Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Fluffiges Einleben, tolle Post und ein Ausflug ins Straßenverkehrsamt, außerdem eine Reminiszenz an Oberhenneborn

17. 01. 2023  •  4 Kommentare

Nebenwirkungen des Umzugs | Ein Umzug bringt mit sich, dass man alle möglichen Leute anschreiben muss, dass sich die Adresse geändert hat. Ich war beim Bürgeramt in Haltern – ein freundlicher Ort. Man geht ins Rathaus hinein und dort ist es direkt, mit Online-Anmeldung, Kinderspielecke und freundlichen Menschen.

Außerdem war ich beim Straßenverkehrsamt in Marl und habe das Auto umgemeldet; wenn man über die Kreisgrenze umzieht, geht das nicht über das Bürgeramt, digital sowieso nicht; dann muss man zur Zulassungsstelle. Wenn ich „Marl“ sage und „Straßenverkehrsamt“, haben Sie vielleicht ein Bild im Kopf, auch wenn sie den Ort nicht kennen: irgendwas mit Ruhrgebiet, eine trostlose Straße mit bröselndem Bitumen, in der Ferne Schornsteine, eine Amtsstube in Braungrün, im Foyer Wartenummern, auf der Fensterbank ein verdorrter Kaktus. Tatsächlich ist alles so, wie Sie es sich vorstellen – gesäumt von Autowerkstätten und Schildermachern. Über dem Ort schwebt das Timbre einer Fernfahrerraststätte, und noch vor fünfzehn Jahren, vor dem Nichtrauchergesetz, wäre dieser Ort rauchverhangen gewesen. Man fühlt sie noch, die Atmosphäre von damals.

Ein weiteres To Do: Meine Grafikerin Claudia hat mein geschäftliches Briefpapier geändert und die neue Adresse eingeführt. Ich habe das PDF des Briefpapiers wiederum in mein Buchhaltungsprogramm gefummelt, als Dokumentvorlage. Claudia hat auch meine Visitenkarten überarbeitet; sie sind im Druck. Ich habe die Adresse auf meiner Webseite und hier im Blog geändert, im Impressum, in der Datenschutzerklärung und in meiner E-Mail-Signatur.


Einrichtung |  Mit der Einrichtung geht es voran. Alle Kartons sind ausgepackt und auch schon wieder verkauft. Es brauchte nur eine Anzeige auf Ebay-Kleinanzeigen und 36 Stunden. Offenbar ziehen die Menschen dieser Tage eifrig um.

Wir haben inzwischen Vorhänge und Bilder angebracht. Über dem Küchenbuffet hängen die Illustrationen des Patenmädchens. Über dem Herd hängt eine Erinnerung an die Radtour durch Dänemark bis nach Skagen.

So fluffig wie die Frau auf dem Poster fuhr ich damals nicht in Skagen ein. Mir tat gehörig der Hintern weh.

Wir haben außerdem Uhren aufgehängt. Es gibt im Haushalt zwei Schätzchen: Eine sauerländische Familien-Küchenuhr aus den 1960er/70ern, die ich wieder reaktivieren konnte und die nun in der Küche hängt. In der Küche, finde ich, braucht es unbedingt eine Uhr, weil man dort oft sitzt und weg muss – zur Arbeit, zum Schwimmen, zum nächsten Termin im Homeoffice oder ins Wohnzimmer zum WM-Spiel deutschen Handballherren.

Blick aus Terrassentür in den Garten, daneben eine graue, quadratische Uhr an der Wand.

In der Diele unterm Kronleuchter hängt nun meine Pendeluhr, die uns die Stunde schlägt (und die halbe Stunde). Der Reiseleiter hat bis vor kurzem neben einer Kirche gewohnt, deren Uhr viertelstündlich schlug. Wir sind das also gewohnt. Ich empfinde das auch als angenehm. Es gibt mir Orientierung.

Von dem Geld, das wir mit dem Verkauf von Möbeln, Ballkleidern und Hausrat aus unseren alten Wohnungen eingenommen haben, haben wir uns ein gebrauchtes Ruder-Ergometer gekauft, Concept 2. Ich war gestern drauf. Zu Beginn dachte ich: Geht doch! Nach vier Minuten war ich sicher, dass ich auf diesem Gerät verenden werde. Nach drei Kilometern hatte mein Körper sich mit der Belastung abgefunden, und es ging einigermaßen. Insgesamt eine deutlich ausbaufähige Performance, sehr schweißtreibend.

Das Arbeitszimmer ist schon eingerichtet und funktionsfähig. Es fehlt allerdings noch der zweite Schreibtisch und die passende Akustiktrennwand. Beides wird im Februar geliefert. Dann haben wir ein sehr komfortables Homeoffice (mit schnellem Internet, juchhu!) und eine gute Separierung an den Tagen, an denen wir mal zu Zweit im Raum sind.

Homeoffice: Schreibtisch vor blauer Wand mit Regalen

Am meisten liebe ich übrigens die Tageslichtlampe, in die ich seinerzeit investiert habe, blendfrei und dimmbar. Nach acht Minuten geht sie dank Bewegungssensor automatisch aus.

Noch ein Blick in eines der zwei Bäder: Das Erwachsenenschlafzimmer hat ein eigenes En-Suite-Bad. Mega.

Weiß gekacheltes Badezimmer mit Altrosa Anstrich, unter der ecke eine Holzlampe.

Broterwerb | Der Umzugsurlaub ist vorbei, und ich gehe wieder meinem Broterwerb nach. In den vergangenen Tagen habe ich Menschen beraten, mit denen ich in regelmäßigem Austausch stehe – eine Führungskraft eines IT-Unternehmens und ein Chefredakteur einer Regionalzeitung. Ich habe mein Seminar „Agiles Projekt- und Redaktionsmanagement“, das ich bislang nur digital gehalten habe, in ein Präsenzseminar umkonzipiert. Damit werde ich Anfang März beim WDR zu Gast sein. Außerdem gab es Ende vergangenen Jahres den Wunsch eines großen Aluminiumkonzerns nach Moderationstraining in Englisch und Deutsch. Zwei der drei Sessions habe ich in den vergangenen Tagen gehalten.


Oberhenneborn | Ich höre sehr gerne den Zeit Verbrechen-Podcast. Die neue Folge thematisiert zwei Morde in Oberhenneborn. Ich habe eine besondere Beziehung zu Oberhenneborn.

Oberhenneborn liegt bei Niederhenneborn, und beides befindet sich in the middle of nowhere im Sauerland zwischen Eslohe und Winterberg. Meine Familie hat dort Bekannte – oder besser gesagt: hatte. Denn es betrifft eher meine verstorbene Großelterngeneration.

Als sie noch lebte, fuhren wir mindestens einmal jährlich nach Oberhenneborn, um zu wandern und im dortigen Gasthof einzukehren. Dafür stiegen wir alle ins Auto, mein Vater und meine Mutter, meine Oma, die Tante und mein Onkel, der Großonkel und noch ein Großonkel, seine Frau, mein Cousin und die ganze Mischpoke. Die alten Herren trugen Hut. Der Weg führte uns erst durchs Hönnetal, über gewundene Straßen, die sich an Felswänden entlangziehen, später über ebenso kurvige Wege durch Felder und Fichtenwälder. Ich hockte auf der Rückbank und spätestens, wenn wir durch Volkringhausen durch waren, Estinghausen und Enkhausen durchquert hatten und der Sorpesee nur noch Erinnerung war, war mir kotzübel. Die Reise war unendlich und glich dem Weg nach Narnia. Als sich endlich die Tür öffnete und ich mit bleichem Gesicht aus Vatterns Audi 100 fiel, war ich an einem Ort, den die Menschheit nur durch das Wurmloch der Reiseübelkeit erreichen kann: Ich war in Oberhenneborn.

Das Essen im Gasthof wurde in Terrinen aufgetragen. Auf der Tafel standen Schüsseln voller Suppe, frische Brühe mit Eierstich und Markklößchen. Zum Hauptgericht lagen die Bratenscheiben auf großen Platten, in Schüsseln stapelten sich die Klöße. Es dampfte, es duftete, wir speisten wie die Könige.

