Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Gestern Abend sitze ich auf meinem Balkon und beobachte das anrollende Gewitter.

Ich denke: „Jo, da kommt wohl ein Gewitter.“ Wie das so ist, an heißen Tagen. Von Warnmeldungen wusste ich nichts: Ich hatte den ganzen Tag über Besuch gehabt, kein Radio gehört, war nicht im Internet gewesen.

Unwetter Pfingsten 2014 in Dortmund

Gegen 21.30 Uhr.

 

Bis auf die Dunkelheit und entfernte Blitze passiert erstmal nichts. Es kommt eine leichte Brise auf – ein Hauch, ein „Das dauert noch“-Lüftchen. Ich bleibe auf dem Balkon sitzen, die kalte Rhabarbersaftschorle schwitzt im Glas, Eiswürfel klimpern; ich schaue auf die Wolken und auf diese komische blaue Linie, die den Himmel teilt.

Plötzlich!
WUSCH!
BÄMM!
– reißt eine Böe mein Tomaten-Gewächshaus von der Balkonbrüstung. Im selben Moment beginnt es hammermäßig zu regnen. Und zu hageln. Ohne Tröpfeln vorher, ohne alles. Sowas habe ich noch nie, wirklich!, noch nie erlebt. Dann geht es los. Um zu veranschaulichen, was hier abging:

Schauen Sie gerne mit Ton, das macht es eindrücklicher.

Ich stürze mich sofort auf das Gewächshaus, hänge mit dem halben Körper darauf. Wenn mir das Ding jetzt abhaut, fliegt es irgendwem ins Fenster, denke ich. Oder aufs Auto. Oder in die Fresse. Es weht ein irrsinniger Wind, völlig verrückt. Wie gesagt: innerhalb von Sekunden; man kann sich das schwer vorstellen. Mit einer Hand halte ich mich an der Balkonbrüstung fest, ich klemme mir die Streben des Häuschens irgendwie zwischen die Knie, steige halb drauf. Mit der anderen Hand versuche ich, die Metallstreben auseinanderzufummeln und die Plane des Gewächshauses herunterzureißen. Das Ding muss irgendwie auf die Erde, es ist wie ein Segel; und es ist breit: Fliegt es weg, reißt es alles mit sich – Stühle, Blumen, Kübel. Es regnet und hagelt, es prasselt auf mich – wie ein Wasserfall, so viel und so hart. Unglaublich. Ich ringe das Häuschen nieder, kriege irgendwie die Plane runter, es dauert ewig, und stopfe sie unter eine Sonnenliege.

Erst jetzt sehe ich: Der Sturm hat die Balkontür aufgeweht. Es hagelt mir ins Wohnzimmer.

Ich schnappe mir den ersten Tomatentopf, eiere mit ihm ins Haus. Der Hagel auf dem Balkon – er ist glatt, es ist, als laufe ich auf Eiern. Mein Rock, mein Shirt – das Wasser tropft, nein, es läuft aus den Klamotten aufs Parkett. Ich ziehe beides aus, werfe es ins Bad, schleppe weitere, freistehende Töpfe rein. Im Wohnzimmer: fünf-Cent-große Hagelkörner. Ich schiebe sie übers Parkett raus auf den Balkon. Der Regen drückt weiter Wasser rein. Ich schiebe die Balkontür zu, laufe ins Bad, hole Handtücher, lege sie aus.

Unwetter Pfingsten 2014 in Dortmund

Wohnzimmer trocken legen.

 

Dann laufe ich zur anderen Seite, durch die Küche zum Garten, ziehe den Grill, die Stühle, den Tisch und alle Blumen ans Haus.

Unwetter Pfingsten 2014 in Dortmund

Nur die Stärksten überleben.

 

Es ist irre, völlig irre. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber: irre. Vor allem der Wind, so aus dem Nichts.

Heute morgen – bei der Inspektion des Balkons: alles gut. Nur: Das Gewächshaus ist tot. Die vier Leinen, mit denen ich es festgebunden hatte (wie in der Anleitung), baumeln am Balkon: Die Knoten waren super, der Wind hat einfach das Dach abgerissen, mit einer einzigen, seiner ersten Böe. Irre.

