Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Kein Regen | In den vergangenen Tagen kam es zu einem überraschenden Ereignis: Es hörte auf zu regnen. Am Morgen war es noch grau, Wolken lagen über dem Dorf, aber die nasse Schwere fehlte bereits. Am Mittag plötzlich Sonnenschein, gleißendes Licht und ein weißblauer Himmel. Der Matsch trocknete. Krokanten reckten ihre aufgerissenen Blütenkelche in die Höhe wie Vogelküken ihre Schnäbel.

Seither konnte ich nicht bloggen, denn ich lief elektrisiert durch Wald und Wiese, erst um den einen See herum, dann um den anderen See, am Kanal entlang und über Feldwege, zehn Kilometer, acht Kilometer, neun Kilometer, immer durch die Gegend, ohne Regen.

Seit gerade regnet es wieder. Wind peitscht Tropfen gegen die Scheiben, und es ist wieder Gelegenheit zu bloggen.


Saisonstart | Als ich am Montagabend einmal nicht durch die Gegend lief, ging ich schwimmen. Der Reiseleiter setzte mich ins Auto, fuhr mich ins Copa Ca Backum, und ich schwamm zwei Kilometer. Ein sehr solider Saisoneinstieg, vor allem, weil ich seit Oktober 2020 nicht ernsthaft im Wasser war und weil ich durchgängig kraulte. Das ist mir bislang nicht gelungen; ich musste immer mal eine Bahn Brust einschieben.

Gegen 1 Uhr in der Nacht erwachte ich von gleißenden Muskelschmerzen. (Da geht man mal eineinhalb Jahre nicht schwimmen und schon ist der Körper nicht mehr an die Belastung gewöhnt, //*rofl) Ich nahm eine Ibu, konnte wieder einschlafen, und am nächsten Morgen gab’s nur noch ein angenehmes Belastungsgefühl. Bin zufrieden. Freue mich aufs nächste Mal.


Fundstück |  Im Vorbeigehen.

Goldener Briefkasten mit der Aufschrift: "Briefe u. Offerten"

Broterwerb | In den vergangenen Werktagen arbeitete ich sehr konzentriert für fünf verschiedene Projekte: Veranstaltungen für Kunden, Beratungsarbeit, eigene Seminare. Außerdem gab es eine erfreuliche Anfrage – im November werde ich für ein paar Tage in München sein. Das Schöne war, dass ich in Flow kam: Gegen 8:30 Uhr setzte ich mich ans Macbook, machte zwischendurch mal Pausen, arbeitete ansonsten aber fokussiert bis Mittag durch, am Nachmittag ebenso. Ich schob eine um die andere Aufgabenkarte in „Erledigt“. Das war sehr befriedigend.

Nebenbei richtete Lieblingswebworker Christian die Möglichkeit einer Terminbuchung auf meiner Kontaktseite ein. Das ist praktisch für meine Kunden, die ich über einen längeren Zeitraum berate und die nach Bedarf Stunden bei mir abrufen; oder wenn ich vor Projekten oder Veranstaltungen Termine mit Mitarbeiter:innen ausmache, um Perspektiven auf einen Sachverhalt einzuholen. Das Hin- und Herschicken von Terminenvorschlägen entfällt dann. Das macht es für beide Seiten einfacher.

Außerdem beauftragte ich meine Grafikerin Claudia, mir Hintergründe für Videokonferenzen in meinem Corporate Design zu machen. Das habe ich schon lange vor. Jetzt hatte ich Zeit für ein Briefing.

Für das anstehende Seminar „Teamspirit im Homeoffice“ habe ich ein Xing-Event erstellt. Es ist ein Experiment. Ich möchte testen, wie viele Leute sich so eine Event-Seite ansehen und möchte herausfinden, ob sich jemand darüber anmeldet.


Die kleinen Dinge | Bemerknisse ohne Relevanz

  • Letztens schrieb ich darüber, dass ich meine Omelett-Kompetenz ausbaue. Ich weite meine Bemühungen nun auf Kohlrabi-Kartoffel-Auflauf aus. Der erste Versuch vor zwei Wochen war annehmbar. Heute kochte ich die Kohlrabi leicht vor und ergänzte (vegetarisches) Hack und Zwiebeln. Sehr gut!
  • Wenn ich beim Reiseleiter am Küchentisch arbeite, kann ich nicht nur die Kirche, ihren Vorplatz und dort stattfindete Ereignisse betrachten, sondern auch die Geschehnisse vor dem Dorfladen.
  • Ich habe eine neue Buchidee, aber erst eine sehr, sehr vage. Sie reift jetzt in mir. Dann erzähle meiner Agentin davon. Challengen ist wohl das Verb dazu, das man heute für diese Art von Gesprächen benutzt.
  • Die Narzissen auf dem Esstisch machen mich fröhlich.

Eichhörnchenplüsch |  Neuer Meilenstein im Projekt „Eichhörnchenfreundschaft“: Das dunkle Eichhörnchen kommt jetzt bis ans Fenster, um sich Nüsse zu klauen – selbst dann, wenn jemand hinter diesem Fenster sitzt. Es ist nur eine Frage von Monaten, bis wir gemeinsam am Esstisch sitzen.

Das Bild ist ein Screenshot aus einem Video. Ronny schleicht sich über die Wiese an, verschwindet aus dem Bild, taucht von links aus der Tiefe auf und macht sich über die Erdnüsse her.


Geguckt | Weit – Die Geschichte von einem Weg um die Welt. Patrick Allgaier und Gwendolin Weisser sind so weit nach Osten gereist, bis sie aus dem Westen wieder ankamen. Das hat drei Jahre gedauert, von 2013 bis 2016. Es gab unzählige wunderbare, erstaunliche, seltsame, tolle, überraschende Begegnungen – und noch mehr. Der Film ist zwei Stunden und sechs Minuten lang, und ich habe zwischendurch kein einziges Mal aufs Handy geschaut oder war sonstwie gedanklich woanders. Noch bis zum 17. Februar in der Mediathek.


Spaziergang mit Freunden |  Gestern verabredete ich mich spontan zu einem Abendspaziergang. So spontan, dass ich, als ich die Frage losschickte, dachte: „Wird eh nix so kurzfristig.“ Wurde es aber. Großartig!