Wenn wir wanderten, trugen die alten Männer Lodenjacke und Kniebundhose, auf ihren Stöcken klebten Plaketten. Aus dem Handgelenk und mit forschen Schwung hob mein Großonkel erst die Spitze seines Stocks, tat einen Schritt und ließ ihn dann zu Boden hinabsinken, rammte ihn in den Boden und stieß sich ab. Der andere Onkel war im Sauerländischen Gebirsverein und kannte jeden Weg. Kundig führte er uns über Stock und Stein und durch Gehölz. Rückblickend können es keine langen Märsche gewesen sein, eher Spaziergänge von wenigen Kilometern. Mir kam es jedoch jedesmal wie eine zünftige, alles abfordernde Wanderung vor.

1983 und 1985 wurden in Oberhenneborn zwei Frauen getötet: eine nach einem Schützenfest auf einem Hof, eine andere in ihrem Auto in Niederhenneborn. „In Oberhenneborn wurden ja diese zwei Frauen getötet“, sagten die Erwachsenen jedesmal auf der Hinfahrt, auch als es schon lange keine Neuigkeit mehr war, „den Täter haben sie immer noch nicht“. Und zu meiner Reiseübelkeit gesellte sich jedesmal ein gehöriger Schauder, so dass mir beim Ankommen nicht nur schlecht war, sondern ich mich auch zart gruselte.


Leserinnenpost |  Dieser Tage erhielt ich schöne Post, elektronisch, begleitet einem Foto und der Erklärung: „Ich hatte mir Dein Buch gekauft und es um Sommerurlaub gelesen, danach an meinen Opa (Jahrgang 1929, aber sehr fit – geistig wie körperlich) weitergegeben. Mittlerweile schreibe ich ihm immer ein paar Zeilen zu den weiter gereichten Büchern, oft schreibt er mir mit seiner alten Schreibmaschine eine Antwort.“

Ein mit Schreibmaschine geschriebener Brief auf meinem Buch "Die Frau, die den Himmel eroberte". Text:  Liebe ..., mit Dank zurück. Klasse! Guter Anschluss an mein letztes Buch aus der Büchere, Abteilung Pholosophie, "Auszeit im Café am Rande der Welt von John Strelecky. Für alle mit einem Wendepunkt im Leben und den Fragen "Warum bist Du hier? Hast Du Angst vor dem Tod? Führst Du ein erfülltes Leben?" Gut lesbar und keine schwere Kost. Gruß Opa 11/22

Gelesen | Ich las bei Christian, der wiederum auch gelesen hat – zu Anpassung, zu Gefühlen. Ich brauche das hier nicht wiederholen, er hat das gut kuratiert.

Gehört | Macht & Millionen, Folge 31: Boris Becker – Absturz eines deutschen Helden

Umgezogen! Und: Käte als Taschenbuch

12. 01. 2023  •  17 Kommentare

Umgezogen | Es ist vollbracht: Ich bin umgezogen.

Uff! Das waren anstrengende Tage. Tagelang habe ich geräumt, ausgepackt, ausgewischt, hin- und her geschoben und sortiert. Nun haben wir (fast) alle Kartons ausgepackt. Es waren an die 130 aus beiden Haushalten. Sie stapeln sich im neuen Wohnzimmer in der Ecke und warten auf Abnehmer bei ebay-Kleinanzeigen.

Stapel mit Kartons

Es fehlen noch Bilder an den Wänden und auch Vorhänge. Hier und da täte ein Teppich gut, und es gibt noch Werkzeug und Material, das verräumt werden muss. Aber mit dem Gröbsten sind wir durch. Eindrücke aus der Diele und der Küche mit Blick ins Wohnzimmer:

Ich feiere mich für den Kauf meines Steckregals, dessen Regalbretter sind in jeglicher Kombination zusammenschieben lassen. In der alten Wohnung stand es an einer breiten Wand im Wohnzimmer, nun steht es an einer hohen Wand in der Diele; wir haben es von breit zu hoch umgebaut.

Bemerknisse:

  • Hätte ich vorher gewusst, wie viele Vasen ich besitze, hätte ich einen Vasenfachhandel eröffnet.
  • Einen Tupperware-Handel kann ich auch eröffnen.
  • Ich räume ein, dass kein Mensch fünfundzwanzig Vasen benötigt.
  • Aber acht. Acht sind wirklich die Untergrenze.
  • Das Zusammenführen und Einräumen der Vorräte hat gezeigt, dass wir in den nächsten Wochen viel Mais essen werden.
  • An einem Samstag zu Ikea zu fahren, ist ein konstant gutes Erlebnis. Man muss nur ausgeglichen und offen für Menschen sein.
  • In drei Jahren würde ich gerne von all den jungen Paaren, die sich am vergangenen Samstag Samstag eingerichtet haben, erfahren, ob sie noch zusammen sind.
  • Sie vielleicht auch von uns.
  • Idee für Paartherapeuten: Sich mit Klienten samstags ins Ikea-Restaurant setzen, Köttbullar essen und besprechen, welches der Paare, die die Szene betreten, in drei Jahren noch zusammen ist und warum. Könnte eine großartige Perspektive auf die eigene Partnerschaft werfen.
  • Falls jemand ebenfalls ein Tylko-Möbel hat und wissen möchte, wie man diese Black Box des Möbelwesens wieder auseinanderbaut: Man muss von vorne wie ein Preisboxer gegen die waagerechten Bretter kloppen, dann kippen die Rückwände raus.
  • Es findet sich alles wieder.

Der Endgegner war der Hauswirtschaftsraum, in den aus Ermangelung eines Kellers alles rein muss, was aus zwei Haushalten zusammengeführt wird und sich vorher in einem, ja, Keller befand, außerdem in einem Vorratsraum, einer deutlich größeren Küche und in noch einem Vorratsraum. Ich habe Stunden damit verbracht, Putzmittel, Hygieneartikel, Lebensmittelvorräte, den Fonduetopf, die Filterkaffeemaschine, Backformen, Einmachgläser, Wärmflaschen, Vogelfutter, Wein, Schuhe und Schuhputzmittel, Mehrfachstecker und Verlängerungskabel, Vasen, Weihnachts- und Osterdeko, Pizzastein und Grillkorb, das Waffeleisen, den Fenstersauger, Putzlappen, Aufnehmer, Bügeleisen, Glühbirnen, Batterien und zig andere Dinge zu verräumen. Eine Momentaufnahme im Chaos-Stadium: die Waschmaschinenausrichtung.

Erschwerend kommt hinzu, dass zwei Menschen zusammenziehen, die beide viel Werkzeug besitzen. Wir haben Werkzeugkisten, Schrauben, Dübel und Nägel in rauen Mengen. Wir sind quasi ein Baumarkt.

Ein Dank geht an die Männer vom Umzugsunternehmen, die einen super Job gemacht haben und trotz der harten Arbeit immer gute Laune hatten.


Broterwerb | In dieser Woche habe ich offiziell noch Urlaub, nehme aber auch schon Termine wahr (dank Internet!). Ich brauche allerdings noch genügend Zeit, um das ganze Umzugchaos nachzuarbeiten – Ummeldung bei der Stadt, Ummeldung des Autos bei der Zulassungsstelle in Marl, Vorhänge kaufen, Bilder aufhängen und Dinge erledigen, die mit der Vermietung meiner Wohnung in Dortmund zusammenhängen.

Derweil ist ein sehr schöner Auftrag eingetrudelt. Ich freue mich, im Februar nochmal in Karlsruhe zu sein.


Kostenlos und von zuhause aus | Am 10. Februar bieten meine Kollegin Andrea Schmitt und ich ein kostenloses Mini-Seminar an – für alle, die volle Kalender haben, mit Aufgaben jonglieren und Wege suchen, sich abzugrenzen. 90 Minuten – arbeitskompatibel am frühen Morgen, einfach anmelden!


