermarkt!) und kaufte die Zutaten. Der geschäftstüchtige Betreiber hatte alles, was man braucht, schon in einem Regal drappiert, sehr serviceorientiert.

Ich werde von dem Ergebnis berichten.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie kommen Sie zu der Ehre, im ‚Abspann‘ eines Buches von Saša Stanišić erwähnt zu werden?“

Dazu muss ich etwas ausholen, ungefähr 46 Jahre. Alles begann damit, dass ich 1978 in eine weitläufige Sauerländer Familie hineingeboren wurde. Meine Großmutter war das jüngste von neun Geschwistern. Als sie 1912 auf die Welt kam, war sie bereits Tante: Ihre älteste Schwester, die noch im 19. Jahrhundert geboren war, war schon Mutter. Die Generationen gehen bei uns also etwas durcheinander, und als ich jung war und die Alten alle noch lebten, habe ich angesichts der Fülle an Großtanten, Großcousins und -cousinen ständig den Überblick verloren. Inzwischen hat es sich ausgedünnt – aus demografischen Gründen, aber auch, weil die Verwandtschaft dann doch zu weitläufig ist und man den Kontakt verliert.

Was ist nun der Bogen zu Herrn Stanišić? In meiner Verwandtschaft erzählt man sich viele Geschichten. Jedesmal, wenn ich ins Sauerland komme, gibt es eine neue – oder eine alte, die sich neu erzählen lässt. Manche Geschichten sind nämlich wirklich gut, zum Beispiel die von dem Onkel, den man vor vielen Jahrzehnten auf der Rückbank eines Opel Astra heim transportierte. Man musste ihn mit einem Seil festzurren, denn er war tot. Aber diese Angelegenheit soll jetzt hier nicht Thema sein.

Ich lernte in meiner Kindheit einige der Großtanten kennen: alte, teils voluminöse Damen in Röcken und Wollmänteln, die sich ihre Haare mit Wasserwelle legen ließen und, wenn sie daheim waren, geblümte Hauskittel trugen. Meine zahlreichen Großonkel waren bis auf einen bereits verstorben: entweder an Krieg oder an Herzkreislauf. Deshalb gingen die Tanten regelmäßig auf den Friedhof; es war eine gesellige Sache.

Ich weiß nicht, wer die Sache aufbrachte, aber es war allgemein bekannt, dass es einen Unterschied macht, wie herum die Tanten auf dem Friedhof die Gießkanne trugen. Wer die Kanne mit dem Ausguss nach vorne trug, war wieder bereit für eine neue Liebe. Wer den Ausguss nach hinten trug, war noch in Trauer. So verständigte man sich mit potentiellen Interessenten, die hoffnungsvoll auf den Friedhofsbänken entlang des Weges saßen und auf Gelegenheiten warteten. Ich bloggte einmal darüber, es ist nun vierzehn Jahre her.

Vor etwas mehr als einem Jahr rief mich eine Journalistin an, die für Saša Stanišić recherchierte. Sie sagte, sie melde sich, weil ich mich offenbar mit Gießkannen auskenne, vor allem mit solchen, die von Witwen getragen werden. Ich bejahte nicht, aber verneinte auch nicht. Ich sagte, mein Wissen beschränke sich auf die Erzählungen an den Kaffeetafeln meiner Großmutter. Sie fragte, ob ich ganz genau sagen könne, wie der Ausguss getragen werden müsse, das sei wichtig für eine Buchrecherche. Ich sagte, dass ich mir nicht sicher sei, dass ich aber meinerseits recherchieren könne.

Ich rief meine Tante im Sauerland an, die mit dem Gießkannencode vertraut war. In Anbetracht der Notwendigkeit einer quasi gerichtsfesten Aussage, wurde sie unsicher und wollte sich nicht zu 100 Prozent festlegen, welche Richtung was bedeutet. Sie benannte eine Freundin meines Vater, die sich besser auskenne. Ich kontaktierte die Freundin meines Vaters, die einerseits erstaunt über meine seltsame Frage war, andererseits aber genau wusste, was welche Richtung bedeutet. Ich gab dieses Wissens an die Journalistin weiter, die sich vielmals bedankte und sagte, sie werde Belegexemplare schicken.

