Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Rückkehr von der Insel | Huch, schon fünf Tage her, seit ich zuletzt etwas hier getippt habe. Seither bin ich von der Insel zurück nach Dortmund gereist.

Die Situation auf der Fähre war – wie schon auf der Hinreise – übersichtlich: Die Torfrau und ich standen an Deck, wir wurden vom Wind umpustet, genossen die Leere und die Aussicht.

In Dagebüll stiegen wir uns Auto und fuhren uns gegenseitig nach Hause. Ich brachte der Torfrau den Podcast Zeit Verbrechen näher. Wir hörten vier Folgen.


Weiterbildung | Am Montag absolvierte ich eine Prüfung zum Agile Master – vier Stunden remote. Ein Multiple-Choice-Test, drei Freitext-Aufgaben und im Anschluss ein reales Szenario mit diversen Problemstellungen, die wir in der Gruppe lösen und anschließend präsentieren sollten.

Falls Sie sich fragen, was ein Agile Master ist:

Die direkte Übersetzung aus dem indianischen ist „ich sorge dafür, daß ihr euch selbst organisieren könnt und fange dafür den meisten Ärger ab, den sonst der Projektleiter abbekommt.“

Energist in einer Antwort auf Twitter

Ich bin sehr zufrieden mit der Ausbildung und werde sie vertiefen. Das Institut bietet einen Systemic Agile Master an, der speziell darauf ausgerichtet ist, Transformationsprozesse in Organisationen zu begleiten.

Diese Aufgaben sind umso schwieriger, als sie parallel zu den laufenden Arbeitsprozessen „in einer Operation am offenen Herzen“ bewältigt werden müssen – alte und neue Strukturen treffen aufeinander und scheinen unvereinbar.

INeKO Köln

Ziel der Fortbildung ist es, das Verhalten von Menschen in sozialen Systemen, in den Strukturen einer Organisationen und in Abhängigkeit zueinander besser zu verstehen – und dieses Verständnis in Veränderungsprozessen einzusetzen.


Reise nach Berlin | Gestern reiste ich geschäftlich nach Berlin. Die Reise ist seit drei Monaten geplant: Ich moderiere den Strategietag einer Organisation.

Am Dienstag entschied sich der Kunde kurzfristig, die Veranstaltung digital stattfinden zu lassen – eine gute Entscheidung angesichts der aktuellen Infektionsentwicklung und den politischen Entscheidungen. Sie brachte mich allerdings gehörig ins Schwitzen. Binnen eines halben Tages digitalisierte ich das Konzept, entwarf ein virtuelles Board, an dem die Teilnehmer:innen zusammenarbeiten werden, ging mit dem Kunden die inhaltlichen und technischen Möglichkeiten (und auch die Grenzen) durch, und wir besprachen das Vorgehen. Für die Moderation und Durchführung bekomme ich am Samstag Obdach bei einem der Vorstandsmitglieder – dort gibt es ein zweites Arbeitszimmer, eine gute Internetverbindung, und wir haben die Möglichkeit, in den Pausen persönlich und über den Flur zu kommunizieren. Improvisation deluxe von allen Seiten.

Weil ich noch weitere Termine in Berlin habe, machte ich mich dennoch dorthin auf den Weg. Ich kaufte mir FFP2-Masken und Desinfektionsmittel; und mein Zeitplan hat ausreichend Luft, um Wege zu Fuß und mit dem E-Roller zurückzulegen – oder mal eine volle U-Bahn vorbeifahren zu lassen.

Die Atmosphäre am Dortmunder Hauptbahnhof war gespenstisch. Statt Menschen, die sich von den Gleisen in die Bahnhofshalle ergießen, statt Gewusel, Gewimmel und Geschubse war es am Mittwochmorgen gähnend leer. Auf dem Gleis auch niemand – weder auf meinem noch auf dem Gleis gegenüber.

Im Zug teilte ich den Waggon mit sechs anderen Menschen. Alle mit Maske. Niemand sprach, gegessen wurde nur kurz. Alle waren sehr vorsichtig.


Hotel | Mein Hotelzimmer hatte ich bereits im Februar gebucht – für Ende März. Doch dieser Termin fiel aus. Genauso wie ein Termin im Juni. Ich reservierre seinerzeit im Spartarif – mit Rabatt, wenn man das Zimmer direkt bezahlt. Das Hotel schrieb mir den bereits entrichteten Betrag nun gut.

Das Hotel habe ich einst im Blog der Kaltmamsell entdeckt. Leider ist das Schwimmbad #aufgrundderaktuellenSituation geschlossen. Ich kann es nur angucken. Dabei liegt mein Zimmer genau gegenüber des Seiteneingangs. Ich bräuchte nur im Bademantel hinüberschlüpfen. Hach, das wäre schön.

Heute Morgen war ich lange alleine beim Frühstück.

Panoramabild eines Frühstücksraum, Industriestyle mit buunten Möbel, schöner Beleuchtung

Kühlgeräte brummten. Leise spielte Musik. Aus der Ferne ein Tröpfeln. Ein junger Mann lief langsam hinter der Theke auf und ab. Als ich fast fertig waren, kamen erst drei, dann nochmal vier Menschen, die sich weitläufig im Raum verteilten, der links noch weiter geht.


Vanessa spricht mit … | Gestern war ich bei Verena. Ich nahm mit ihr eine Podcastfolge auf. Verena wohnt in Kreuzberg – das waren etwa acht Kilometer, die ich zu Fuß und mit einem E-Roller zurücklegte. Erfahrung: Hand am Lenker lassen und nur im Stillstand die Maske richten!

Vom Balkon aus hat man einen Blick in Richtung Alexanderplatz.