Taschenbuch | Ganz anderes Thema: Ab dem 13. Februar gibt es mein Buch „Die Frau, die den Himmel eroberte“ nicht mehr nur als Hardcover, sondern auch als Taschenbuch:

Die Frau, die den Himmel eroberte - Cover mit dem historischen Foto einer Frau im Kleid, die dabei ist, aus einem Ballonkorb zu springen

Das Taschenbuch kostet 12 Euro und ist in allen Buchhandlungen erhältlich. Ich freue mich, dass mein Verlag Suhrkamp das Buch erneut auflegt!

Falls Interesse an signierten Exemplaren besteht, bitte ich um eine kurze Nachricht an vg (ät) vanessagiese.de. Am neuen Wohnort habe ich noch keine Kooperation mit der örtlichen Buchhandlung. Bei entsprechender Nachfrage würde ich die aber anstoßen.

Ich freue mich auch in 2023 über Anfragen für Lesungen und fände es toll, persönlich aus dem Leben von Käte Paulus zu erzählen. Zu den Lesungen bringe ich historische Fotos mit und lese nicht nur Ausschnitte aus der Geschichte, sondern erzähle auch allerlei Hintergründiges zu Käte und zur Recherche – das war nämlich eine Spurensuche, die spannende Zusammenhänge hervorgebracht hat. Ganz unbescheiden: Das ist ziemlich kurzweilig, ich würde mich buchen!


Und sonst | Noch keine Eichhörnchensichtung im neuen Garten.

Der Passierschein ins Internet

4. 01. 2023  •  31 Kommentare

Das neue Domizil verfügt über einen Glasfaseranschluss. Am 20. November, nach Unterzeichnung des Mietvertrags, buchte ich mir also über die Website der Deutschen Glasfaser einen Glasfasertarif. Ich füllte alle erforderlichen Daten aus, gab meine Kontoverbindung ein, erteilte eine Einzugsermächtigung, bekam direkt eine Kundennummer und war guter Dinge.

Einige Tage später fiel mir in einem kontemplativen Moment auf, dass ich in dem Formular nicht angeben konnte, wann die Freischaltung des Anschlusses erfolgen sollte. Der Umzug würde in der ersten Januarwoche erfolgen. Ab dem 1. Januar wäre also perfekt. Ich schrieb eine E-Mail an die Deutsche Glasfaser, gab meine Kundennummer an, erläuterte den Sachverhalt und bat um Freischaltung zum Jahresbeginn. Damit begann die Suche nach dem Passierschein ins Internet.

Zwei Tage später klingelte mein Telefon. Weil ich nicht sofort rangehen konnte, rief ich zurück.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Das weiß ich nicht, Sie haben mich ja angerufen.
Stimme: Mmmh.
Ich: Vielleicht hängt es mit meiner E-Mail zusammen … (ich erläutere den Sachverhalt) … Klappt das zum 1. Januar?
Stimme: Erstmal müssen Sie ja ausreichend Unterschriften haben.
Ich: Unterschriften?
Stimme: In der Nachfragebündelung.
Ich: Den Anschluss gibt es bereits. Seit 2016. Die bisherigen Bewohner ziehen aus. Ich ziehe ein und möchte den Anschluss übernehmen.
Stimme: Da liegt also schon Glasfaser.
Ich: Genau.
Stimme: Damit kenne ich mich dann nicht aus.
Ich: Das ist jetzt aber doof.
Stimme: Ja.
Ich: Und was machen wir jetzt?
Stimme: Da schreiben Sie mal an info-äd-deutsche-minus-glasfaser-punkt-de und erklären die Sache. Dann wird das an die richtige Stelle geleitet und jemand meldet sich bei Ihnen.

Ich schreibe eine E-Mail mit Angabe meiner Kundennummer, meiner Vertragsnummer, hänge meine erste E-Mail an und erläutere erneut den Sachverhalt mit der Bitte, mir die Freischaltung zum 1. Januar zu bestätigen.

Eine Woche später erhalte ich eine Auftragseingangsbestätigung. Allerdings nicht per E-Mail. Ich erfahre es nur, weil ich mich mit meiner Kundennummer in das Kundenportal einlogge, um zu schauen, ob es dort etwas Neues gibt. Nochmal fünf Tage später findet sich an selber Stelle eine Auftragsbestätigung. Gut, denke ich, dann geht ja alles seinen sozialistischen Gang. Allerdings steht in der Auftragsbestätigung nicht, wann der Auftrag ausgeführt wird. Ich rufe also wieder bei der Deutschen Glasfaser an.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Ich habe den DG-classic-Tarif bei Ihnen gebucht und auch eine Auftragsbestätigung erhalten. Allerdings steht dort nicht drin, wann die Freischaltung erfolgt. Ich würde den Anschluss gerne zum 1. Januar nutzen.
Stimme: Gab es denn schon eine Hausbegehung?
Ich: Hausbegehung?
Stimme: Von unseren technischen Sachverständigen.
Ich: Wofür?
Stimme: Zur Vorbereitung des Glasfaserausbaus.
Ich: Den Anschluss gibt es bereits. Seit 2016. Die Bewohner ziehen aus. Ich ziehe ein und möchte den Anschluss übernehmen.
Stimme: Ach so.
Ich: Genau.
Stimme: Dann trage ich das hier mal so ein. (Tippgeräusche)
Ich: Klappt die Freischaltung dann zum 1. Januar?
Stimme: Ja, also … so wie ich das hier sehe … wir haben hier ja alles von Ihnen … Das müsste dann klappen.
Ich: Bekomme ich dazu noch etwas Schriftliches?
Stimme: Wir haben hier ja Ihre E-Mail-Adresse … (liest sie vor) … ist die Adresse richtig?
Ich: Die ist korrekt.
Stimme: Okay. Dann schicken Ihnen die Kollegen noch eine Bestätigung.

Es wird Weihnachten. Der Reiseleiter und ich bereiten den Umzug vor, kaufen Geschenke, stellen einen Tannenbaum auf, bescheren, das ganze Klimbim. Es kommt keine Bestätigung. Zwischen den Jahren erhalten wir die Schlüssel zum neuen Zuhause. Ich rufe wieder bei der Deutschen Glasfaser an.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Ich habe am 20. November den DG-classic-Tarif bei Ihnen gebucht, habe auch eine Auftragsbestätigung erhalten und die mündliche Auskunft, dass der Anschluss zum 1. Januar freigeschaltet wird. Ich wollte mal nachhören, ob das nächste Woche klappt.
Stimme: Gab es denn schon eine Hausbegehung?
Ich: Der Anschluss besteht bereits seit 2016. Die Vormieter ziehen aus. Ich ziehe ein.
Stimme: Moment … (Tippgeräusche) … Ich muss mal eben einen Kollegen fragen … (Wartemusik) … (Zeit vergeht) … Sind Sie noch dran?
Ich: Ja.
Stimme: Hören Sie, wir haben noch kein Foto von Ihrem Anschluss.
Ich: Ein Foto von meinem Anschluss?
Stimme: Ja, von Ihrem Glasfaseranschluss.
Ich: Wofür?
Stimme: Damit wir den freischalten können.
Ich: Sie brauchen also einen Foto von der Anschlussdose, damit Sie den Anschluss freischalten können.
Stimme: Genau. Oder die Vertrags- und Kundennummer der Vormieter.
Ich: Ich schicke Ihnen ein Fotos des Anschlusses.
Stimme: Bitte an info-äd-deutsche-minus-glasfaser-punkt-de.
Ich: Eine Frage noch. Warum haben Sie mir das nicht eher gesagt? Ich habe den Anschluss bereits am 20. November bestellt und seither mehrere Gespräche mit der Deutschen Glasfaser geführt.
Stimme: Keine Ahnung, warum die Kollegen Ihnen das nicht gesagt haben.
Ich: Okay. Ich schicke Ihnen ein Foto. Und das klappt dann?
Stimme: Das geht dann in die Bearbeitung.

Ich mache ein Foto vom Anschluss und schicke es in den nächsten fünf Minuten los.

