Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Oh nein!

Der Ghettonetto schließt. Das schmucke Ghettonetto-Gebäude wird abgerissen. Der Markt zieht fünf Straßen weiter in einen alten Edeka-Markt – und damit zu weit fort, als dass ich einen Hackenporsche voller Köstlichkeiten von dort nach Hause ziehen könnte.

Ich bin tief betroffen. Was soll nun werden?

In Memoriam:

Die vier Bücher der vergangenen Wochen:

Bücher

Johanna Adorján. Eine exklusive Liebe.
Vera und István sind ungarische Juden. Sie überlebten den Holocaust und flohen nach Dänemark. Sie sind alt, und sie nehmen sich gemeinsam das Leben: Er ist schwer krank, sie möchte nicht ohne ihn sein. Johanna Adorján erzählt den letzten Tag im Leben ihrer Großeltern – mit Distanz, aber auch mit Wärme. Traurig, schön und – ja, auch ermutigend.

Per Olov Enquist. Der Besuch des Leibarztes.
Ein Buch über den dänischen König Christian VII., einen geisteskranken jungen Mann, seine arrangierte Heirat mit der 13-jährigen, englischen Prinzessin Caroline Mathilde und über Christians Leibarzt Johann Friedrich Struensee. Wegen des Geisteszustandes Christians übernimmt im Hintergrund Struensee die Regentschaft – und hinterher auch die ehelichen Pflichten des Königs. Das Buch ist aus der Sicht eines Chronisten geschrieben, beobachtend, beschreibend, bewertend, vorausgreifend – in einem unglaublich guten, außergewöhnlichen Erzählstil, der die Geschehnisse fast ironisch wirken lässt. Empfehlenswert.

Charlotte Link. Sturmzeit
Die Geschichte der jungen Felicia Degnelly, die während des Ersten Weltkriegs das Gut ihrer Familie in Ostpreußen verlassen muss, heiratet, als Krankenschwester an die Ostfront geht, sich scheiden lässt, eine erfolgreiche Geschäftsfrau wird und am Ende alles verliert. Das Buch ist recht schwülstig, und die Erzählung nicht wirklich packend. Was ich allerdings gut fand, war, mal einen Einblick in die Zeit des Ersten Weltkriegs zu bekommen – denn die meistens Bücher handeln entweder vom Zweiten oder sind historische Romane, die in früherer Zeit spielen. Fazit: Kann man lesen, muss man nicht.

Ferdinand von Schirach. Glück und andere Verbrechen.
Das bekannte Buch Ferdinand von Schirachs – in der Neuauflage zum Film. Ich kannte es noch nicht und war positiv überrascht: kurzweilige, kuriose, packende Geschichten, kühl und schlaglichtartig erzählt. Eine hervorragende Unterhaltung.

Bevor jemand fragt: Der Hund ist im Osterurlaub. Skifreizeit in der Schweiz.

Er ruft mich an, und ich weiß sofort: Irgendetwas ist.

Er sagt, ich wisse doch: Heute sei sie im CT gewesen, wegen ihrer Schmerzen in der Hüfte. Gerade habe sie ihn angerufen. Die Ärzte sagten, die halbe Hüftpfanne sei weggebröselt. Sie sagten auch, dieser Zersetzungsprozess – so schnell wie der vonstatten gegangen sei, das könne kein Verschleiß sein. Er sagt, sie sprächen von Knochenmetastasen.

Ich sitze im Büro. Wir haben ein Großraumbüro, und normalerweise gehe ich in die Küche, wenn ich telefoniere – um niemanden zu stören, und damit nicht alle mithören. Aber diesmal bleibe ich sitzen. Ich muss sitzen, denn ich zittere. Mir ist kalt.