Anne war heute morgen in Essen unterwegs und hat Fotos gemacht. So sieht es hier in Dortmund auch aus.

Zur Einstimmung auf die WM: Christoph Niemann, Illustrator, war für die New York Times in Brasilien und hat den Maracanaço gefunden.

Die Fußballspieler Per Mertesacker und Lukas Podolski widerlegen Tweets von Fans:

Etwas ganz anderes – schon etwas älter, trotzdem eine interessante Diskussion: Jule zum Thema „Sexualität in der Pflege“, genau genommen über die Frage, ob Pfleger und Pflegerinnen behinderten Menschen die Selbstbefriedigung ermöglichen sollen.

Kein Mindesthaltbarkeitsdatum mehr für die Nudel? Die EU überlegt, Lebensmittel, die sehr lange haltbar sind, nicht mehr mit einem MHD zu versehen, sondern mit dem Produktionsdatum.

Ich habe mir gerade eine Wohnung eingerichtet, bin bei Freunden zu Besuch und  – Herr Buddenbohm kennt das Phänomen -, ach sehen Sie selbst:

Frau Gminggmangg interviewt zu jedem Geburtstag ihre Kinder: Y zum fünften Geburtstag, Äm zum dritten.

Frau Journelle über sich, ihren Körper und Körperkult.

Unterschiedliche Körpertypen olympischer Athleten.

iRecorder, ein iPhone-Spieler im Look früherer Kassettenrekorder.

Oft frage ich mich: Wann machen die Leute das alles?

Zum Beispiel fernsehen. Dokus und Filme, Let’s dance und Shopping Queen. Vor der Arbeit muss ich mich kämmen und frühstücken, nach der Arbeit ist es plötzlich 23 Uhr, dabei kam doch dieser Film, ach, verpasst, schade. Im Ergebnis sehe ich an Werktagen nie fern, es ist unmöglich, ich schaffe es einfach nicht.

Vielleicht mache ich etwas falsch. Zehn Stunden am Tag Arbeit, mit Pause, Hin- und Rückweg, danach Sport (der Rücken!) oder einkaufen (kein Brot und kein Klopapier mehr da!), Wäsche waschen, aufhängen, abhängen oder Blumen gießen, Spülmaschine, bügeln, zu Abend essen möchte ich auch, auch mal einen Freund treffen oder eine Freundin, mich um die Tante kümmern und den Vater sehen, und die Zeit, tic tac tic tac – kaum bin ich zu Hause, kaum komme ich zur Ruhe, ist es auch schon soweit, ins Bett zu gehen, denn man nächsten Tag ruft die Arbeit wieder, und weil ich es satt habe, spätestens ab Mittwoch bleiernd müde zu sein, gehe ich um elf ins Bett, sonst bin ich völlig im Eimer, und am nächsten Tag, tic tac tic tac, geht alles von vorne los.

Es ist eine sehr grundsätzliche Müdigkeit, die ich fühle, wenn ich müde bin.

Zum Beispiel Kino. Ein Film läuft an und ich denke: „Den will ich sehen!“, doch finde ich einen Tag, an dem a) mich jemand begleitet (alleine, nein, da versuche ich’s lieber erstmal weiter mit fernsehen), b) nicht die unmittelbare Gefahr besteht, dass ich bei „Licht aus“ sofort einschlafe und ich c) nicht für das Wohlbefinden turne (turnen möchte!), ist er auch schon wieder raus aus dem Programm.

Samstag ist der beste Tag, wirklich, ganz ohne Ironie. Samstag ist mein Lieblingstag. Dann haben die Geschäfte geöffnet, dann kann ich in den Baumarkt fahren oder zu dm, meine Hose vom Schneider abholen, zur Post gehen und etwas in die Reinigung bringen – ohne zu hetzen, ohne gleich irgendwo sein zu müssen, etwas tun zu müssen, Verpflichtungen zu haben. Am Samstag darf ich Krach machen, Rasen mähen zum Beispiel – denn am nächsten Tag ist schon wieder Sonntag, da geht das nicht, da darf man nur leise durchwischen.