Es wird der 1. Januar. Kein Internet. Die Hotline arbeitet am Feiertag nicht. Es wird der 2. Januar. Kein Internet. Das ist sehr misslich, denn das neue Zuhause ist ein Niedrigenergiehaus mit der Dämmung einer Thermoskanne. Es kommt kein LTE-Signal rein, es geht kein LTE-Signal raus, und Telefonempfang haben wir auch nicht. Wir brauchen also dringend Internet, nicht nur weil die Kinder quengeln, sondern vor allem in Hinblick auf die Berufsausübung. Ich rufe bei der Hotline an.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Guten Tag, ich habe am 20. November den DG-classic-Tarif bei Ihnen gebucht, auch eine Auftragsbestätigung erhalten und die Freischaltung zum 1. Januar erbeten. Der Anschluss liegt bereits seit 2016. Es ist keine Hausbegehung mehr notwendig, und ich habe Ihnen bereits ein Foto des Anschlusses gesendet. Ich möchte nachhören, wann eine Freischaltung erfolgt.
Stimme: Wie ist Ihr Geburtsdatum?
Ich: Bitte?
Stimme: Für den Datenschutz.
Ich: (nenne mein Geburtsdatum)
Stimme: Ach, da haben wir Sie ja. Sie sagten, der Anschluss besteht bereits?
Ich: Ja.
Stimme: … (Tippgeräusche) … Ach ja, seit 2016 … (Tippgeräusche) … und da haben wir ein Foto, sehr schön … (Tippgeräusche) … Dann werde ich mal den Techniker informieren. Der ruft Sie an.
Ich: Er kann auch einfach den Anschluss freischalten.
Stimme: Der Techniker ruft Sie dann an und sagt Ihnen, wann er freischaltet.
Ich: Okay, meinetwegen. Es ist wirklich dringend. Wir arbeiten von daheim und benötigen deshalb dringend einen Internetanschluss. Sie können mir also nicht sagen, wann der Anschluss freigeschaltet wird?
Stimme: Tut mir leid, das liegt nicht in meinem Kompetenzbereich.
Ich: Gut. Dann hoffen wir das Beste.

3. Januar. Kein Internet.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Guten Tag, ich habe am 20. November den DG-classic-Tarif bei Ihnen gebucht, auch eine Auftragsbestätigung erhalten und die Freischaltung zum 1. Januar erbeten. Der Anschluss liegt bereits seit 2016. Es ist keine Hausbegehung mehr notwendig, und ich habe Ihnen bereits ein Foto des Anschlusses gesendet. Ich möchte nachhören, wann eine Freischaltung erfolgt.
Stimme: Der Anschluss besteht bereits?
Ich: Ja.
Stimme: … (Tippgeräusche) … Ach ja, hier sehe ich das … (Tippgeräusche) … ein Foto des Anschlusses … 2016, na, das ist ja schon eine ganze Weile … (Tippgeräusche) … Dann brauchen wir noch den Namen der Vormieter, um den Anschluss freizuschalten.
Ich: Haben Sie den nicht in Ihrem System?
Stimme: Der Name der Vormieter.
Ich: (hinterfrage nichts mehr und nenne den Namen)
Stimme: Vielen Dank. Das geht dann in die Bearbeitung.
Ich: Der Anschluss wird dann kurzfristig freigeschaltet?
Stimme: Das geht jetzt in die Bearbeitung.

4. Januar. Kein Internet.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Guten Tag, ich habe am 20. November den DG-classic-Tarif bei Ihnen gebucht, auch eine Auftragsbestätigung erhalten und die Freischaltung zum 1. Januar erbeten. Der Anschluss liegt bereits seit 2016. Es ist keine Hausbegehung mehr notwendig, und ich habe Ihnen bereits ein Foto des Anschlusses gesendet und Ihnen die Namen der Vormieter genannt. Ich möchte nachhören, wann eine Freischaltung erfolgt.
Stimme: Ich bin nur für den Glasfaserausbau zuständig. Da müssen Sie nochmal anrufen und nach der Begrüßungsmelodie laut das Wort „Vertrag“ in den Hörer sagen.
Ich: (hinterfrage nichts mehr) Okay, mache ich.

Ich rufe erneut an und brülle nach der Begrüßungsmelodie das Wort „Vertrag“ in den Hörer.

Stimme: Deutsche Glasfaser, was kann ich für Sie tun?
Ich: Guten Tag, ich habe am 20. November den DG-classic-Tarif bei Ihnen gebucht, auch eine Auftragsbestätigung erhalten und die Freischaltung zum 1. Januar erbeten. Der Anschluss liegt bereits seit 2016. Es ist keine Hausbegehung mehr notwendig, und ich habe Ihnen bereits ein Foto des Anschlusses gesendet und Ihnen die Namen der Vormieter genannt. Ich möchte nachhören, wann eine Freischaltung erfolgt.
Stimme: Ich schaue mal … (Tippgeräusche) … Ihr Name … okay … (Tippgeräusche) … Foto … (Tippgeräusche) … Ah ja, die Vormieter … gut. Dann werde ich das sofort veranlassen.
Ich: (unterwürfig flehend) Es ist sehr dringend. Wir brauchen dringend Internet. Wir arbeiten von zuhause. Wir haben nächste Woche wichtige Termine. Es ist wirklich sehr, sehr dringend.
Stimme: Ich mache einen Vermerk.

Drei Stunden später haben wir Internet.

Weihnachten, Silvester und zwischen den Jahren: Einzugsvorbereitungen, Auszugsarbeiten, Bingo und ein sensationeller Cocktail

2. 01. 2023  •  4 Kommentare

Zusammenfassung der Ereignisse | Es entwickelt sich alles. Die Entwicklung ist arbeitsreich.

In der Vorweihnachtswoche hatte ich noch Geschäftstermine: Kundengespräche, Beratungen. Ich packe ein, staple Kartons. Ich beantworte die letzten Geschäftsmails des Jahres.

Wir feiern Weihnachten in Haltern. Es gibt viel Essen, es gibt Geschenke. Ich werde krank – ein schnöder Rhinovirus; schniefend gewinne ich zwei Runden Bingo.

Ich fahre zurück nach Dortmund und packe weiter Kartons. Gemeinsam mit einer Freundin verräume ich meine Küche, den Hauswirtschaftsraum, das Schlafzimmer. Endgegner: die Flurkommode. Ich packe mir einen Koffer mit Kleidung und Hygieneartikeln, mit denen ich in den folgenden eineinhalb Wochen auskommen werde. Der Rest wird verpackt und gestapelt.

Der Reiseleiter und ich übernehmen die Schlüssel zum neuen Haus.

Schlüssel vor Haustür, Hauswand mit Backsteinen

Wir sondieren die Lage, kaufen Farbe, streichen Wände.

Ich gestalte einen Mietvertrag für meine Wohnung, treffe die Kinder meiner Mieter und vermiete. Die Mieter selbst werden erst im Spätwinter zurück nach Deutschland kommen. Sie haben zwanzig Jahre lang in Skandinavien gearbeitet und möchten nun, da sie Rentner sind, zurück in die Heimat. Es fühlt sich nach einem guten Arrangement an.

Ich schreibe Neujahrskarten für meine Kunden.

Wir sind zu Gast bei Freunden und feiern Silvester. Alle Gäste bringen etwas zu essen und zu trinken mit. Wir schlemmen verschiedene Sorten selbst gebackenes Brot, Käse, Linsensalat, Dips, Zwiebelkuchen, Frischkäsesalat, selbst gemachtes Schoko-, Nuss- und Blaubeereis. Zwei Gäste bringen nicht nur Essen, sondern auch ihren Untermieter mit, einen französischen Studenten. Er ist leidenschaftlicher Koch und hat Freude an Cocktails. Zwei Monaten zuvor war er mit einem Koffer angereist, in dem sich ein Topf, ein Tranchierbrett, ein Messerset und ein Cocktailshaker befanden; Kleidung musste er kaufen. Am Silvesterabend bringt er rohe Eier mit – und Pisco, einen Weinbrand aus Chile und Peru; er zaubert einen fantasischen Cocktail: den peruanischen National-Cocktail Pisco Sour. Ich habe selten etwas Besseres mit Alkohol getrunken.