So erhielt ich einige Monate später drei Belegexemplare des Buches Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne. Zwei davon gab ich an Tante und Vaterfreundin weiter, eines behielt ich.

Das ist die Geschichte, warum ich im Abspann des Buches erwähnt werde.


Und sonst | Habemus Weihnachtsbaum.


Gesehen | Noch immer etwas malade, schaute ich viel eine vierteilige Dokureihe über Grönland. Wie unterschiedlich man doch leben kann auf dieser Erde – und wie einsam.

Gelesen | Journalistin Ann-Kathrin Büüsker über Flüssiggas, Energiekonzerte und Politik.


Schweine |  Keine besonderen Vorkommnisse.

Drei Meerschweine um eine Futterreuse herum: Eins liegt im Stroh und zerfließt wie ein Cmambert, eins guckt verpennt in die Kamera, der Dicke drängt sich gerade vor.

Zeitverrinnung | Wieder eine Woche um. Na sowas.


Siech | Von der letzten Dienstreise des Jahres kehrte ich malade zurück. Schon im Schwäbischen zeigten sich erste Symptome, nach meiner Rückkehr zeigte ein Infekt sein komplettes Leistungsportfolio: erst Husten, dann Rotz, dann noch mehr Husten, dann Stirnhöhlen, wilder Husten, jetzt Heiserkeit – ein bunter Strauß der Möglichkeiten! Ich verbrachte das Wochenende siechend auf dem Sofa und schaute die Hape-Kerkeling-Doku (großartig), Hape Kerkeling bei Inas Nacht (auch großartig), außerdem zahlreiche Adels-Fachfilme, die mich in ein leichtes, genesungsförderndes Delir versetzten.


Rückschau | Im Schwäbischen, wo ich arbeitete und nächtigte, war es, als hätte jemand die Zeit angehalten – just in dem Jahr im letzten Jahrtausend, als mein Großonkel, 1906 geboren, 80 wurde und die Familie auf ein Wochenende im Harz einlud. Die Anfahrt im Audi 100 in Tannenwaldgrün. Der Besuch eines Bergwerks. Die Damen im wadenlangen Bleistiftrock, die Oma mit Kopftuch. Das Hotelzimmer mit Sisaltapete und Cordsessel. Die Rezeption, eingelassen in eine holzvertäfelte Nische, führte direkt in die Schankstube. Die Abende in der Gastwirtschaft, die Luft zigarrenrauchschwanger. Das Schwimmbad, ein warmer Ort mit moorbraun gekachelten Wellen.


Danke | Vielen Dank an den:die unbekante Schenkende, die mir The Worst is Over: What To Say When Every Moments Counts von meiner Wunschliste hat zukommen lassen. Ich habe mich sehr gefreut!


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie halten Sie es mit Weihnachtsgeschenken in der Familie und mit Freunden?“

Wir beschenken uns. Dieses Weihnachten werden am ersten Feiertag alle zu uns kommen, es wird ein buntes Durcheinander sein: Kinder, Alte, Mittelalte, Eltern, Großeltern, eine Tante, ein Cousin, Freunde, Bekannte. Ich habe gesagt: Wir sind da, kommt einfach alle, kommt den ganzen Tag oder „nur mal kurz vorbei“. Es wird Kuchen auf dem Tisch stehen, später Suppe, es wird Limonade und Champagner geben, und wenn wir nichts mehr haben, haben wir immer noch Toastbrot mit Butter. Im Wohnzimmer wird ein Baum stehen, drei Meter hoch, und wir werden alles reinhängen, was wir haben. Für alle, die kommen werden und kommen könnten, habe ich ein Geschenk. Ich schenke nämlich sehr gern; etwas zu verschenken ist noch besser, als etwas geschenkt zu bekommen.