Im Bild ist das Hochhaus am Steglitzer Kreisel, in dem bald Eigentumswohnungen zu „schwindelerregenden Preisen“ entstehen. Die anonyme Graffiti-Crew Berlin Kidz hat es von oben bis unten mit Zeichen im brasilianischen Pichação-Stil besprüht; sie versteht sich als Systemkritikerin. arte hat mal eine Doku über die Truppe gemacht, deren Markenzeichen ist, in waghalsigen Aktionen unerreichbare Stellen zu besprühen: Graffiti Extrem.

Mit Verena sprach ich über die Dramaturgie von Drehbüchern und von Karrieren, über das Kreieren von Ereignissen in Geschichten und im eigenen Leben, über die Entwicklung von Figuren und Beziehungen und über Intimkoordinatoren an Filmsets. Denn Verena ist einerseits Karriereberaterin, andererseits berät sie Autor:innen bei der Entwicklung von Drehbüchern. Unter anderem hat sie unterstützt bei „Das Adlon. Eine Familiensaga“, „Gut gegen Nordwind“ und einer Serie über den Friedrichstadtpalast, die bald gedreht wird.


Besuch bei der Lektorin | Heute besuchte ich meine Lektorin beim Suhrkamp-Verlag. Sie betreut mein Buchprojekt „Käthe Paulus“. Sie hat sich gefreut, dass die Rohfassung des Manuskripts nun fast steht, es fehlen nur noch circa 20 Seiten. Wir überlegten, wo wir kürzen können; ob es alle Figuren braucht, die ich entwickelt habe; wie die Teile Eins und Zwei im Verhältnis zum dritten Teil stehen.

Das neue Verlagsgebäude am Rosa-Luxemburg-Platz ist sensationell schön, ein Betonbau mit großen Fenstern, in schlichtem Design und meterhohen und -langen Bücherregalen.

Am Nachmittag arbeitete ich im Hotelzimmer – und absolvierte von dort aus einen weiteren Termin. Wir zoomten zwischen Charlottenburg und Prenzlauer Berg; von einem persönliches Treffen sahen wir #aufgrundderaktuellenSituation ab.


#dieaktuelleSituation | Ab Montag also Shutdown light. Auf Föhr fragte mich die Torfrau noch: „Ob du wohl nach Berlin fährst?“ Ich antwortete: „Ich glaube, dass ich noch nach Berlin fahre, bis Sonntag, und ab Montag machen sie alles zu.“ Ich sollte ins Glaskugel-Business einsteigen.

Die spanische Zeitung El País hat sehr schön interaktiv aufbereitet, wie wahrscheinlich eine Infektion in drei Alltagsszenarien ist (in Englisch).

Die Kirche an der Schönhauser Allee ist am Puls der Zeit:

Ich habe mir die App „Kontakttagebuch“ heruntergeladen. Dort kann man protokollieren, wann man sich mit wem wie lange getroffen hat, ob drinnen oder draußen, mit oder ohne Maske. Man kann den Kontakt aus den Telefonkontakten ergänzen (Telefonnummer, Mailadresse usw.). Die Liste kann im Falle einer Infektion als csv-Datei exportiert und dem Gesundheitsamt zur Verfügung gestellt werden. Heute habe ich dort eingetragen: „Lektorin, Uhrzeit, eieninhalb Stunden, drinnen, mit Maske“.

In den Einstellungen des Smartphones kann man übrigens sehen, wie viele Kontakte die Corona-Warn-App in den vergangenen Tagen abgeglichen hat. Auf dem iPhone geht das unter „Einstellungen – Begegnungsmitteilungen – Status von Begegnungsaufzeichnungen – Begegnungsüberprüfunngen“. Man sieht nur Codes, aber die Anzahl gibt einen realistischen Anstoß, das eigene Kontaktverhalten zu überprüfen. Am heutigen Tag hat mein Smartphone zum Beispiel 14 Begegnungen registriert. Am vergangenen Montag waren es null – klar, da habe ich die Prüfung zum Agile Master absolviert und das Haus nicht verlassen; es kam mich auch niemand besuchen.


Gelesen | Wie eine neue Bildungselite die einfachen Leute demütigt. Und so den Weg für Donald Trump und den Populismus geebnet hat

Utersum | Der letzte Urlaubstag auf der Insel – eine schöne Fahrradtour von Wyk über Witsum nach Utersum ans andere Ende der Insel. Von dort aus kann man nach Amrum und Sylt gucken. Es ist nochmal deutlich ruhiger als in Wyk, wo es auch alles andere als überlaufen ist.

Panoramaaufnahme vom Strand
Panoramabild aufs Wasser. Am Strand ein DLRG-Haus auf Stelzen und Strandkörbe.

Im Café gibt es zwar keine Waffel, dafür Käsekuchen. Draußen sitzen geht auf Föhr gut – hinter Windschutz oder im Strandkorb ist es noch ausreichend warm.

Panoramabild vom Strand. Es ist leer.

Wie jeden Tag haben wir alles an Wetter: Regen, Sonne, Wind und Wolken. Auf dem Wasser sind Kitesurfer.

Der Rückweg führt uns über Borgsum und Nieblum, über Wirtschaftswege, durch Felder, an Schafen und Kühen vorbei.

Frau auf einem Fahrrad, daneben herbstliches Gebüsch und Bäume

150 Kilometer auf dem Pedelec habe ich in diesem Urlaub zurückgelegt. Das war sehr schön. Einfach durch die Landschaft radeln, Kühe und Schafe angucken, über den Wind fluchen, gegen den Regen kämpfen, mich über Sonne freuen und einfach treten.

Niemals kam der Wind von hinten.


Oldsum | Gestern waren wir nochmal in Oldsum. Die Torfrau hatte sich am Vortag schon ’nen Gemütlichen gemacht, als ich dorthin loszog – und so zeigte ich ihr das Dorf.