Cocktail Pisco Sour im Martiniglas mit Eiweißschaum und Veilchenpulver

Um Mitternacht sitzen wir in Hemd und kurzärmeligem Kleid auf dem Balkon – es ist annähernd 20 Grad – und beobachten das Feuerwerk, das in diesem Jahr ungewöhnlich ausdauernd ist. Der Franzose ist erstaunt, dass die Lichter bunt und unsortiert aus allen Richtungen kommen. Wir klären ihn auf, dass in Deutschland privat geböllert wird und jeder sich einen Abend lang die Gliedmaßen seiner Wahl wegsprengen darf. Der Gast ist ebenso erstaunt wie fasziniert.

Um drei Uhr sind wir daheim. An Neujahr nehmen wir uns eine Auszeit und hängen auf dem Sofa ab. Der Reiseleiter ist unpässlich, und auch ich nehme den Ruhetag dankbar an: Der Schnupfen ist fort, dafür habe ich etwas Husten.

Wir streichen weiter Wände. Die Kinder suchen sich Farben aus, streichen mit und sind aufgeregt.

Im neuen Haus übernehmen wir die Küche. Unerwartete Arbeit: Vor dem Einzug benötigt die Arbeitsplatte noch ein Update. Die Vorgänger haben das Holz unbehandelt benutzt, entsprechend mitgenommen sieht es aus. Wir schleifen die Platte ab. Ich öle sie mehrmals mit Hartwachsöl. Jetzt ist sie robuster und sieht wieder fein aus.

Ich fahre wieder nach Dortmund, packe das Auto voll. Derweil bereitet sich der Reiseleiter auf den Umzug vor. Er ist als erstes dran mit Umziehen. Dann folge ich. Der Umzugsunternehmer gibt Mengenrabatt.


Und sonst | Heiligabendspaziergang durch die Westruper Heide.


Beim Streichen gehört | Jung & Naiv, Folge 615: Julia Friedrichs über Armut, Reichtum und Ungleichheit in Deutschland, auch als Podcast auf den bekannten Plattformen. Außerdem: Kunstverbrechen – True Crime meets Kultur.

Gelesen | Nachruf auf Jasper Grau

Alte Schätze, leere Wände und volle Kartons

21. 12. 2022  •  6 Kommentare

Verschiebungen | Wir schieben Möbel. Das neue Domizil ist aus vielerlei Gründen toll. Gleichzeitig hat es nur wenige Wände, die länger als einen Meter fünfzig sind: Es gibt viele Türen und Fenster. Die vielen Fenster sind super, weil sie dafür sorgen, dass das Haus schön hell ist. Wenn man Möbel stellen möchte, sind sie allerdings hinderlich, besonders in der Ausführung „bodentief“, ebenso die vielen Türen. Nach einiger Schieberei und maßstabsgetreuem Aufmalen wissen wir nun, wo was stehen soll.

Erzählte ich, dass wir in das Haus einer Instagram-Inneneinrichtungs-Influencerin ziehen? Der unschlagbare Vorteil für die Umzugsplanung: Jedes Zimmer ist digital dokumentiert. Ich kann sehen, wo Lichtschalter und Steckdosen sind, wie dort aktuell die Möbel stehen und wie die Räume wirken.

Zwischen Weihnachten und Neujahr bekommen wir den Schlüssel. Es wird dann auch Zeit, emotional. Das Dazwischen ist nichts für mich.

In Dortmund stapeln sich derweil die Kisten. Die Mission „Keller“ ist erfolgreich abgeschlossen. Alles, was ich mitnehmen möchte, ist verpackt. Alles, was ich nicht mitnehmen möchte, ist fort.

Falls Sie sich schlecht fühlen, weil Sie irgendwo noch unausgepackte Umzugskartons stehen haben und weil sie denken, andere Leute hätten sowas im Griff: Ich habe jetzt die letzten Kartons vom Umzug 2013 ausgepackt. Ich hatte tatsächlich noch alte Schulbücher im Keller; außerdem die ganzen Bücher von meiner Dissertations- und Uni-Phase – die braucht nun wirklich niemand mehr. Und CDs! Herrje, was hatten wir damals viele CDs.

CDs: Adobe Go Live 5.0, Texas Instruments und andere

Ich fuhr zwei Kombi-Ladungen zum Bringhof. Der Bringhof der EDG in Aplerbeck ist eine Freude: Für einen Fünfer pro Fuhre kann man dort alles hinbringen und sortieren, die Container und Tonnen sind übersichtlich beschriftet, und alle Menschen, die dort arbeiten, sind hilfsbereit und freundlich. Das hat fast schon Spaß gemacht.

Auch das Wohnzimmer ist verpackt, das Arbeitszimmer in Teilen, dort arbeite ich ja noch. Es ist noch viel zu tun (Küche!), aber ich habe auch schon viel geschafft, auch dank freundlicher Helfer.


Broterwerb | Die Arbeitswoche ist geruhsam. Noch ein paar Termine. Das Jahr läuft aus. Es gibt Aussicht auf schöne Engagements in 2023. Das fühlt sich gut an.

Drüben auf Linked.In ist zu sehen, was ich in der vergangenen Woche gemacht haben, beim letzten Auswärtsspiel des Jahres 2022. Die Session war Teil eines zweitägigen Management-Workshops, den ich im Hause des Kunden regelmäßig moderiere. Ich unterstütze die Organisaton bereits seit längerer Zeit bei der Transformation. Eine sehr bereichernde Arbeit, denn ich arbeite quer durchs Unternehmen: einmal hoch und runter, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Führungskräften bis zur Geschäftsführung – und horizontal quer durch, vom IT-Service-Design bis hinein in die Betriebsteams. Das ermöglicht mir einen breiten Blick. Außerdem lerne ich auch selbst sehr, sehr viel bei dieser Arbeit. Das macht mir große Freude.


Corona | Maximaler Einschlagshagel im Umfeld von allen Seiten, berufliche Kontakte, private Freunde. Allerorten kranke und infektiöse Menschen; viele werden an Heiligabend wohl alleine unterm Tannenbaum sitzen. Andere husten fürchterlich, haben aber negative Testergebnisse, zumindest für den Moment und was Corona angeht. Ich stopfe mich mit Zink und Magnesium voll – und sei es nur für das Gefühl, eine Ansteckung verhindern zu können – und hoffe das Beste.


Uff | Neuen Druck gekauft und eingerichtet. Es sind die kleinen Dinge, die große Energie erfordern. Aber nun druckt er.


Gelesen | Mein Webworker Christian wollte einen Reifenwechsel und einen Wintercheck für sein Auto haben und hat Dinge erlebt.

Eisblumen und das letzte Auswärtsspiel

15. 12. 2022  •  11 Kommentare

Vorweihnachtlich | Als ich von der Weihnachtsfeier heimfahre, sind es minus acht Grad. Das ist kalt, sehr kalt. Fußgänger huschen mit hoch gezogenen Schultern über Ampeln. Aus den Schornsteinen quellen weiße Wolken.

Am Morgen, beim Blick aus dem Fenster, ist der Garten mit Raureif bedeckt. Es schaut schön aus, still und glitzernd. Die Eichhörnchen springen hüftsteif über den hart gefrorenen Boden. Ich lege Haselnüsse aus. Eiskristalle knirschen unter den Füßen. Am Gewächshaus wachsen Blumen.

Die Umzugskartons liegen als Stapel im Wohnzimmer und warten darauf, aufgefaltet und gefüllt zu werden. Ich werde beginnen, wo es am unangenehmsten ist, im Keller. Nicht, dass es dort übermäßig chaotisch wäre. Die Dinge sind bloß unhandlich: Werkzeuge, Kisten mit Materialien, Fahrradkram und Weihnachtsdekoration, die ich in diesem Jahr nicht aufbaue. Ein paar Dinge wollen aussortiert und fortgefahren werden. Eine Tagesaufgabe.