Ausklang | Das Jahr läuft aus, und es ist ausgesprochen annehmlich, dass sich die Geschwindigkeit seit meiner Rückkehr aus dem Schwäbischen rapide verlangsamt. Nicht nur ich bin krank, auch die Kundschaft. Termine werden abgesagt und verschoben. Andere Dinge sind plötzlich nicht mehr so wichtig: „Es genügt doch, wenn wir nächstes Jahr sprechen, oder?“ Allerorten Jahresendmüdigkeit. Mir ist es recht.

Heute verfolgte ich die Mission „Halsaufwärts Tippitoppi“: erst Bonusheft-Termin bei der Zahnärztin, dann Besuch bei der Friseurin. Ich bin nun anerkannt unkariös, frisch zurückgeschnitten und aufgeflauscht, bereit für Weihnachten.

Beine auf einem Zahnrztstuhl, davor das Tablett mit Zahnarztwerkzeug

Rührung | In den vergangenen Tagen erhielt ich eine schöne E-Mail von einer Blogleserin, aus der ich kurz zitieren möchte:

[…] ich wollte eigentlich schon nach „Und nu?“ kommentieren und schreiben, dass ich von all den Blogs, die ich gern lese, Ihren vielleicht am liebsten mag und das vor allem deshalb, weil er trotz allen Gründen, die dagegen sprechen, meist einen Grundoptimismus versprüht, den ich äußerst wohltuend finde. So ein wohliges Gefühl, das allerdings nicht in rein positiver Seligkeit endet, sondern durchaus anspricht, dass es ziemlich viele Dinge anzupacken gibt.

Das ist ein so wunderbares Kompliment! Genauso so möchte ich verstanden werden, genau das möchte ich mitteilen: Zuversicht. Lasst uns zuversichtlich bleiben, immer. Lasst uns gemeinsam traurig sein und uns dabei fröhliche Geschichten erzählen. Lasst uns freundlich sein, herzenswarm, hilfsbereit, zupackend.


Gelesen | Tell me everything von Elizabeth Strout, gekauft im Herbsturlaub in Den Haag. Es ist ein Lucy-Barton-Buch, in dem Lucy aber nur Nebenfigur ist. Im Mittelpunkt stehen ihr Nachbar und Spaziergefährte Bob Burgess und mit ihm das restliche Dorf, vor allem die alte Olive Kitteridge und Matt Beach, dessen Mutter tot in einem Teich gefunden wird. Es ist ein typischer Strout: ein Mosaik kleiner Geschichten und Begebenheiten, die sich zu einem Ganzen fügen, zusammengewoben von einem kleinen roten Faden. Diesmal gibt es sogar einen Kriminalfall. Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn es nicht das beste von Elizabeth Strout ist. Eine gute Unterhaltung.

Gelesen | „Ich habe den Beruf geliebt“ – über Bürgermeister im Burnout.


Schweine | Klare Körpersprache am Futternapf, so wichtig. Sonst könnte noch jemand auf die Idee kommen, sie seien satt.

Drei Meerschweine in der Stalltür. Das mittlere Schwein hat seine Pfote auf dem Futternapf abgestellt.

Wilde Zeiten | Wieder eine wilde Woche, diesmal anders. Immerhin ist die Sache mit dem abhanden Gekommenen nun weitgehend geregelt. Das ist erfreulich.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Bücher: Wenn Du sie ausgelesen hast, im Regal für immer aufbewahren? Wegschmeißen? Verschenken?“

Ich versuche, den Buchbestand im Hause klein zu halten, sonst würde die Sache bibliothekhafte Ausmaße annehmen und ich müsste über kurz oder lang weitere Räumlichkeiten anmieten, am besten Lagerhallen. Nur Bücher, die mich besonders bewegt haben und die ich noch einmal lesen würde, bleiben deshalb im Regal. Alle anderen Bücher, auch aktuelle Titel, wandern in den Bücherschrank im Stadtteil. Dort finden sie gute Abnahme; ich nehme mir auch oft Bücher heraus. Nur Bücher, von denen ich weiß, dass sie Verwandten oder Freunden gefallen würden, behalte ich noch Weile und gebe sie, sofern Interesse besteht, weiter.