Ich erwähnte bereits, wie erdend es ist, mit strickenden Menschen in einem Wohnzimmer zu sitzen. Damit Sie einen Eindruck bekommen, wie das hier aussieht:

Blick über hoch gelegte Beine in Jeans zu einer strickenden Frau

Für mich als Handarbeitshonk ist es höchst faszinierend, wie eine Socke entsteht. Mit Bündchen! Und Ferse!

(Es motiviert mich nicht, es zu lernen.)


Bemerknisse | Die Insel ist groß genug, um immer andere Wege zu radeln, und klein genug, dass man in zwei Tagen alles gesehen hat.

Kein Aperol zu Lounge-Musik. Keine Austern. Keine Hunde in Handtäschchen. Kein Schickimicki. Dafür Waffeln und Kartoffelsuppe, Gummistiefel, kleine Cafés, zerzauselte Labradors.

Man braucht kein Auto. Trotzdem kommen die meisten Menschen mit dem Auto. Gefühlt die Hälfte mit einem SUV.

Eines dieser hübschen Friesenhäuser kostet ungefähr 1,5 Millionen Euro. Schade.

Ich erwäge, mich über die Wintermonate auf diese Insel zurückzuziehen und hier zu verharren, bis es Frühjahr ist und das Corona-Virus wieder weniger Lust auf Menschen hat. Falls die örtlichen Tourismusmenschen mir das sponsern möchten: Ich bin offen für Angebote und würde auch Geschichten aufschreiben.


Auf dem Strandparkplatz | Ein ungleiches Paar:

Ein schwarzer Audi-SV neben einem Gogomobil

Gelesen | Jutta Allmendinger, die Leiterin des Wissenschaftszentrums Berlin, im Interview über Frauen, Führungsanspruch und Arbeiszeit.

Diese Decke ist nicht aus Glas, sie ist aus Beton: extrem hart und undurchsichtig. Wenn die Decke gläsern wäre, könnten wir viel mehr lernen darüber, was dort oben passiert.

Der Armutsforscher Christoph Butterwege im Interview über Corona, Armut und Reichtum.

Etwa ein Drittel der Bevölkerung hat kein nennenswertes Vermögen und ist daher nur eine Kündigung, eine schwere Krankheit oder einen neuerlichen Lockdown von der Armut entfernt.

Zum Kurzarbeitergeld:

Ich bin ein Befürworter des Kurzarbeitergeldes, weil es Massenentlassungen verhindern kann. Aber ich halte es für einen Skandal, wenn die Bundesagentur für Arbeit durch Zahlung von Kurzarbeitergeld einen Großteil der Lohnkosten von BMW übernimmt, obwohl genug Geld da war, um den Aktionären eine satte Dividende von 1,64 Milliarden Euro zu zahlen. 

Bindfadenregen | Der gestrige Tag wurde präsentiert von: Bindfadenregen. Die Torfrau und ich verlegten uns auf häusliche Tätigkeiten. Sie strickte Socken, ich schrieb.

Am Nachmittag brauchten wir frische Luft und wagten uns hinaus in den Regen. Wir fuhren nach Wyk und spazierten ein wenig umher.

Steg ins Wasser

Abends zoomten wir mit Freunden. Sie sitzen seit eineinhalb Wochen in Quarantäne, nachdem eine befreundete Lehrerin positiv auf das Corona-Virus getestet wurde.


Inseltour | Heute war das Wetter besser, und wir machten eine Inseltour: Über Wrixum, Oevenum und Midlum durch die Aussiedlungshöfe, ich sah Oldsum, Dunsum, Utersum, Witsum und Alkersum.

Deich, weite Landschaft, eine Frau schiebt ein Fahrrad.
Panoaramaaufnahme vom Strand mit Sonne und Ebbe

Alles mit viel Gegenwind, Regen, Sonne und erwähnte ich schon den Wind? Ich beglückwünschte mich mehrfach zur Wahl eines Pedelecs. Gibt es schon Forschungen darüber, dass sich über den Tag die Insel dreht, so dass man ausschließlich im Gegenwind fährt?

Am Ende hatte ich 65 Kilometer auf dem Tacho. Das war sehr schön. Das Abendprogramm war dementsprechend:

Pizza im Fahrradkorb bei Dunkelheit

Aktion Waffeltest | Meine Rolle als Waffeltesterin nehme ich sehr ernst. Gestern und heute habe ich jeweils einen Anbieter getestet.

Gestern: Glenngelato, Wyk. 7/10 Punkte auf der Internationalen Waffelskala™. Eigentlich eine sehr gute Waffel, aber massiver Punktverlust durch Zitronenaroma im Abgang. Das hervorragende Vanilleeis hat Boden gut gemacht.

Waffel mit zwei Bällchen Eis und Blick auf die Strandpromenade, daneben eine fritz Cola zuckerfrei

Heute: Stelly‘s Hüüs, Oldsum. 7/10 Punkte auf der Internationalen Waffelskala™. Teig etwas zu Ei-lastig, Waffel zu dünn, wenig Fluff. Sie besticht jedoch durch ihre perfekte Bräunung und ihr Preis-Leistungsverhältnis: < 3,50 Euro mit Eis. Im Kontext eine solides Angebot. Das Ambiente im Café ist auch sehr liebevoll.

Runde Waffel mit einem Bällchen Eins, daneben eine Latte Macchiato

Gelesen | Den Newsletter „Zentrale Orte“ von Juliane Schader: Corona und die Metropolen – Wider die Stadtnatur

Sankt Laurentii | Der Tag begann gemächlich: ausschlafen und Frühstück mit Plausch. Bevor wir aufbrachen, bereitete ich ein Kundengespräch für den Nachmittag vor. Ich gehe gerne gedanklich gerüstet in Gespräche und habe mir nochmal den Sachverhalt und seine Rahmenbedingungen ins Gedächtnis gerufen.

