Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Apathie, eine Supermarktszene und Hintergründe für Videokonferenzen

10. 05. 2020  •  8 Kommentare

Abstract | Ein Tag in maximaler Apathie, flankiert von grünem Spargel an gekräutertem Hüttenkäse.


Stil | Eine Szene möchte ich noch erzählen; ich vergaß sie bei meinem letzten Eintrag.

An einem Abend in der vergangenen Woche fuhr ich in den Supermarkt. Es war schon spät, eine Viertelstunde vor Feierabend. Die Angestellten rollten die Blumen rein, hinter der Aufschnitttheke begann das Saubermachen. Vor den Molkereiprodukten stand ein Mann. Er hatte gerade erst den Laden betreten, ebenso wie ich, und er fiel auf, denn er war chicker gekleidet als das sonstige Publikum: Anzughose und ein weißes Hemd, beides adrett, „Slim Fit“ sagt man wohl, dazu hellbraune Lederschnürschuhe und ein hellbrauner Gürtel. Ein Mann, der eindeutig aus einem Büro kommt, der wahrscheinlich sogar ein eigenes Büro mit einem eigenen Schreibtisch hat – ein Schreibtisch, der mit leisem Sirren hoch und runter fährt, wenn man auf einen Knopf an der Seite drückt. Ein Mann, der auf einem Stuhl sitzt, der nicht nur Armlehnen, sondern auch eine Kopfstütze hat – eine Kopfstütze, an die er sich anlehnt, wenn er Telefonate führt. Der linke Unterschenkel ist dabei auf dem rechten Knie abgelegt, Falke oder Happy Socks, die Hand mit der Uhr fährt durchs Haar. Zwischendurch steht er auf und läuft gestikulierend im Zimmer umher, sieht dabei flüchtig aus dem Fenster hinab auf den Mitarbieterparkplatz, auf dem in diesen Tagen nicht einmal die Hälfte der Fahrzeuge stehen.

Dieser Mann nahm nun zwei Packungen Milch aus der Kühlung, Bio-Vollmilch ohne Fettreduktion, und wendete sich dem Käse zu. Ich überholte, zog an ihm und der Kühltheke vorbei, ließ Marmelade und Brot rechts liegen und bog in Richtung Reis ab. Als ich dort fertig war, traf ich ihn wieder, wie er vor dem Raviolisortiment stand. Er blickte auf, und da war etwas in seinem Gesicht, das mit seinem übrigen Erscheinungsbild ebenso brach, wie es harmonierte: mehrere Paw-Patrol-Zeichentrickhunde.

Ich sah, dass er sah, dass meine Augen lachen. Seine lachten auch. Wir nickten uns kaum merklich zu. Genau das ist die Stärke dieser Tage: das Zusammenwachsen von Mussjetztso, Isauchegal und Einfachmalmachen – und das stille, vereinigende Miteinander.


Empty Seats | Die BBC öffnet ihr Archiv und gibt Kulissen für die nächste Videokonferenz zum Download frei.


Gedankenanstöße | Gemeinsam mit der Essener Agentur Pro Content gebe ich im Laufe dieses Jahres weitere Webinare:

Beides sind Vorträge, die ich auch schon als Keynotes gehalten habe. Für die Webinare bereite ich sie nochmal auf. Sie sind jeweils 90 Minuten lang. Man kann sie also gut mal dazwischenschieben. Teilnahmegebühr: 40 Euro, Buchung über Pro Content.


Gelesen | Marzahn, mon amour – Geschichten einer Fußpflegerin von Katja Oskamp. Ein kleines, durch und durch zauberhaftes Buch. Katja Oskamp portraitiert die Menschen, denen sie die Füße pflegt. Sie sind allesamt weder mit Gesundheit noch mit Geld gesegnet, dafür mit Geschichten und einer Haltung zum Leben. Der Blick auf sie ist liebevoll, die Erzählweise zurückhaltend. Volle Punktzahl.

Gelesen | Smart Cities in Finnland – Stadtentwicklung mit Bürgerbeteiligung.

Corona-Service | The Risks – Know Them. In welchen sozialen Situationen sich die meisten Menschen anstecken.

Einfach losgehen

10. 05. 2020  •  16 Kommentare

Sommerreifen | Am Freitag wurde das Auto sommerbereift. Während der einstündigen Prozedur ging ich einmal um den Block, die Straße hinauf, eine weitere Straße entlang und um ein Feld. Dort gelangte ich in ein Wohngebiet mit interessanten Häusern, die wiederum interessante Vorgärten hatten. Eigentlich nichts Besonderes, aber jeder Vorgarten war anders, und die Häuser, allesamt aus den 1970er und 1980er Jahren, waren teils noch alt, teils neu bezogen und modernisiert. Da gab es viel zu gucken, das war interessant.

Die Autowerkstatt tat sich wieder einmal durch ausgesuchte Unfreundlichkeit hervor. Das Personal blaffte die Kundschaft fortwährend an und vermittelte den Eindruck, als gebe es gerade nicht Schlimmeres, als hinter ebendiesem Tresen zu stehen, obwohl alle Kunden ausnehmend freundlich waren und sich geduldig an Abstands- und Warteregeln hielten.

Es gibt Tage, an denen mir das nichts ausmacht. An diesem Tag machte es mir etwas aus. Ich hatte danach schlechte Laune.


Finale | Am Abend baute ich den Mustang fertig. Es fühlte sich so an, wie wenn man ein gutes Buch zu Ende liest: Man möchte wissen, wie es ausgeht und fiebert dem Ende entgegen – und ist gleichzeitig traurig, dass es vorbei ist.


Einfach losgegangen | Weil der Sommerreifen-Spaziergang mich neugierig und mir Lust auf weitere Spaziergänge gemacht hat, packte ich am Samstag nach dem Frühstück eine Trinkflasche in einen Rucksack, schnürte meine Wanderstiefel und zog aus, um die Gegend zu erkunden. Nach vier Stunden und 14 Kilometern kehrte ich wieder heim und hatte eine Menge gesehen.

Es begann mit diesem Wohnviertel, das ich noch nicht kannte, und mit diesem Briefkasten, in den man nur Liebesbriefe einwerfen darf.

