Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Frau Blogg-Hittn-Wirtin hat ihre Angewohnheit, Bücher in Reihenfolge zu lesen, über Bord geworfen, hat „Da gewöhnze dich dran“ dazwischen geschoben und findet:

„Ich liebe es, wenn ein Buch es schafft, mich innerhalb der ersten Seiten wie ein kleines Wägelchen auf Schienen zu setzen und in wilder Fahrt mitzureißen. „Da gewöhnze dich dran“ ist so ein Buch.“

Sie schreibt noch mehr – in ihrer „Konsumenteninformation aus reiner persönlicher Überzeugung und ohne jegliche materielle Interessen„.

Frau Julika hat „Da gewöhnze dich dran“ währenddessen für ihre Mutter bestellt und freut sich über meinen Signier-Service.

Was das Renovieren angeht, kenne ich es so: Frauen reißen Tapete ab, Männer mauern, tapezieren, verputzen, streichen, legen Leitungen, Laminat und Parkett, bohren und schrauben. Die Frauen schmieren währenddessen Schnittchen. Am Ende machen sie den Dreck weg.

Mein Vater hat mich immer dazu erzogen, selbstständig zu sein. Das fing an, indem er mich ermutigte, hoch zu schaukeln, tief zu tauchen, über Baumstämme zu balancieren und überhaupt alles zu tun, wovor ich Angst hatte.

Kaum hatte ich den Führerschein, zeigte er mir am rechten Hinterrad unseres Autos, wie man einen Reifen wechselt. An den drei übrigen Reifen des Autos musste ich ihm anschließend vorführen, ob ich es verstanden hatte. Das war eine gute Idee, denn ich habe seither schon fünfmal einen kaputten Reifen wechseln müssen, meist irgendwo in der Pampa.

Er hat mir außerdem gezeigt, wie man einen Lkw lenkt. Deshalb bekam ich einen Sommer später einen Ferienjob im Messebau, bei dem ich mit einem 7,5-Tonner durch die Gegend fuhr. Seither kann ich Messestände aufbauen, mit Hubwagen und Ameisen herumfahren, ladungssicher beladen und alle Fahrzeuggrößen einparken.

Mein Vater hat mir nie etwas abgenommen, sondern mir stattdessen gezeigt, wie es geht. Ich komme daher gut im Alltag zurecht. Ich kann anstreichen, tapezieren, Lampen, Steckdosen und Klodeckel anbringen – und vor allem: Wenn ich etwas nicht kann, lerne ich es einfach. Ich denke mir nämlich: Die ganzen Typen um mich herum, die haben in der Regel ja auch keine dreijährige Lehre gemacht, bevor sie irgendein Werkzeug in die Hand nehmen. Die machen das einfach. Also mache ich es auch. Papa sei Dank. (Im Zweifel gibt’s bei Youtube ein Video dazu.)

Putz im Eimer

Kein Muffinteig, aber so ähnlich.

Am Wochenende habe ich deshalb das erste Mal in meinem Leben verputzt. Das ist nicht so schwierig, wie es sich zunächst anhört. Genaugenommen ist es überhaupt nicht schwierig. Nach einer halben Stunde, noch bevor der erste Putz im Eimer wieder trocken wurde, hatte ich einigermaßen raus, wie es geht.

Verputzte Kante

Argh! Zwei Putznasen!

Nach einem Tag war die ganze Sache dann leider auch schon wieder vorbei und das Zimmer war fertig. Schade.

P.S.: Auf das anschließende Abschleifen kann ich dann aber auch gerne verzichten.
P.P.S.: Ein Wochenende Hochleistungshandwerkern ist wie zwei Tage Bootcamp.

Lieblingstweets 08/2013:

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Nordostwestfalen.

Die Schönheit Ostwestfalens

Ein Ort, der durch schlichte Schönheit besticht. Eine Region, deren Name man sich auf der Zunge zergehen lassen darf. Nord-Ost-Westfalen. Nord-Ostwestfalen. Nordostwest-Falen. Sprechen Sie es nicht zu schnell aus. Sprechen Sie es ganz langsam aus. Dann kommen Sie der Sache nah.

Ein Wochenende in Nordostwestfalen. Ein traditionsreiches Handballgebiet. Minden, Oberlübbe, Jöllenbeck, Nettelstedt – das sind große Namen.

Kein Urlaub in Nordostwestfalen, sondern Trainingslager. Drei Tage Bootcamp. Vier Trainingseinheiten, eine am Freitag, zwei am Samstag, eine am Sonntag. Dazu drei Spiele.