Zum Beispiel Ausflüge. Gerne würde ich mal wieder nach Hamburg und Stuttgart, an die See, nach München, wandern. Aber es bleiben nur zwei Tage in der Woche, und von den zwei Tagen ist mindestens einer schon auf die nächsten acht Wochen verplant – gerne verplant, mit Freunden und bei Verwandten, außerdem: Am Samstagmorgen nach München, am Sonntagabend wieder zurück, das ist Humbug, danach bin ich nur völlig durch – und Urlaub? Urlaub ist so knapp, zu knapp, ich brauche (möchte!) die Tage für längeren Abstand, für zwei Wochen am Stück, um komplett rauszukommen, weg, fort, in die Natur, um mich wirklich zu erholen.

Ganz zu schweigen vom Schreiben, von den Worten und den Geschichten, die in meinem Kopf sind, die raus wollen, es aber nicht schaffen, nicht zwischen Arbeit und Brot kaufen, Rückenturnen und Wäsche waschen, nicht an den kleinen, an den winzigen Sonntagen. All die Sätze, die Langeweile und Muße verlangen, sie liegen da, sie springen in mir herum, doch sie sind wie Wein, wie Käse, sie möchten reifen, sie sind wie Kinder, sie wollen ausprobieren, lernen, groß werden, brauchen Raum, brauchen Stunden, Tage für sich.

Wann machen die Leute das alles? Fernsehen, Kino und Ausflüge, Fotosafaris, im Café sitzen, basteln und handwerkern, Kinder großziehen, Fahrradtouren, für Marathons trainieren und Yoga, Rezepte nachkochen, all diese Serien gucken, dem Regen zusehen und in der Sonne liegen. Musizieren. Schreiben. Wer sind diese Menschen, die am Ende des Jahres noch zehn Tage Urlaub übrig haben?

Vielleicht gibt es zwei Systeme, irgendwas mit Zeitdilatation und Erdrotation, Längenkontraktion oder unterschiedlichem Sonnenlauf.

Twitter-Lieblinge 04 und 05/2014:

https://twitter.com/albtraumfabrik/statuses/460655053502963712

https://twitter.com/lucky_mushroom/statuses/462527642508730368

https://twitter.com/diegutebutter/statuses/462667044455186432

https://twitter.com/vonWurmbSeibel/statuses/463199439780601856

https://twitter.com/Muermel/statuses/463201407097929728

https://twitter.com/ohaimareiki/statuses/466531431909699584

https://twitter.com/SchlimmeHelena/statuses/468790392021069824

https://twitter.com/SchlimmeHelena/statuses/469011219769487360

https://twitter.com/wittschicat/statuses/470845507636850688

 

Er hat geschafft, was vor ihm weder den Backstreet Boys noch New Kids on the Block noch Thomas Godoj gelungen ist: Ich bin zum Groupie geworden.

Denn wer rechnet denn mit sowas? Der Web-Comic-Gott! Bei mir in Dortmund! Vater des Nomster (R.I.P.), Frauenkenner, Alltagsheld und Profibartträger! Leibhaftig! Am Donnerstag beim Science Slam im Ruhrgebiet.

„Johannes Kretzschmar!“, rief der Moderator. Und plötzlich stand er da auf der Bühne.

„Beetlebum!“, rief ich, spontan euphorisch und zart aufgeregt.
Die Freundin neben mir schaute mich an.
„BEETLEBUM!“, rief ich nochmal, diesmal in Versalien. Ich wedelte mit dem Arm erklärend in Richtung Bühne.
„Hä?“
„Der Typ!“, rief ich. „Da vorne!“, und wedelte wilder. „Johannes Kretzschmar! Beetlebum!“
„Wat is‘ mit dir? Du hattest doch nur ein Mädchenbier.“
„Das ist Beetlebum! Sag bloß, du kennst Beetlebum nicht?“
„Nö.“

Nun gut. So muss es Raspberry-Pie-Besitzern gehen, wenn sie anderen Menschen von ihrem Hobby erzählen.