Ich könnte nun den Satz schreiben: Man verliert sich in diesen Zeiten so schnell aus den Augen. Aber ist das tatsächlich so? Mir scheint: Wir sahen uns nicht häufiger. Wir fühlten uns aber näher. Vielleicht, weil wir emotional nicht so sehr voneinander separiert waren, nicht so verkapselt in der eigenen, organisationsintensiven Lebenswirklichkeit; vielleicht, weil der Andere ausschließlich eine Bereicherung war, keine Bedrohung; weil wir weniger beschäftigt waren mit Vorsichtigsein und Abwägen; weil wir nicht fortwährend alarmiert waren und komplexe Wechselwirkungen betrachten mussten.


Souverän bleiben | Anmeldung ab sofort möglich: Deeskalation für den Arbeitsalltag – ein Seminar für Menschen, die an Schnittstellen arbeiten, für Gremienvertreter, Mediator:innen und alle, die im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen unterwegs sind.

Falls Sie Karneval meiden, aber trotzdem mal andere Leute sehen wollen: Kommen Sie am Rosenmontag zu Teamspirit im Homeoffice! Es gibt ein Feuerwerk an Formaten: Warm ups, Methoden für gute Atmosphäre, Formate für mehr Verbindung zu Kolleg:innen, Ideen für informellen Schnack. Keine Folien, keine langatmige Theorie, kein Gelaber. Wir spielen – bämm!, bämm!, bämm! – die Formate durch. 17 bis 20 Uhr, gerne mit Chips und Limo.


Gelesen | Margaret McCollum geht jeden Tag in eine Londoner U-Bahnstation und setzt sich dort auf eine Bank, damit sie noch einmal die Stimme ihres verstorbenen Mannes hören kann. Er hat 1950 die „Mind the Gap“-Ansage eingesprochen.

Gelesen | 1.444 Kilometer sind es mit dem Fernbus bis nach Kiew. Der Reporter Henning Sußebach hat sich in den Bus gesetzt, ist mit Danil, Elena, Ivan, Larissa und Snizhana ins Krisengebiet gefahren und hat ihnen zugehört. Eine berührende Reportage, die zeigt: Wir sind alle nur auf der Suche nach einem guten Leben.

Es wird jetzt schon früher grau | Der Februar ist eine riesige Zumutung. Dunkelgrau, Morgengrau, Mittelgrau, Schwarzgrau, Regengrau, Hagelgrau, Schneegrieselgrau, Pandemiegrau – wie viele Arten von Grau kann ein Monat bieten? Dazu der alles verschluckende Regen, der Matsch, absolut unsäglich.

Natürlich hilft Schimpfen nicht weiter. Trotzdem, das ist ja sonst nicht auszuhalten.


Broterwerb | Ich war bei Katja. Wir haben Seminare geplant. Oder besser: Seminarworkshops. Das wird nämlich alles sehr interaktiv. Thema: Deeskalation im Arbeitsalltag. Zum einen für einen Kunden in Karlsruhe, inhouse. Zum anderen für alle, die Sie jetzt diesen Text lesen und verschiedene Interessen überein bringen müssen – in Ihrer Funktion in der Firma, in Gremien, in Projekten, zwischen Abteilungen oder im Privaten. Es wird um die Dos and Don’ts der Deeskalation gehen, um Reaktionen auf offen-aggressives und auf passiv-aggressives Verhalten und um die eigene Haltung. Datum vermutlich: November. Ich suche gerade ein Tagungshaus. Demnächst mehr.

Wir verbanden die Arbeit mit einem kleinen Schwätzchen, Frühstück und einem Hundespaziergang.

Einen Tag später hielt ich das erste Online-Seminar des Jahres 2022. In kleiner, feiner Runde – es waren fünf Teilnehmer:innen – sprachen wir über Stress und was dagegen hilft, über Verantwortungsdimensionen und über Selbstführung für mehr Gelassenheit.

Und heute: Moderation eines Management-Workshops. Danach allerlei Nacharbeit und E-Mails, die auf eine Antwort von mir warteten, Terminvereinbarungen und Absprachen.


Bild vom Wochenende | Es gab eine Cakepop-Situation. Das kleine Partymädchen ist jetzt sieben.

Cakepops, verziert mit Marshamllows, und eine Kinderhand

Gelesen | Frau Herzbruch schreibt über das Handballspielen ihres Sohnes.

Gesehen | Die Schule der magischen Tiere, im Kino. Dummerweise erinnern mich Kinderfilme, die in der Schule spielen – oder genauer gesagt: die Schüler- und Schülerinnenfiguren in diesen Filmen – an meine eigene Schulzeit, nicht im Guten. Zum Film selbst: Der Sinn und Zweck der magischen Tiere erschloss sich mir nicht; vor allem die Schildkröte hatte nun wirklich keinerlei dramaturgische Funktion. Dabei hätte es hier Einiges an Potential gegeben, etwa für politische oder gesellschaftliche Referenzen.

Gelesen | Nadine A. Brügger war wandern und hatte eine beängstigende Begegnung.

Gesehen | Pass the Ball: 40 Animationskünstler:innen aus aller Welt haben ein Video gemacht – jede:rr drei Sekunden, dann hat er oder hat sie den Ball weitergespielt.

Sonne! | Am frühen Morgen, es war noch stockfinster, erwachte ich, hörte den Regen gegen die Fenster prasseln und schlief allein schon aus Protest wieder ein.

Am Vormittag dann das Wunder: Sonne. Ich sprang auf und marschierte ins Feld.

Panoramaaufnahme: In der Mitte asphaltierter Feldweg, links und rechts Feld unter blauem Himmel.

Andere Menschen mussten dasselbe gedacht haben, denn für einen Mittwochvormittag war jede Menge Volk unterwegs. Man grüßte sich enthusiastisch und endorphindurchflutet und warf sich im Vorbeigehen Worte über den Feldweg: „Endlich Sonne!“ – „Da muss man direkt raus, nicht wahr?“ – „Schönen Tag noch!“

Waldweg mit kleinem Gotteshäuschen, in der Pfütze spiegeln sich die Bäume

In den Büschen zeterten die Spatzen. Männer führten Hunde aus. Damengrüppchen walkten um Pfützen herum, Wanderer mitten hindurch („Komm, Herbert, wir sind ausgerüstet!“). Radfahrer klingelten sich den Weg frei.