Ältere Bücher habe ich auch schon weggeschmissen, besonders Fachbücher. Ein Lehrbuch von 1995 braucht nun wirklich niemand mehr. Die Forschung hat sich längst überholt.

Grundsätzlich habe ich auch einen Bücherei-Ausweis. Allerdings stolpere ich auf meinen Reisen über so viele Bücher, die mich interessieren, und bekomme Bücher geschenkt, dass ich meistens genug zu lesen habe.


Danke | In diesem Zusammenhang geht ein Dank an die Leserin, die mir dieses Buch von meinem Wunschzettel zukommen ließ. Ich habe mich sehr über die Überraschung gefreut!


Reisejahr 2024 | Auf Instagram flog mir heute ein „Du bist dran“-Mitmachdings in meine Storys: „6 places you travelled in 2024“, und ich dachte: „Nur sechs?“ Ich begann nachzusehen, wo ich in diesem Jahr Jahr überall war. Passenderweise saß ich im Zug und fuhr wieder irgendwohin.

In diesem Jahr übernachtete ich – in alphabetischer Reihenfolge – in Aarhus, Bad Essen, Berlin, Billund, Bonderup, Chemnitz, Damme, Den Haag, Dortmund, Duisburg, Ettlingen, Frankfurt, Grunbach, Hagen, Hamburg, Hannover, Herning, Humlum, Karlsruhe, Köln, Leipzig, Lingen, Nykøbing Mors, Schriesheim, Skagen, Teltow, Uggerby, Utrecht und Wuppertal. Orte, an denen ich beruflich war, besuchte ich auch mehrmals.

Kiosk mit der Überschrift "Reisebedarf". Das Rolladen ist heruntergelassen. Die Wände sind mit einem Mosaik-artigen, bunten Graffiti besprüht.

Die vergangenen drei Monate waren besonders reiseintensiv: Ich verbrachte 32 Nächte in 17 verschiedenen Hotelzimmern.

(Ich freue mich auf die nächste Woche, die Weihnachtstage und die Rauhnächte. Nur zu Hause sein, Kekse backen und Bücher lesen. Super.)

In die meisten Orte fuhr ich mit der Bahn oder mit dem Fahrrad. Folgerichtig habe ich mir von meinen Bahnbonus-Punkten jetzt Fahrradzubehör bestellt: eine neue Rahmentasche, um mein Telefonino am Rad zu befestigen. Die alte Halterung verrutscht nämlich immer. Es macht mich irre, sie nach jedem Huckel wieder zurückzurücken.


Winterradeln | Dass ich eine neue Handyhalterung benötige, bemerkte ich am vergangenen Wochenende. Da fuhr ich nämlich mit dem Fahrrad von Essen nach Recklinghausen – über schlechte Ruhrgebietsstraßen. Ich war in Essen mit Freundinnen verabredet, zu einem Frühstück, bei dem sich der Tisch bog. Wir hatten uns nämlich eine ganze Weile nicht gesehen und viel zu erzählen. Weil die Sonne schien, dachte ich mir, dass es eine gute Gelegenheit sei, mit dem Fahrrad zu fahren.

Ich fuhr also mit dem Zug nach Essen und mit dem Rad zurück. Das war frisch, aber ich hatte viel an: eine Fahrradhose, eine Strumpfhose und eine Wanderhose, zwei Paar Socken, ein T-Shirt, ein Thermoshirt, eine Softshell-Jacke und eine Weste, Mütze und Handschuhe. Ich war rund und flauschig.