Erwartungsgemäß performte Herr Beetlebum hervorragend, kickte alle Herren mit Heimvorteil aus dem Rennen und gewann das Ding.

Normalerweise bin ich ja nicht so der Autogramm-Typ. Ich habe mir noch nie von irgendwem eins geben lassen. Nun gut, ich war in meiner Jugend auch lediglich auf einem – tief durchatmen jetzt – Pur-Konzert. Und einmal bei Joe Cocker. Bei beiden bot sich das nicht so richtig an, die Sache mit der glühenden Anbetung, den Autogrammen und dem Groupietum, auch wenn Joe Cocker ebenfalls Profibartträger ist.

Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass Herr Beetlebum ein wenig, sagen wir, überrumpelt war. Kann natürlich sein, dass ich etwas aufgekratzt wirkte. Wenn ich verzückt bin, bin ich immer etwas neben der Spur. Kenner wissen, was ich meine.

Am Samstag besuche ich übrigens eine Hochzeit. Da ist so ein „Fuck Yeah!“-Tattoo auf dem Arm auf jeden Fall passend.

Beetlebum malt Frau Nessy

[Bericht der Lokalzeit Dortmund]

 

Peggy hat mir einen Stock zugeworfen:

Hand aufs Herz – wieso bloggst du?
Aus Freude am Aufschreiben. Weil ich Dinge, an denen ich Freude habe, gerne teile. Und natürlich aus Geltungsdrang. Ist doch logo.

Woher nimmst du die Zeit dafür?
Ich lasse andere Dinge. Fernsehen zum Beispiel – tue ich werktags eigentlich nie und am Wochenende auch nur sporadisch.

Wie sieht deiner Meinung nach die ideale Arbeitswelt aus?
Ich glaube: Die gibt es nicht. Es wird immer Tage geben, an denen man keine Lust hat zu arbeiten. Es gibt viele Jobs, die sich für die, die sie tun, nicht wesentlich verbessern lassen – Jobs, die aber trotzdem jemand machen muss. Wichtig ist, dass alle Menschen, die arbeiten (müssen), davon leben können – und dass sie freundlich und menschlich behandelt werden. Damit wäre schon viel gewonnen.

Bist du/wärst du lieber selbständig oder angestellt?
Ich bin angestellt und zurzeit glücklich damit.

Stadt oder Land?
Ich wohne im Vorort einer Großstadt und empfinde das als optimal. Ich möchte nicht komplett auf dem Land wohnen – eine größere Stadt möchte ich in der Nähe haben. Ich schätze einfach die Infrastruktur und die kurzen Wege; dass ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und auch problemlos einen ICE-Bahnhof erreiche. Im Gegenzug mag ich es, dass mein Vorort ein eigenes kleines Dorf ist und er deshalb, trotz dass er eigentlich Großstadt ist, so kuschelig ist.

All-inclusive oder Abenteuerurlaub?
Eher all inclusive, wobei ich in meinem letzten Urlaub in Ferienhäusern unterwegs war – das war ideal. Backpacking möchte ich nicht machen. Ich fühle mich besser, wenn zu Beginn eines Urlaubs schon ein paar Dinge organisiert sind – ich möchte Zeit zum Erholen haben und sie nicht darauf verwenden, Unterkünfte zu suchen.

Dein Lieblingsbuch?
Ich habe nicht wirklich das eine Lieblingsbuch. Ich lese recht viel und treffe immer wieder auf neue, tolle Bücher. Es ist ja auch so, dass das Buch, das ich gerade lese, zu meiner augenblicklichen Stimmung passen muss. Lesen im Urlaub ist etwas anderes als Lesen auf dem Weg zur Arbeit, mal bin ich auf Liebe eingestimmt, mal auf Krimi, mal ist mir nach dem Anspruchsvollerem – mit Gesellschaftskritik, kunstvoller Schreibe und allem Schnokus -, oft möchte ich aber auch nur gut unterhalten werden.