Ich frage, wie sicher das sei. Ziemlich sicher, antwortet er. Sie müssten jetzt alles genau untersuchen und den Herd finden und natürlich könne es immer noch etwas anderes sein, aber sie hätten ihr schon gesagt, es sei sehr ernst, und sie solle sich auf das Schlimmste gefasst machen. Er meint, das sagten sie ja nicht einfach so. Er sagt das sehr langsam, mit drei Pünktchen am Ende.

Am Abend rufe ich sie an. Sie versucht, gefasst zu klingen, aber ich höre, dass sie geweint hat. Ihr Stimme hat dieses dunkle Timbre, das man nur hat, wenn man tief in sich hinein geweint hat. Sie sagt, die Sache mit der Hüfte könne zu allererst einmal von einem Unfall kommen oder von Osteoporose, die Ärzte machten einen aber auch immer verrückt, denen gehe es nur ums Geldverdienen. Aber du hattest doch gar keinen Unfall, sage ich. Nein, sagt sie, einen Unfall nicht direkt. Nein, eigentlich – nein. Kein Unfall.

Und dieser Husten, frage ich. Du hast doch schon seit Monaten diesen Husten.

Der Husten, sagt sie, das habe sie ihrem Hausarzt schon vor Monaten gesagt. Der tue höllisch weh. Der ziehe genau in die Seite, wo auch die Hüfte schmerze. Das sei wirklich kaum zu ertragen, der ganze Brustkorb schmerze.

Die komplette nächste Woche, sagt sie, sei sie nun unterwegs, jeden Tag: ins Labor, in die Röhre, Szintigramm, Computertomographie. Vielleicht, habe die Ärztin gesagt, brauche sie nur eine neue Hüfte. Danach sei man heutzutage schnell wieder fit, das sei kein großer Eingriff.

Natürlich, sage ich, alles kein Ding mehr.

*

Ich bin erneut auf der Arbeit, als er mich anruft. Gerade muss sie im Krankenhaus gewesen sein, muss sich ihre Diagnose abgeholt haben. Ich gehe in die Teeküche. Ich frage nichts, und er sagt nichts, denn es ist bereits alles gesagt, ohne dass ein Wort gefallen ist. Telepathisches Telefonieren, das Knoff-Hoff der Katastrophen.

Irgendwann sagt er doch etwas. Er fragt, ob ich sie sprechen möchte. Ja, antworte ich, und er gibt den Hörer weiter.

„Hallo“, sagt sie und hustet. „Ich weiß nicht, ob ich das überlebe“, sagt sie.

Ich schweige. Mein Kopf sucht nach Worten. Ich denke sofort: Nein, das überlebst du nicht. Schon vor einer Woche habe ich geschaut, woher Knochenmetastasen kommen, habe eins und eins zusammengezählt. Ich las: inoperabel, lebensverlängernd, palliativ. Fünf Prozent, zwei Prozent.

Ich blicke aus dem Fenster in den Hof, wo ein Auto vorfährt und ein Pizzabote aussteigt. Ich möchte nicht beschwichtigen, möchte nicht lügen. Kleine Miseren rede ich mir gerne schön, das macht sie leichter, sie sind dann fast nicht da. Widdewiddwitt, ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt. Jetzt, mit der Stirn an der Scheibe und dem Handy am Ohr, bin ich keine Pipilotta, möchte ich nichts schönreden. Der Pizzabote geht ins Haus. Ich sage: „Das wissen wir alle nicht.“ Die Sonne kommt hinter Wolken hervor.

„Sechs Wochen noch“, sagt sie, „wenn ich nichts mache. Und zwei Jahre, wenn ich sofort Chemo kriege.“ Sie schweigt. Dann sagt sie: „Morgen fangen sie an.“ Der Pizzabote kommt aus dem Haus und steigt in sein Auto. Die Sonne verschwindet wieder. Sie sagt: „Ich habe Angst.“

Als ich auflege, fühlt es sich plötzlich an, als stünden wir vor einem Wettkampf. Eine Woche lang haben wir auf den Startschuss gewartet, darauf, dass es amtlich wird, dass es losgeht, dass wir aus den Blöcken springen und unseren Lauf beginnen können. Diesen Lauf, von dem wir nicht wissen, wie lang er sein wird – und für den wir nicht trainiert haben.