Sie müssen wissen: Ich wohne in einem Loch. Welche Richtung ich auch einschlage: Ich muss erstmal bergauf. Wenn ich nach Norden in die Innenstadt möchte, muss ich bergauf. Wenn ich nach Westen und Osten möchte, muss ich bergauf. Wenn ich nach Süden möchte, in Richtung Schwerte, auch, sehr sogar.

Ich stapfte also erstmal einige Kilometer bergan, aus meinem Stadtteil hinter dem See bis in den Wald in der Aplerbeckermark.

Im Wald entdeckte ich weitere Dinge. Zum Beispiel einen Glücksweg, ein „Hello“ und Tipis.

Während ich weiterging, kamen mir viele Reiterinnen entgegen. Aber keine Reiter. Reiten Männer nicht? Ich habe mich mit der Frage noch nicht beschäftigt.

Mein heutiger Spaziergang wies eine Quote von Sieben zu Null auf.

Reiterin von hinten auf einem weißen Pferd auf einem Waldweg

Die Aplerbeckermark, an die das Waldgebiet angrenzt, ist ein Stadtteil von Dortmund. Mitte des 19. Jahrhunderts verkaufte die dortige Landbevölkerung ihre Flächen an Bergleute und Fabrikarbeiter, die nach Dortmund kamen. Sie erreichteten auf dem Land Kotten, einfache, kleine Häuser.

Die Arbeiter und Bergleute arbeiteten nicht nur in ihrem Beruf, sie bewirtschafteten meist auch das Land und waren Selbstversorger. Deshalb kamen sie gut durch die Kriege.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in der Aplerbeckermark mehr und mehr Wohnhäuser errichtet.

Der Weg durch den Wald führt zum Freischütz, einer Ausflugsgaststätte hinter der Stadtgrenze zu Schwerte. Neben dem Freischütz gibt es einen Kletterwald, der auch geöffnet war.

An einem nahe gelegenen Tümpel stehen Liegebänke, die wahnsinnig bequem sind.

Während ich dalag, kam ich nicht umhin, ein Telefonat auf einer Nachbarbank zu belauschen. Es ging um Corona und um Verschwörungstheorien. Der Nachbarbanksitzer versuchte leidenschaftlich und ausdauernd, seinen Gesprächpartner davon zu überzeugen, dass es sich beim Corona-Virus weder um eine Regierungskampagne noch um eine salafistische Terroraktion handelt und dass Facebook keine geeignete Informationsquelle für derlei Belange ist.

Der Tümpel ist von kleinen Hügeln gesäumt, die sich wunderbar dazu eignen, von kleinen Jungs und Mädchen wild mit dem Fahrrad befahren zu werden.

Im Weitergehen entdeckte ich einen Aussichtspunkt, von dem aus ich über die Häuser bis in die Dortmunder Innenstadt schauen konnte.

Außerdem entdeckte ich eine Brücke. Die Brücke ist allerdings gar nicht das Besondere. Besonders ist der Bach darunter, der sich mit vielen Stöcken und Stämmen stauen lässt.

Wer hier mit Kindern hinfährt, hat sie über Stunden beschäftigt.

Ich ging weiter und weiter und gelangte nach Schwerte. Dort entdeckte ich den Waldfriedhof.

Sagte ich schon, dass ich einen Faible für Friedhöfe habe?

Als ich am Nachmittag wieder heimkam, hatte ich Plattfüße. Ich trank einen Milchkaffee, ließ mich auf meiner Balkonliege nach hinten kippen und nickte ermattet ein.

Das war ein schöner Ausflug.


Gesehen | Parkinson mit 41. In der Doku wird auch klar, was Operationen, die aufgrund von Corona verschoben werden, für Menschen bedeuten.

Gesehen | Zwei Menschen heiraten und können wegen Corona nicht mit ihren Freunden feiern. Die denken sich etwas aus. Hach. Schön.

Ich komposte jetzt alles weg

8. 05. 2020  •  9 Kommentare

Projektarbeit | Diese Zeit bringt es mit sich, dass Raum für häusliche Aktivitäten bleibt. Weder privat noch geschäftlich bewege ich mich viel außer Haus; das Heim wird Zentrum des Seins.

Nachdem ich im Februar schon ein Update der Terrassen- und Balkontür vorgenommen hatte – die KfW hat die Fördersumme nach Upload der Rechnung im Zuschussportal übrigens anstandslos überwiesen; so ein einfaches Antrags- und Auszahlungsverfahren habe ich noch nie erlebt. -, nachdem die Türen also neue Beschläge haben, nachdem vor den Teichbecken im Garten nun ein kleines Beet ist, war der Kompost dran.

Im Garten hatte ich bislang einen traditionellen Kompost: vier Drahtgitter, zusammengesteckt – dort schmiss ich Grasschnitt, Blumenschnitt und Gemüsereste rein.

Kompost mit Erde, Hölzchen, Blumen, Zwiebelresten

Das kompostierte sehr ordentlich. Allerdings erforderte das Entnehmen der Komposterde beschwerliche Graben, umschichten ging auch kaum, und nachdem die Gitter sich nicht mehr gut ineinanderstecken ließen, brauchte es eine neue Lösung.

Ich recherchierte, verglich, analysierte die Marktsituation und landete beim Trommelkomposter. Der Trommelkomposter ist eine Trommel (ach was!), die auf einem Gestell hängt. Man kann sie drehen und mit der Schubkarre drunterfahren, kann die Erde rückenfreundlich nehmen, und Mäuse oder Ratten haben keinen Ort, um sich zu wärmen oder sich ein Heim zu suchen. Der Komposter ist schwarz. Er hat einen Thermoeffekt und soll, Produktwerbung, alles, was nicht von selbst wieder rausspringt, in sechs Wochen wegkomposten. Nun denn.

Ich bestellte das Dingen. Vatta und ich bauten es auf.

Obwohl der Komposter aus einer überschaubaren Anzahl an Teilen besteht, führte der Zusammenbau zu gewissen Spannungen zwischen mir, Vatta und dem Gerät. Denn sowohl Vatta als auch ich sind bei derlei Angelegenheiten auf Loriot’sche Weise ungeduldig, gleichzeitig perfektionistisch (Vatta), passtschon (ich) und störrisch (Komposter).