Körper, Geist, Seele – was ist dein Rezept, um mit dir selbst in Einklang zu kommen?
Sport und Garten, zwei Tätigkeiten, bei denen ich an nichts anderes denke als an das, was ich gerade tue.

Angenommen eine Fee gewährt dir drei Wünsche. Was möchtest du sein, tun oder haben?
Gesundheit für mich. Gesundheit für meine Familie und Freunde. Mehr brauche ich nicht.

Mannschaftsfahrt mit den Handballmädels. Nach Willingen im Sauerland.

Im Sauerland sind viele Berge. Deshalb hat die Reiseleitung angeordnet: „Mittags: Hüttenbesteigung!“ Wir sind schließlich eine Sportmannschaft. Wir müssen im Training bleiben. Bei uns herrscht Disziplin.

Wir packen Energieriegel (Dreemy Mini Schokomix), Obst (Valensina-Bonbon-Schnaps) und isotonische Getränke (jeder zwei Radler) ein, hängen uns unsere Pinnchen um den Hals und stapfen los.

Nun ja: Die Sache mit dem Pinnchen ist ein bisschen peinlich; bleibt es selbst, wenn man irgendwann betrunken ist. Aber irgendwie ist es auch praktisch. Denn kaum sind wir aus dem Haus, ruft Mimi: „Obstpause!“, und schenkt uns Valensina ein. Ihr ist daran gelegen, dass die Pulle schnell leer wird: Sie ist die jüngste und muss sie tragen.

Nach dreimal Obst und einmal Isotonisch erreichen wir die Gondelstation. Speedy ist schon da. Sie hat Kreuzband, ist Taxi gefahren und darf mit der Seilbahn hoch. Sie hat außerdem ein Ticket für Jenni (Innenbanddehnung) gekauft, eins für Rosi (allgemeines Missempfinden) und eins für Kinga (hat nur Adiletten dabei). Wir anderen gehen zu Fuß den Ettelsberg hinauf zu Siggi’s (sic!) Hütte. Ein Kilometer Aufstieg, 240 Höhenmeter, das sollte machbar sein. Wir marschieren los.

50 Meter hinter der Gondelstation ruft Mimi zum vierten Mal: „Obstpause!“, und zückt die Flasche. Doch die Reiseleitung winkt diesmal rigoros ab. Disziplin, Mädels, Disziplin! Erst Sport, dann Schnapstransport! Wir stapfen weiter den Hügel hoch. Er ist steiler als gedacht. In Serpentinen windet er sich hinauf. Wir schnaufen.

Nach 500 Metern gibt es die ersten Ausfälle: Kirstens Wade verhärtet sich. Sie muss dehnen. Lulu zeigt auf den Becher um ihren Hals und japst: „Alta! Mein Herz schlägt bis ins Pinnchen!“ Tatsächlich: Das Ding hüpft sanft, aber merklich auf ihrem Brustbein auf und ab.

„Das ist schlimmer als Bootcamp.“
„Warum hat mir keiner gesagt, dass ich den Everest besteigen muss?“
„Ich will wieder runter.“

Doch die Reiseleitung bleibt hart. Mit uns geht’s nur hoch! Wo wir sind, ist oben!

„Jemand Obst?“
„Halt’s Maul, Mimi! Wir wandern!“

Wir durchsteigen die Heide. Rechts von uns seilen sich lautlos die Kabinen den Berg hinauf. Kirsten und Lulu blicken sehnsüchtig den Gondeln nach. In einer von ihnen sind vier von uns, die jetzt glücklicher sind. Immerhin: Bald wird die Steigung sanfter. Wir atmen durch.

„Wie weit ist es noch?“
„Wenn du so weiternölst, sprinten wir gleich mal kurz an.“
„Jemand Obst?“
„Mund zu, Mimi!“

In einer Biegung steht eine Männergruppe. Einer der Typen lehnt an einem Baum und göbelt ins Gras. Sie bieten uns Chili-Schnaps an. Wir lehnen dankend ab und erhöhen das Tempo.