Die Torfrau und ich liehen uns Fahrräder, und wir radelten ziellos in Richtung Westen. Nach einigen Meilen gegen den Wind fanden wir einen Friedhof: den Friedhof von Süderende an der Kirche Sankt Laurentii. Dort erzählten die Grabsteine Geschichten.

Großer Grabstein mit langer Inschrift, dahinter eine Backsteinkirche

Zum Beispiel diese (Absätze von mir zur besseren Lesbarkeit):

Denkmal der christlichen Eheleute, des ehemaligen Kaufmannes und Landmannes

Christian Diedrich Roeloffs aus Süderende (geb. d. 30. Jan. 1801, gest. d. 5. April 1885) und der Antje, geb. Ketels, verw. Braren (geb. in Toftum d. 19. Juli 1804, gest. d. 10. Nov. 1890).

Ersterer ist auf seinem Lebenswege reichlich gesegnet worden, hat aber auch mit seinen Gütern und Gaben Andern gern gedient, er hat indes auch des Lebens Last und Hitze tragen müssen:

2 Lebensgefährtinnen, mit denen er nur etliche Jahre gepilgert mit der ersten, Ingke Ocken aus Oldsum, 9 mit der zweiten, Mattje Lorenzen aus Süderende, 8 Jahre, und von seinen 9 Kindern, 4 aus der 1. und 5 aus der 2. Ehe, sind 7 vor ihm ins Grab gesunken, doch war es ihm vergönnt, an der 3. Hausfrau eine langährige Gehülfin zu finden, von 1846 bis zu seinem Lebensende.

Diese hatte ihren ersten Gatten, Brar Braren aus Oldsum, nach 15-jährigem Ehestande verloren und von den 8 Kindern, die sie ihm gebar, hat sie 5 ins Grab sinken sehen.

Auf dem Friedhof finden die Toten der umliegenden sieben Dörfer ihre Ruhe. Der Ort ist voll von Föhrer Namen, von Brarens, Knudsens, Roeloffs und Matzens. Manchmal haben sich ihre Wege gekreuzt, dann gibt es „Geborene“ und „Verwitwete“. Beerdigt sind sie durcheinander, bisweilen in Ansammlungen, seltener in Sichtachsen.

Das Kirchlein, erstmals urkundlich erwähnt im Jahr 1240, ist schlicht und gleichzeitig hübsch.

In die Confitentenlade konnten die Gemeindemitglieder ihr Begehren einwerfen, am Heiligen Abendmahl teilzunehmen – verbunden mit dem Wunsch, vorher zu beichten. Ein Projektmanagement-Instrument des Pfarrers.


Mission „Waffeltestung“ | Mit Gegenwind erreichten wir Nieblum. Das dortige „Eis- und Waffelhaus“ versetzte mich sogleich in zarte Aufregung.

Waffel mit Vanilleeis auf rot-weißem Teller

Das Dargebotene erhält allerdings nur 6/10 Punkte auf der Internationalen Waffelskala™: geschmacklich eher fad und zu wenig Fluff. Auch das Eis konnte es nicht rausreißen. Die gestrige Waffel war besser.

Zur Einordnung – die Internationale Waffelskala zieht drei Kriterien zur Beurteilung heran:

  • Geschmack (natürliche Waffeligkeit ohne künstliche Aromen)
  • Fluff (Dicke, Weichheit bzw. Knusper, Mundgefühl)
  • Bräunung (zu dunkel gibt Abzüge)

Je natürlich-waffeliger der Geschmack, je idealer die Bräunung (hell mit einer Andeutung von Braun) und je fluffiger, desto höher die Punktzahl auf einer Skala von 1 bis 10. Alle Kriterien sind absolut subjektiv und gleichzeitig in höchstem Maße professionell und einzig wahr.

Nieblum an sich ist anheimelnd. Es gibt hübsche Friesenhäuser, Nippes-Läden und Cafés, alles sehr pittoresk.

Weniger pittoresk sind die Autos der Touristen, darunter viele SUVs, die sich über das Kopfsteinpflaster schieben, um möglichst nah dran zu parken.


Erdend | Am späten Nachmittag begann es zu regnen. Wir kehrten heim. Ich führte mein Kundengespräch und arbeitete ein wenig. Die Torfrau fuhr in einen Wollladen und sitzt nun, während ich blogge, im Ohrensessel und strickt Socken. Beide haben wir Frischluftvergiftung und müssen heute früh ins Bett.

Frau strickend im Sessel aus der Vogelperspektive, daneben ein Weinglas auf der Erde

Im Ohrensessel sitzende und strickende Menschen wirken beruhigend.


Gelesen | Corona: Schluss mit dem Gejammer | Blick nach Chile: Wie sich ein richtiger Lockdown anfühlt – eine Deutsche erzählt in ihrem Blog

Mit Vanilleeis | Der Tag begann mit einer Expedition zu Edeka Knudtsen. Die Torfrau und ich waren gestern mit einer Packung Spaghetti, einer Dose Tomaten und einer Zwiebel angereist – Abendessen. Frühstück hatten wir nicht parat.

Ich schnallte mir also meinen Rucksack auf, lief zum Supermarkt, erkundete das Sortiment und kam mit allem Notwendigen zurück.

Dann frühstückten wir sehr ausgiebig, denn es regnete. Das motivierte uns nicht, das Haus zu verlassen. Außerdem hatten wir einiges zu besprechen.

Am Mittag machten wir uns zu einer Expedition in den Ortskern und an den Strand auf.

