Apathie, eine Supermarktszene und Hintergründe für Videokonferenzen
Abstract | Ein Tag in maximaler Apathie, flankiert von grünem Spargel an gekräutertem Hüttenkäse.
Stil | Eine Szene möchte ich noch erzählen; ich vergaß sie bei meinem letzten Eintrag.
An einem Abend in der vergangenen Woche fuhr ich in den Supermarkt. Es war schon spät, eine Viertelstunde vor Feierabend. Die Angestellten rollten die Blumen rein, hinter der Aufschnitttheke begann das Saubermachen. Vor den Molkereiprodukten stand ein Mann. Er hatte gerade erst den Laden betreten, ebenso wie ich, und er fiel auf, denn er war chicker gekleidet als das sonstige Publikum: Anzughose und ein weißes Hemd, beides adrett, „Slim Fit“ sagt man wohl, dazu hellbraune Lederschnürschuhe und ein hellbrauner Gürtel. Ein Mann, der eindeutig aus einem Büro kommt, der wahrscheinlich sogar ein eigenes Büro mit einem eigenen Schreibtisch hat – ein Schreibtisch, der mit leisem Sirren hoch und runter fährt, wenn man auf einen Knopf an der Seite drückt. Ein Mann, der auf einem Stuhl sitzt, der nicht nur Armlehnen, sondern auch eine Kopfstütze hat – eine Kopfstütze, an die er sich anlehnt, wenn er Telefonate führt. Der linke Unterschenkel ist dabei auf dem rechten Knie abgelegt, Falke oder Happy Socks, die Hand mit der Uhr fährt durchs Haar. Zwischendurch steht er auf und läuft gestikulierend im Zimmer umher, sieht dabei flüchtig aus dem Fenster hinab auf den Mitarbieterparkplatz, auf dem in diesen Tagen nicht einmal die Hälfte der Fahrzeuge stehen.
Dieser Mann nahm nun zwei Packungen Milch aus der Kühlung, Bio-Vollmilch ohne Fettreduktion, und wendete sich dem Käse zu. Ich überholte, zog an ihm und der Kühltheke vorbei, ließ Marmelade und Brot rechts liegen und bog in Richtung Reis ab. Als ich dort fertig war, traf ich ihn wieder, wie er vor dem Raviolisortiment stand. Er blickte auf, und da war etwas in seinem Gesicht, das mit seinem übrigen Erscheinungsbild ebenso brach, wie es harmonierte: mehrere Paw-Patrol-Zeichentrickhunde.
Ich sah, dass er sah, dass meine Augen lachen. Seine lachten auch. Wir nickten uns kaum merklich zu. Genau das ist die Stärke dieser Tage: das Zusammenwachsen von Mussjetztso, Isauchegal und Einfachmalmachen – und das stille, vereinigende Miteinander.
Empty Seats | Die BBC öffnet ihr Archiv und gibt Kulissen für die nächste Videokonferenz zum Download frei.
Gedankenanstöße | Gemeinsam mit der Essener Agentur Pro Content gebe ich im Laufe dieses Jahres weitere Webinare:
- 28. Juli – Level up! Wie uns Game-Prinzipien bei der Führung helfen
- 11. November – Change Management: Was Veränderung mit uns macht
Beides sind Vorträge, die ich auch schon als Keynotes gehalten habe. Für die Webinare bereite ich sie nochmal auf. Sie sind jeweils 90 Minuten lang. Man kann sie also gut mal dazwischenschieben. Teilnahmegebühr: 40 Euro, Buchung über Pro Content.
Gelesen | Marzahn, mon amour – Geschichten einer Fußpflegerin von Katja Oskamp. Ein kleines, durch und durch zauberhaftes Buch. Katja Oskamp portraitiert die Menschen, denen sie die Füße pflegt. Sie sind allesamt weder mit Gesundheit noch mit Geld gesegnet, dafür mit Geschichten und einer Haltung zum Leben. Der Blick auf sie ist liebevoll, die Erzählweise zurückhaltend. Volle Punktzahl.
Gelesen | Smart Cities in Finnland – Stadtentwicklung mit Bürgerbeteiligung.
Corona-Service | The Risks – Know Them. In welchen sozialen Situationen sich die meisten Menschen anstecken.