Mit strammem Schritt wurde es rasch warm. Frühlingsgefühle.

Panoramaaufnahme: Feld mit Sonne, rechts ein Gotteshäuschen, blauer Himmel.

Auf dem Rückweg kaufte ich im Dorfladen Spinat und Fünf-Cent-Briefmarken – wegen der Portoerhöhung (also die Briefmarken, nicht der Spinat). Der Dorfladen ist ein etwa vierzig Quadrameter großes Zimmer, in dem es alles gibt, was man braucht, allerdings jeweils nur eine, maximal zwei Sorten. Als Desserts gibt es Paula und Fruchtzwerge, Spinat gibt es nur als Blubb, und Süßigkeiten nehmen etwa ein Drittel der Ladenfläche ein, darunter eine Art Garderobe, an der zimmerhoch Weingummi hängt. Darüber hinaus führt der Dorfladen Nudeln und Konserven, Wurst und Käse, veganen Aufschnitt, Geschenkpapier und Trauerkarten, Zahnbürsten, Wein, Eis und ein erkleckliches Sortiment an Rätselheften und Illustrierten. Und er hat eine DHL- und Post-Station.

Sowohl die Kunden als auch die Ladenmitarbeiter sind immer zu einem Schwätzchen aufgelegt. Einlassungen zum Wetter, zur #aktuellenSituation und zu allgemeinen Dorfeignissen wie dem Treckerumzug oder prominenten Sterbefällen („Sie hatte es ja schon lange mit der Lunge.“) sind Pflicht und werden erwartet. Ist bereits ein Gespräch im Gange, wird man umstandslos integriert – egal, ob man die Verstorbene kannte oder eine Meinung zum Thema hat.

Nach dem Feierabend drehte ich gemeinsam mit dem Reiseleiter eine zweite, diesmal größere Runde. Jetzt bin ich erstmal wieder sauerstoffgesättigt.

Feldweg im Sonnenuntergang

Gelesen | Elizabeth Strout: Oh, William!, aus dem Amerikanischen von Sabine Roth. Der erste Satz des Buches – erste Sätze sind immer besonders, oder? – gibt die Plauder-Tonalität vor: „Ich muss noch etwas über meinen ersten Mann sagen, William“, sagt Ich-Erzählerin Lucy Barton, und es folgt ein 220-seitiger Monolog. Lucy erzählt mit erstaunlich viel Tiefgang über ihre Beziehung zu ihrem ersten Mann William, der gerade von seiner dritten Frau verlassen wurde und mit dem sie auf einen Roadtrip nach Maine aufbricht. Auch Lucys war nach der Ehe mit William noch einmal verheiratet; ihr zweiter Mann ist gerade estorben. Gemeinsam mit William nähert sie sich der gemeinsamen und der individuellen Vergangenheit, aber auch den Untiefen der alten, gebrochenen und doch nie verschwundenen Liebe und den Fragen des Lebens. Gerne gelesen.


Die kleinen Dinge | Alltagsbemerknis ohne Relevanz: ein Stillleben des Mittagessens.

Zwei Teller mit Nudeln und Tomaten, Narzissen im Topf.

Es gab Penne Rigate Lucinda von Herrn Grün.

Matsch | Der Reiseleiter und ich fuhren in meine Heimat, liefen durch den Wald und besuchten Verwandtschaft. Es war matschig, ich war danach ziemlich eingesaut.

Das war auch schon das Aufregendste, was in den vergangenen Tagen geschah, während der Wind den Regen in dichten Vorhängen übers Land trieb. Die Zeit scheint mir optimal für eine ausgedehnte Karenz auf einer frühlingswarmen Atlantikinsel. Allein, es gibt Verpflichtungen.


Broterwerb | Das mit den Verpflichtungen ist, ich möchte mich keinesfalls beschweren, im Gegenteil, eine hervorragende Sache. Es kommt beruflich grad Erfreuliches rein, sowohl Kurzfristiges als auch für den Sommer. Ich habe große Freude daran, die Fragestellungen gemeinsam mit den Kundinnen zu durchleuchten und ein passendes Angebot zu machen. Außerdem sind es spannende Persönlichkeiten, mit denen ich zu tun habe, tolle Frauen aus Branchen, mit denen ich bislang wenig Berührung habe. Das ist immer besonders interessant.

Am Freitag bin ich virtuell beim Pro Content zu Gast: Wege zu mehr Gelassenheit – Belastungen erfolgreich meistern. Das Online-Seminar ist bereits vorbereitet. Wir werden über Stress sprechen, außerdem über Haltung, über Zeitmanagement und Selbstführung und über das, was uns antreibt – und manchmal ins Negative umschlägt. Wer kurzfristig dazukommen möchte: Es sind noch Plätze frei.


#dieaktuelleSituation | Inzidenz in Dortmund: 1.942. Ich halte das aus Chronistenpflicht hier fest, vielleicht wird es rückblickend von Belang. Meine Warn-App ist nach vierzehn roten Tagen wieder grün. Ich genieße den Moment, auch wenn es natürlich nichts heißt. Aber es gibt mir kurz das Gefühl, als wäre da nichts.

Aktuell schaue ich keine Nachrichten zum Thema, ich lese keine Artikel zur Impfpflicht und auch sonst nichts, wo Menschen sich zu Wort melden, um mal ihre Position gesagt zu haben. Sollten relevante Entscheidungen getroffen oder der Bundeskanzler gefunden werden, bin ich wieder am Start.

Die Terminlage ist weiterhin geprägt durch Spontaneität: spontane Terminausfälle, aber auch spontane Terminvereinbarungen – dort, wo etwas ausgefallen ist oder kurzfristig Bedarf entstanden ist. Jeden Tag formt sich der Terminkalender neu.


89 Tage | Der Erste des Monats, und schon bin ich mit der Umsatzsteuervoranmeldung durch, krasse Geschichte. Der Erste des Monats, das heißt in diesem Fall auch: Der Januar ist vorüber. Noch 89 Tage bis Freibaderöffnung.