Wir verfügen über technisches Verständnis, daran mangelte es nicht. Die Schwierigkeiten entstanden aus der Tatsache heraus, dass es sich um einen angloamerikanischen Komposter handelt, dessen Aufbau Gerätschaften in Maßstäben erforderte, wie wir nicht im Sortiment hatten: 11er- und 13-er Schlüssel, 3er-Metallbohrer. Gleichzeitig fehlte es der Anleitung an Ikea’schem Pfiff; sie war zudem nur auf Englisch, Spanisch und Französisch formuliert. Ich übersetzte Vatta also, was ich verstand, wir schauten uns ein Erklärvideo auf Youtube an, einer von uns suchte ständig seine Lesebrille, die andere Werkzeuge, die sie gerade noch in der Hand hatte.

Wir fluchten uns selbst und den Komposter an, hantierten in Ermangelung zweier 13er-Schlüssel mit zwei Rohrzangen, die Stimmung war bedrohlich unausgeglichen, nix drehte sich, es floss Blut, wir vergaßen die Unterlegscheiben, nach fest kommt ab. Die Nachbarn beobachteten das Schauspiel derweil über den Gartenzaun. Sie sitzen eher selten auf ihrer selbstgebauten Terrasse. An diesem Nachmittag verweilten sie hingegen sehr ausdauernd dort, holten sogar nochmal Getränke nach.

Am Ende wurde alles gut. Da ist er nun, der Trommelkomposter:

Trommelkomposter neben Gartenhäuschen

Das Fassungsvermögen beträgt 300 Liter. So sieht er von innen aus:

Aufgeklappter Deckel, Grasschnitt vor schwarzen Hintergrund

Festmahl | In den Tiefen des alten Kompost befanden sich fünf Schubkarren beste, feinste Erde, die Vatta siebte und im Garten verteilte – gemeinsam mit Kleingetier, das sich in solch einer Komposterde befindet.

Die Amseln gingen steil. Für sie war Ostern, Weihnachten und Geburtstag an einem Tag. Sie drehten völlig durch. Wie im Rausch pickten sie Asseln, Larven und Würmer weg und saßen danach überfressen rülpsend im Buschwerk.

Erdbeerpflanzen an Komposterde

Corona-Service | Frau Mutti näht hübsche Masken und verkauft sie.Westfleisch in Coesfeld zählt 129 Covid-19-Erkrankungen unter Mitarbeitenden. Ein Schlachtbetrieb in Pforzheim hat 270 Erkrankte. Beide Organisationen lassen ihren Betrieb weiterlaufen. Der Kreis Coesfeld sieht Westfleisch als „systemrelevant“ an. Ich persönlich würde statt „systemrelevant“ eher die Worte „Kapitalismus“, „Klüngel“ und „Lobbyismus“ verwenden. Aber was weiß ich schon. | Masken wie Unterhosen tragen | Egal, ob sie „Abwrackprämie“ oder „Corona-Prämie“ heißt: Sie ist Mist, auch wirtschaftlich. | Schule wie, wann, in welchem Rhythmus: Was sagt eigentlich ein Expterte dazu – ein Kind?

Schafe, Motor aus und ein Distanzpläuschchen

5. 05. 2020  •  5 Kommentare

Ausflug | Heute bin ich zum Kunden gefahren. Das Unternehmen arbeitet seit acht Wochen aus dem Homeoffice, so auch ich. Das klappt super – nach einer nur leicht rumpeligen Gewöhnungswoche gehe ich und geht das Team, in das ich integriert bin, wie gewohnt der Arbeit nach. Telefon Telefonkonferenzen, Chat, Messenger, Videokonferenzen, E-Mails, MS Teams, Kanban-Board, Stormboard – gefühlt sind die Wege sogar kürzer als zuvor.

Die Büroräumlichkeiten sind mit Hygienemaßnahmen geöffnet. Nach 57 Tagen dachte ich, es sei eine gute Idee, den Rechner upzudaten, den wenigen Anwesenden aus der Ferne zuzuwinken und ein Distanzpläuschchen zu halten. Das tat ich. Es war schön, ein paar (genau genommen drei) Gesichter zu sehen.

Auf dem Hinweg erinnerte ich mich, warum Homeoffice nicht nur aus Infektionsschutzgründen eine gute Idee ist: Ich hatte zwei Stunden Anfahrt, davon eine Stunde im Stau. Mit Motor aus. Nichts bewegte sich. Ursache: unbekannt. Die Autobahn war einfach voller Lkws und nichts fuhr.


Abendrunde | Nach der Rückfahrt vom Kunden: eine Runde durch die nachbarschaftliche Natur.

Spektakuläres Update im Kiez: Schafe!

In Grüppchen stehende, wollige Schafe

Gelesen | Pfiat eich. Ischgl, die Gelddruckmaschine in den Alpen, das Coronavirus, die Adlerrunde und die Innsbrucker Staatsanwaltschaft.

Corona-Service | Eine Intensivpflegerin erzählt, wie sie Patientinnen und Patienten erleben, die am Corona-Virus erkrankt sind. | Christian macht sich Gedanken zur Pausentaste: Und irgendwann drücken wir wieder auf Play? | Kurzer Eindruck vom ersten Schultag von einer Lehrerin: Es geht zu wie in der HasenschuleDrive Thru Take Away Strip Club | Auch Mexiko hat seinen Professor Drosten. Sie heißt Ana Lucía de la Garza Barroso und ist die Chef-Epidemologin des Landes. | Der Hertha-Spieler Salomon Kalou hat einen selten dummen Facebook-Livestream veröffentlicht – und damit vielleicht im Alleingang die Bundesliga-Saison beendet.

Gelesen | Ein neues Blog: Frau Lavendel und Annika

Ein Projekt in 1.471 Teilen

3. 05. 2020  •  4 Kommentare

1.471 Teile | Ein schönes, unspektakuläres Wochenende. Nur am Samstag arbeitete ich kurz für einen Kunden – er hatte sich am Donnerstagnachmittag gemeldet und benötigt für Montag eine überarbeitete Zusammenstellung. Das erledigte ich fix zwischendurch.

Der Rest des Wochenendes war zur freien Verfügung und lag dank Corona-Isolation vor mir wie ein weißes Blatt Papier. Das war wundervoll.