Traditionsreiches Handballgebiet

Allerdings nicht für mich. Nicht mehr. Denn es ist vorbei. Ich bin nun Alterpräsidentin, backe Muffins, fächel den Mädels Luft zu, rolle Tape ab und betätige mich als Abwehr- und Anspielerin. Ab und an turne ich mit, aber nur die netten Sachen: Warmmachspielchen, Passkontinuum, etwas Kräftigung, etwas springen, rennen und werfen – man möchte ja fit bleiben, aber nicht zu viel. Nicht, dass ich am Ende wieder Bänderrisse und Bildungsbandscheibe bekomme, das muss nicht mehr sein.

Die Saisonvorbereitung neigt sich mit diesem Trainingslager dem Ende entgegen. Die Mädels sind topfit, das spürt man nicht nur, das sieht man auch. Oft stehe ich da und denke: „So eine schöne Wade!“

Einzelne Hühner erreichen im Tempogegenstoß Schallgeschwindigkeit. Man kann gar nicht so schnell gucken, dann sind sie schon am gegnerischen Tor. Auch im Spielaufbau läuft es gut. Ich freue mich – mit den Hühnern und darüber, dass ich nicht mehr so viel rennen muss. Sondern dass ich dasitzen, der Show zusehen und hinterher wichtig daherquatschen kann. Ich erwäge zu diesem Zweck den Erwerb eines Fensterrenter-Kissens, das ich auf einem Turnkasten auslege, den ich aus dem Geräteraum an die Seitenlinie schiebe und auf den ich mich dann aufstütze.

Symbolbild Trainingslager

Das schönste Warmmachspielchen war an diesem Wochenende übrigens jenes, bei dem ich einen dicken Gymnastikball mit Händen, Füßen, Kopf und Körper durch die Halle schubsen musste. Der Gegner erkannte kaum, wer der Ball und wer ich war, aber das ist Sinn und Zweck der Übung, das ist Tarnung, das kriegt man nur mit ausrechend Erfahrung hin.

Ich habe vegane Muffins gebacken.

Ja, tatsächlich: vegan. Also: ohne Milch, ohne Butter, ohne Ei. Und auch ohne Zucker. Aber von vorn:

Am Wochenende war ich mit den Hühnern im Trainingslager (dazu später mehr). In einem Trainingslager verbrennt man eine Menge Kalorien. Deshalb habe ich mich in meiner Funktion als Alterspräsidentin bereit erklärt, für Verpflegung zu sorgen. Rohkost und Reiswaffeln sind in diesem Zusammenhang dienlich und auch lecker, aber wir sind keine anorektischen Eiskunstläuferinnen. Entsprechend müssen Kohlenhydrate her, ein bisschen zumindest, sonst kommt die gequälte Handballerin auf keinen grünen Zweig. Außerdem hebt es die Stimmung. Also buk ich einen Nusskuchen.

Zwei Hühner leben allerdings grad vegan.

Ganz dem Gedanken des Serviceblogs™ verschrieben, las ich mir also Seiten mit veganen Rezepten durch: Butter-Ersatz, Ei-Ersatz, Maisstärke, Sojarahm – herrgottnochmal, da würde ich ja tagelang auf der Suche nach den Zutaten sein! Frau LennyundKarl erkannte meinen Tweet als Hilferuf und schickte mir ein Rezept:

60 g Vollkornmehl
140 ml Sojamilch
20 g Agavendicksaft (oder Ahornsirup)
1 gestrichenen Teelöffel Backpulver
1 Prise jodiertes Meersalz
½ Teelöffel  gemahlene Vanille
30g gepopptes Amaranth

Die kritischen Zutaten beschränken sich auf Agavendicksaft und Amaranth. Das sollte machbar sein, dachte ich, das ist für eine vegane Backfee im ersten Level gerade so angebracht. Ich stapfte also in den Biomarkt und fand, was ich suchte (nun gut, mit Hilfe der Verkäuferin, aber irgendwie muss man ja anfangen).

Vegane Muffins - Zutaten

Beim Zusammenrühren sind das Mehl, die Milch und der Agavendicksaft zunächst sehr dünnflüssig. Das Amaranth sorgt für eine gute Konsistenz. Optisch ähnelt der Teig Moltofill und lässt kurz Zweifel am Vorhaben aufkommen:

Moltofill alias Teig für vegane Muffins

In den Teig gehören auch Früchte. Ich habe Heidelbeeren genommen, es gehen aber auch Himbeeren, Bananen – was immer Sie möchten. Das Ergebnis sah dann so aus:

Vegane Blaubeermuffins

Die Muffins schmecken nicht so, wie man Muffins kennt – sondern deutlich gesünder: Sojamilch und Amaranth schlagen stark durch. Zucker und Weißmehl sind halt viel ferkeliger. Ein kritisches Genuss-Huhn („Schippsies! Haben wir Schippsies fürs Wochenende? Und Haribo? Wann gibt’s Essen?“) meinte entsprechend: „Nä, lass mal, schmeckt wie Erde.“

Ich hingegen finde: Schmeckt gut! Ich werde sie auf jeden Fall noch ein zweites Mal backen. Dann aber nur für mich.

