Eine Reise steht an. Ich werde vor meinem Haus
- in einen Bus steigen,
- mit dem Bus zur U-Bahn fahren,
- mit der U-Bahn zum Bahnhof fahren,
- am Bahnhof in einen Zug steigen und
- mit dem Zug nach Frankfurt reisen.
In Frankfurt
- steige ich in ein Flugzeug und
- fliege nach Tallinn in Estland.
In Tallinn steige ich
- in einen Fernbus und
- fahre nach Tartu.
Das ist auch in Estland.
In Tartu werde ich nichts anderes tun als das, was ich sonst in Dortmund-Aplerbeck tue, nämlich in einer Sporthalle sitzen.
Es wird nach Pubertandenschweiß riechen und beim Hallenverkauf wird es vielleicht keine Bockwurst, sondern Piroggen geben, was allgemein zu begrüßen ist. Aber sonst wird alles wie in Dortmund-Aplerbeck sein. Oder nein: Ein bisschen anders wird es doch sein, denn ich werde in Tartu kein Handball schauen, sondern Basketball, genau genommen Spiele der U11-Mannschaften der Baltic Boys Basketball League. Zum Beispiel Dynamo Moskau gegen BC Tarvas/Rakvere SK 2003.
Der größte Kleine meiner russischen Freunde – Sie erinnern sich: mein deutsch-russischer Schüleraustausch von 1992, ihr Mann und die drei Kinder (wir leben den Austausch noch immer, seit 24 Jahren); der älteste Sohn also spielt ambitioniert Basketball, und ich werde dabei sein, um ihn anzufeuern. Die Baltic Boys Basketball League ist ein „first small step for our next big basketball stars“, ein internationales Turnier für Jugendmannschaften aus Estland, Lettland, Litauen, Russland, Weißrussland, Finnland und Kasachstan.
Ich werde also mit ambitionierten Eltern aus diesen Ländern auf der Tribüne sitzen, und wir alle wissen, was „ambitionierte Eltern“ heißt, wenn es um den Sport der Kinder geht. Ich rechne mit wüsten Rufen und Flüchen. Ich werde diese Rufe und Flüche nicht verstehen, aber das macht nichts: Esten, Kasachen und Weißrussen werden ihren Kindern, dem Schiedsrichter und dem Gegner nichts anderes zubrüllen als deutsche Eltern. Oder vielleicht doch, vielleicht wird alles vollkommen friedlich und gesittet zugehen, vielleicht werden die Nationen sich in den Armen liegen und Lieder schunkeln. Ich werde an dieser Stelle berichten.
Nachdem ich mit meiner russischen Freundin (die dem Spiel – im Gegensatz zum Vater des Kindes – eher emotionslos gegenübersteht) wie Waldorf und Stettler zwei Tage in der Turnhalle gesessen habe (wir werden auf harten Tribünenbänken sitzen und reden, denn wir müssen eine Menge durchsprechen, eineinhalb Jahre nämlich, seit wir uns das letzte Mal trafen), werde ich wieder in den Bus steigen, von Tartu nach Tallinn fahren, mir Tallinn ansehen und dann heim reisen.
Diese Unternehmung ist ziemlich gaga, allein weil der einzige, für mich erreichbare Direktflug nach Tallinn nur von Frankfurt aus geht, und nach Tallinn muss ich ja gar nicht, sondern in eine Sporthalle nach Tartu, was von Dortmund aus gesehen wirklich maximale Pampa und total jeck ist – für nur zwei Tage. Deshalb habe ich, als sich die Reise ankündigte, direkt gesagt: Bin dabei. Eine Unternehmung, die dermaßen irrational ist, ist es wert, gemacht zu werden.
Begleiten auch Sie mich, wenn es alsbald losgeht: Ich nehme Twitter und Instagram mit.
Kommentare
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Sie sind genauso Bluna wie ich und das ist gut so. Viel Spaß, schöne Begegnungen, einen Sieg – und sei es „nur“ der der Herzen – für die angefeuerte Mannschaft & kommen Sie glücklich und zufrieden wieder!
Sind wir nicht alle Sieger? Wenn nicht Pokale, so gewinnen wir immerhin an Erfahrung.