Ich gehe hinaus, gehe Straßen auf und ab. Sie stirbt. Sie stirbt. Mein ganzes Denken sind diese zwei Worte. Sie stirbt. Sie stirbt. Sie stirbt.

*

Als ich zurück ins Büro komme, habe ich eine neue E-Mail, Betreff: „Er ist da!“
Ich öffne sie und sehe vier Bilder eines Neugeborenen, klein, zerknautscht, die Händchen blau. Der Sohn von Freunden, ersehnt und erwartet – er ist angekommen.

Ich weine.

Ein Nachtrag:

Vor zwei Wochen habe ich mit „Liebe Generation meiner Eltern“ einen Nerv getroffen. In den Kommentaren gab es viel Zustimmung. Aber es gab auch Widerspruch. Diesem möchte ich gerne antworten.

Mitglieder meiner Elterngeneration (oder Kommentatoren, die sich dort einordneten) sagten zum Beispiel:

Es gibt auch die Elterngeneration, die das Internet nutzt, ja schon Internet genutzt hat, als ihr noch im Kindergarten wart und die bereits vor euch die Piraten gewählt haben. 

Ich drücke mich deshalb mal genauer aus: Wenn ich von meiner Elterngeneration spreche, dann spreche von 60- bis 75-Jährigen. Einige davon nutzen das Internet. Mein Vater zum Beispiel. Meine Mutter wiederum nicht, meine Tanten und Onkel auch nicht. Als die ersten Browser erfunden wurden, war ich ein Teenager. Also erzählt mir nicht, dass ich noch im Kindergarten war, als Ihr schon im Internet gesurft habt.

Aber darum geht es nicht. Ich möchte nicht erklären, warum mein Vater oder meine Tante vielleicht Piraten wählt. Oder mein Opa. Das sollen sie selbst schreiben. Ich möchte nur erklären, warum meine Generation in nennenswerter Zahl Piraten wählt – für alle, die danach fragen. Das hat nämlich wenig bis nichts mit dem Internet zu tun.

Mir wird in den Kommentaren des Beitrags vorgeworfen, dass meine Generation „wie die Made im Speck“  lebte, dass wir „vor lauter imaginären Problemen“ vergäßen, wie gut es uns ginge und dass ich „mit Anfang 30″ meine „Midlife-Crisis früh“ durchlebte. Auch schrieb ein Kommentator:

“Euch, den 25 Jahre später geborenen, kann es ja schon kaum mehr besser gehen, da nützt ja die ganze Anstrengung in der Schule schon nichts mehr.”

Genau hier ist der Kern unseres Unmuts, unserer Wut. Wir müssen nicht hungern, haben eine Wohnung. Aber wir arbeiten dafür, wie Ihr es auch tut oder getan habt. Wir kriegen nichts in den Hintern geschoben. Wir haben hohe Abgaben, zahlen hohe Mieten und haben uns unser Studium selbst finanziert. Alles andere ist Klischee. Aber wir können uns nicht verbessern, egal wie wir strampeln.

Nun, da wir seit zehn oder fünzehn Jahren im Berufsleben stehen und gerne mal ankommen, sesshaft werden, eine Basis haben möchten, erkennen wir, dass nichts sicher ist. Immer noch nicht. Wir haben keine sicheren Arbeitsplätze. Wir leben von Zeitarbeit und Zeitverträgen, von außertariflichen Regelungen, von immer neuen Einstiegsgehältern – nach jedem Jobwechsel, nachdem wieder einmal ein Zeitvertrag ausgelaufen ist, müssen wir uns bewähren. Viele von uns ziehen oft um, der Arbeit hinterher. Das ist kein Spaß. Das kostet Geld. Geld, das wir gerne ansparen würden, für später, für ein Eigenheim, für unsere Kinder, vielleicht auch nur für eine neue Waschmaschine. Aber noch bedeutsamer: Es kostet uns ein soziales Umfeld, einen sich über Jahre entwickelnden Freundeskreis, eine vertrauensvolle Familie um uns herum. Es kostet uns Zeit – die wir in Zügen und auf der Autobahn verbringen, auf dem Weg zum Partner, zu den Eltern, Großeltern und zu Freunden.

