Seit vier Monaten mache ich jetzt Yoga; der Einstieg war, nun ja, unerwartet.
Unsere Yogagruppe ist eine Gruppe ehemaliger Arbeitskollegen, hinzu kommen ein paar Freunde von Freunden, über Umwege Hinzugekommene. Wir sind allesamt maximal unesoterisch, eigentlich gibt es uns nur, weil die Redakteurin eine Ausbildung zur Yogalehrerin macht und sie Übungsobjekte braucht, weshalb der Vertrieb, die Gestaltung, die Programmierung und ich nun solidarisch Sonnengrüße produzieren.
In unserem Kurs geht es jedesmal sehr lustig zu, wir nehmen uns nicht sehr ernst. Das ist auch besser so, denn wir sind – ohne meinen Mitturnern zu nahe zu treten – fürchterlich schlecht. Denn auch wenn es im Yoga nicht darum geht, sich mit anderen zu messen und zu zeigen, wie gut man ist: Ich möchte die Unternehmung nicht beschönigen. Das macht uns wiederum zu idealen Übungsobjekten.
In dieser Stunde geht es um die Hüftöffnung. Wir öffnen in jeder Stunde unsere Hüfte und unser Herz, für mein Empfinden sogar sehr ausführlich, aber es geht wohl noch mehr. Wir beginnen heute, indem wir uns auf einen Klotz setzen, die Beine anwinkeln, spreizen und unsere Ellbogen dazwischen klemmen.
„Genießt die Dehnung in euren Oberschenkeln“, sagt die Yogalehrerin.
Ich genieße zunächst meinen Hintern, in den sich der Klotz hart einarbeitet. Der Klotz (nicht der Hintern) ist erstaunlich klein, um darauf zu sitzen; geradezu obszön winzig, wenn man das Gleichgewicht halten möchte.
„Streckt den Rücken.“
Jaa … eeeh …. wenn ich den Rücken strecke, muss ich die Beine auch strecken …
„Zieht die Beine noch etwas zu euch heran.“
Das ist so ein Grundgefühl beim Yoga: In die andere Richtung würd’s mehr Sinn machen.
Wir hängen bald im Hund, das geschieht unweigerlich, der erste ist immer der schlimmste. Die Lehrerin geht herum und korrigiert, und während sie korrigiert, hängen wir und stemmen uns, die Zeit verrinnt, Universen werden geboren und verglühen wieder.
„Entspannt euch.“
Sie sagt das immer genau zu dem Zeitpunkt, an dem meine Arme zu zittern beginnen. Wir haben da ein super Timing.
„Spürt eure Mitte.“
Ich spüre vor allem den Schmerz in den Schultern.
„Wir werden heute oft in den Hund zurückkommen.“
Ach je.
„Genießt dann die Ruhe und die Entspannung.“
Der Gärtnerfreund neben mir brummstöhnt.
Nach vier Stunden vierzig (und das, obwohl der Kurs nur eine Stunde dauert!) dürfen wir ein Liegestützbrett werden, der Bauch ist stark, ganz stark, wir halten noch ein wenig – und dürfen danach in die Kobra gleiten. Bei der Kobra darf man auf dem Bauch liegen. Der Vertrieb und ich, wir sind, je weiter die Stunde fortschreitet, ein immer dynamischeres Brett und eine immer ausführlichere Kobra.
Wir grüßen ein paarmal die Sonne, werden Hund und Brett und Kobra und danach ein Krieger. Beim Krieger hoffe ich immer, wir alle hoffen es, dass die Lehrerin nicht zu uns kommt und unsere Hüfte richtet, unsere Beine auseinanderdrückt und uns tiefer stupst, denn spätestens dann beginnen die Schenkel bestialisch zu brennen, dann kann man auch nicht mehr mogeln (obwohl wir natürlich nie-niemals mogeln, denn wir tun das ja alles nur für uns und nicht für jemand anderen).
//*pädagogischer Gesichtsausdruck
Vom Krieger aus puzzeln wir uns über Umwege in eine Taube. Sitzend, das vordere Bein gebeugt vor dem Körper, das hintere gestreckt, richten wir uns erst auf und beugen uns dann nach vorne. In meinen Garten kommt auch immer eine Taube, sie heißt Gundula und ist ein bisschen dicklich; am liebsten hockt sie unterm Baum, nachdem sie vorher Sonnenblumenkerne verdrückt hat. Ich dehne also meinen Po und strecke und recke mich. Die Lehrerin geht zum Programmierer und drückt und richtet ihn. Er wendet den Kopf und schaut mich flehend an, seine Augen treten leicht aus den Höhlen – „Rette mich!“, rufen sie. Aber hey: Jeder ist mal dran.
Wir beenden diese Kursstunde in einem … Dings. Schauen Sie sich das Foto an, das ist wirklich ein Zufall: Exakt so sieht es bei mir auch aus, sehe ich aus – geschmeidig und doch kraftvoll mit einer starken Mitte.
//*Pokerface
Yoga soll glücklich machen, Lebensgeister wecken, den Blick und die Perspektive verändern. Der Tekkie bringt es nach dem Kurs auf den Punkt: „Seit ich Yoga mache, kann ich die Stunden, in denen ich nicht Yoga machen muss, viel mehr genießen.“
Wir machen alles richtig.