Die kleinen Dinge | Alltagsbemerknisse ohne Relevanz:

  • Ich habe herausgefunden, wie ich gute, dicke Omeletts mache – nämlich, indem ich mindestens drei Eier nehme, sie ordentlich verquirle, mit Zwiebeln und geriebenem Käse verfeinere und sie lange auf mittlerer Stufe in der Pfanne stehen lasse. Es ist alles eine Frage der Geduld und der Beobachtung. Über die verbleibenden Winterwochen werde ich meine Fähigkeiten ausbauen.
  • Ich habe Pflanzen umgetopft. Umtopfen ist eine Aufgabe, die bei mir lange warten kann, so lange, bis sich ein großer innerer Druck in mir aufbaut. Nun ist es vollbracht und sowohl die überwinternden Kanarenpflanzen als auch die Zimmerpflanzen seufzen erleichtert.
  • Im Zuge des Umtopfens habe ich auch die Königskerzen im Garten versetzt (Gruß nach Bielefeld!). Sie haben im Sommer nun mehr Platz und mehr Sonne. Ich hoffe, dass sie gut angehen. Dann freuen sich die Bienen und Hummeln.
  • Mit dem Reiseleiter habe ich eine Schwiegermutter geerbt – eine Schwiegermutter, die näht. Zu Weihnachten hat sie mir zwei Hoodies genäht; flauschige, auf den Leib geschneiderte Begleiter durchs Homeoffice. Ihr Waschen organisiere ich so, dass ich immer einen zum Anziehen habe oder sie über Nacht trocknen können.

Nachruf | Der Schwiegervater meiner russsischen Freundin, der Schauspieler Leonid Kuravlev, ist verstorben. Die Älteren unter Ihnen erinnern sich vielleicht an Reisen nach Lettland, nach Estland und nach Zypern, die ich gemeinsam mit Mascha unternahm. Sie ist Fotografin, postet wunderbare Bilder von ihm und ihren Kindern und schreibt poetische Erinnerungen dazu.


Gelesen | Zahltag – Ein Fall für Kostas Charitos von Petros Markaris, aus dem Neugriechischen von Michaela Prinzinger. Zweiter Band einer griechischen Krimi-Krisentrilogie. Ein selbst ernannter „nationaler Steuereintreiber“ kümmert sich um zahlungssäumige Griechen und solche, die den Staat betrügen. Mit Drohbriefen, Schierlingsgift, Pfeil und Bogen sorgt er für gesellschaftsverträgliches Ableben. Kommissar Kostas Charitos steht derweil kurz vor einer Beförderung und muss, um sich die Gunst des Beamtenapparats zu erhalten, mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Der Kommissar ist sympathisch, die Kulisse des kriselnden Griechenland mal etwas anderes, nur die Handlung ist etwas mau. Solide drei von fünf Sterne.

Geschaut | The power of the dog. 10/10 Punkte für die Landschaftsaufnahmen. Beeindruckender Benedict Cumberbatch, gute Kirsten Dunst. Die Handlung hätte für meinen Geschmack allerdings straffer, der Musikeinsatz sparsamer sein können. Die Spannungskurve ist sehr, sehr, sehr langgezogen.

Expedition | Sich zu amüsieren, ohne zum Infektionsgeschehen beizutragen, ist dieser Tage nicht einfach. Weder kommt es in Frage, mehrere Leute zu treffen noch in Innenräumen zu turnen oder auf andere Weise Luft zu verwirbeln. Wandern im Nieselregen wäre möglich und vertretbar, ist aber außerhalb des Denkbaren: Nach dem Pandemiewinter 2020/21 bin ich davon immer noch gesättigt.

Ich fuhr nach Heidelberg zu einer Freundin. Leider war Heidelberg an diesem Tag kein Ort des Amusements, wahrlich nicht.

Wir verbrachten die Abende mit Klönschnack und die Tage mit Arbeit. Die Freundin war im Büro, ich machte in ihrer Wohnung Homeoffice am Esstisch. Dank virtuellem Hintergrund sah alles aus wie immer; ich hätte überall sein können.

In der Mittagspause ging ich eine Runde in den Weinberg. Ich dachte über die Sache mit dem virtuellen Hintergrund nach. Vielleicht könnte ich mich ja auch in Italien befinden. Oder auf Madeira. Oder in Spanien. Im kommenden Jahr wäre das – mit guter Planung – eine Option.

Am Abend schlenderten wir durch Heidelberg.


Die kleinen Dinge |  Alltagsbemerknisse ohne Relevanz:

  • Ich habe stapelbare Kisten gekauft, für den Keller. Im vergangenen Jahr bin ich ja ins Marmeladenbusiness eingestiegen. Das bringt mit sich, dass sich in meinem Haushalt jetzt leere Marmeladengläser ansammeln, nämlich alle, die leer gegessen wurden. Dank der Kisten kann ich sie nun strukturiert verräumen. Das macht mich glücklich.
  • Weiter überall Einschläge. Das Leben fühlt sich an wie ein Jump’n’Run-Spiel, Level 49. Ich teste mich zweimal pro Woche (Die große Würg-Wein-Show, live vor dem Badezimmerspiegel), außerdem bei Befindlichkeiten (Müdigkeit, Kopfschmerzen) oder wenn ich Leute außerhalb des engsten Zirkels treffe.
  • Als Ausgleich zum seit Wochen trüben Wetter kaufte ich provenzalische Dufterzeugnisse, Erfurter Pralinen („Zum trockenen Weißwein“) und eine Sushi-Dip-Mischung, die man in Sojasoße mischt; ein Experiment.
  • Die Heidelberg-Schriesheimer Freundin hat zwei Meerschweinchen. Eins davon heißt Lucien. Lucien pflegt passiv-aggressive Kommunikation an der leeren Futterschale.

Bemerknis | Die Durchseuchung der Kinder, das Alleinlassen der Lehrkräfte, Eltern und Familien, der Erzieherinnen und Erzieher, dazu die absurde Weigerung, Realität und Erkenntnis anzuerkennen, erschüttert mein Vertrauen in unsere Gesellschaft und unseren Staat in den Grundfesten. Das ist auf Jahre irreparabel.