Ich sage nicht, dass mich das persönlich betrifft. Deshalb durchlebe ich auch keine Midlife Crisis. Mir geht es gut, ich habe einen tollen Beruf, lebe seit Jahren in derselben Region, bin glücklich. Aber ich sehe es bei meinen Freunden, bei meinen Verwandten, den Cousins und Cousinen, den ehemaligen Klassenkameraden und Mitstudenten. Von denen wohnt kaum einer mehr in unserem Heimatort – und das nicht, weil er nicht möchte. Sondern weil er dort keine Perspektive hat.

Gerne würden wir Kinder bekommen – bekommen sie auch. Aber wenn wir Frauen schwanger werden, wird unser Zeitvertrag nicht verlängert. Wenn wir uns dann eine neue Arbeit suchen, werden wir gefragt, wie es mit der Kinderbetreuung aussieht. Wenn wir einen Kita-Platz brauchen, gibt es keinen. Oder nur einen von 7 bis 15.30 Uhr und nicht vielleicht von 12 bis 17 Uhr, wie wir ihn brauchen könnten in dieser flexiblen Welt. Ein Kita-Platz, bei dem die Erzieher – übrigens auch welche von uns – uns um 15.40 Uhr frustriert maßregeln, weil wir unser Kind zehn Minuten zu spät abholen, weil wir im Feierabendverkehr standen, weil wir nicht früh genug wegkamen, weil wir unseren Job gut machen wollten, weil es verlangt wurde. Unsere Eltern können wir nicht fragen, denn sie wohnen weit weg. Manche sind selbst noch berufstätig, sie sind krank oder schon gestorben – auch das gibt es, sogar gar nicht selten.

Jetzt sagt nicht: Warum bleiben die Frauen dann nicht zu Hause? Haben wir auch getan! Ist das Beste fürs Kind! Und für alle entspannter.

Wer sich das leisten kann: gut. Aber ich kenne nur wenige, trotz guter Ausbildung – und nicht wegen überzogener Ansprüche, dem zweiten Auto oder dem dritten Jahresurlaub. Außerdem sehen wir doch bei Euch, wohin das führt. Ihr, unsere Mütter, habt zwei oder drei oder vier Kinder großgezogen und bekommt heute nur eine Mini-Rente. Oder Ihr seid von unseren Vätern geschieden, und weil Ihr nach Jahrzehnten ohne Berufstätigkeit keine Anstellung über 400 Euro findet, lebt Ihr von ihrem Unterhalt. Ein Gehalt für Zwei – da muss schonmal das Einfamilienhaus dran glauben, in das wir einmal einziehen sollten.

Wie wir es machen, wenn Ihr, unsere Eltern, pflegebedürftig werdet, weiß niemand von uns. Sollen wir zurück in die Heimat ziehen? Oder Euch zu uns holen, Euch entwurzeln? Oder Euch in ein Heim stecken, Euch versorgen lassen, dafür monatlich so viel Geld zahlen, dass wir uns deshalb keinen Kita-Platz mehr für unser Kind leisten können – und uns dabei sorgen, dass Ihr Euch wund liegt, ruhig gestellt, schlecht behandelt werdet? Wir lieben Euch. Wir werden für Euer Wohl in die Verantwortung genommen. Das ist in Ordnung so. Aber wir sind ratlos.