Eine neue Küche zu kaufen, ist ein Projekt.

Denn eine Küche hat man. Kein Mensch beschäftigt sich in seinem Freizeit mit Ausstattungsmerkmalen von Küchen, mit Korpusdicken, Nischenverkleidungen, Wangenstärken, Frontlackierungen und -folierungen, mit Einlassspülen, Übertiefen und Wandabschlussleisten. Eine Küche ist einfach da.

Bis ich in der vergangenen Woche eine Küche gekauft habe, bin ich also durch Möbelhäuser und Küchenstudios getingelt und habe mir verschiedene Küchen planen lassen. Dabei habe ich bemerkt, dass es – neben freundlichen, normalen – eine ganz besondere Spezies Küchenverkäufer gibt. Ich nenne sie Barney Blueballs.

Barney Blueballs zeichnet sich durch einen leicht ovalen Gang und ausladende Gesten aus. „Schauen Sie mal hier“, Propeller-Arm, Propeller-Arm, „alle Fronten Hochglanz“, er semmelt die Faust gegen eine Schranktür, „da müssen Sie nix putzen, und die Qualität“, kadong! kadong!, „eins A Ware!“, tätscheltätschel.

Barney Blueballs‘ Küchenstudio ist nicht nur einfach sein Arbeitsplatz. Es ist sein Revier. Hier jagt er seine Beute, hier erlegt er seine Beute, hier bittet er sie zur Kasse. Barney hat meist mit Pärchen mittleren Alters zu tun: Sie wählt, er zahlt. Barney verkauft ihnen Hochglanzfronten und Landhausküchen im mittleren Preissegment, Standardküchen in L- und U-Form mit Magic-Corner-Eckschränken („Ein Muss für die effiziente Küche!“), mit einem elektrischen Allesschneider, einem Abfallsammelsystem und niemals ohne Mikrowelle.

Womit er sich allerdings schwer tut, sind Frauen, die alleine Küchen kaufen. Barney kann zunächst nicht glauben, dass ich ohne Begleitung bei ihm vorstellig werde. Er denkt, der Mann verstecke sich hinter der Musterwand mit den Beispielgriffen. Er macht sich auf eine infantile Suche. Als er begreift, dass tatsächlich niemand außer mir anwesend ist, scherzt er: „Sie dürfen also alleine aussuchen! Naja, die Frau verbringt ja immer noch die meiste Zeit in der Küche! Muhaahaa!“ Ich scherze zurück: Heute habe der Mann die Fußfessel mal gelöst, „damit ich zu Ihnen darf.“ Er lacht wiehernd. Haha, wir sind ja beide so lustig.

Barney Blueballs ist ein waschechter Verkäufer, kein avantgardistischer Künstler. Bei der Planung hat er wenig Fantasie: Er macht, was man ihm sagt. Es sei denn, etwas kommt ihm komisch vor. „Ein Meter fünf Arbeitshöhe? Sowas habe ich noch nie geplant!“ Doch, doch, sage ich, das habe schon seine Richtigkeit, ich sei schließlich sehr groß. „Ich wette, bei Ihrer Größe haben Sie nicht nur in der Küche die Hosen an!“ Ich denke: Halt’s Maul und mach fertig, du Witzbold.

Ich frage, ob denn die Nische hoch genug sei, gerade wenn da noch eine Aufsatzspüle auf die Ein-Meter-fünf-Arbeitsplatte soll, da kann man sich ja nicht mehr über die Spüle beugen. „Dann setzen wir den Oberschrank einfach höher“, sagt Barney. Wenn wir höher gehen, wende ich ein und bin dabei tatsächlich ein bisschen penetrant, stoßen wir mit den Faltklappen dann nicht gegen die Decke? Die haben doch eine Auslage nach oben. „Na, Sie haben in Geometrie aber aufgepasst! Alle Achtung!“ Einer von uns muss ja, denke ich.

Am Ende ist er ganz Gentleman. „Diesen Preis, den kriegen Sie nur heute! Den mache ich nur für Sie!“ Er schaut mir in die Augen. Der Preis, sage ich, sei deutlich zu hoch. Er könne mir auch einen niedrigeren Preis machen, antwortet er. Aber erst, wenn ich den Kaufvertrag unterschrieben habe. Dann seien nochmal besondere Konditionen drin. „Überlegen Sie ruhig. Ich gehe kurz eine rauchen. Danach können wir die Sache dingfest machen.“

Danke, Barney, nein.



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