Ich sehe mich hier vor einer großen Aufgabe. Beim Frühstück habe ich nämlich das Inselmagazin mit seinen zahlreichen Verbraucherinformationen durchgeblättert. Im Segment „Kaffee, Kuchen & Waffeln“ scheint mir Föhr gut aufgestellt: Jedes dritte Café rühmt sich mit seinen leckeren Waffeln. Als internationale Waffelexpertin sehe ich mich vor einer Herausforderung.

Um keine Zeit zu verschwenden, nahm ich sofort die Arbeit auf und testete im Strandcafé eine Waffel to go.

Acht von zehn Punkte auf der Internationalen Waffelskala™: Geschmack sehr gut, Konsistenz und Mundgefühl ebenfalls – innen weich, außen knusprig -, die zu starke Bräunung gibt allerdings Abzug. Auch das Verhältnis von knusprigem Außen und weichem Innen hat noch Luft nach oben. Insgesamt aber eine mehr als solide Leistung.


Historisches | Auf dem Rückweg: Parkuhren. Allerdings digital und ohne Aufzieh-Drehknopf.


Gelesen | Das Netzwerk „Women in Mobility“ will die Männerdominanz in der Mobilitätsbranche aufbrechen. Denn Frauen haben andere Bedürfnisse an Mobilität:

Ihre Wege führten seltener als bei Männern direkt zu einem Ziel: Auf der Fahrt zur Arbeit stoppen sie bei der Kita, der Schule, dem Bäcker, auf dem Rückweg am Supermarkt und dem Fußballtrainingsplatz. Es gehe Frauen aber auch um das Sicherheitsgefühl in Tiefgaragen und an Bahnhöfen.

Expedition auf eine Insel | Heute fuhr ich 520 Kilometer nach Norden. Wobei: Das ist nicht ganz richtig. 300 Kilometer lang wurde ich gefahren, von der Torfrau (i.R.). Das war schön. Erst hinter Hamburg wechselten wir das Steuer, und ich übernahm den Rest der Strecke. Der Rest bestand im Wesentlichen aus der Herausforderung, auf einer schnurgeraden Landstraße weder einzuschlafen noch geblitzt zu werden. Nach 46 Kilometern durfte ich einmal links abbiegen.

In Dagebüll parkten wir das Auto und bestiegen die Fähre nach Föhr.

An Deck war es übersichtlich. Professor Drosten hätte das gefallen.

Auf Föhr zogen wir unser Gepäck zur Ferienwohnung, und läuteten ohne Umwege das Abendritual ein. Abenteuer haben wir auf morgen verschoben.


Der Weg zum Corona-Test | Um nach Föhr zu fahren, brauchte ich einen negativen Corona-Test, nicht älter als 48 Stunden. An diesen Test zu gelangen, war eine Art Live-Game: Dortmund EscapeFinde den Test, der dich auf die Insel bringt!

Denn: Die Information, wer Menschen ohne Symptome testet – als Selbstzahler -, war nirgendwo verfügbar. Nicht auf der Webseite der Stadt, nicht auf der Webseite des Gesundheitsamtes, nicht auf allen durchgeklickten anhängigen Webseiten. Das Testzentrum der Städtischen Kliniken tut es, aber die Termine für Selbstzahler sind bis auf Weiteres ausgebucht. Anruf beim Hausarzt: „Wir testen nur bei Symptomen, nächster Termin erst in drei Tagen.“ Wohin ich mich wenden könne? Keine Ahnung. Fahrt zum Testzentrum am Klinikum Nord: Nur Reiserückkehrer. Anruf bei der Hotline des Gesundheitsamtes: „Wissen wir auch nicht, fragen Sie doch mal den Hausarzt.“ Auf Umwegen erreichte mich der Hinweis, dass es einen Rettungsdienst in der Innenstadt gebe, der teste. Dort rief ich an und bekam die Antwort: „Kommen Sie vorbei.“ Ich fuhr hin, und man nahm mir für 80 Euro einen Abstrich. Das Ergebnis kam einen Tag später per Mail: negativ.

Derweil konnte sich die Torfrau an ihrem Wohnort – sie wohnt drei Städte weiter – an einem zentralen Testzentrum für Reiserückkehrer, Reise-Hinfahrer und Menschen mit Symptomen anmelden und wurde dort auch getestet. Die unterschiedlichen Gruppen kommen dort jeweils zu unterschiedlichen Zeiten, so dass die Symptomlosen nicht auf die Hustenden treffen.

Beim Abstrich hatte ich damit gerechnet, dass man mir das Stäbchen in den Rachen rammt und durch die Nase bis ins Hirn schiebt. Aber es war harmlos.

Vor dem Klinikum Nord warteten mehrere Familien, Reiserückkehrer aus den Nachbarstädten Unna, Schwerte und Herdecke. Sie hatten sich nach ihrer Ankunft bei ihrem Gesundheitsamt gemeldet und waren nach Dortmund geschickt worden. Das Testzentrum in Dortmund schickte sie allerdings wieder fort: Keine Tests für Menschen aus anderen Städten; getestet werde außerdem erst fünf Tage nach Rückkehr, bis dahin bitte Quarantäne; die Familien sollten sich an ihr Gesundheitsamt wenden. Die Familien sagten: Aber wir haben doch unser Gesundheitsamt gefragt, und es hat uns hergeschickt, damit wir sofort getestet werden! Allgemein großer Unmut – nicht ob des Tests als solchem, sondern angesichts des Durcheinanders, wer wo wann wen testet – und angesichts der Frage, ob man nun am Montag zur Arbeit gehen kann oder nicht und wer das dem Arbeitgeber beibringt.


Pilze und Zwerge | Zwischen Corona-Test und Abfahrt nach Föhr spazierte ich durch die Haard. Wir liefen durch den Wald, bestiegen einen Feuerwachturm, guckten hinunter, stiegen wieder hinab, sahen Pilze und Zwerge und gingen wieder heim.