Nein, wir haben keine existentiellen Probleme. Wir haben zu essen und ein Dach über dem Kopf. Wir können sogar in den Urlaub fahren, nichts Dolles, aber immerhin. So wie Ihr damals.

Aber im Gegensatz zu Euch sehen wir keine Perspektive. Keine Möglichkeit des Aufstiegs, des Ankommens. Uns fehlt dieses Gefühl: Fünf Jahre noch, dann sind wir aus dem Gröbsten raus, dann wird alles gut.

Wir haben die Nase voll von der aktuellen Politik, die sich um all diese Belange nicht kümmert. Die ein Betreuungsgeld einführt, das jetzt Familien kriegen, die es sich leisten können, von einem Gehalt zu leben. Oder solche, für die es keinen Kita-Platz gibt oder die ohnehin keine berufliche Perspektive haben.

Überhaupt: Geld. Wir wollen kein Geld für unsere Kinder, keine Herdprämie und kein Gebärhonorar. Wir wollen bezahlbaren Wohnraum, gute Bildung und ein gesellschaftliches, auf den Menschen ausgerichtetes Klima, das es uns erlaubt, uns nicht zu zerreißen, sondern mit Freude zu arbeiten, der Gemeinschaft zu dienen, Werte zu erwirtschaften und mit Liebe und Zuwendung unsere Kinder großzuziehen.

Wir haben die Nase voll davon, dass nur Pfründe gesichert werden. Dass niemand in der Politik sich traut, unser Rentensystem neu zu denken. Wir zahlen gemeinsam mit unseren Arbeitgebern Hunderte von Euros monatlich in die Rentenkasse ein und werden mit Glück gerade einmal das Existenzminimum herausbekommen. Wir zahlen zusätzlich in private Rentenversicherungen, und wissen nicht, ob die Konzerne das Geld nicht verjuxt haben werden, wenn wir 67 oder 70 sind – irgendwo an irgendeiner Börse.

Wir machen uns Sorgen. Wir sind gestresst – und das ist mehr als ein persönlicher Stress, das ist ein kollektives Gefühl. Ein Druck, den Ihr vielleicht auch empfunden habt. Doch Euer „Stellt euch nicht so an!“ hilft uns nicht weiter.

Wegen all dieser Gründe – oder nennt es Befindlichkeiten – muss niemand die Piraten wählen. Aber manche tun es. Aus Protest oder weil sie das Gefühl haben: Das sind welche von uns. Die leben wie wir, die verstehen etwas von unserem Leben, die bewegen noch einmal grundsätzlich etwas – und schrauben nicht nur am Vorhandenen herum.

Das mag ein Trugschluss sein. Aber dann haben wir es wenigstens versucht.

Ostern in der Familie.

Die Verwandtschaft verköstigt zu diesem Anlass Eierlikör, selbstgebraut. Am Ostersonntag sitzen dann Tanten, Schwiegertanten, angeheiratete Großtanten und versprengte Schwippschwägerinnen in trauter Runde beisammen, Damen in strengen Kostümen und blumigen Röcken, mit Silberlöckchen, Perlenketten und voluminösen Broschen.

Nach dem Mittagessen fragt die Gastgeberin: „Likörchen?“, die Damen nicken, und sie entschwindet in die Küche. Sekunden später betritt sie, herausfordernd lächelnd, mit frisch entschraubter Flasche die Szene, und dann – ja dann, geschieht das Unglaubliche: Die  Tanten, Schwiegertanten, Großtanten und Schwippschwägerinnen recken ihre Gläser  in die Luft wie Metal-Fans beim Freibier-Ausschank und rufen wild durcheinander:

„Ich nehm‘ einen Blonden Engel!“
„Kalter Busen!“
„Ich krieg‘ ein Blutgeschwür!“

Damit Sie für das nächste Osterfest Bescheid wissen:

Blonder Engel = Eierlikör mit Sekt
Kalter Busen = Eierlikör mit Fanta
Blutgeschwür = Eierlikör mit Kirschsaft

Die Herren stehen währenddessen übrigens draußen, die Daumen in Gürtelschnallen und hinter Hosenträger gehakt, und trinken Bier aus der Flasche.