Was, bitte, ist das für ein heilsamer Präsenzunterricht, in dem die halbe Klasse fehlt – und zugleich das Lehrpersonal? Was ist das für eine Schule, in der jedes Kind über kurz oder lang mit einem Virus infiziert wird, von dem wir nicht wissen, wie hoch das Risiko für Langzeitschäden ist? Was ist das für eine Wirtschaftspolitik, die durch Beharren auf Präsenzunterricht verhindern will, dass Eltern als Arbeitskräfte ausfallen, die durch dieses Beharren aber dafür sorgt, dass ihre Arbeitskaft erst recht wegbricht, weil die Eltern sich unweigerlich bei ihren Kindern anstecken, mit dem Risiko langfristiger Leistungseinbußen? Was ist das alles für ein seltsames Theaterstück, in dem wir mit aller Kraft Normalität spielen, während um uns herum Kollegen, Mitschüler, Nachbarinnen erkranken?


Cupcake Ipsum | Für Grafiker:innen und alle, die Blindtext benötigen und eine Schwäche für Gebäck haben: Cupcake Ipsum.

In dem Zusammenhang: Es gab am Wochenende eine Waffelsituation.

Gedeckte Kaffeetafel mit Waffeln und heißen Kirschen

Im Kontext Waffeln wurden die neuen Klemmbausteine bespielt. Zum denen kam ich so: Eine Blogleserin meldete sich auf diesen Tagebucheintrag. Sie sagte, ihre Kinder seien aus dem Lego-Alter heraus, sie habe allerdings noch jede Menge vorrätig, elf Kilo. Sie fragte, ob ich das haben wolle, sie werde es anderweitig nicht los; als Spende wolle es niemand annehmen. Wir vereinbarten eine Win-Win-Win-Situation: Ich spendete einen Beitrag an die Hochwasserhilfe, sie spendete mir im Gegenzug das Lego. Zack, drei Gewinner: Ich bekam ein Riesenpaket, die Blogleserin hat freie Regale, und die Hochwasserhilfe Geld.

Parkett, darauf verteiltes Lego

Eigentlich gibt es sogar sechs Gewinner, wenn man die Beutekinder mitzählt.


Geschaut | Die Wannseekonferenz. Eindrücklicher Film, unbegreiflich in der Sache.

Geschaut | Ich bin dein Mensch. Ein wunderbar leichter und gleichzeitig tiefgründiger Film. Tolle Schauspielleistung. Noch bis Juni in der ARD Mediathek.

Turngefühl | Mein Leben fühlt sich an wie damals in der Schulturnhalle, als ich, in Erwartung des Fürchterlichen, zum Reck-Aufschwung anstand, und nach und nach alle vor mir drankamen. Denn es gibt weitere Infektionsmeldungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis und dem beruflichen Umfeld. Alle Betroffenen sind dreifach geimpft und haben leichte bis mittlere Symptome.

Schnelltest heute wieder negativ.

Tasse Milchkaffee, negativer Schnelltest, Postkarte "Die Hypochondrie"

Diesmal war es besonders spannend, denn die Papierstruktur im Test wies beim Hochlaufen Querstreifen auf, auf ganzer Länge – die dann allerdings wieder verschwanden. Testen am Limit.

A propos, den Schnelltesttest kennen Sie, oder? Einfach Barcode scannen und erfahren, wie gut der genutzte Test ist.


Corona-Service | Die drei häufigsten Irrtümer über Omikron und was Fakt ist – von Corinna Hennig vom NDR-Podcast Corona-Update.


Date vor Ort | Ich war beim Kunden, Open Space mit viel Space, super Menschen und gutem Kaffee. Mittags haben wir auf dem Markt Curry gegessen. Es war schön, Leute zu treffen – und erfolgreich auch. Wieder einen kleinen Schritt vorangekommen.


Seminaridee | Ich habe eine neue Seminaridee. Arbeitstitel: Deeskalation im Arbeitsalltag – ein Seminar für Menschen, die an Schnittstellen arbeiten, für Gremienvertreter, Mediator:innen und alle, die im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen unterwegs sind. Zwei Tage, Präsenz. Termin: Herbst.

Das Seminar möchte ich gemeinsam mit Katja machen (hier ist sie im Podcast zu hören). Ich habe sie schon gefragt. Sie hat voll Bock drauf. Anfang Februar setzen wir uns zusammen und schnacken dazu.


Gelesen | Hard Land von Benedict Wells. Ein schöner, unaufgeregt und sympathisch erzählter Coming-of-age-Roman über einen schüchternen Fünfzehnjährigen in einer Kleinstadt.

Gelesen | „Bis hin zu Körperverletzung“. Interview mit dem Arzt und ehemaligen Präsidenten der Vereinigung für Intensiv- und Notfallsmiediziner, Uwe Janssens, über die Situation in Krankenhäusern. Interessanter Einblick, welchen Einfluss die duale Finanzierung der Krankenhäuser auf die Personalsituation in den Kliniken hat, wie die ärztliche Unabhängigkeit beschädigt wird und dass bereits die ersten Universitätskliniken privatisiert wurden.

Gelesen | Annalena Baerbock in Moskau: Über diesen Auftritt musste sogar Lawrow staunen

Gelesen | Der Anwalt Christian-Oliver Moser über den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt und die Vorwürfe des Machtmissbrauchs, mit denen er konfrontiert ist: „In seiner Führungsrolle Untragbar“

Gelesen | Kommt eine Frau zum Arzt


Die kleinen Dinge |  Alltagsbemerknisse ohne Relevanz:

  • Der Eichelhäher ist heiß auf Erdnüsse, und es ist sehr interessant, wie vornehm er sie isst: Er klemmt sich die Erdnuss unter die Kralle, pult die Schale auf, holt die Nuss heraus, lässt die Erdnusshülle fallen, dreht sie, hält sie wieder fest, hackt die andere Seite auf und isst den Rest. Kaum lege ich morgens neue aus, kommt er und holt sie sich.
  • Vattas Auto ist verreckt. Es wurde in die Notaufnahme gebracht, blieb aber ein Pflegefall. Nun hat er ein neues gebrauchtes für wenig Geld, top Preis-Leistungsverhältnis, wir sind alle glücklich. Als wir den Flitzer heute abholten, fuhren wir am Dortmunder Hauptfriedhof vorbei. Dort ein großes Polizeiaufgebot, überall Einsatzwagen und Polizisten in vollem Ornat. Kannste dir nicht ausdenken.
  • Durch eine Verkettung von Umständen unter Beteiligung von drei Personen hatte ich kurzzeitig sieben Tiefkühlpizzen in der Truhe. Drei sind schon wieder weg (nur an einer war ich beteiligt).
  • Am Wochenende backe ich Waffeln. Schwierige Zeiten erfordern eine emotionale Bewaffelung. Danke des Abbaus der Pizzavorräte habe ich Platz für das begleitende Vanilleeis.
  • Im privaten Kontext habe ich nun regelmäßig Kontakt mit Vinny Paino, per Youtube. Leude.
  • Mein Toaster ist gestorben. Er ist ein systemrelevantes Gerät in meinem Haushalt. Deshalb habe ich ihn sofort ersetzt. Der neue hat eine Restzeitanzeige und eine Reheat-Taste, mit der ich bereits getoastete Brotscheiben erneut erwärmen kann. I’m thrilled!

Verlegungen, I. | Irgendwo las ich letztens: Management sei in erster Linie Entscheidung im Ungewissen. In meinem Ein-Personen-Unternehmen manage ich zwar nicht viel, jedenfalls keine Mitarbeiter:innen, kein Material und keine Waren. Gleichzeitig fühlt sich die Organisation meiner Kundenprojekte, der Seminare, der eigenen Weiterbildung und der allgemeinen Jahresplanung in den aktuellen pandemischen Zeiten als ausreichend intensive Aufgabe an.

Ende 2021 ahnte ich, dass manches, was ich gemeinsam mit Kunden fürs erste Quartal 2022 plante, umgeschoben werden wird, falls kein Wunder entritt. Ich traf entsprechende Vorkehrungen, ließ Luft im Kalender. Das Wunder trat erwartungsgemäß nicht ein. Also schoben die Kundin und ich nun geplante Präsenztermine aus Januar und Februar in den Mai, ich drückte Abhängigkeiten zurecht.

Die dadurch frei werdenden Kalendertage eröffnen jetzt neue Möglichkeiten, das Leben wird etwas betulicher. Die nächsten Wochen zeigen sich durchgelüftet, was auch sein Gutes hat. Für den weiteren Jahresverlauf verdichten sich hingegen Termine, aber das ist okay. Ich nutze den Januar und Februar für Vorbereitungen und habe remote gut zu tun.


Verlegungen, II. | Meine kommende Lesung aus „Die Frau, die den Himmel eroberte“ wird ebenfalls geschoben. Am 28. Januar hätte ich in Dortmund gelesen und allerlei Spannendes rund um Käte Paulus, Luftfahrt, Ballontechnik, Frauenrechte und Fahrradfahren und die Geschehnisse im beginnenden 20. Jahrhundert erzählt. Geplant war, in Präsenz beisammen zu sein und gleichzeitig per Livestream zu streamen, für den guten Zweck. Der Veranstalter, der Tangent Club 63 Dortmund, die Moderatorin Steffi Opitz und ich haben uns allerdings entschlossen, die Lesung zu schieben. Einen neuen Termin legen wir fest, wenn die Lage wieder berechenbar ist.

Eine aktuelle Terminübersicht meiner Umtriebe online und offline gibt es hier. Alles ist im Fluss.


A propos Fluss | Spaziergehpanorama am Stausee zur hellsten Tageszeit. Eigentlich.


Einschläge | Die Einschläge kommen näher, die Frequenz der Positivtests erhöht sich. Aus diversen Richtungen erreichen mich Nachrichten – im beruflichen Kontext, im Umfeld der Beutekinder. Es gibt überstürzte Nachhausfahrten, abgebrochenes Zur-Schule-Bringen, WhatsApp-Gruppen mit PCR-Ergebnissen und ausfallende Termine. Informationen darüber, wo es noch Schnelltests zu kaufen gibt, werden wie Bückware gehandelt. Ich spüre Endzeitstimmung im Umfeld und bei mir selbst. Wir warten auf den Einschlag.

Herrn Buddenbohm berichtet Ähnliches:

Mittlerweile gibt es drei Familien im engeren Umfeld mit Corona-Fällen. Ich halte das eben für die Chronik fest, so sieht es hier jetzt also aus. Statistisch gesehen habe ich es vermutlich schon und weiß es nur noch nicht. Bei jedem Husten „Na, jetzt?“ denken. Oder die Herzdame in diesem Sinne fragen, die Söhne, die morgen routinemäßig wieder zur Schule gehen, bis sie das wöchentlich größer werdende Infektionsangebot dort doch noch annehmen. 

Es sind die kleinen Dinge, es sind die kleinen Nudeln

Übers Wochenende 1.882 positive Tests in Dortmund. Die Inzidenz liegt bei 780. Ins Fitnessstudio darf ich derweil wieder ohne Test, also 2G statt 2Gplus – zumindest, wenn ich geboostert bin. Doppelt Geimpfte sind in NRW nun mit Geboosterten gleichgestellt, es sei denn, ihre zweite Impfung liegt länger als neunzig Tage zurück und es ist trotz steigender Inflation abnehmender Mond. Letztes ist natürlich Quatsch – aber nur letzteres, alles andere ist natürlich total, äh, logisch. Währenddessen wurden in der Handball-Nationalmannschaft – es ist gerade Europameisterschaft – sieben Spieler positiv getestet. Man ruft in Deutschland an und stockt den Kader auf. Jeder darf mal, bis alle dran waren.

Ich schreibe das hier auf, damit ich später nachlesen kann, wie es damals war, in der fünften Welle der Pandemie.


Todesfall | Die Rahmenhandlung zur Pandemie ist nicht dazu angetan, die Stimmung zu heben. Denn die Bonushündin ist verstorben – im gesegneten Alter von fast fünfzehn Jahren.

Es gab eine würdige Beerdigung mit Blumen, Lichtern und Schokobons.