Die verregnete Zeit verbrachte ich mit einem Projekt, das hier schon seit meinem Geburtstag auf seine Umsetzung wartet. Allerdings möchte ein solches Vorhaben zelebriert werden, das kann man nicht an jedem x-beliebigen Wochenende tun, schon gar nicht mal eben nach Feierabend. Solch ein Projekt braucht Würdigung, Ruhe, eine passende Rahmenhandlung, ein verlängertes Wochenende in Muße.

Lego Creator, Ford Mustang: Jede Menge kleine Legoteile, dazu ein halb zusammengebautes Fahrwerk aus der Vogelperspektive

Ich bin nun fast fertig. Den Rest bewahre ich mir noch etwas auf. Für morgen Abend oder einen anderen Abend in der Woche, an dem es mich besonders freut.


Garten | Während ich am Mustang arbeitete, graupelte, gewitterte und hagelte es draußen. Das war ein bisschen aufregend.

Garten, im Hintergrund Gewächshaus, kleine Hagelkörner

Der Busch oben vor dem Gewächshaus blüht einmal im Jahr spektakulär. Jedes Jahr denke ich: Ob er nochmal kommt?, weil er nach dem Winter so vertrocknet und verhärmt aussieht. Jedes Jahr haut er dieses sensationelle Pink raus.

Pinker Bsch, dahinter der Garten

Das Gemüsebeet ist verzückt über den Regen. Von links nach rechts: Kürbisse und Zucchini, Lauchzwiebeln, Salat, Kohlrabi, Radieschen, Möhren, Rosenbeet, nochmal Kürbisse und Zucchini, dahinter nochmal Lauchzwiebeln, außerdem Mangold. Weiter rechts, nicht mehr zu sehen: Kartoffeln.

Wenn die Kirschen und Johannisbeeren tatsächlich alle reif werden, wird 2020 ein tolles Obstjahr. Im vergangenen Jahr sind die Kirschen am Baum verschrumpelt und wurden gar nicht erst rot.

Neu im Garten: ein kleines Beet vor den Teichbecken. Die Becken habe ich von der Vorbesitzerin geerbt; in ihnen wachsen Schwertlilien. Weil man die Kanten der Becken so unangenehm sah, wenn man auf der Terrasse saß, ist dort jetzt ein kleines Beet, das die Kanten verdeckt.

Die lila Pflanze ist ein Bodendecker, der sich hoffentlich schön ausbreitet und über den Rand wächst.


Newsletter | Heute verschickte ich den ersten von mehreren Newslettern zu Remote-Arbeit. In der kleinen Serie geht es nicht nur um Homeoffice; es gibt Hintergründe über die Stufen der Zusammenarbeit und den passenden Kommunikationkanal, einen Newsletter zur Moderation von Meetings und Telkos und etwas zu Führung und Kulturveränderung. Hier gehts zum kostenlosen Newsletter-Abo.


Danke | Herzlichen Dank an Blogleserin A. für die Postkarte aus dem Erzgebirge – das war eine wunderbare Überraschung. Ein dicker Dank geht auch an G. aus Berlin für „Wege die sich kreuzen“ von Tommi Kinnunen.

Ein Beiwerk der Corona-Krise ist, dass ich abends und am Wochenende nun wieder Zeit und Energie habe zu lesen.


Gesehen | Hannelore Kohl – Die erste Frau. Gute Doku über das Leben der Familie Kohl, mit besonderen Blick auf die Kanzlergattin. Gerne geschaut.

Gesehen | Unter Verdacht: Evas letzter Gang. Sagte ich schon, dass ich Prohacek-und-Langner-Fan bin? Ich bin geknickt, dass dies der letzte Fall ist.

Gelesen | Schluss mit Sonnendeck [€]. Ein interessantes Stück über die Kreuzfahrtbranche in der Krise.

Gelesen | 68 Ratschläge von einem 68-Jährigen [via Herr Paul]. Eine sehr schöne Zusammenstellung. Ich greife mal ein paar heraus:

Being able to listen well is a superpower. While listening to someone you love keep asking them “Is there more?”, until there is no more.

Rule of 3 in conversation. To get to the real reason, ask a person to go deeper than what they just said. Then again, and once more. The third time’s answer is close to the truth.

Optimize your generosity. No one on their deathbed has ever regretted giving too much away.

You are what you do. Not what you say, not what you believe, not how you vote, but what you spend your time on.

Experience is overrated. When hiring, hire for aptitude, train for skills. Most really amazing or great things are done by people doing them for the first time.

Over the long term, the future is decided by optimists. To be an optimist you don’t have to ignore all the many problems we create; you just have to imagine improving our capacity to solve problems.

The Technicum

Man möchte sich den Beitrag ausschneiden, einrahmen und an die Wand hängen.

Gelesen | Anmerkung zu Mediennutzung in Krisenzeiten. Herr Buddenbohm und der Sohn in Hochform.

Och, aha, mjnomm und uff

30. 04. 2020  •  2 Kommentare

Och | Im Garten lag ein Amsel-Ei. Das wird dann wohl kein Küken.

Kleines, grünes Ei - zerbrochen

Kleine Gartenfreuden: die Blüten, die nun eine nach der anderen kommen, während die ersten schon wieder gehen.


Aha | Man merkt, dass die Zeit der Feiertage und Brückentage beginnt.

Dadurch verdichtet sich gerade die Arbeit, denn in diesen Kurzwochen müssen ja trotzdem alle Dinge erledigt werden; Zeiten mit vielen Kurzurlauben bringen immer eine große Geschäftigkeit mit sich. Außerdem schwinden die Möglichkeiten, mit mehreren Menschen einen Termin zu machen, so dass man den Termin noch irgendwo reinquetscht, wo eigentlich kein Termin mehr reingepasst hätte.


Mnjomm | Gestern gab es einen Schmusi mit einer erfrischenden Note italienischer Kiwi unter Farbgebung von Spinat und Salat, die sich zwar optisch in den Vordergrund spielten, aber geschmacklich zurückhielten.

Glas mit grünem, dickflüssigen Gesöff

Heute ein Schmusi im Ton „Schlüpferrosa“ – oder wie angesagte Modehäuser sagen: Trendfarbe Nude. Eine animierende Karotte ergänzte die Basis von Banane und Honigmelone, während Erdbeeren und Mandeln einen angenehm eleganten Ausklang generierten.