Ein bisschen schön ist der Herbst ja doch.


Gelesen | Warum die Fallzahlen trotz Masken so stark steigen | Rezept: Simit: Türkische Sesamringe

Lernen und Wachsen | In den vergangenen Tagen habe ich mich zum Agile Master fortgebildet. Ich hatte mich für die Weiterbildung angemeldet, weil ich in meiner Arbeit mit Kunden viel mit agilen Methoden arbeite, ich aber bislang keine systematische Ausbildung erfahren habe. Ziel der Fortbildung war es, mich selbst zu überprüfen: Kann ich etwas besser machen? Gibt es methodische Dinge, die ich übersehe? Nach der Prüfung Ende Oktober habe ich dann auch ein Zertifikat – falls es Kunden gibt, denen das wichtig ist.

Der Kurs wurde von INeKO angeboten, einem Institut der Universität Köln. Mit Einrichtungen, die Universitäten angegliedert sind, habe ich gute Erfahrungen gemacht: Die Inhalte sind fundiert, das Niveau ist angemessen hoch, und die Trainer und Trainerinnen sind auch gut. So war’s auch diesmal.

Inhaltlich ging es um Scrum und Kanban mit anhängigen Methodiken und praktischen Ausprägungen: kurze Arbeitszyklen, Fokus auf ein Ziel, schnelles Ausfliefern von Ergebnissen, enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen, Feedbackrhythmen. Alles kannte ich, mit allem arbeite ich bereits. Aber manches hat sich nochmal geschärft, auch in der Diskussion mit den anderen Teilnehmenden, die allesamt aus unterschiedlichen Branchen kamen. Ich habe Ideen mitgenommen, die ich mit zum Kunden nehmen werde.

Die Weiterbildung fand komplett remote statt. Wir haben mit Zoom und Conceptboard gearbeitet. Das war sehr prima; ich fand es – auch für den kompletten Tag – gut und keinesfalls ermüdend, die ganze Zeit am Rechner zu sitzen. Es war völlig okay, von 9 bis 17 Uhr in der Videkonferenz zu sein und gemeinsam an Boards zu arbeiten (natürlich mit Pausen). Ich muss sogar sagen: Remote war ich wacher, als ich es in Präsenz gewesen wäre. Ich habe mir den unerfreulichen, weil stauträchtigen und deshalb knapp zwei Stunden langen Weg nach Köln gespart, ich muss keine Übernachtung bezahlen, war ausgeschlafener, ausgeglichener und entspannter. Ich bin zufrieden mit meinem Investment und werde im kommenden Jahr voraussichtlich den Experienced-Kurs dranhängen.


Stimmung | Abendspaziergang nach dem Weiterbildungstag:

Blick vom Hügel auf den Phoenixsee bei untergehender Sonne

Ich fühle eine ähnliche Anspannung wie im März und April, als auch die Infektionszahlen stiegen und stiegen und ich mangels Freizeitalternativen begann, meine Nachbarschaft in immer weiteren Kreisen zu durchlaufen.


Seminare mit mir | Falls Sie sich in 2021 fortbilden möchten, kommen Sie zu mir! Bei Pro Content in Essen stehen schon zwei Seminare fest:

In diesem Jahr gibt’s mich noch mit dem Thema Change Management – Was Veränderung mit uns macht in kompakten 90-Webinar-Minuten. Wenn wir uns verändern, egal ob als Individuum, als Gruppe oder als Organisation, durchlaufen wir Phasen, es gibt Rückschläge, und es gibt Muster. Die zu verstehen hilft, die Veränderung zu meistern. Datum: 11. November 2020 von 14 bis 15:30 Uhr.

Die Angebote finden sich auch auf meiner Terminseite.

Ich überlege, im kommenden Jahr auch darüber hinaus zwei oder drei Seminare selbst zu organisieren und anzubieten. Wenn Sie Ideen oder Wünsche haben, gerne her damit. Macht es wohl Sinn, dass ich eine Umfrage starte, was wohl interessant wäre? Oder biete ich einfach was an und schaue, ob sich jemand anmeldet? Mmmh … //*grübelnd ab


Tarte-Experiment | Ich habe eine Apfeltarte hergestellt. Ein Kuchen ohne Backpulver, gebacken in der Pfanne, mit 3 Eiern, 200 Gramm Puderzucker, 75 Gramm Mehl, dem Mark einer Vanilleschote und 100 Milliliter Vollmilch. Alles in einer Schüssel vermengen. In einer Pfanne geschnittene Äpfel mit Butter erwärmen, etwas Zucker und einen großzügigen Schwenk Alkohol der Wahl zufügen. Ich nahm Gin.

Das Ganze auf dem Herd lassen, bis die Apfelstücke weich sind. Dann den Teig drüberkippen, etwas warten und alles für eine halbe Stunde bei 180 Grad in den Ofen geben.

Die meisten Apfelkuchen sind mir zu trocken, zu hefig, zu bröselig, zu viel im Mund. Dieser Kuchen ist super.


Gelesen | Das Sterben der Shoppingmeilen: hohe Mieten, immer weniger Umsatz in den Innenstädten. Bislang prägt die Trennung der Lebensbereiche „Wohnen“, „Arbeiten“ und „Freizeit“ unsere Städte. Wo Menschen wohnen, wird nicht gearbeitet, wo gearbeitet wird, verbringt man nicht die Freizeit. Einkaufen findet in einem separaten räumlichen Bezirk statt: in einer vom Wohnen fast völlig befreiten Innenstadt oder in Einkaufszentren. Um den Einzelhandel attraktiv zu halten, muss er meines Erachtens wieder mehr mit dem Wohnen und Leben zusammenwachsen. Was der Onlinehandel besser kann, sollte man ihm überlassen. Was er nicht besser kann, ist: anfassen, riechen, schmecken, anprobieren, darüber ins Gespräch kommen, abwägen, sich austauschen, entdecken.

