Montag, 26. Februar
Heute war ich in der Stadt des guten Essens, in Parma.
Um dorthin zu gelangen, bin ich durch circa dreißig Kreisverkehre gefahren. Ich glaube, die Strecke, die ich in Kreisverkehren verbracht habe, war insgesamt länger als die Strecke außerhalb. Die Kreisverkehre sind meist zweispurig und erfordern eine beherzte Fahrweise. Wenn man zu wenig beherzt ist, wird man angehupt. Wenn man zu viel beherzt ist, auch. Es ist nicht leicht. Manchmal folgt auf einen Kreisverkehr direkt der nächste, die Ausfahrt des einen ist die Zufahrt des anderen. Das fühlt sich dann an wie Tetris, kurz bevor die Rakete kommt.
Irgendwann erreichte ich Parma. Die erste Parkmöglichkeit, die mir angeboten wurde, hieß Barilla Center. Ein Parkplatz, der wie Pasta heißt – das hat mich direkt angesprochen, also parkte ich dort. Ein guter Griff, denn ich konnte direkt die Strada della Repubblica in die Altstadt hinablaufen.
Ich bin dann vier Stunden durch die Stadt gelaufen und habe mir alles angesehen. Parma hat einen hübschen und großen Dom, von innen wie von außen. So sieht er von außen aus:
Und so von innen:
Die Katholiken können wirklich gut Kirchen einrichten. Der Dom wurde zwischen 1055 und 1106 gebaut. Der Glockenturm ist zweihundert Jahre jünger. In der italienischen Wikipedia sind noch ein paar mehr Bilder. Sehr beeindruckend.
Weitere Eindrücke aus Parma:
Zum Mittag habe ich ein Panino mit Prosciutto Crudo gegessen, so wie sich das in Parma gehört, und einen caffè getrunken. Es gibt viele Schinkengeschäfte hier, was nicht wirklich überraschend ist:
Auf dem Rückweg habe ich in Bibbiano angehalten. Dort gibt es eine Molkerei, die Parmesan verkauft, den bekannten Parmigiano Reggiano. Das war ein Tipp von S, bei dem ich auf dem Hof wohne.
Ich habe jetzt eineinhalb Kilo Parmesan im Kühlschrank, außerdem Aceto Balsamico mit Trüffel und ein paar Sfoglie al Parmigiano Reggiano, Parmesanblättchen, die man zwischendurch knabbern kann.
Übrigens liegt in Parma kein Schnee, nullkommanix, auch wenn es keine 30 Kilometer von Quattro Castella weg ist. Verrückt. Muss am Appenin liegen, in dessen Ausläufern ich wohne.
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Hier ist es weiterhin sehr kalt, heute Morgen hat zu dem Thema sogar der Bürgermeister auf dem Hof angerufen. Er hat eine Vorrichtung, mit der er alle Einwohner Quattro Castellas gleichzeitig antelefonieren kann – wenn zum Beispiel ein Krieg kommt oder wenn ein Atomkraftwerk explodiert, also bei wirklich gravierenden Dingen. Heute hat er alle Schäfchen angerufen und ihnen gesagt, dass es kalt werden soll, gravierend kalt, und dass er es als seine Pflicht als Bürgermeister ansieht, darüber zu informieren.
M und S, die Hofbesitzer, kicherten belustigt, als sie mir davon beim Abendessen erzählten. Alle Einwohner, hat der Bürgermeister gesagt, sollten ausreichend Salz kaufen, die Wege streuen und auf keinen Fall das Haus verlassen. Das ist ein Widerspruch, der den Leuten seither zu schaffen macht. S hat vorsichtshalber vier Packungen Speisesalz gekauft, die jetzt in der Küche stehen.
M und S haben mich heute eingeladen, gemeinsam mit ihnen Abendbrot zu essen. Es gab Pasta, und ich weiß nicht, wie sie es machen, aber diese kleine Pasta, gekocht von einem italienischen Fotografen in einer Küche in einem Bauernhaus in der Emilia Romagna, schmeckt besser als jede Restaurantpasta in Deutschland. Wir aßen also Pasta und dann noch ein bisschen Seewolf und Zucchini und natürlich Brot und Käse und tranken Wein. Ich weiß jetzt, wie die Familienverhältnisse in der Nachbarschaft sind, wer mit wem gut kann, wer der Mann ist, mit dem ich in Canossa gesprochen habe (den kennen M und S nämlich), wessen Haustiere sich nicht verstehen, was die Pläne des Obsthändlers sind und noch vieles mehr.
Wenn wir zusammensitzen, spricht S mit mir Englisch und M mit mir Italienisch. Ich antworte in der Sprache, in der ich gerade Wörter parat habe, was manchmal gar keine ist und manchmal beide sind, weil der Mischmasch bei mir Systemfehler verursacht. Das fällt allerdings nicht weiter auf; S und M wissen ausreichend zu erzählen.
Wir haben gemeinsam gelacht und Pläne für meine Weiterreise gemacht. Ich solle unbedingt nach Orvieto, dort sei es wunderbar, und es gebe viel zu sehen, meint S. Außerdem nach Ascoli Piceno. Das kenne niemand, S versteht nicht, warum; dort sei es wunderbar, dort solle ich hinfahren. Alternativ nach Urbino. Auf der Rückreise nach Deutschland könne ich dann in Ravenna Halt machen, das sei auch sehr schön, und wenn ich überall eine Woche bleibe, sei ich Ostern wieder zu Hause.
Das klingt nach einer Idee.