Ein Filmstöckchen von Herrn Beethoven:

Ich muss vorwegschicken, dass ich weder ein Film- noch ein Musiktyp bin. Ich gehe vielleicht dreimal im Jahr ins Kino, und Fernsehen schaue ich so gut wie nie – abgesehen von Lindenstraße und Tatort.

1. Was war Dein erster Kinofilm und hast Du ihn später noch einmal gesehen? Wie fandest Du ihn dann?

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob es „Schneewittchen“ oder „Das doppelte Lottchen“ war. Ich glaube, es war Schneewittchen – im Palast-Theater in meiner Heimatstadt auf mit Polstern bezogenen Holzsesseln. Unter der Decke drehte sich der Kronleuchter, die Tonspule knisterte. Zwischendurch riss der Film ab, und wir konnten alle mal zum Klo gehen. Es war natürlich super.

2. Welches sind Deine drei liebsten Filmszenen und warum?

Das Finale in „Der Clou“:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=EmDQiL3UNj4&w=480&h=274]

Forrest:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=nFvASiMTDz0&w=480&h=274]

Das Leben ist schön:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=0Y9aKqawdUQ&w=480&h=355]

3. Hast Du schon einmal selbst einen Film gedreht, und sei es nur auf Video oder Super 8, so richtig mit Drehbuch, Maske/Kostüm und was war das für einer? Bzw. was wäre das für einer, wenn Du das machen würdest?

Falsche Frage für mich. Es fiele mir nie ein, außerhalb beruflichen Wirkens einen Film zu drehen.

4. Gibt es einen Film, der Dir Angst macht und den Du nie, nie, nie wieder sehen willst?

Gremlins. Und überhaupt: Horrofilme. Bei „Scream“ habe ich mich fast unterm Sessel versteckt vor Angst, echt. Manchmal traue ich mich sogar nach dem Tatort kaum alleine ins Bett.

5. Und welchen Film würdest Du gerne noch einmal auf der großen Leinwand sehen, der leider nur noch im TV oder auf DVD zu haben ist?

Keinen. Auf meinem Sofa ist es am schönsten. Schon allein wegen der Schlumperhose, die ich dort tragen kann.

6. Nenne einen Schauspieler, zwei Schauspielerinnen und drei Filme, die Du sehr gerne magst, und erzähle bitte warum!

Schauspieler:

Leonardo diCaprio (Gilbert Grape, Catch me if you can – der Bursche kann was), Alec Baldwin (einfach sehr sexy), Dustin Hoffman (ungeschlagen als Tootsie und Rain Man), Tom Hanks (kann auch was), Deutsch: Armin Rohde, Devid Striesow.

Schauspielerinnen:

Senta Berger (da sind Sie überragt, was? Sehe ich tatsächlich gerne, besonders in dieser ZDF-Krimireihe mit den internen Ermitteln), Meryl Streep (eine der wenigen in Hollywood, die noch eine Mimik besitzt)

Sonst fallen mir keine ein. Es gibt einfach zu viele Schauspielerinnen, die entweder total nerven oder die nur eine einzige Rolle spielen – und das immer wieder.