Corona-Service | Schön billig, aber völlig sinnlos – ein Kommentar zur Diskussion, ob man die Weihnachtsferien verlängern möchte. Ich habe dazu keine Meinung – wie zur ganzen Diskussion rund um Schule, Digitalisierung und wie man jetzt und in Zukunft den Unterricht durchführen sollte. Ich gewinne nur den Eindruck, dass in diesem Thema eine Menge Klugscheißer unterwegs sind, die immer nur einen Teil dieser riesigen Fragestellung sehen. Schule & Innovationen ist unter beruflichen Aspekten eine sehr interessante Herausforderung.

Et kütt, wie et kütt | In den kommenden sieben Tagen wird es spannend mit meiner Urlaubswoche auf Föhr. Ich hoffe, dass hier in Dortmund niemand mehr eine große Hochzeit feiert und dass die Infektionszahlen niedrig bleiben. Denn sonst brauche ich – Stand heute – einen negativen, keine 49 Stunden alten Corona-Test, um in meine Ferienwohnung nach Wyk zu dürfen und dort am Strand spazieren zu gehen. Hinsichtlich eines Tests sehe ich organisatorische Schwierigkeiten, denn im Selbstzzahler-Testzentrum des Klinikums sind für die kommende Woche schon keine Termine mehr frei. Was die Wirksamkeit der Maßnahme angeht, schließe ich mich Karl Lauterbach an. Et kütt, wie et kütt.

Langweilig wird’s #wegenderaktuellenSituation jedenfalls nicht. Ende des Monats stehen ja auch die Geschäftstermine in Berlin an. Ich beobachte die Nachrichtenlage mit großer Aufmerksamkeit.


Sein Name ist Pepper | Die Dorffreundin hat jetzt einen Kater. Der Kater und ich hatten unsere erste Begegnung. Offenbar mag er mich.

Kater liegt auf ausgestreckten Beinen auf dem Sofa.

(Er ist so weich!)


Broterwerb | Für drei Kunden gegen Geld gearbeitet, von zuhause aus. Niedergeschrieben, wie externe Begleitung bei Veränderungen unterstützen kann. Mich und Mudda Natur Design mit meiner Neujahrsgrußkarte beschäftigt.


Et is, wie et is | Beim Zahnarzt gewesen, Kontrolle. Keine Vorkommnisse, keine Notwendigkeiten. Dafür eine gesellige Anfahrt genossen: Stau wegen Nahverkehrsbestreikung. Et is, wie et is.


Gelesen | Seit du da bist von Fabio Volo, in einer Übersetzung von Petra Kaiser. Klappentext:

Nicola zieht mit Sofia zusammen, frisch verliebt und überzeugt: Dieser Liebe kann die Routine des Alltags nichts anhaben. Die kleine Dachwohnung im Zentrum von Mailand ist perfekt für romantische Zweisam­keit. Doch bald schon ist Sofia schwanger, und sie sind auf einmal zu dritt. Schlaflose Nächte, Babygeschrei und Gezänk – wollte Nicola das wirklich? Und wo ist die Leidenschaft geblieben? Nicola sucht – und findet. Erst außer Haus, dann daheim.

Ich mag Fabio Volo, seine Männerfiguren, ihre Wege, ihre Gedanken. Das Ende kommt etwas abrupt, ist mir etwas zu einfach. Aber sonst ein schöne, kleine Geschichte, realitätsnah, subjektiv, prima.

Berlin-Planungen | Ende Oktober reise ich nach in Berlin. Ich moderiere eine Tagung bei einem Kunden und verbinde dieses Engagement mit zahlreichen anderen Terminen bei Kundinnen, Kunden, Geschäftspartnerinnen und meiner Lektorin bei Suhrkamp Insel. Meine Agentin in der Literaturagentur hat gewechselt; eine Gelegenheit, sich kennenzulernen. Außerdem nehme ich – sofern wir alle gesund bleiben – zwei Podcastfolgen auf: eine Folge mit Filmdramaturgin, Prozessbegleiterin und Schauspielerin Verena Michl, eine weitere mit Zukunftsforscherin Alu Kitzerow.

Ich werde viel in Mitte und drumherum unterwegs sein. Das bringt in Zeiten globaler Seuchen Überlegungen mit sich. So dachte ich lange darüber nach, mit welchem Verkehrsmittel ich anreise. Das Auto ist virussicher, und ich kann viele Materialien transportieren. Allerdings scheue ich mich, es innerhalb Berlins zu bewegen. Zu wechselnden Terminen mit dem Auto durch Mitte zu gurken, ist was für Leute, die Vadda und Mudda erschlagen haben. Die Parkgebühren im Hotel sind horrend, und zweimal fünf bis sechs Stunden Autofahrt über die A2 – da gibt’s auch Vergnüglicheres.

Der Zug ist angenehmer in der Anreise, aber nicht ganz so virussicher wie das Auto. Allerdings kann ich arbeiten und entspannen. Die zu transportierenden Materialien müsste ich reduzieren und strategisch packen. Das wäre allerdings ohnehin sinnvoll, wenn ich innerhalb Berlins zu Fuß, mit E-Roller und Leihfahrrad oder zur Not mit dem ÖPNV unterwegs sein möchte.

Ich buchte heute also eine Zugfahrkarte und machte ein Schnäppchen: Für nur 39 Euro in der 1. Klasse Dortmund – Berlin im ICE, Einzelsitz. Endlich kommt meine im März upgegradete Bahncard 25 zum Einsatz.