Die Arbeit, also die Erwerbsarbeit, hat eine abnehmende Dynamik. Am Montag und Dienstag war ich zum letzten Auswärtsspiel des Jahres beim Kunden, die letzte Geschäftsreise mit Übernachtung. Es war ein angenehmer Termin; nach großen Herausforderungen endet das Jahr versöhnlich, alle gehen mit einem guten Gefühl in die Feiertage.

Hotelbett, die Wand lila, die Bettwäsche weiß mit zwei Streifen

Auch in der kommenden Woche habe ich noch Termine. Wenn das Tempo vorweihnachtlich langsamer wird, schon viele Menschen im Urlaub sind, hat man Gelegenheit, über Strategisches sprechen, den Blick auf Kommendes werfen, ohne den Druck, sofort etwas erreichen zu müssen, denn jetzt ist erstmal Weihnachten.

Mit Vielen wünsche ich mir schon frohe Festtage, mitunter begleitet von einem „Falls wir uns nicht mehr sehen …“. Terminfindungen sind gekippt von „Kriegen wir das dieses Jahr noch hin?“ zu „Das machen wir dann im nächsten Jahr“. Es fühlt sich an wie zu später Stunde auf einer Party: Alle sind müde und haben schon ihre Jacken an, sind nur noch nicht ganz draußen; noch eine Verabschiedung hier, noch ein Wort dort, na gut, noch ein Getränk, wirklich nur eins, aber bitte keine langen Geschichten, keine weltumspannenden Diskurse, keine Problemwälzungen mehr – nur noch das seichte Geplauder des Abgangs. Jemand kratzt die letzte Kräuterbutter zusammen und futtert die verbliebenen, schon trockenen Baguettescheiben.


Der Wohnpulli | Ich habe meinen Wohnpulli gewaschen, nicht zum ersten Mal, aber mit neuem, überraschenden Ausgang. Es ist ein Wollwohnpulli, er ist groß und weich und weiß und dick und warm – eine eigenes, kleines Zuhause. Er hatte hartnäckige Flecken. Die Flecken sind nun raus, der Pullover ist wieder schön hell. Allerdings ist er jetzt drei Nummern kleiner – dafür fest und schwer wie ein Schaf.


Dortmunder Rosen | Aus Auto-Rückleuchten und Bremslichtabdeckungen:

Rote, nicht ganz runde Kugeln auf Metallgestellen, leuchtend im Dunkeln

Reflexionen | Der anstehende Umzug ist nicht nur ein Ortswechsel, sondern auch ein Wechsel in ein anderes Gefüge. Während ich bislang alleine wohnte, wohne ich bald mit dem Reiseleiter zusammen – und auch mit seinen drei Kindern, zumindest dann, wenn sie bei uns sind – zwei bis vier Tage pro Woche. Es wird eine andere Dynamik haben, wenn ich nicht nur Gast bin, sondern dort zuhause; wenn ich mir Raum erobere, den ich in dem Gefüge bislang nicht hatte, weil er außerhalb stattfand. Auf wundersame Weise hat sich zu diesem Thema ein Briefwechsel mit einer erfahrenen Patchworkfrau ergeben. (Sagt man das so, auch wenn er fernelektrisch stattfindet? Die Bezeichnung „E-Mail“ ist jedenfalls zu schnöde und wird der der Sache nicht gerecht.) Ich bin dankbar für die Gedankenanstöße. Sehr bereichernd.


Gelesen | Meike Stoverock lobt die persönliche Krise.

Gelesen | Große kleine Sprache Finnisch

Gelesen | Unsterblich sind nur die anderen von Simone Buchholz. Wirre Geschichte. Rauchen und Saufen. Der Sinn blieb mir verborgen, aber es gibt bestimmt einen.

Gelesen |  Bürgergeld, Einwanderung, Klima: Die Politik des Herabschauens führt in den Abgrund. Gute Analyse.

Ganz generell kann man sagen: Eine der billigsten Methoden, jemandem ein gutes Gefühl zu geben, ist, ihn über jemand anderen zu erheben. […] Natürlich ist genau das eine bevorzugte Methode populistischer Politik: Man zeigt mit dem Finger abwärts auf jemanden, der definitiv nicht zur eigenen Wählerschaft gehört, und versucht damit, dieser Wählerschaft positive Gefühle zu verschaffen. […] Lassen Sie einmal die politischen Debatten der vergangenen Wochen Revue passieren. 


Und sonst | Eine Sache darf nicht unerwähnt bleiben: Beim Kunden bekam ich – gemeinsam mit anderen Menschen – selbstgemachte Kalte Schnauze von fantastischer Qualität.

Vorweihnachtswahnsinn

6. 12. 2022  •  11 Kommentare

Themenlage | Die Tage ziehen arbeitsreich dahin. Es gibt kaum einen Tag, der unter zehn Arbeitsstunden hat, besonders wenn man die Tätigkeiten rund um die Vermietung meiner Wohnung hinzuzählt.

Die verläuft nicht besonders erfolgreich. Ich schiebe das auf die Kombination von Dezember und zehn Prozent Inflation. Wer bemüht sich in der Vorweihnachtszeit um einen möglichen Umzug, wenn man es auch im neuen Jahr tun kann? Und wer nimmt bei zehn Prozent Inflation Umzugskosten auf sich, wenn er nicht muss? Kostet eh schon alles genug, da schiebt man auf, was nicht notwendig ist.

Die Besichtigungen, die ich hatte – ungefähr zehn – waren nicht erfolgreich. Ich werde inzwischen besser darin, zwischen Besichtigungstouristen und jenen Interessenten zu unterscheiden, die ernsthafte Kandidaten sind. Mit Besichtigungstouristen meine ich Menschen, die eigentlich eine andere Wohnung suchen – mehr Zimmer, ebenerdig, falscher Zeitpunkt -, die aber „mal schauen wollen“. Mit dem Ergebnis, dass die Wohnung nicht infrage kommt, weil sie zu wenig Zimmer hat, weil man eine Treppe hinaufsteigen muss oder weil man „schonmal gucken möchte, was so auf dem Markt ist, wenn wir in einem Jahr umziehen“. Zeitraubend, vor allem für mich – die andere Seite scheint ja Spaß an der Sache zu haben und sie als Bereicherung zu empfinden.


Broterwerb | Arbeitsaufenthalt in Osnabrück. Es war mir eine Freude.

Zwei Bemerknisse, Nummer Eins: Im Hotel war auffällig, dass fast keine weiblichen Geschäftsreisenden unterwegs waren. Dass ich als Frau in der Minderheit bin – in der Bar oder beim morgendlichen Frühstück -, bin ich gewohnt. Diesmal war es allerdings so augenfällig, dass ich während des Frühstücks die anwesenden Geschlechter zählte. Die Quote lag am Montag bei zwei Frauen zu zwanzig Männern, am Dienstag bei vier Frauen zu siebzehn Männern.

Gerne hätte ich abends den Wellnessbereich genutzt. Aber beim Abendessen fielen Männergruppen so unangenehm auf, dass ich keine Lust hatte, ihnen noch nackt in der Sauna zu begegnen (sie sprachen über einen Besuch in der Hotelsauna). Ich frage mich, ob jemals Männer von sich sagen: „Ich bin nicht in die Hotelsauna gegangen, weil schon im Restaurant diese unangenehmen Frauen waren, die laut Zoten gerissen haben.“

Bemerknis Zwei: Der Verkehr in Osnabrück ist bestialisch. Alles voller Autos, und ja, ich war Teil des Problems. Ich hatte überlegt, mit dem Zug zu fahren, aber die Kombinaton aus „viel zu transportieren“ (Koffer, Moderationskoffer, Flipcharts, Laptoprucksack), der durchgehend schlechten Performance der Deutschen Bahn und der Aussicht, morgens um 7:30 Uhr bei nieseligem Novemberwetter, bepackt wie ein Esel und mit ächzenden Bandscheiben, vom Hotel zum Kunden laufen zu müssen, war wenig erbaulich. Nichtsdestotrotz: Ein Wahnsinn, wie viele Autos dort morgens auf der Straße sind! Es reihte sich Wagen an Wagen an Wagen, alle mit Kennzeichen Osnabrück oder Umgebung. Das ist Irrsinn. Das kann keine Zukunft haben.


