Sommerpause | Seit ich am Samstag die letzten Handgriffe gearbeitet, meine Buchhaltung gemacht und meinen Abwesenheitsassistenten aktiviert habe, lebe ich in den Tag hinein. Urlaub!
Dies ist mein erster Sommer am neuen Wohnort, deshalb brauche ich nicht wegfahren. Ich kenne meinen Garten noch nicht im Sommer, habe noch nicht über Stunden im Hängesessel gesessen und gelesen. Ich kenne das Dorf noch nicht bei Hitze, bin noch nicht fünfzigmal den Weg zum Freibad gefahren. Ich weiß noch nicht, wie das Feld im Juli riecht, wie der See, wenn ein Gewitter naht. Ich habe noch nicht alle Sorten Eis in der Dorf-Eisdiele probiert, und war bislang nur selten auf dem Wochenmarkt.
Am Sonntag bin ich mit dem Reiseleiter gewandert, danach waren wir im Freibad. Am Freibad gibt es eine Pizzeria mit direktem Blick auf den Sprungturm. Wir beobachteten die Bauchklatscher und Arschbomber, während wir die erste Freibadpizza der Saison aßen.
Am Montag traf ich eine Freundin, die gerade in Elternzeit ist; wir haben gebruncht und geredet.
Am Dienstag war ich beim Arzt und habe mir eine 4-fach-Impfung abgeholt; nach zehn Jahren war es Zeit für eine Auffrischung. Ich war auf dem Wochenmarkt, habe Erdbeeren eingekauft und war beim Friseur. Der Friseur hier im Dorf ist bestens. Nicht nur, dass das Ergebnis erquicklich ist. Er braucht auch nur eineinhalb Stunden, dieses Ergebnis herzustellen – in Dortmund waren es immer mindestens zweieinhalb Stunden (wegen besonderer Strähnchenfarbe, dies und das, so genau weiß man das nicht). Die Friseurin hier im Dorf möchte sich bei der Arbeit nicht unterhalten. Das ist gut: Ich möchte mich nämlich auch nicht unterhalten. Ich hatte also eineinhalb Stunden, in denen ich lesen konnte.
Ich las I’m Glad My Mom Died von Jenette McCurdy. Sie erzählt, wie ihre Mutter sie als Kinderdarstellerin zu Nickelodeon brachte. Damit sie sich nicht zur Frau entwickelte und möglichst lange Kinderrollen spielen konnte, motivierte die Mutter sie, Diäten halten. Die Folge: erst Magersucht, dann Bulimie. Es ist Biographie eines Missbrauchs; Jenette braucht viele Jahre, um das so klar zu sehen. Ein eindrückliches Buch.
Heute habe ich dann Erdbeermarmelade eingekocht. Sie ist etwas flüssig geworden. Aber ich denke, dass man das auf dem Butterbrot gut in den Griff kriegen kann – zum Beispiel mit einem Wall aus Frischkäse.
Broterwerb | Vor meiner Sommerpause war ich in Karlsruhe und in Wuppertal. Ich fuhr mit dem Zug. Wieder hatte ich entspannte Fahrten. Auf dem Rückweg durchs Rheintal saß ich in einem Panoramawagen der Schweizer Bahn und war umgeben von britischen Rentnerpärchen. Die Damen trugen Handschuhe ohne Finger, die Herren Strohhut. „It’s lovely, isn’t it, dear?“
In Karlsruhe beriet ich die Geschäftsführung eines Unternehmens; in Wuppertal war ich ein einer Dreifachrolle: Moderatorin, eines Workshops, aber auch Teilnehmerin und Beraterin. In beiden Fällen ging es, wenn auch ganz unterschiedlich, um Verantwortung für die Mitarbeitenden.
Beim Kunden lernte ich Chamäleon Karl kennen. Karl war auf dem Weg ins Reptilienhotel und schon in Ferienstimmung (innerlich).
Garten | Die Sommerpause kommt günstig. Im Garten wird nun vieles reif und will verarbeitet werden. Der Reiseleiter ist währenddessen im Homeoffice. Er sieht goldenen Zeiten entgegen, was die Versorgung angeht.