Was schön war | Ich war beim Kunden am neuen Standort, habe etwas abgeholt und Zeit mit den Mitarbeitern dort verbracht. Nicht vielen, denn die meisten sind im Home-Office. Aber eine Handvoll war da. Wir sehen uns sonst nur digital. Das war schön.


Gelesen | Was man unter Wasser sehen kann von Henriette Dyckerhoff. Es geht um dörfliche Heimat, um Familie, den Bau eines Staudamms und sehr viel ums Schweigen. Ein gutes Buch, obwohl ich die Protagonistin und alle anderen fortwährend schütteln und anschreien möchte.

Allgemeine Kalenderereignisse und ihre Begehung | Über den Jahreswechsel verfiel ich in Winterschlaf. Ich erwähnte es schon einmal, oder nicht? Ich hege eine große Leidenschaft fürs Schlafen, noch mehr als für Waffeln. Quasi alles wird durch Schlafen besser: die Laune, die Gesundheit, die Ideen, das gesamte Leben.

In kurzen Wachphasen träumte ich vom Reisen. Ich gab alle Orte bei Airbnb ein, sah mir die Ferienhäuser an, klickte mich von der Küche ins Wohnzimmer, ins Schlafzimmer, auf die Balkone, durch die Umgebung und stellte mir vor, dort zu sein. Täglich schaute ich, wo Fridolin und die Abels sind. Mit Teilen der Abels habe ich Handball gespielt; seit Monaten reisen sie quer durch Europa (Blog).

In einem Kurort feierte ich Silvester – mit Knallbonbons, Raclette und Wunderkerzen.

Ich fuhr in ein Resort in die Eifel; es regnete in Tropfen und in Grieseln, von vorne und von der Seite, nieselnd, klatschend und pladdernd. Ich besuchte ein Spaßbad, ließ mich durch Strudel treiben, wippte bojenhaft auf künstlichen Wellen, warf die Beutekinder ins Wasser und rutschte. Ich wanderte zu einer Burg, vorbei an überhängenden Felsen und über schmale Pfade.

Ich schrieb Neujahrskarten; digital – es ist ja kaum jemand im Büro, weder aktuell noch in den kommenden Wochen. Ich begann mit dem Zusammenbau eines Busses aus dänischen Klemmbausteinen.

Ich ließ mir unzählige Stäbchen in die Nase schieben, telefonierte Testergebnissen hinterher und ging danach ins Fitnessstudio. Einmal ging ich auch in ein Museum, das war noch in der Eifel. Das Museum war auch Nationalparkzentrum. Es befand sich überraschenderweise in einer ehemaligen NS-Ordensburg.

Ich lernte etwas über den Biber und über die Jahreszeiten, über den Neuntöter und darüber, wer wen frisst. Ich sah mir eine Ausstellung über Herrenmenschen an und versuchte, den Kindern zu erklären, wer Hitler war, wer seine Freunde waren, was sie taten und vor allem: warum. Aber wer kann das schon schlüssig?

In der Ordensburg gab es ein Restaurant, das Reminiszenzen hervorrief. Sowohl, was das Intrieur als auch den Geschmack und den Geruch anging, fühlte mich in die 2000er-Jahre zurückversetzt, als ich regelmäßig die Betriebskantine der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung besuchte – ein holzvertäfeltes, mit Knüpfteppichen behangenes und mit orangefarbenen Kacheln verziertes Kleinod der Betriebsgastronomie. Immerhin gab es auf der Burg ein vegetarisches Gericht: eine Frühlingsrolle. Das dazugehörige Asiagemüse war zwar aus, aber man bot mir Kartoffelgratin und Rotkraut als Beilagen an. Eine wilde Mischung, die gar nicht mal so gut schmeckte, weder einzeln noch im Zusammenhang.

Aber die Aussicht war gut, hinab ins Rurtal, und die Kinder hatten Pommes.

Was tat ich noch in meinen Wachphasen? Ich schaute Ein Jahr auf den Lofoten und andere Reportagen aus fernen Ländern – anküpfend an meine Airbnb- und Instagram-Reisen -, während ich die Wolldecke bis zum Hals zog und aus einer großen Tasse Ingwertee trank. Ich schaute Downton Abbey zu Ende, die Serie und den Film, und freute mich, dass Thomas jemanden knutschen durfte, endlich mal. Ich guckte außerdem Der Staat gegen Fritz Bauer; ein Film, der auch beim zweiten Mal sehenswert ist, eine großartige schauspielerische Leistung. Ich buk Brot, rührte ein Schokomousse an und kochte Gorgonzola-Suppe mit Sherry-Birnen.

Ich mied Nachrichten; sie hätten nur meinen Winterschlaf gestört. Stattdessen las ich.


Gelesen | Bühlerhöhe von Brigitte Glaser. Zwei Frauen in den 1950er Jahren, ein Nobelhotel, der Besuch des Kanzlers Adenauer, alte Seilschaften, ein Toter und der israelische Geheimdienst – eine Geschichte mit einigen Länngen, aber viel Zeitkolorit, der darüber hinwegtröstet.

Gelesen | Der Gesang der Berge von Nguyễn Phan Quế Mai, übersetzt von Claudia Feldmann. Ein vietnamesisches Familienepos, erzählt aus der Perspektive der Großmutter und der Enkelin. Beeindruckender Einblick in eine Zeit der Besatzung und des Krieges, der Flucht und Vertreibung, der Landreform, des Todes, der Hoffnung und der Trauer. Basierend auf wahren Begebenheiten. Keine leichte Lektüre, emotional.


Gesucht: Lehrerinnen und Lehrer | Die Montessori-Schule in Dorsten, die Schule eines Beutekindes, baut derzeit eine Oberstufe auf und sucht noch Lehrer:innen.

Unseren Neujahrsbrief möchten wir auch nutzen, um euch über den Stand der Dinge bezüglich unserer Gesamtschulpläne zu informieren. Momentan fehlen uns noch ein bis zwei LernbegleiterInnen mit der Lehrbefähigung für die Sek 2, um im Sommer starten zu können. Konkret geht es um das Fach Englisch und eine zusätzliche Schulleitung. Die Stellen sind weiterhin ausgeschrieben, manchmal sind es aber auch ganz andere Wege, die zum Ziel führen. Solltet ihr also jemanden kennen, der jemanden kennt, der jemanden kennt … der als Lehrkraft der Sek 2 tätig ist oder sein möchte und Lust auf Veränderung und Mitgestaltung der Oberstufe hat, so möchte er/ sie sich gern zeitnah bei uns melden. […].