Nach 200 Metern: technischer Halt. Alle haben Schweiß auf der Stirn und inzwischen ihre Pullis um die Hüften. Kirsten dehnt stöhnend ihre Wade.

„Wat is mit Obst, Mimi?“
„Eben durfte ich nicht …“
„Timing, Mimi! Du brauchst ein besseres Timing! “

Nach 45 Minuten erreichen wir Siggi’s Hütte. Schon auf 100 Metern sehen wir die Menschen – hunderte von Leuten, darunter etliche nackte Ärsche: Männer, die an Bäumen stehen. Frauen, die ungeniert vor Büschen hocken.

Auf dem Gipfel haben Speedy, Jenni, Rosi und Kinga schon Anschluss gefunden – an Grohni. Grohni heiratet bald und ist eine Torwand. Er trägt ein grünes Gewand; wenn er die Arme ausbreitet, baumelt Stoff mit zwei Löchern an ihnen herab. In seinem Schritt ist ein weißer Kreis mit der Aufschrift „Foul“ aufgenäht. Zwei Schuss: 1 Euro. Die meisten schießen ihm in die Eier.

Robert kommt. Er trägt eine Zimmermannshose und ein kleines, buntes Hütchen. Wir bitten ihn, ein Gruppenfoto zu machen und rufen dabei „Liebeeeeeer Robeeeeeeert!“ Er lächelt debil. Zwölf Weiber! Heute ist sein Glückstag.

Fünf Typen in Bayern-Trikot sehen das und wollen auch ein Gruppenfoto haben. Kirsten nimmt das Handy entgegen, wir stellen uns hinter sie.

„Sagt: ‚Kirsteeeeen!'“, ruft sie den Bayern zu.
Sie gröhlen: „Kirsteeeeeeen!“

Kirsten stellt die Kamera auf Selfie und macht vier Fotos von uns. Dann gibt sie das Handy zurück.

Nach zwei Bier fahren wir wieder runter. Es ist schon halb fünf. Heute Abend ist Pokalfinale. Bis dahin müssen wir noch duschen, grillen, Tippspiel. Das ist alles durchgeplant. Wir sind schließlich eine disziplinierte Sportmannschaft.

 

Der Garten! Er steht inzwischen voll im Saft. Ich möchte jeden Tag sechsmal hineinspazieren, um ihm beim Wachsen zuzusehen.

Das Gemüsebeet, das im April noch schüchterne Pflänzchen verwaltete, ist explodiert.

Gemüsebeet im Mai

Der kräftige Regen und der dicke Hagel haben allerdings ihre Opfer gefordert: Zwei Romana-Salate und ein Lollo Bionda haben den Survival-of-the-Fittest-Wettbewerb verloren und befinden sich nun in einer besseren Welt auf dem Kompost.

Die Kohlrabi erweisen sich als die robustesten Gesellen im Beet und zeigen schon eine schöne Knolle:

Kohlrabi im Mai

Nebenan streckt Magold seine Fühler aus der Erde. Außerdem konnte ich die ersten Stachelbeeren begrüßen. Auch die Kirsche, die ich im vergangenen Herbst kräftig gestutzt habe, trägt:

Kirschen, noch grün

Unterm Kirschbaum geht es wild zu. Ich liebe Gänseblümchen und finde es toll, sie im Garten zu haben.

Blumen unterm Kirschbaum

Davor wohnen einige Erdbeeren:

Blühende Erdbeerpflanzen

Die erste Rose blüht:

Die erste Rose blüht

In zwei Teichbottichen, die ich von den Vorbesitzern übernommen habe und erstmal so belassen habe, wie sie sind, habe ich eine der schönsten Überraschungen erlebt. Dort blühen gerade Schwertlilien:

Gelbe Teichblume

An diesem Wochenende ist Thorsten nach draußen gezogen. Er hat, dank Torfrau A.  und Familie „Cedric Pascal“ erstmals ein eigenes Häuschen auf dem Balkon:

Thorsten im Mai - im eigenen Gewächshaus

Die Nachbarskatze hat heute Nachmittag übrigens eine Fledermaus gefangen und ist damit feierlich durch meinen Garten defiliert. Die Beute flatterte noch.

