Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Ein Ausflug zum Barcamp nach Dangast, während daheim mein Kühlschrank kündigte

21. 9. 2022 2 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Barcamp Dangast | Am Wochenende war ich an der Nordsee, schaute aufs Meer und traf Menschen. Nach zwei Jahren Pause startete das Barcamp Dangast in eine neue Zukunft. Es war eine kleinere Runde als vor der Pandemie, aber auch eine intimere – und gemäß der Traditionen mit einer Schwimmsession in der Nordsee, Sturm Regen, Sonne und Regenbögen.

Seminarraum, im Hintergrund ein großes Fenster, dahinter Meer und ein Regenbogen

Ein Barcamp, das ist eine Konferenz ohne feste Agenda. Die Themen, die besprochen werden, entstehen erst am Morgen der Veranstaltung. Wer teilnimmt, kann sich vorstellen und sagen, dass er gerne über Dies oder über Das sprechen möchte, dass er gerne Erfahrungen teilen oder die Erfahrungen der Anderen hören möchte. Daraus entsteht das Tagesprogramm. Man nimmt an den Sessions teil, die einen interessieren. Wenn einen grad nichts interessiert, geht man an den Strand, isst Kuchen oder unterhält sich mit denjenigen, die auch gerade Pause machen.

Es begab sich, das die Runde sich viel für Wandel und Transformation interessierte, außerdem für Energiewende. Ich knüpfte Kontakte zu spannenden und noch dazu sehr netten Leuten. Wir tauschten uns über unseren Erfahrungen zu Veränderungen in Organisationen aus. Ich erfuhr außerdem, was in Sachen Stromverbrauch und Verbrauchssteuerung schon möglich wäre, wenn es entsprechende Rahmenbedingungen gäbe und man effizient mit privaten Verbrauchsdaten arbeiten könnte. In der Industrie wird das schon gemacht. Denn es wird in Zukunft wichtig sein, die Energieabnahme mehr den Zeiträumen anzupassen, in der Energie erzeugt wird. Wie das aussehen kann, zeigen ein Bäcker im Münsterland und einer in Erfurt: Sie backen erst ab dem Morgen, wenn die Sonne scheint. Nebeneffekt: Sie finden einfacher Fachkräfte. Die Herausforderungen ist – und das schließt dann den Kreis zu Wandel und Transformation -, mit alten Glaubenssätzen zu brechen, etwa dass Bäcker nachts arbeiten müssen, weil das nicht anders geht und immer so war.

Beim Barcamp Dangast gibt es, wie gesagt, zwei Traditionen:

  1. Es stürmt und regnet.
  2. Wir gehen schwimmen.

Für Sturm und Regen gebe ich elf von zehn Punkten auf der Zufriedenheitsskala. Von Freitag bis Sonntag wehte ein strammer Wind. Es gab immer wieder heftige Schauer, teils auch längeren, sturzbachartigen Regen. Der Wind trieb das Wasser von unten nach oben in die Regenjacke; ich sehe die Tradition hier deutlich übererfüllt.

Regen und Sturm bei Flut, die Sicht ist diesig

Danach Sonne und Regenbogen. Das ist immer hübsch.

Als am Samstagabend die Flut kam, stiegen wir ins Hafenbecken. Wir zogen unsere Badehosen und -anzüge an und marschierten strammen Schritte in die Nordsee; ein Zögern ist zu diesen Bedingungen nicht angebracht. Nach dem ersten Eintauchen – uff, kalt! – ging ich erstmal wieder an Land. Dort fand ich es dann recht warm und stieg nochmal ins Wasser. Da war es schon besser (Bildnachweis bei Instagram, für Follower). Am Strand versammelte sich nach und nach eine kleine Traube Menschen, eingemummelt in Jacken und Schals, und schaute unserem Traditionsschwimmen ehrfürchtig zu.

Am nächsten Morgen Frühstück im Kurhaus: zünftig auf karierter Tischdecke, mit frischem Brot und selbst gemachten Pasten, gemeinsam mit Christian und Annette.

Mein Dank geht an Frank, der alles organisiert hat. Sein Bericht vom Wochenende: Das Barcamp Dangast atmet.


Wie kalt ist uns | In Dangast war es feucht und kalt. Auch in Dortmund ist es recht frisch, überraschenderweise, denn gefühlt gestern stand ich noch in Rock und T-Shirt vor einem Ventilator und fieberte dem Freibadbesuch entgegen.

In dem Zusammenhang erfuhr ich, dass es in Italien eine klimatische Einordnung der Gemeinden gibt. Sie legt per Gesetz fest, in welcher Ortschaft wie viel geheizt werden darf. In der Provinz Chieti, mein Urlaubsziel, wird vom 1. November bis zum 15. April geheizt – maximal zwölf Stunden täglich. Die Gemeinden kann man hier nachschlagen.

Passen dazu fragt Herr Buddenbohm, ohne Fragezeichen: Wie kalt ist uns eigentlich.