Uff | Gestern war ich das erste Mal seit drei Jahren wieder joggen. Ich möchte nicht darüber sprechen.

Aber was will man machen. Die Auswahl an sportlicher Betätigung ist ja ausgesprochen bescheiden dieser Tage. Und so schlimm war’s auch nicht. Genau genommen war es sogar gut. Hinterher.

Immerhin keine Schäden oder Beschwerden heute. Man wird ja bescheiden im Alter.


Gelesen | Ein Mann seiner Klasse. Christian Baron erzählt die Geschichte seiner Kindheit in armen Verhältnissen. Klappentext:

Kaiserslautern in den neunziger Jahren: Christian Baron erzählt die Geschichte seiner Kindheit, seines prügelnden Vaters und seiner depressiven Mutter. Er beschreibt, was es bedeutet, in diesem reichen Land in Armut aufzuwachsen. Wie es sich anfühlt, als kleiner Junge männliche Gewalt zu erfahren. Was es heißt, als Jugendlicher zum Klassenflüchtling zu werden. Was von all den Erinnerungen bleibt. Und wie es ihm gelang, seinen eigenen Weg zu finden. 

Ullstein Buchverlage

Christian Baron erzählt direkt und ohne Umschweife. Er erzählt, was Armut und Bildungsferne für ein Kind bedeuten, wie Schichtzugehörigkeit wirkt und dass es nur einen einzigen Menschen braucht, der an ein Kind glaubt, damit es scheinbar Unerreichbares erreicht.

Ein Buch, das einerseits groß und bereichernd ist, andererseits nicht „toll“ genannt werden kann – dafür ist der Inhalt zu bitter. Klare Empfehlung.

Schmusi, Steine und endlich Regen

28. 04. 2020  •  1 Kommentar

Sterne | Ich war einkaufen. Derzeit vertilge ich Unmengen an Obst, weil ich auf den Schmusi gekommen bin. Ich werfe dazu beliebige Früchte und eine Möhre in das hohe Rührdings, das ich sonst nur zum Sahneschlagen nehme, schmeiße ein paar Mandeln dazu, einen Teelöffel Leinöl, halte den Pürierstab rein, fertig.

Lassen Sie sich von der Optik nicht täuschen: Das ist sehr lecker.

Grüner Smoothie, dahinter das Buch "Ein Mann seiner Klasse".

Die 24/7-Homeoffice-Ernährung fordert wirklich meine Fantasie heraus.

Ich war also einkaufen und kaufte einen halben Wagen voll Äpfeln, Möhren, Kiwis, Melone und Bananen. Alle Menschen im Supermarkt waren freundlich, wir nahmen aufeinander Rücksicht, wir trugen Maske, gingen uns aus dem Weg und plauschten sogar. Zehn von zehn Sterne für dieses Erlebnis, gerne wieder.

Über das Buch im Bild schreibe ich, wenn ich es ausgelesen habe. Das ist sehr bald.


Gegen den Verfall | Vor dem Einkaufen war ich beim Physio.

„Was mach’n wa heute?“, fragte er.
„Du wolltest mit mir turnen“, sagte ich.

Er zeigte mir zwanzig Minuten lang fiese Übungen, bei denen man sich kaum bewegt, aber danach trotzdem Muskelkater hat. Die turne ich jetzt immer während der morgendlichen Telko. Da habe ich nur 1/6 Redeanteil. Während ich den anderen 5/6 zuhöre, kann ich mich sehr gut anspannen und beugen, dann habe ich direkt das erste Pensum absolviert.


Hallelujah! | Es hat geregnet. Hoffentlich morgen wieder. Und übermorgen. Die Salatköpfe, Radieschen, Möhren, Zucchini, Kürbisse, Lauchzwiebeln und Blumen im Garten waren verzückt.

Garten: Terrasse, Rasen, Bäume, Gewächshaus - nass vom Regen.

Ich konnte sie vor Freude leise quietschen hören.


Abendsonne | Gestern war ich zum Abendspaziergang auf dem Feld. Wie man sieht, ist es ganz schön schlimm, verrußt und fürchterlich hier im Ruhrgebiet.

Panoramaaufnahme eines Feldes, darin ein Weg, Abendsonne.

Auf dem weiteren Weg lagen bemalte Steine. Darüber habe ich mich gefreut.

Bund bemalte Steine, auf dem vorderen steht "Alles wird gut".

Jeder Tag ein Abenteuer | Ansonsten bleibt festzuhalten, dass es auch in der sechsten Woche Remote-Arbeit weiterhin Herausforderungen gibt, das passende digitale Tool für die jeweilige Gruppe zu finden: Nicht alle Teilnehmenden kommen überall rein, große Technikeinweisungen sind je nach Länge des Beisammenseins oversized, andererseits ist eine reine Telko zäh, und das gemeinsame Entwickeln könnte eine Visualisierung gut gebrauchen. Aber der Proxy.

Das fehlende Zurückgreifen auf Routinen ist anstrengend. Gleichzeitig ist es spannend. Ich lerne eine Menge, und vieles von dem, was ich mir jetzt aneigne, wird bleiben.


Helpathlon 2020 | Die Stadt Dortmund veranstaltet einen Helpathlon. Am kommenden Samstag, 2. Mai, können alle, die Lust haben, mitmachen und die Stadt entwickeln.

Infos aus der E-Mail, die mich erreichte:

Fragen wie „Was können wir schon jetzt anpacken, um die Welt nach der Krise ein Stückchen besser zu machen?“ und „Wie wollen wir in Zukunft unter neuen Rahmenbedingungen in unserem Quartier zusammenleben und -wirtschaften?” leiten uns dabei. Während des Helpathlons sammeln wir in einem vollständig virtuellen Prozess die unterschiedlichen Fragestellungen, schaffen ein gemeinsames Verständnis, entwickeln Ideen und gehen in den Austausch. Als Ergebnis entstehen zum Ende des Tages erste Prototypen.

Ich werde wahrscheinlich nicht dabei sein. Denn ich möchte nicht auch noch den Samstag in einem virtuellen Meeting verbringen. Die Idee finde ich aber großartig.