Aufgabe | Nach einer Impfung, so las ich jünst, soll man viel schlafen. Im Schlaf optimiere sich das Immunsystem; Leute, die nach einer Impfung nicht ausreichend schlafen, bilden nicht so viele Antikörper wie ausgeruhte Menschen. Da ich nicht weiß, wie viel „ausreichend“ ist und wie lange man ausreichend viel schlafen soll, gehe ich konservativ an die Sache ran. Ich möchte auf keinen Fall ein Risiko eingehen.
Schweine | Fensterrentner:
Kommentare
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Das Buch habe ich gleich mal bestellt. Darf man fragen, wogegen Sie sich impfen ließen?
Tetanus, Diphterie, Polio, Keuchhusten. Alle zehn Jahre wird für Erwachsene eine Auffrischungsimpfung empfohlen.
Ahhh das hört sich alles ganz wunderbar an!
Und es wird noch besser!
Die Freibad-Pizza sieht ja mal erstaunlich hochklassig aus!
Eine hervorragende Pizza: dünner Boden, knuspriger Rand, alle Pizzen mit Büffelmozzarella. Das italienische Restaurant liegt direkt am Freibad, mit seinem Draußensitz am Bad. Als Freibadgast kann man hinein, als Nicht-Freibad-Gast kann man dort auch sitzen. Sie betreiben auch den Freibadkiosk.
Vielen Dank für die Schlafanweisung nach der Impfung. Jetzt freue ich mich sehr auf die Auffrischung! Ich werde das auch konservativ angehen.
Ja, ich denke: Das ist das Beste. Nummer Sicher. Man will ja auch mithelfen.
Interessenfrage: macht man als Selbstständige mehr oder weniger Urlaub als man als Angestellter könnte? Stelle mir vor ja ,da es niemand reglementiert ,kann mir aber auch vorstellen nein weil man ja auf Einnahmen angewiesen ist .
Was sagt die Expertin?
Schwierig zu beantworten, denn das Arbeiten ist anders. Die längeren Frei-Phasen sind in etwa gleich wie im Angestelltendasein. In den Jahren, in denen ich länger weggefahren bin (Italien 2018, La Gomera 2020) hatte ich unterm Strich wahrscheinlich sieben oder acht Wochen Urlaub, in anderen Jahren vielleicht auch nur fünf Wochen.
Allerdings ist das Arbeiten im Alltag anders: Wenn ich geschäftlich reise, kommt es vor, dass ich mal einen Tag vorher oder nachher dranhänge und mir die Stadt ansehe. Oder dass ich Leute treffe – das ist dann mal geschäftlich, mal privat, mal von beidem etwas. Im Alltag daheim ist meine Auslastung unterschiedlich: Ich habe Tage, die zehn oder elf Stunden lang sind, weil sich die Arbeit grad ballt. An anderen Tagen habe ich nur für vier Stunden etwas zu tun. Mitunter bricht auch mal ein Auftrag weg, Leute sagen kurzfristig ab oder verschieben Termine. Da ergeben sich dann freie Zeiten oder Zeiten, in denen ich dann entspannt tue, was liegen geblieben ist.
Im Hochsommer ist traditionell weniger zu tun, weil viele Leute im Urlaub sind und diejenigen, die da sind, die Abwesenden vertreten – da werde ich nicht so sehr gebraucht. Ebenso im Januar – da sortieren sich erstmal alle fürs Jahr.
Insgesamt ist das Arbeiten einerseits fordernder als als Angstellte: Ich trage für alles die volle Verantwortung, kann keine Arbeit abgeben, muss immer voll da sein, kann mich nicht auf Kolleg:innen verlassen. Deshalb sind die kleinen Erholungsphasen im Alltag für mich wichtig. Andererseits empfinde ich die Selbstbestimmtheit des Arbeitens – trotz Belastungsspitzen – deutlich erholsamer als die Fremdbestimmtheit des Angestelltendaseins. Das zeigt sich auch daran, dass ich deutlich weniger krank bin, seit ich selbstständig arbeite.