Zustand | Ich halte mich hartnäckig gesund – trotz grassierender Erkältungskrankheiten und kreisender Corona-Viren. Toi, toi, toi.


Gehört | Podcasts:  Frauke Liebs – die Suche nach dem Mörder, Lisas Paarschitt: Der Beziehungs-Podcast mit Lisa Ortgies und drei Folgen Alles auf Anfang – mit Tine Wittler (Ex-Deko-Queen, jetzt Landfrau mit Kneipe und Kleinkunstbühne), Angie Sebrich (ehemalige Medienmanagerin bei MTV, jetzt Herbergsmutter) und Simone Menne (erste Finanzvorständin in einem DAX-Unternehmen, jetzt Multiaufsichtsrätin und Galeristin).


Und sonst | Die Torfrau bekochte mich und weitere Gäste. Hier exemplarisch das Dessert:

Es war köstlich, und es war wunderbar, beieinander zu sitzen.

Das Leben zwischen Arbeit, ebay-Kleinanzeigen und Wohnungsführungen

27. 11. 2022  •  8 Kommentare

Der erste Frost | Endlich jahreszeitengemäße Temperaturen.

Sonne über gefrosteten Pflanzkübelns

Bemerknis | Ich vermiete ja meine Wohnung. Dazu nutze ich zwei Plattformen: Immoscout und ebay-Kleinanzeigen. Auf ebay-Kleinanzeigen bekomme ich viele Zuschriften von Familien mit sechs bis neun Personen. Das ist eine Personenzahl, die nicht zu den Möglichkeiten meiner Wohnung passt – aber offenbar gibt es in Dortmund kaum Wohnraum für diese Interessentengruppe, vor allem wenn er den Anforderungen des Jobcenters entsprechen muss. Die Angelegenheit ist für beide Seiten verdrießlich: Ich muss den Interessenten absagen (oft schreiben wir noch mehrmals hin und her, was an der Sache aber nichts ändert), und die Suchenden finden (wieder) keine Wohnung.

Das Ganze stimmt mich nachdenklich, denn die Interessenten scheinen mehr oder weniger wahllos Vermieter:innen anzuschreiben, sicherlich auch aus Verzweiflung. Ich halte es allerdings für ausgeschlossen, dass (viele) privat Vermietende ein Angebot für diese Personengruppe stellen können. Wer wie ich die Wohnung als Altersvorsorge hat, das wirtschaftliche Risiko trägt und eine Miete erheben möchte, die die Kosten trägt und der Ausstattung gerecht wird, kann kaum Teil der Lösung sein: Der niedrige Quadratmeterpreis, den das Jobcenter zahlt, ist unmöglich darzustellen, und das Risiko, dass die für diese Personenzahl eigentlich ungeeignete Wohnung sehr schnell abgewohnt wird, ist einfach zu groß; Rücklagen kann man für diesen Fall ja auch nicht bilden.


Broterwerb | Nachdem ich letztens schrieb, dass das kommende Jahr brach vor mir liegt, kamen in den vergangenen zwei Wochen zahlreiche Anfragen für 2023. Das freut mich sehr. Ich bin guten Mutes und voller Tatendrang.

(Vor diesem Hintergrund fühlen sich der Umzug und die damit verbundenen Kosten auch direkt etwas anders an.)

Darüber hinaus ist Jahresendgeschäft: In der Beratung ist viel zu tun; dreimal bin ich vor Weihnachten außerdem noch unterwegs, um Seminare zu geben oder Workshops zu moderieren. Erst in der Woche vor Weihnachten wird es ruhiger.


Sortierung | Derzeit sortiere ich meine Siebensachen und verkaufe Einiges – unter anderem dieses tolle, große Sofa. Ideal für Familien oder lange Menschen, die sich gerne ausstrecken; pflegeleicht. Der Preis ist VB – ich würde mich in erster Linie freuen, wenn es ein neues Zuhause findet. Also melden Sie sich gerne, auch wenn Sie weniger zahlen können.

Soeben habe ich für einen schmalen Taler zwei Ballkleider und einen Trenchcoat unter die Leute gebracht. Die Käuferin hat sich sehr gefreut; die Kleider gehen, nachdem sie sie einmal getragen und gereinigt hat, in den Fundus einer Tanzschule, um dort noch mehr Menschen Freude zu bereiten. Das ist doch toll.


No Plätzchen | Das Leben spielt sich also gerade zwischen Arbeit, ebay-Kleinanzeigen und Wohnungsführungen ab. Das ist sehr ausreichend für einen 24-Stunden-Tag. In der freien Zeit schaue ich The Crown, bin aber noch etwas unterwältigt von der Handlung. In der vergangenen Woche habe ich es sogar einmal geschafft, schwimmen zu gehen. Das war super. Plätzchenbacken wird dieses Jahr wohl ausfallen (oder sehr spontan geschehen).

Irgendwann, wenn das hier alles durch ist, schreibe ich ein Best of ebay-Kleinanzeigen-Erlebnisse.


Gelesen | Verkehrspolitik: Weniger Wagen wagen – ein Aufruf an die Politik, wieder mehr über Gesetze zu steuern, denn das Steuern über Markt, Moral und Eigenverantwortung funktioniert nicht:

Seltsam – in immer mehr Bereichen hat der Staat seine Verantwortung in den letzten Jahrzehnten aufgegeben, weil er glaubte, dass der Markt die Dinge effizienter regeln würde. Gleichzeitig erscheint in immer mehr Bereichen politisches Handeln dringlicher denn je. Ein frei drehender Immobilienmarkt ist schädlich. Unregulierte Datenkonzerne sind schädlich. Globale Steuervermeidung ist schädlich. Waren die Aufträge für Gesetzgeber schon einmal klarer als heute?

Gelesen | Wir machen das schon – Lausitz im Wandel von Johannes Staemmler (Hrsg.), eine Sammlung von Portrait, Interviews und Berichten über und mit Menschen, die in der Lausitz den Wandel gestalten. Was ich gut an dem Sammelband fand: Ich habe etwas über die Lausitz gelernt, nämlich wie viel Wandel dieser Landstrich seit vielen Jahrzehnten erlebt. Das war aufschlussreich. Was mich betrübt hat: Es werden zwar zahlreiche engagierte Menschen portraitiert – ob sie die Region aber umfänglich und nachhaltig gestalten können, erscheint mir fraglich.


Und sonst | Steverbucht, Novemberedition, und anschließender Snack:

Teil von etwas Großem und sanftes Favela-Gefühl

17. 11. 2022  •  9 Kommentare

Gebildet | In den vergangenen drei Wochen habe ich an mehreren Vormittagen eine Weiterbildung zum Qualified Negotiator beim Schranner-Institut absolviert und erfolgreich abgeschlossen. Ziel: Erfolgreich verhandeln – Vorbereitungen einer Verhandlung (das Wichtigste!), Agenda-Setting, Forderungen parieren, Teamaufstellung bei einer Verhandlung, Rhetorik, Best Practice. Eine super gute Veranstaltung, die ihr Geld wert war. Die Summe an Gelerntem ist ein echter Gamechanger.

Ich habe jetzt voll Bock, tiefer einzusteigen. Mal schauen, wie sich die Auftragslage entwickelt. In die eigenen Kompetenzen zu investieren, ist ja niemals falsch. Es würde mein Portfolio jedenfalls nochmal entscheidend erweitern (hat die aktuelle Weiterbildung ja auch schon).


Nationale Aufgabe | Als die heute-Sendung letztens die Nachricht brachte, dass wir zurzeit 40 Prozent weniger Gas verbrauchen als im vergangenen Jahr, bin ich kurz von meiner Wärmflasche aufgesprungen, habe die Becker-Säge gemacht und mich als Teil von etwas Großem gefühlt.