Corona-Service | Die Pandemie zieht den Nahverkehr auf dem Land in Mitleidenschaft. Busunternehmen droht die Pleite. | Die Zustände bei der Spargelernte machen wenig Lust auf Spargel. | Virologe Christian Drosten im Interview mit dem britischen Guardian, unter anderem über das Präsentionsparadoxon. | Beobachtung aus den USA: Einige Covid-Erkrankte, jung und fast ohne Symptome, erleiden nach überstandener Infektion einen Schlaganfall | Obduktionen von Menschen, die in Zusammenhang mit Covid-19 verstorben sind, zeigen, wieso ihnen Beatmung nicht geholfen hat.

Gelesen | Nachruf auf Norbert Blüm: Ein Mann mit eigenem Kopf

Genickt | Die Persönlichkeiten in einer Videokonferenz

Eine Wanderung durch die Heimat und Neues aus dem Garten

26. 04. 2020  •  10 Kommentare

Abenteuer | In meinem Kiez kenne ich inzwischen jeden Baum und jede Ente mit Vornamen. Es war Zeit, mal woanders durch die Gegend zu gehen. Also fuhr ich in die Heimat. Dort gibt es ausreichend Landschaft, um sich die Beine zu vertreten und dabei etwas Anderes zu sehen als das Übliche.

Rapsfeld in der Sonne

Ich ging die alte Runde, die wir sonntags immer mit der Familie gingen, damals in den 80ern und Anfang der 90er: vom Lahrfeld über Kempers Hof Richtung Barge, von dort zum Hexenteich, über den Kapellenberg und wieder zurück. Das sagt Ihnen jetzt nichts, Sie kennen das alles nicht, das macht aber nichts. Ich nehme Sie mit.

Kempers Hof ist ein Bauernhof zwischen dem Ortsteil, in dem ich aufwuchs, und Barge. Barge ist auch ein Ortsteil, ein besonderer, denn Barge hat einen Segelflugplatz.

Über Kempers Hof geht man drüber: beim Spazierengehen, beim Wandern, beim Joggen. Man geht an der einen Seite rein und an der anderen wieder raus, und wenn grad jemand aus dem Haus oder aus dem Stall kommt, grüßt man nett.

Fachwerkhaus unter Bäumen an Feldern

Als ich hier aufwuchs, fürchtete ich mich vor dem Gang über den Hof, denn dort lebten zwei Hunde, sehr wütende Hunde. Sie liefen frei herum. Sie bissen niemanden, aber sie waren eben sehr unfreundlich, sie bellten und liefen hinter jedem her, der ihr Revier betrat. Erst nach Durchqueren des Hofes, am immergleichen Zaunpfosten, ließen sie von den Besuchern ab und trotteten zurück an ihren Platz, mit stolz geschwellter Brust: Schau her! Ich habe die Eindringlinge vertrieben!

Gestern lag ein Großpudel auf dem Hof. Gelangweilt kaute er auf etwas. Kein Gebell, kein Gerenne. Hofhunde sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

blauer Himmel, grüne Wiesen, Rapsfeld

Hinter den Barger Hügeln liegt der Hexenteich. Um dorthin zu gelangen, läuft man durch einen dichten Wald, so war das jedenfalls damals. Heute ist der Wald licht. Stürme, Trockenheit, Käfer – was immer es war, das die Bäume zerlegt hat: Es war gründlich.

Baumstumpf von einem abgebrochenen Baum, dahinter tote Nadelbäume.

Alles sieht anders aus als in meiner Kindheit. Die Landschaft hat gelitten, hat sich verändert, die Wege sind nicht mehr dort, wo sie waren, vielleicht finde ich sie auch nur nicht. Es geht am Wald vorbei über die Wiese – und dann ist er wieder da, der Weg, markiert vom Sauerländischen Gebirgsverein.

Robuster Waldweg

Mitten im Wald liegt der Hexenteich. Er heißt so, weil dort im 16. und 17. Jahrhundert Frauen hingerichtet wurden. Sie wurden ertränkt oder verbrannt. 1631 überlebte eine Frau mit dem Namen Dorte Hilleke die Folter. Deshalb heißt die Mendener Bücherei „Dorte-Hilleke-Bücherei“.

Mein Großonkel Paul (*1906) ging bis ins hohe Alter mehrmals in der Woche zum Teich. Er spazierte viel, und er haute beim Spazierengehen viel auf die Erde. Er sagte immer, dort könne man gute Dinge aufsammeln, wenn man nur aufmerksam genug sei. Er fand oft Tennisbälle, die er uns Kindern mitbrachte. Außerdem fand er ständig Geld, mal Pfennige, mal eine oder zwei Mark, einmal sogar 20. Einmal rettete einen Menschen, der in den Hexenteich gefallen war, vor dem Ertrinken. Er erhielt dafür ein Verdienstkreuz.

Als ich klein war, liefen wir Schlittschuh auf dem Teich. Oder wir fuhren mit dem Schlitten den angrenzenden Berg hinab, durch dichten Tannenwald. In guten Wintern ging die Fahrt bis aufs zugefrorene Wasser, lang und steil und mit zahlreichen vereisten Stellen. Es gab eine Rampe hinab auf den Teich; wenn man richtig Schwung drauf hatte, hob man kurz ab.

Heute stehen Kunstwerke des Bildhauers Mile Prerad um den Teich. Er ist ein serbisch-bosnisch-deutscher Bildhauer, lebte lange in Menden, mittlerweile auf Rügen. Seine Skulpturen sind aus großen Baumstämmen und zeigen Krieg und Verfolgung.

Wenn man vom Teich aus weitergeht, kommt man in den Kapellenberg. Im Kapellenberg steht die Antoniuskapelle. Der Weg von der Vincenzkirche in der Mendener Altstadt bis zur Kapelle im Wald, der Weg über den Berg und wieder runter in die Stadt ist gesäumt von kleinen Häuschen mit Bildstöcken und Figuren. Sie zeichnen den Leidensweg Jesu nach.

Zu Ostern findet dort die Karfreitagsprozession statt. Die ganze Nacht hindurch ziehen stündlich Prozessionen von Gläubigen über den Berg. Freiwillige melden sich bei der Kirchengemeinde, um das schwere Kreuz zu tragen. Die Träger bleiben anonym; sie sind in Sackleinen gehüllt, eine Perücke verhüllt ihre Gesichter.