Filme, die ich immer wieder angucken kann: 

Tootsie – ein großartiger Film mit einer unweigerlich auf den Höhepunkt zulaufenden Dramaturgie und guten Figuren

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=FlXE1Yq0AnQ&w=480&h=355]

Der Clou – ein tolles Schurkenstück, bei dem selbst der Zuschauer verarscht wird:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=5-Fh2pMLFOM&w=480&h=274]

Wenn Liebe so einfach wäre – nah am Leben mit liebevoll gezeichneten Charakteren und tollen Schauspielern:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=BsriuoS-iu8&w=480&h=274]

Zeit des Erwachens – sehr berührend und ohne Happy End:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=JAz-prw_W2A&w=480&h=355]

Catch me if you can:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=hFj3OXVL_wQ&w=480&h=274]

7. Bist Du schon einmal vorzeitig im Kino aus einem Film gegangen? Warum und aus welchem?

Inception. Aus zwei Gründen: Ich musste so dringend pinkeln – da können Sie sich kein Bild von machen. 45 Minuten Werbung, drei Stunden Film und vorher ein halber Liter Cola – hallo? Ich bin eine Frau! Wie soll das gehen? Und: Der Film war langweilig und durchschaubar. Aber immer, wenn man gerne gehen möchte, sitzt man natürlich in der Mitte. Is‘ klar, ne?

8. Gibt es eine Filmszene, in der ein Song gespielt wird, die sich Dir beide untrennbar ins Gedächtnis gegraben haben?

Mein akustisches Gedächtnis endet leider bei „Für Elise“.

9. Welches ist Dein Lieblingskino und warum ist es das?

Essen, Lichtburg: Emporen, Balkone, rote Sessel – wie in einem Theater.

10.Lieber Filme oder TVSerien? Warum?

Bücher.

In den vergangenen Wochen gelernt:

  1. Mein Schwerpunkt ist zu weit oben.
  2. Was weg ist, ist weg.
  3. Man ahnt gar nicht, wie gut Pflaumenschnaps schmeckt.
  4. Bevor man die Armatur aufschraubt: Wasser abdrehen.
  5. Kürzer ist besser.
  6. Je mehr man fühlt, man sei angekommen, desto eher muss man wieder gehen.
  7. Loslassen.
  8. Tortenboden backen.
  9. Es geht weiter.
  10. Auf dem Balkon ist es am schönsten.

Ihr seid entsetzt.

Ihr seid total baff, dass eine Partei wie die Piraten 7,5 Prozent der Wählerstimmen bekommt. Ihr fragt mich, Eure Tochter und Nichte, wie das kommen kann. Wie solche Chaoten, wie Computerspinner, die kein Programm haben, außer das Urheberrecht abzuschaffen, es in ein Parlament schaffen. Ihr fragt Euch, was das für Leute sind, die solche Sonderlinge wählen. Ich erkläre Euch das jetzt mal.

Es gibt in unserem Land eine Generation von Menschen, die mit Krisen und Unsicherheit aufgewachsen ist, aber auch mit einer großen Freiheit, mit einer Fülle von Möglichkeiten und mit der Selbstverständlichkeit, sich immer überallhin bewegen zu können. Das ist die Generation derjenigen, die jetzt um die 30 oder etwas älter ist. So wie ich.

Wir haben Tschernobyl erlebt, die RAF und Glasnost, den Fall der Mauer, die Irak-Kriege, den Balkan-Krieg, das vereinigte Europa, Systemwechsel, Börsenstürze und Helmut Kohl. Wir sind in einer Welt aufgewachsen, die heile und friedlich war, aber auch ständig bedroht. Uns wurde eingebläut, gut in der Schule zu sein, um es einmal besser zu haben als Ihr, unsere Eltern. Deshalb haben wir gelernt, wir haben studiert oder eine Lehre gemacht, wir arbeiten hart, aber wir haben es trotzdem nicht besser. Denn wir haben inzwischen die vierte befristete Stelle, wir führen Fernbeziehungen über hunderte Kilometer, wir können uns nicht für Kinder entscheiden, weil wir vergeblich einen Partner suchen oder weil dann unser Arbeitsvertrag nicht verlängert wird. Wir wollen auch nicht mehr ständig dazu aufgefordert werden, Kinder zu zeugen, besonders nicht mit dem Argument, dass sie unsere Rente sichern und im Alter für uns sorgen werden, denn das tun sie nicht, wenn sie genauso leben werden wie wir.