Im Nachhinein hat es mich nachdenklich gestimmt.

Ausgerechnet einen Tag nach Ostern wäre ich fast in Dornbüschen verendet. Wo Dornen in der Bibel doch so ein großes Thema sind (2. Mose 3, 2ff.), vor allem an Ostern (Matthäus 27, 29ff.; Markus 15,16ff.).

Es begab sich also zu der Zeit, dass Frau Nessy in Andalusien war, um Rast zu halten von der alltäglichen Mühsal. Sie beschloss, einen Marsch zu machen, denn sie hatte gehört, in der Gegend der Alpujarra gebe es erquickliche Wege. Und so begab sie sich auf eine Reise in die Berge.

Irgendwo hinter Capileira

In den Bergen begann sie am ersten Tag ihren Weg im dritten Dorf, dass da hieß Capileira. Sie stieg hinab und wieder hinauf und erreichte das zweite Dorf, dass da hieß Bubión. Und es war ihr nicht genug; so ging sie weiter und stieg stracks hinab ins erste Dorf. So erreichte sie Pampaneira.

Capileira, Bubión und Pampanieira

Von dort sollte sie der Weg in einen Talgrund führen, in dem sie auf einen Fluss traf, der aus den Bergen kam. Sie erfreute sich an dem Fluss und an dem Anblick der Dörfer und begann alsdann den Aufstieg auf der anderen Talseite. Denn wo es einen Hinweg gibt, da gibt es auch einen Rückweg.

Doch siehe, der Rückweg war versperrt. Sie deutete die Zeichen, die da zeigten in einen Dornbusch und suchte nach dem Weg, doch der Dornbusch war der Weg. So ging sie hindurch und vergoß ihr Blut und verfluchte Jürgen, der ihr den Weg hatte weisen sollen.

Gefährliche Kratzer von Dornen

Am zweiten Tag besuchte sie erneut das dritte Dorf und ging in Richtung des Berg Mulhacén, der den Namen des Abu l-Hasan Ali trägt, was die Menschen einst Muley Hacén aussprachen und der ein Herrscher war. Dort traf sie wieder auf den Fluss, den sie überquerte und dessen Lauf sie folgte in Richtung der Quelle. Dabei kam sie an Gehöften vorbei, die in dieser Gegend Cortijo heißen. Sie erkannte die Gehöfte an ihren Feldern und Dreschplätzen und an den Weiden, auf denen sie ihr Vieh gehalten hatten.

Feld irgendwo hinter Capileira

So begab es sich, dass sie ein Dorf erreichte, das da hieß La Cebadilla. La Cebadilla war wüst und leer, denn sie hatten das Land verlassen und waren an Orte gezogen, die weniger einsam waren.

La Cebadilla

Sie betrachtete das Dorf und stieg hinab in die Häuser, um zu sehen, wie sie gelebt hatten in der Einöde, in der sie das Wasser bändigen und zu Strom machen, so wie James B. Francis es ihnen gelehrt hatte. Und siehe: Sie hatten gut gelebt.

Verlassenes Haus in La Cebadilla

Sie verweilte und nahm Brot und Wasser, aß von dem Brot und trank von dem Wasser. Dann folgte sie dem Weg, der sie an den Ort führte, an dem sie ihren Marsch begonnen hatte. So kehrte sie zurück nach Capileira.

In der Sierra Nevada

Tour 1
Durch die Schlucht des Poqueira
Hinweg: PR-A 70 „Pueblos del Poqueira“
Rückweg: „Sendero Local La Atalaya“
6 Stunden Gehzeit, 900 Höhenmeter, 11 km

Tour 2
Von Capileira zum Oberlauf des Poqueira
PR-A 23 „Acequias del Poqueira“
3 Stunden Gehzeit, 350 Höhenmeter, 9 km

 



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