Wünsche viel Vergnügen – und wenn bei der Reise auch nix anderes rauskommen sollte als eine lange Unterhaltung sollte es sich schon gelohnt haben. Ausserdem bekommen wir als Leser mindestens einen Blogpost – eine klassische Win-Win-Situation!
Gute Reise!
Der Ponder
Mindestens ein Blogpost sollte drin sein. Allein die Hin- und Rückreise bieten ausreichend Möglichkeiten.
Ein Buch wäre ja noch besser:-))
Dafür müsste ich wohl länger als ein paar Tage bleiben. :)
Viel Spaß! (und für den Jüngling Erfolg)
Ich werde ihn wild anfeuern.
Das ist der Reisewahnsinn im Großen. Meine Reisewahnsinn ist eher klein und besteht aus nach der Arbeit noch 3,5 Stunden nach Köln hin fahren, bisschen rumgucken, Konzert besuchen, 3,5h Stunden danach zurück fahren und halbtot morgens 2 Uhr ins Bett fallen.
Ich wünsche trotz allem wahnsinnig viel Spaß dabei :)
Muss vielleicht mal sein. Einfach etwas machen, das genau genommen total unsinnig ist.
Was denn für ein Konzert, wenn ich fragen darf?
Ich habe genau das auch gemacht vor sechs Tagen bis auf dass es bei mir ne Lesung war.
Ach, das waren schon diverseste Konzerte im letzten Jahr, z.B. Nicki Minaj (Oberhausen) , Jessie J (Köln) , Jovanotti (Düsseldorf) … Ist halt alles nicht umme Ecke von Göttingen ;-)
Gibt es in Göttingen überhaupt irgendwas außer einer Uni?
Sie vergessen das wilde Abenteuer der Reise allein. So viele Verbindungen, waere ja gelacht, wenn da nicht was eng wird, oder schief geht oder sich sonst anders abwickelt als es jetzt auf dem ordendtlichen Plan aussieht.
Und all die Reisenden die man dabei sehen kann – wo Sie doch so ein Auge fuer Menschen und Begebenheiten haben.
Insofern: die besten Veranstaltungen sind die, wo man sich die halbe Zeit selbst leicht Idiotie bescheinigt und sich trotzdem ueber die Momente und die Menschen am anderen Ende freut. Geniessen Sie es!
//PS. Und nutzen Sie die Chance die fiesesten Dinge aus Dortmund-Aplerbeck zu rufen – vermutlich kann es ja niemand zuordnen.
und dieser Reiseplan sieht wirklich seeeehr ordentlich aus …
In Dortmund-Aplerbeck sind wir alle sehr lieb. Wir kennen fast keine fiesen Wörter. Ist ja nicht Gelsenkirchen.
Sowas ist immer gut! Ich bin in 2014 mit einen guten Freund nach Edinburgh geflogen, nur um seine dort bestellte Lederjacke abzuholen und 2 Tage die Stadt zu geniessen. Hat viel Spaß gemacht!
Estland klingt da noch etwas mehr nach Abenteuerurlaub. ;)
Ist total irre und deswegen total nachvollziehbar!
Viel Spaß und das Baltikum ist immer eine Reise wert, wir waren vor ein paar Jahren eine Woche in Riga, große Liebe!
*kennichkennich* saß erst letzte Woche wegen ganzen 2 x 3 Minuten Auftritten im Publikum inner Turnhalle in Landshut. 380 km Entfernung von uns daheim – Tochter hüpfte bei den Bayerischen Gardemeisterschaften. Naja, wenigstens hammse es auf`s Treppchen geschafft. Manchmal denk ich mir auch: Hab ich sie nich mehr alle… aber was tut man nicht alles für die Plagen
Da weder twitter noch instagram in meinem Dunstkreis vorhanden wünsche ich mir einen Reisebericht hier… und hoffe, dass mein Wunsch in Erfüllung geht. An Erlebnissen mangelt es bestimmt nicht! :-D!
Ich schließe mich diesem Wunsch an. Ich erfahre gern was über Länder, die ich noch nicht kenne.
> vielleicht wird alles vollkommen friedlich und gesittet zugehen, vielleicht werden die Nationen sich in den Armen liegen und Lieder schunkeln
Ja. So wird es sein. Wenn Sie einen Bayern dabei hätten. Andere Nationen können nicht schunkeln.