In diesem Jahr trugen nur Zwei das Kreuz über‘n Berch: der Pfarrer und der Bürgermeister. Die große Tradition, die Prozession mit Hunderten, nochmal Hunderten und je tiefer die Nacht wird, mit Vereinzelten, fiel aus – wegen Corona. Wer dennoch wollte, ging allein den Weg, zum Tag oder zur Nacht.

Nach zweieinhalb Stunden war ich gestern wieder am Auto – mit dem Gefühl, ein großes Abenteuer erlebt zu haben, nach fünf Tagen nur im Dortmunder Kiez.


Gartenarbeit | Heute war ich im Garten. Die letzten Kürbisse wollten in die Erde. Ich säte Mangold und Lauchzwiebeln ein, setzte ein paar Blumenzwiebeln, macht das neue Beet vor den Wasserbecken schön und topfte ein bisschen was um.

Gartenutensilien auf der Terrasse, im Hintergrund die Wäscheleine und das Gewächshaus

Es ist erstaunlich, wie lange das alles dauert. Ich werkelte den ganze Nachmittag. Immer, wenn ich dachte, alles sei erledigt, sag ich noch etwas, das ich tun könnte. Es gibt immer noch etwas, das ich aufharken oder gießen kann, das noch eingepflanzt oder umgesetzt werden möchte.

Beet

Nun ist alles in der Erde, was dort hin soll. Auch die Kartoffeln sind gesetzt.

Der erste Salat ist schon fast gar, die Radieschen sind gut aufgestellt, und auch die ersten Möhren zeigen sich.

Reihen vor Gemüse vor einem Staketenzaun

Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag soll es regnen. Das wäre toll.


Gelesen | Die Herzen der Männer von Nickolas Butler. Klappentext:

In den Augen seines Vaters ist Nelson eine Enttäuschung. Wer will schon ein Kind, das weder Freunde noch Selbstbewusstsein besitzt? Je intensiver der verunsicherte Junge sich nach Zuwendung sehnt, desto stärker sondert sich der Vater ab, bis er irgendwann ganz aus dem Leben seines Sohnes verschwindet. Doch in einem Punkt hat er sich getäuscht. Nelson ist nicht allein. Jonathan, sein bester Freund aus dem Pfadfinderlager, ist das genaue Gegenteil von Nelson: bei allen beliebt, pragmatisch und mit einer unverwüstlichen Leichtigkeit ausgestattet. Was aber treibt jemanden wie Jonathan dazu, sich mit einem Außenseiter anzufreunden? Und stand Jonathan wirklich immer so rückhaltlos zu ihm? Das Leben im rauhen Wisconsin verlangt Nelson, Jonathan und dessen Familie Prüfungen ab, die Freundschaft und Loyalität auf eine harte Probe stellen. 

Klett-Cotta

Gerne gelesen. Die Geschichte macht zwei Zeitsprünge: Sie beginnt, als Nelson und Jonathan etwa neun Jahre alt sind. Dann springt sie in einer Zeit, in der beide Ende 40 sind. Im letzten Teil sind sie um die 80.

Nickolas Butler entwickelt die Charaktere gut und nachvollziehbar, über verschiedene Szenen, ohne selbst zu werten. Er erzählt, beschreibt und lässt mir als Leserin ausreichend Leerstellen, um eigene Gedanken zu entwickeln. Das mochte ich.

Die kleinen Dinge

24. 04. 2020  •  Keine Kommentare

Management-Summary | Viel Arbeit bei wenig Freizeit, bei gleichzeitig wenig Bewegung, wenig Abwechslung, auftretenden Software-Problemen und Trockenheit im Gemüsebeet. Das ist die Zusammenfassung der vergangenen Tage. Details:


Broterwerb | In dieser Woche habe ich erstmals an einem Remote-Workshop teilgenommen: 20 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, interaktive Pinnwände, Breakout-Sessions, dazu Chat und Abstimmungen und anderes Zeugs. Der erste Tag war zum Zuhören und Verstehen da, am zweiten Tag habe ich moderiert.

Wir haben mit Microsoft Teams in Kombination mit Stormboard gearbeitet. Das war erquicklich, produktiv und erstaunlich geschmeidig. Über MS Teams haben wir videokonferiert, Dateien geteilt, gechattet und Breakout-Sessions eingerichtet (oder wie man 2019 noch sagte: Gruppenarbeit). Die Teilnehmenden gingen dann in einen anderen Raum, starteten dort ihre Unterhaltung und kamen danach mit Ergebnissen zurück in die große Runde.

Wir richteten verschiedene Stormboards ein, die wie digitale Pinnwände funktionierten: Alle konnten gleichzeitig Zettelchen ankleben und sich darüber unterhalten, Ideen ergänzen, auf Pins antworten und voten.

In der Sache sind wir gut vorangekommen, alle waren mit der Methodik zufrieden, und ich habe gelernt, als Moderatorin mit dem Setting umzugehen. In dem Setting ist noch Luft für Feinschliff – mehr Pausen, mehr Breakout-Sessions kamen unter anderem als Feedback. Hier fehlt die nonverbale Kommunikation und die sonst vorhandene Unruhe im Raum, um zu bemerken, wann es Zeit ist, flexibel auf die Bedürfnisse zu reagieren.

Fürs erste Mal bin ich mehr als zufrieden – sowohl mit dem Was als auch mit dem Wie.

Darüber hinaus gab’s jede Menge weitere Themen über mehrere Kunden hinweg. Heute war auch wieder Webinar-Tag. Zehn von zehn Webinare sind nun absolviert. Zehnmal das Gleiche erzählt, an zehn Terminen für zehn Gruppen – ich nenne es auch: „Homeoffice-Tour 2020“.

Die Woche in einem Wort: Puuuh.


Software-Gedöns | Plötzlich funktionierte Powerpoint nicht mehr, genauer gesagt das Abspeichern als PDF. Weder die Funktion „Speichern unter“, noch „Exportieren“, noch „Drucken“ reagierte. Ach ja, drucken konnte ich auch nicht mehr. Powerpoint stürzte ab.

Vielleicht lag es an der riesigen Datei, die mir ein Dienstleister geschickt und an der sich Powerpoint massiv verschluckt hatte. Vielleicht war es einfach Magie. Es ging jedenfalls nicht mehr, und ohne diese Funktion ist alles Murks, weil ich meine Folien als PDF an Kunden verschicke.