An der Zeche Ewald in Herten gabelte ich den Reiseleiter auf, der mir entgegen gekommen war. Wir fuhren noch bis Recklinghausen. Dann ging die Sonne unter, die Temperaturen fielen schnell gen Null. Das war dann doch etwas unangenehm. Unsere Laune fiel auch, und wir stiegen für die letzten Kilometer in den Zug.

Fahrrad vor dem Förderturm der Zeche Ewald.

Natürlich sah ich total doof dabei aus – mit all den Klamotten, Mütze und Helm. Aber egal, es war eine schöne Tour.


Bürgermeisterin für Haltern am See | An den vergangenen beiden Wochenenden war ich als Bürgermeisterkandidatin im Einsatz: Auf dem Adventsmarkt in Flaesheim, ein Dorf in Haltern, habe ich gemeinsam mit anderen Menschen Glühwein für den guten Zweck verkauft – an einem Samstagabend. Das lief wie geschnitten Brot; ich kam nicht einmal dazu, auf die Uhr zu schauen. Die Spendensumme ist noch nicht offiziell, es müssen noch ein paar Auslagen beglichen werden. Aber so wie ich hörte, ist ordentlich etwas dabei rumgekommen. Der Erlös geht an den Sportverein im Dorf, an die DKMS und ans Klara-Hospiz in Marl.

(Ich bin ja schon ewig als potentielle Stammzellenspenderin regististriert – allerdings über die Stefan-Morsch-Stiftung, bestimmt 25 Jahre. Als ich im Abitur war, gab es in meinem Geburtsort eine Typisierungsaktion. Ich rechne fest damit, dass irgendwann mal der Anruf kommt.)

An diesem Samstag war ich in der Halterner Innenstadt unterwegs, habe Schokoweihnachtsmänner verteilt und mich mit zahlreichen Menschen unterhalten. Alle waren ausnehmend freundlich, als ich mich als Bürgermeisterkandidatin vorstellte. Ich habe viel mitgenommen. Was den Leuten besonders am Herzen liegt: Entscheidungen auf Augenhöhe, mit Einbezug der Menschen in der Stadt. Das trifft sich gut. So arbeite ich auch in den Projekten und Prozessen, für die ich als Unternehmensberaterin geholt werde – weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist, über Menschen hinweg zu agieren. Vor allem, wenn sie sich in der konkreten Sache besser auskennen als ich. Gleichzeitig muss man das natürlich strukturiert tun, nach klaren, transparenten Abläufen, sonst verfranst man sich.


Und sonst | Zwei ausnehmend schöne Weihnachtsfeiern, Wichtelgeschenke, die Lichterfahrt der Trecker, Kürbis-Ravioli mit Wirsing und Nikolausmarkt mit 10er-Waffeln am Abiball-Finanzierungsstand. Außerdem: eine Tanzparty.

Die Tanzparty war eine Party zum 50sten Geburtstag und folgte einem strengen Zeitregime: 18 bis 19:30 Buffet. Danach Tische raus- und Tanzfläche freiräumen. 19:30 bis 21:30 Uhr wilder Tanz. Dann Tische wieder reinräumen. 21:30 bis 22:30 Uhr Kaffee und Kuchen. Um 22:30 Uhr spielte der DJ „Gute Nacht, Freunde“, die Party war zu Ende und alle gingen nach Hause. Die Gastgeberin erklärte das so: „Ich wollte gerne Geburtstag feiern und tanzen. Aber ich werde auch so schnell müde. Also habe ich eine Tanzparty nach meinen Regeln geplant.“

Ich fühlte mich exrem abgeholt von dem Konzept.


Gehört | Tilo Jung interviewt den Ex-Volkswagen-CEO Herbert Diess – 3 Stunden 45 Minuten. Das Interview ist insofern gut, als dass ich Herbert Diess abwechselnd sympathisch und unsympathisch in seinen Positionen finde – und Tilo Jung abwechselnd gut und schlecht in seiner Interviewführung, wobei es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Aspekten gibt. In jedem Fall hörenswert.


Schweine | Frostschweine.

Schweine in der Stalltür, im Vordergrund Raureif.


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