Neugierig auf unser Vorhaben ist auch Prof. Dr. Stebner von der Universität Osnabrück geworden. Er und sein Team haben großes Interesse daran uns beim Aufbau der Oberstufe wissenschaftlich zu begleiten. Sein Fachgebiet ist das selbstregulierte Lernen und in diesem Bereich haben wir als Team aus Schülerinnen und Lernbegleitern ja einiges zu bieten.

Neujahrsbrief der Montessori-Reformschule in Dorsten (E-Mail)

Broterwerb | Da nun der Winterschlaf vorbei ist, stehe ich wieder früh auf: Arbeit mit dem Kunden, Seminarvorbereitungen, Planung der kommenden Wochen, heute die Moderation einer digitalen Veranstaltung. Ich bin erstaunt und dankbar, dass ich weiterhin gut zu tun habe – in diesen Zeiten ein besonderes Geschenk. Es wird sich zeigen, wie es sich in den nächsten Wochen und Monaten mit Präsenzveranstaltungen verhält; wir müssen es nehmen, wie es kommt und um #dieaktuelleSituation herum organisieren. Hauptsache, möglichst viele Menschen bleiben gesund.

Nochmal ein freundlicher Hinweis auf mein Seminarangebot – ganz leger von zu Hause aus, entspannt mit Pausen und viel Interaktion zum Ausprobieren.


Begonnen zu hören | Winterkorn und seine Ingenieure. Ein Einblick in einen der größten Industrieskandale der Bundesrepublik. Ich habe die ersten vier von insgesamt sieben Folgen gehört. Erhellend, ernüchtend, verstörend, irrsinnig und ein Abbild für – tja, was? Ich weiß es noch nicht, habe aber die Befürchtung: für vieles in unserem Land, das Pfründe sichert.

Postweihnachtliches Turnen | Einhundert Meter oberhalb des Fitnessstudios hat, pünktlich zum Inkrafttreten der neuen Landesverordnung, eine neue Drive-in-Teststation eröffnet. Auf den Kapitalismus ist Verlass.

Die Atmosphäre ist heimelig – vorausgesetzt, man mag Gewerbehöfe. Ein Foto aus Chronistenpflicht:

Container mit Schild "Corona-Test", drei Autos vor mir, davon ein VW-Bulli mit einer Pril-Blume drauf

Die Leibesübung selbst war wohltuend. Die Feiertage haben mich gerundet und versteift. Jetzt bin ich wieder gelockert und gestählt.


Heimatbesuch | Ich war in der Heimat.

Großes, blaues Rathaus mit Türmchen und Torbögen, daneben der Kirchturm, im Vordergrund Fußgängerzone und eine Fleischerei

In der Bäckerei zeigte ich Impfnachweis und Ausweis vor und setzte mich mit einem Kaffee in eine Ecke. Ein Ehepaar aß Kuchen. Ein Mann arbeitete an einem Laptop. Ein anderer Mann saß herum und schaute sich die Menschen an, die vor dem Schaufenster in Richtung Bahnhof gingen. Es waren nur wenige.

Der Bahnhof in diesem Ort hat einmal die Auszeichnung des hässlichsten Bahnhofs Deutschlands bekommen. „Ein Schandfleck“, war man sich auch in der Stadt einig. Als ein Investor das Gebäude irgendwann abriss, Parkplätze und würfelförmige Fachmarktzentren baute, war man allerdings auch nicht zufrieden. Der Bekleidungsdiscounter werde die Kaufkraft aus der Innenstadt ziehen, und wer brauche noch einen Lebensmittelmarkt? Nein, das sei nun auch wieder nicht schön. So ist das in meiner Heimatstadt: Das, was man hat, ist nicht gut genug, und das, was kommt, wird schlecht geredet. Jetzt ist man zwar zufrieden mit der Entwicklung, allerdings, wer weiß, was hätte Besseres kommen können.

Man könnte eine Menge machen aus dem kleinen Zentrum, in dem es Fachwerkhäuser und einen hübschen Kirchplatz gibt, Brunnen, Bänke, einen Wasserlauf und viel Leerstand. Man müsste nur jenseits von Einzelhandel denken – und jenseits der Überzeugung, dass früher alles besser war, damals, als noch niemand online einkaufte (einschließlich man selbst), als Hausfrauen noch Hausfrauen waren und sich Dienstagfrüh auf dem Markt trafen und als man noch mit dem Audi 100, Fünfzylinder-Diesel und Innenausstattung in Velour, bis vors Geschäft fahren durfte.

„Sie wissen, dass ich Ihnen meinen Ausweis nicht zeigen muss?“, polterte es aus Richtung Bäckerstheke. Den müsse er nur der Polizei zeigen, und auch bei der sei es Schikane. Überhaupt alles sei Schikane. „Wer es kriegt, der kriegt’s. Wissen Sie, wer krank wird?“ Die, die sowieso schon am Abnippeln seien und die Dicken und die, die faul seien. „Ich gehe jeden Tag raus. Ich bin gesund.“ Für Menschen wie ihn sei es nur ein Schnupfen, und die neuen Regeln, „das ist nur die Hilflosigkeit der Politik. Die will uns nur zeigen, dass wir zu gehorchen haben.“

Ich stellte mein Tablett weg und sah den Mann an: ein Mann in den Fünfzigern, Anfang Sechzigern, Hemd und Mantel, Brille und Schal, mit einem doppelten Espresso auf dem Tablett. Dann ging ich. Die Tante wartete. Ich fuhr hoch auf den Berg. Wir plauderten, und schauten Fotos an. Es gab Kuchen und zum Abendbrot eine Tomatensuppe. Als ich heimfuhr, war es schon lange dunkel.


Gesammelt |  Frau Kaltmamsell hat die Bücher zusammengetragen, die sie 2021 gelesen hat. Von denen werde ich mir ein paar aufs Nachtkästchen legen.



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