Wir sind es aber auch gewohnt, in Freiheit aufzuwachsen und ihre vielen Möglichkeiten zu genießen. Wir gehen, wohin wir wollen; wir wohnen, wo wir möchten; wir können für 0 Cent nach Südamerika telefonieren und unsere Freunde dabei sogar sehen. Wir kommunizieren, egal wo wir sind und wann wir sind, denn wir können überall synchron und asynchron, persönlich oder anonym miteinander reden. Wir lieben diese Freiheit und wir fürchten diese Freiheit, sie ist Segen, sie ist Fluch, aber wir würden sie niemals hergeben wollen.

In den Parteien, die uns regieren, sind viele Politiker, denen Ordnung ganz wichtig ist. Sie sind älter als wir; ihre Eltern verbrachten ihre Jugend im Krieg oder in der Strenge der 50er Jahre, nicht wie unsere, im Geiste der 68er und mit Wolf Biermann. Sicherheit ist ihnen sehr wichtig. Freiheit aber ist eine Bedrohung für die Sicherheit, denn sie gebiert Ungewissheit; ihre Basis ist nur das Vertrauen.

Doch Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die Politiker überlegen sich nun, was Leuten, die wie sie sind, gut tun würde und machen danach Politik. Das ist dann Lobby-Politik. Sie wundern sich und werden böse, wenn man sie deshalb angreift – mittelbar über die Presse oder schlimmer: unmittelbar im Internet, diesen Inbegriff der Grenzenlosigkeit, der Unkontrollierbarkeit. Das Internet, das sind in ihren Augen nicht ihre Freunde, ihre Kinder und ihre Nachbarn, sondern das ist eine anonyme, tyrannische Masse ohne Ordnung und Disziplin.

Merkt Ihr etwas, liebe Eltern, Tanten und Onkel? Ich erkläre Euch, warum Menschen die Piraten wählen, und erst im siebten Absatz kommt erstmals das Wort „Internet“ vor. Das ist deshalb so, weil das Piratenwählen nicht nur etwas mit dem Internet zu tun hat. Das Internet gehört zwar irgendwie dazu, aber das Gefühl und die Lebensweise, die dahinter stecken, bestehen aus mehr.

Mein neues Keramikmesser:

Keramikmesser in grüner Paprika

Es ist so scharf – Sie brauchen es nur in die Nähe einer Gurke halten, schon gleitet es hindurch. Oder durch eine Paprika. Oder durch Fleisch. Beim Zerteilen eines Schweinefilets fühlte ich mich heute wie Dr. Christina Yang beim Eröffnen eines Brustkorbs. Ein fast erotisches Gefühl.

Ich habe erstmals ein Gericht aus Frau Julianes Blog gekocht: asiatisches Rindfleisch mit Schwarze-Bohnen-Soße. Allerdings mit Schweinefleisch, weil es im Ghetto-Rewe kein Rinderfilet gab. Dabei bin ich extra in den Rewe und nicht in den Ghettonetto gegangen, denn Ghettonetto und Filet, das funktioniert nicht, das kauft dort keiner. Es ist zu teuer, und man müsste etwas damit machen – mehr als Mikrowelle, Stufe 3.

Statt Sherry habe ich außerdem Reiswein genommen, statt Frühlingszwiebeln normale Zwiebeln, und die schwarzen Bohnen waren nicht gesalzen, sondern in Chili eingelegt. Zugegeben: Unter diesen Umständen habe ich nicht Frau Julianes Rezept nachgekocht, sondern ein eigenes kreiert. Aber man muss nehmen, was man zur Verfügung hat. Es schmeckte trotzdem.

Ich erwäge nun, das Messer an dunklen Abenden als Waffe mit mir zu führen. Jeder Angreifer wird mich auslachen, wenn er das kleine Ding sieht. Solange, bis ich ihn mit einem Streich filetiert habe.



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