Vogelfernsehen | Während ich in meinem Arbeitszimmer sitze, die Wärmflasche im Rücken – ein allgemeines Konzept in Herbst und Winter, nicht energiepreisgetrieben, wenngleich auch förderlich in diesem Zusammenhang -, mit warmem Rücken schaue ich also aus dem Fenster. Dort habe ich Vogelfernsehen.

Das Rotkehlchen, ein Tier zwischen Neugier und Kontemplation, nutzt den Ort als Lounge. Die Meisen hingegen, hektisch und vehement, hacken Kerne heraus und verschwinden mit ihnen, um nach wenigen Momenten wiederzukommen und erneut zu hacken, zu verschwinden und wiederzukommen – und immer so fort.


Zur Erinnerung an Journelle | Ihr Auftritt im Musikvideo „Courage“ von Wahnschaffe. Die Erinnerung läuft hier jetzt mit – so wie Traurigsein eben dabei ist, wenn das Leben und auch die Freude am Leben weitergeht.


Kündigung | Als ich aus Dangast zurückkam, hatte mein Kühlschrank die Kündigung eingereicht. Er blinkte mit rotem Ausrufezeichen und sagte: Ich mache Schluss. Ich leitete Wiederbelebungsversuche ein. Er brummte nochmal kurz auf. Am nächsten Morgen war jedoch alles warm.

In Angelegenheiten wie dieser bin ich entschlussstark. Ich recherchierte kurz Preise und technische Standards im Netz, entschied, mich zu verkleinern, und fuhr in den Fachhandel, einem Händler im Stadtteil nebenan. Ich marschierte vor den aufgebauten Kühlschränken auf und ab, hielt Rücksprache mit dem Verkäufer und entschied mich für ein Modell der höchsten Energie-Effizienzklasse. Durch Verkleinerung und bessere Effzienz werde ich den Stromverbrauch meines Kühlschranks wahrscheinlich vierteln. Eine Investition, die sich gegenüber preiswerteren Geräten zwar erst nach acht bis zehn Jahren amortisiert, aber man hat ja auch eine gesellschaftliche Verantwortung.

Die Entscheidung für ein kleineres Gerät zog Möbelrücken nach sich. Zudem hatte der alte Kühlschrank einen Wasseranschluss; das Abklemmen des Schlauches war aufgrund von Umständen, die hier jetzt zu kompliziert sind zu erläutern, mühselig.

Das mühselige Abklemmen benötigte außerdem einen Ausbau der Mülleimerschublade. Das Wiedereinsetzen funktionierte natürlich nicht; irgendwas war rausgesprungen, es musste rausgeschraubt und wieder reingedrückt werden. Ein Rattenschwanz an Tätigkeiten und Herausforderungen; Sie kennen sowas bestimmt.

Heute kam dann der neue Kühlschrank. Der Fachhändler arbeitet mit eigenen Leuten, die ausliefern. Offenbar haben sie gute Arbeitsbedingungen, denn sie waren bestens gelaunt. Das fühlte sich gut an.


Gelesen | Die Kaltmamsell urlaubt im Baskenland und wandert auf den Biozkorna-Pass, mit Tierbegegnungen

Gelesen | Das Recherche-Netzwerk Correctiv hat sich die Verflechtungen der deutsch-russischen Gas-Beziehungen angesehen. Es gibt Vereine und Foren, Stiftungen, Veranstaltungen und Sponsoren – vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Eine Fülle von Organisationen, die nach Vielfalt aussieht. Es ist aber keine: Die Gazprom-Lobby.

Gelesen | In Sizilien entsteht die größte Solarfabrik Europas. Sie wird in Zukunft bifaziale Solarmodule herstellen, bei denen auch die Rückseite Ertrag bringt.

Kommentare

2 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓

  1. Bettina sagt:

    Mein Beileid zum Ableben des Kühlgeräten und Glückwunsch zum beherzten Neukauf.
    Zeigt das Bild bereits die neue, kleinere Variante? Oh-oh, dann hätte ich gerne mal das alte Volumenwunder gesehen.

  2. Alexandra sagt:

    Die Bäcker runter von den Traditionen, gut so! Das dient dem Image und macht den Beruf attraktiver.

    Mir scheint überhaupt eine Zeit angebrochen zu sein, die endlich die fälligen Umbrüche angehen kann; weg von Dogmen, raus aus Ideologien.

    In der Landwirtschaft ist das besonders tiefgreifend – und nebenbei: Der idyllische Bauernhof im Kinderbilderbuch, wo es ihn immer noch gibt, braucht ein Umstyling, dringend! Für ein klareres Image der Landwirtschaft.

    Dieweil nicht nur die Bauern https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/mut/und-wenn-man-s-mal-anders-macht hie und da umdenken, sondern in Frankreich, wo es offenbar die meisten Selbstmorde unter Bauern gibt, soeben eine Frau von Grund auf alles umkrempelt: https://en.hectar.co/team-members/audrey-bourolleau

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