Auswärtsspiel | Wieder einmal rufen die Hotels einhundertachtzig, zweihundert, zweihundertfünfzig Euro für ein Zimmer auf – Ritz-Carlton-Preise für ein Vollplaste-Zimmer in Wuppertal. Also führt die Geschäftsreise mich in eine Airbnb-Wohnung. Die Umgebung lässt ein sanftes Favela-Gefühl aufkommen:

Straße voller Sperrmüll im Regen

Kleintransporter fahren durch die Straßen. Männer in schmutzigen Jogginghosen steigen aus, greifen sich Kleinmöbel und werfen sie krachend ins Heck. Ich besorge mir Abendessen im Discounter. Während ich esse, tanzt eine Nilpferdherde durch die Wohnung über mir. Aus dem Hof orientalische Klänge. Das WLAN ist kaputt, im Erdgeschoss der Häuserschlucht nur Edge. Im Bad ist Klopapier mit Eichhörnchenmotiv. Ich gehe ins Bett und schlafe bestens.


Gelesen |  Unsichtbare Frauen – Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert von Caroline Criado-Perez, aus dem Englischen von Stephanie Singh. Ich wusste ja anekdotisch, dass es in dieser Hinsicht Schwächen gibt – etwa bei der Diagnostik von Herzinfarkten: Lange war aufgrund fehlender Daten nicht bekannt, dass Frauen andere Symptome als Männer zeigen und deshalb – im Vergleich zur Häufigkeit des Auftretens – öfter an Herzinfarkten versterben. Dass sich die Nicht-Berücksichtigung von Frauen in der Datenerhebung allerdings durch quasi alle Lebensbereiche zieht, ist in dieser Fülle absolut erschreckend – und auch für die gesamte Gesellschaft von Nachteil, zum Beispiel in Hinblick auf Kosten, die dieser Sachverhalt verursacht. Ein sehr lesenswertes Buch, das mit it 1.331 aufgeführten Quellen, das meisten davon wissenschaftliche Studien, vollständig datenbasiert und kein feministischer Tüchertanz ist. Im Übrigen erfährt man auch, warum die Schlangen vor Damentoiletten immer länger sind (Spoiler: nicht nur, weil Frauen keine Urinale benutzen).

Geguckt | Geheimsache Katar. Jochen Breyer und Julia Friedrichs dokumentieren, wie Katar sich die Weltmeisterschaft erkauft – und wie auch deutsche Funktionäre willig mitmachen.

Geguckt | die story – Fußball und Bier. Dass beides zusammengehört, ist nichts Neues. Neuer Aspekt: Lobbyismus, der über Sponsoring hinausgeht.


Und sonst | Ich habe mir die Grippeschutzimpfung abgeholt; hat mich zwei Tage weggehauen. Ausgemacht: Termin für Corona-Impfung #4, Termin für TÜV (Auto). Ausstehend: Termin für TÜV meiner Zähne (Stichwort „Bonusheft“). Im Zuge des Umzugs noch zu erledigen: Kündigung Fitnessstudio, Kündigung Telefonanschluss, Kündigung GEZ. Im Kontext „Optimierung Finanzen“ zu erledigen: Umfang der Kfz-Versicherung reduzieren. Mache ich alles gar nicht gerne. Spaßfaktor: minus 10.

Veränderungen

13. 11. 2022  •  12 Kommentare

Kurz vor Advent | Die Sonne steht tief in den Straßen, über den Wiesen, auf der Terrasse – und erwärmt skrupellos diese Novembertage. Ich trage nur einen Pullover, während ich in die Stadt fahre, durch die Felder laufe, einkaufe, spazieren gehen. Ich gieße die Kübelpflanzen, mitten im Herbst, mitten im November – ein November, der vor wenigen Jahren noch nieselig und matschig war. Der Garten ist knochentrocken.

Auf der Terrasse blüht der Eibisch. Ich fülle die Vogeltränke auf. Meisen, Amseln und Elstern, auch der Eichelhäher sind glücklich. Dieses Jahr gibt es keine Novemberpfützen, keine nasskalten Nachmittage.

Gelbe Blüte an einem Eibisch-Busch

In zwei Wochen ist der erste Advent.


Veränderungen | Ich schrieb es bereits: Ereignisse werfen Schatten voraus. Der Reiseleiter und ich haben beschlossen, unser Zusammenleben zusammenzulegen.

Denn der Alltag in zwei Städten, dazwischen Geschäftsreisen, ist auf Dauer ziemlich anstrengend. Es ist ein Leben aus der Reisetasche, immer vier Schritte vorausplanend, eine Art Strategiespiel: Was muss ich einpacken, wenn ich am Mittwoch in Dortmund losfahre, wenn ich zwei Tage beim Kunden verbringe (Bluse, Blazer, Büroschuhe), dort im Hotel übernachte (Waschbeutel), wenn ich danach zum Reiseleiter fahre, dort einen Tag Homeoffice mache (Hoodie) und wenn wir am Wochenende schwimmen wollen (Badeanzug) und wandern (Wanderschuhe)? Zusatzfrage: Wenn ich dann am Sonntagabend nach Dortmund zurückfahre und am folgenden Dienstag wieder einen Geschäftstermin mit Übernachtung habe – wann wasche ich am besten wo welche Wäsche?

Wir legen also unsere Leben zusammen, aus Praktikabilität, aber durchaus auch aus Zuneigung, und ich ziehe ins Münsterland. Es erwartet Sie hier also demnächst Umzugscontent, im Januar dann Akklimatisierungscontent, ab dem Frühjahr Content aus dem neuen Garten.

Meine Wohnung in Dortmund vermiete ich. Falls Sie jemanden kennen, der eine 3,5-Zimmer-Wohnung mit Garten, Gewächshaus und großer Wohnküche sucht, Dortmunder Süden, schicken Sie ihm gerne diesen Hinweis.


Spiegelung | Spaziergang am Stausee.


Gelesen |  Marilyn French: Frauen, übersetzt von  Barbara Duden, Monika Schmid, Gesine Strempel. Ein Klassiker der emanzipatorischen Literatur, erstmals veröffentlicht 1977. Das Buch erzählt die Geschichte mehrerer Frauen, beginnend in den 1950er Jahre in den USA. Erzogen zu unterwürfiger Angepasstheit, gehen sie zunächst traditionelle, heterosexuelle Ehen ein und widmen sich dem Haushalt und der Kindererziehung. Nach und nach brechen sie aus. Die erste Hälfte des Buches habe ich sehr gerne gelesen; French schildert mit großer Präzision die Bedrückung der Ehen. Mit der zweiten Hälfte konnte ich allerdings wenig anfangen: Die Schilderungen der 68er-Bewegung haben mich nicht abgeholt.

Gelesen | Ambra Garavaglia: Tutte le famiglie felici. Ein Buch, das ich mir aus Bologna mitgebracht habe. Ambra Garavaglia erzählt in diesem Coming-of-age-Roman ihre Jugend mit einem schizophrenen Vater, einer liebevollen, aber überforderten Mutter und den älteren Brüdern, die rasch das Elternhaus verlassen. Das Buch lässt sich gut weglesen, es gibt etliche gute Passagen, insgesamt bleibt die Geschichte aber an der Oberfläche.


Bekanntmachung | Ich bin jetzt auch auf Mastodon: @dieliebenessy@fnordon.de.


Und sonst | In der digitalen Nachbarschaftscommunity ist „ein blondes Huhn entlaufen“. Das Inserat wirft Fragen auf. Meint der Inserent tatsächlich ein Huhn? Oder seine Frau? Wie kann ich mir ein blondes Huhn vorstellen? Ich recherchiere und entdecke, dass es tatsächlich eine blonde Hühnerrasse gibt, das Bionda piemontese, das blonde Huhn des Piemont. Es legt 180 bis 200 Eier pro Jahr; das Fleisch, heißt es, sei delikat. Einen Tag später die Nachricht, das Huhn sei wohlbehalten heimgekehrt. Erleichterte Kommentare aus der Community, schließlich wurden auch schon Füchse gesichtet, und bei entlaufenen Haustieren, egal ob Huhn oder Hund, ist die Community stets besonders mitfühlend.



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