Sozialkanalgedöns | Linked.in-Profil aktualisiert. Xing habe ich letzens schon erledigt.


Fitness-Studio| Da die Freibadsaison nun unabstreitbar vorbei ist, besuche ich wieder das Fitnessstudio. Seit März war ich nicht mehr dort. Vergangene Woche ging ich das erste Mal hin – und heute erneut. Die Situation dort ist ausbaufähig, aber akzeptabel.

Bei meinem ersten Besuch war ich auf der Fläche im Erdgeschoss. Sie ist groß und jedes zweite Cardiogerät ist gesperrt, aber die Abstände erscheinen mir für die Schwitz- und Atemsituation dennoch recht gering. Es war kein Fenster geöffnet. Niemand trägt Maske. Das machte kein gutes Gefühl.

Das Studio hat allerdings seinen Lady-Fitness-Bereich im zweiten Stock ausgebaut. Er ist deutlich weniger besucht, verwinkelter und ich kann individuell lüften, je nachdem an welchem Gerät ich mich befinde. Die Situation dort scheint mir in Ordnung. Ich trainiere Cardio ohne Maske und den Rest mit, auch wenn es nicht vorgeschrieben ist. An den Kraftgeräten empfinde ich das als zumutbar, und ich fühle mich besser, auch den Mitturnenden gegenüber.

Die Umkleiden meide ich. Sie liegen im Untergeschoss. Dort unten steht die Luft, alle Frauen laufen und stehen durcheinander und beieinander, maskenlos. Das fühlt sich nicht gut an.


Gelesen | Christian Drosten hat ein langes Interview gegeben. Es ist wie immer wohltuend, ihm zuzuhören. Fühle mich gut informiert.

Mein Verhältnis zu Tee | Manchmal schicken mir Menschen Kooperationsanfragen. Ich soll dann hier im Kännchencafé über ein Produkt schreiben, bekomme dafür Ruhm und Ehre oder darf behalten, was ich nicht haben will. Heute schrieb mir ein Tee-Shop. Tee! Alta. Ich und Tee.

Tee ist in Tassen abgefüllte Magen-Darm-Grippe mit dem Geschmack von Jugendherberge, Krankenhauscafeteria, Mobbing auf der Ferienfreizeit und Kräutermischung „Bahndamm Nordseite“.

Wenn ich über Tee schreibe, ist das deren Marketing-Albtraum.


Paketabholung | Heute war ich im Pick up Shop eines nicht näher genannten, rot-weißen Paketdienstes. Ich habe drei Gasdruckfedern abgeholt, die ich bestellt hatte.

Die Gasdruckfedern brauche ich für die Barhocker in meiner Küche. Sie sind malade: Wer sich auf einen Hocker setzt, sinkt in die Bedeutungslosigkeit unterhalb der Tischkante ab. Das ist eine amüsante Angelegenheit, zumal einer der Hocker sich sehr sanft und langsam absenkt. Es dauert fünfzehn Minuten, bis der Gesprächspartner nur noch mit der Nasenspitze über die Tischkante guckt. Erst dann wird er seiner Situation gewahr und zweifelt an seinem Verstand. Es macht großen Spaß, diesen Hocker im Zufallsverfahren immer an einen anderen Platz zu stellen.

Doch nun ist ein zweiter Hocker kaputt, und der dritte knirscht bedenklich. Es wird Zeit, Ernst in die Sache zu bringen, eine Reparatur vorzunehmen und die Gasdruckfedern auszutauschen. Der Hersteller schickte sie mit dem rot-weißen Paketdienst. Der Paketdienst entschied sich, die Zustellung für seine Belange nicht unnötig aufwändig zu gestalten. Er brachte die Lieferung ohne Umweg über mein Zuhause in den Pickup Shop des Netzwerkpartners. Soll die Kundin ihr Paket doch selbst in der Klitsche abholen! Was bestellt sie auch so einen Bumms!

Der Pickup Shop ist ein Loch, dessen Geschäftsziel ich nicht genau eruieren kann. Es ist eine mit braunem Teppich ausgelegte, spärlich beleuchtete Mischung aus Videothek, Second-Hand-Laden, Elbenwald-Filiale, Modellauto-Werkstatt, Schokoriegel-Abverkauf und einer Frauentausch-Wohnung. Es riecht dort, als hätte sich Heizungsstaub auf zehn Jahre alten, würzigen Käse gelegt, während im Hinterzimmer jemand Gras raucht und die Katze nebens Klo kackt. Nichts von alldem ist tatsächlich auszuschließen.

Ich betrat den Shop und reihte mich vor der Theke ein. Vor mir standen zwei Jäuster, vielleicht elf und fünfzehn Jahre alt, die sich gerade in harten Verhandlungen mit dem Shop-Mann befanden. Auf der Theke lagen ein Stapel Videospiele, zwei Hanuta und eine Action-Figur. „32“, sagt der Shop-Mann über seine Lesebrille hinweg. Seine Maske hing ihm unterm Kinn, das Hemd war nur notdürftig in die Hose gestopft.

„22“, sagte der ältere Junge.
„30.“
„35!“ , krähte der Jüngere. Sein Kumpel haute ihm auf den Hinterkopf. „Bist du schwachsinnig, Alta!“, und zum Shop-Mann: „25 und keinen Euro mehr.“ Der Shop-Mann: „29, und ihr kriegt noch eine Figur dazu.“

Die beiden Jungs zogen sich zu einer geflüsterten Beratung zurück. „28 mit Figur!“ Das Geld ging über den Tisch.

Die Gasdruckfedern liegen jetzt in meiner Küche und warten auf Einbau. Werde ich tun, nachdem ich sie lange genug angestarrt und dreimal hin und her geräumt habe.



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