Nach rumprobieren, öffnen, schließen, deinstallieren, hin und her entschloss ich mich zum zum Abo von Microsoft 365.

Sie ahnen nicht, wie sehr meine Stimmung bei solchen Dingen sinkt.


Homeoffice | Ich bin am Ende der Woche immer ratzefertig. Obwohl ich die ganze Zeit zuhause bin und noch nicht einmal Kinder betreue.

Vielleicht liegt am vielen Hören. Das Auditive ist nicht mein Favorit. Bei Hörbüchern schlafe ich immer ein, und wenn mir jemand länger als zehn Minuten etwas erzählt, während ich dabei nichts malen oder aufschreiben kann, wird’s eng mit der Aufmerksamkeitsspanne. Ich bin mehr der visuelle Typ. Derzeit gibt es allerdings die meisten Informationen auditiv, über Telefon und Telefonkonferenzen. Ohne Mimik, Gestik, nonverbale Infos.

Vielleicht sind es auch die fehlendenden Reize, die fehlenden visuellen Eindrücke. Selbst wenn es anstrengend ist, unterwegs zu sein: Nichts Neues zu sehen, ist offenbar auch anstrengend.


Raus | Bilder vom Spazierengehen um den Teich.

Ich kenne inzwischen jeden Baum und jeden Grashalm in meinem Kiez, egal in welche Richtung – und jede Gans mit Vornamen.

Derweil ist es im Garten staubtrocken. Ich hoffe, dass es nächste Woche nennenswert regnet.


Die kleinen Dinge | Höhepunkte der Woche: einkaufen im Supermarkt und ein Ausflug ins Staudenparadies in die Nachbarstadt. Abenteuer!


Gelesen | Anmerkung zur Stochastik. Herr Buddenbohm will warten, darf aber nicht.

Schnee im Garten und Spazierbemerknisse

19. 04. 2020  •  6 Kommentare

Schnee | Der ganze Garten ist voller Kirschblütenschnee.

Weiße Blüttenblätter auf Rasen und Beet

Die Zucchini sind im Beet. Die Kürbisse auch. Die Tomaten wachsen nun in ihren Hochbeeten im Gewächshaus. Ausnahmslos alle Samen sind dieses Jahr angegangen. Ab Juli werde ich mich komplett autark versorgen können. Fehlen nur noch eine Milchkuh und eine Handvoll Hühner.


Veteraninnentreffen | Heute Abend war Treffen der Handballveteraninnen auf Skype. Das war schön. Ich habe mir dazu ein geistiges Getränk bereitet: Suze Rouge mit Tonic, Eis und einer Orangenscheibe. Auf der Titanic hat das Orchester schließlich auch bis zuletzt gespielt.

Die alte Mannschaft ist wieder in die Verbandsliga aufgestiegen. Herrje, Verbandsliga – das waren Zeiten.

In diesem Leben nicht mehr.


Spazierbemerknisse | Spaziergang durch den Kiez. Welche Wege es alles gibt! Mit jedem Gang entdecke ich einen neuen Pfad.

Sonne über dem Feld

Gleichwohl war es nicht so leer, wie die Bilder suggerieren. Eine offene Frage bleibt ja, warum Menschen, die mir entgegenkommen, stets mittig auf dem Weg gehen und diesen Weg auch unbeirrt fortführen. Und Paare erst! Dabei wäre es so wundervoll, das Entgegegenkommen anderer Menschen zu nutzen, um das Hinterteil seines Partners einmal ausführlich zu bewundern. Danach kann man keck wieder an seine Seite treten und – welch romantische Geste – die Hand zurück in seine zu schieben, begleitet von einem liebenden Blick.

Stattdessen weiche ich auf Felder, Wiesen oder auf die Straße aus, um Abstand zu haben. An den Phoenixsee, die künstlich angelegte Naherholungsstätte ums Eck, gehe ich schon gar nicht mehr – nicht zwischen 9 und 20 Uhr. Lediglich morgens zwischen 7 und 8 Uhr wage ich mich hin, vor Arbeitsbeginn. Denn dort ist die Hölle los: Familien, Jogger und joggende Paare, Jugendliche und Gruppen in großer Zahl. Es geht dort eigentlich zu wie immer.

Ich habe das dumpfe Gefühl, dass die Lockerungen, die es noch gar nicht gibt, sondern die erst noch kommen, nach hinten losgehen werden.


Corona-Service | Deutschland bleibt zuhause. Die Dokumentation des MDR begleitet Familien im Lockdown, darunter die, die es hart trifft. | Kitaschließung – eine Männeridee | Informatiker Henning Tillmann schreibt auf Twitter aus technologischer Sicht über die Corona-Tracing-App. | Es häufen sich Hinweise, dass bei schweren Covid-Verläufen Schäden zurückbleiben: Blick in eine Lunge. Auch Erfahrungen aus der Innsbrucker Uni-Klinik legen das nahe. | Ein Fernfahrer und die Kinderbetreuung | Gute Reportage: Auf Rügen brechen alte Konflikte auf. | Introvertierte Menschen freuen sich in diesen Tagen, zuhause bleiben zu dürfen und niemanden treffen zu müssen: „Ich muss gar nichts.“ Der Text holt mich sehr ab. | In den USA gibt es nun auch auf dem Land vermehrt Corona-Infektionen. Alte Stadt-Land-Mythen stehen infrage. | Nach überstandener Infektion: Ich habs’s gehabt – zwischen Scham und Supermann-Gefühl. | Corona-Studie: Der Plan hinter dem Heinsberg-Protokoll. Eine Recherche zur PR-Agentur „Storymachine“, die Studie in Gangelt begleitet und, ja, man muss sagen: inszeniert. Dazu auch der NDR: Fragwürdige Arbeit von Storymachine | Passend dazu: Chemikerin und Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim macht den Virologen-Vergleich, vor allem in Hinblick auf ihre Medienarbeit.

Gefreut | Jemand hat seinem Meerschwein ein Kunstmuseum eingerichtet. Zauberhaft.

Geguckt | Die Getriebenen. Der Film rekonstruiert die 63 Tage im Sommer 2015, bevor Angela Merkel ihre Schlüsselentscheidung in der Flüchtlingskrise fällt.



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