Mannschaftsfahrt mit den Handballmädels. Nach Willingen im Sauerland.
Im Sauerland sind viele Berge. Deshalb hat die Reiseleitung angeordnet: „Mittags: Hüttenbesteigung!“ Wir sind schließlich eine Sportmannschaft. Wir müssen im Training bleiben. Bei uns herrscht Disziplin.
Wir packen Energieriegel (Dreemy Mini Schokomix), Obst (Valensina-Bonbon-Schnaps) und isotonische Getränke (jeder zwei Radler) ein, hängen uns unsere Pinnchen um den Hals und stapfen los.
Nun ja: Die Sache mit dem Pinnchen ist ein bisschen peinlich; bleibt es selbst, wenn man irgendwann betrunken ist. Aber irgendwie ist es auch praktisch. Denn kaum sind wir aus dem Haus, ruft Mimi: „Obstpause!“, und schenkt uns Valensina ein. Ihr ist daran gelegen, dass die Pulle schnell leer wird: Sie ist die jüngste und muss sie tragen.
Nach dreimal Obst und einmal Isotonisch erreichen wir die Gondelstation. Speedy ist schon da. Sie hat Kreuzband, ist Taxi gefahren und darf mit der Seilbahn hoch. Sie hat außerdem ein Ticket für Jenni (Innenbanddehnung) gekauft, eins für Rosi (allgemeines Missempfinden) und eins für Kinga (hat nur Adiletten dabei). Wir anderen gehen zu Fuß den Ettelsberg hinauf zu Siggi’s (sic!) Hütte. Ein Kilometer Aufstieg, 240 Höhenmeter, das sollte machbar sein. Wir marschieren los.
50 Meter hinter der Gondelstation ruft Mimi zum vierten Mal: „Obstpause!“, und zückt die Flasche. Doch die Reiseleitung winkt diesmal rigoros ab. Disziplin, Mädels, Disziplin! Erst Sport, dann Schnapstransport! Wir stapfen weiter den Hügel hoch. Er ist steiler als gedacht. In Serpentinen windet er sich hinauf. Wir schnaufen.
Nach 500 Metern gibt es die ersten Ausfälle: Kirstens Wade verhärtet sich. Sie muss dehnen. Lulu zeigt auf den Becher um ihren Hals und japst: „Alta! Mein Herz schlägt bis ins Pinnchen!“ Tatsächlich: Das Ding hüpft sanft, aber merklich auf ihrem Brustbein auf und ab.
„Das ist schlimmer als Bootcamp.“
„Warum hat mir keiner gesagt, dass ich den Everest besteigen muss?“
„Ich will wieder runter.“
Doch die Reiseleitung bleibt hart. Mit uns geht’s nur hoch! Wo wir sind, ist oben!
„Jemand Obst?“
„Halt’s Maul, Mimi! Wir wandern!“
Wir durchsteigen die Heide. Rechts von uns seilen sich lautlos die Kabinen den Berg hinauf. Kirsten und Lulu blicken sehnsüchtig den Gondeln nach. In einer von ihnen sind vier von uns, die jetzt glücklicher sind. Immerhin: Bald wird die Steigung sanfter. Wir atmen durch.
„Wie weit ist es noch?“
„Wenn du so weiternölst, sprinten wir gleich mal kurz an.“
„Jemand Obst?“
„Mund zu, Mimi!“
In einer Biegung steht eine Männergruppe. Einer der Typen lehnt an einem Baum und göbelt ins Gras. Sie bieten uns Chili-Schnaps an. Wir lehnen dankend ab und erhöhen das Tempo.
Nach 200 Metern: technischer Halt. Alle haben Schweiß auf der Stirn und inzwischen ihre Pullis um die Hüften. Kirsten dehnt stöhnend ihre Wade.
„Wat is mit Obst, Mimi?“
„Eben durfte ich nicht …“
„Timing, Mimi! Du brauchst ein besseres Timing! “
Nach 45 Minuten erreichen wir Siggi’s Hütte. Schon auf 100 Metern sehen wir die Menschen – hunderte von Leuten, darunter etliche nackte Ärsche: Männer, die an Bäumen stehen. Frauen, die ungeniert vor Büschen hocken.
Auf dem Gipfel haben Speedy, Jenni, Rosi und Kinga schon Anschluss gefunden – an Grohni. Grohni heiratet bald und ist eine Torwand. Er trägt ein grünes Gewand; wenn er die Arme ausbreitet, baumelt Stoff mit zwei Löchern an ihnen herab. In seinem Schritt ist ein weißer Kreis mit der Aufschrift „Foul“ aufgenäht. Zwei Schuss: 1 Euro. Die meisten schießen ihm in die Eier.
Robert kommt. Er trägt eine Zimmermannshose und ein kleines, buntes Hütchen. Wir bitten ihn, ein Gruppenfoto zu machen und rufen dabei „Liebeeeeeer Robeeeeeeert!“ Er lächelt debil. Zwölf Weiber! Heute ist sein Glückstag.
Fünf Typen in Bayern-Trikot sehen das und wollen auch ein Gruppenfoto haben. Kirsten nimmt das Handy entgegen, wir stellen uns hinter sie.
„Sagt: ‚Kirsteeeeen!'“, ruft sie den Bayern zu.
Sie gröhlen: „Kirsteeeeeeen!“
Kirsten stellt die Kamera auf Selfie und macht vier Fotos von uns. Dann gibt sie das Handy zurück.
Nach zwei Bier fahren wir wieder runter. Es ist schon halb fünf. Heute Abend ist Pokalfinale. Bis dahin müssen wir noch duschen, grillen, Tippspiel. Das ist alles durchgeplant. Wir sind schließlich eine disziplinierte Sportmannschaft.
Kommentare
19 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓
Liebe Frau Nessy!
Haben Sie auch Siggi`s Erbsensuppe im Glas probiert? Mit Würstchen! Genial! Ich schwör!
Grüßle
Herr Pilimpi
Wissen Sie, es ist so: Hülsenfruchtsuppen und ich sind geschmacklich keine Freunde. Erbsensuppe, Linsensuppe, Bohnensuppe – muss alles nicht sein. Es gab aber eine Bratwurst mit Ketchup.
adäquate Wahl :-)
Ich schmeiss misch weg… also wenn unsere Mädelstruppen sich mal – egalwo – zufällig treffen würden, ich kann nur sagen: Polen wär‘ offen. Kuckstdu:
http://kunstecht.blogspot.de/2013/01/wenn-engel-reisen.html?m=0
mir ham auch immer so en schbass…
Skifahren – oje, das fehlte uns noch! Mit Après Ski … Heilandsack, das würde anstrengend!
Pinnchen um den Hals? Sowas hab ich mein Lebtag noch nicht gesehen (lebe wohl in anderer Galaxy). Muss ich mir SOWAS drunter vorstellen?
http://www.amazon.de/Tussi-Tour-10220500-Flachmann-Pinnchen/dp/B0016RJ9VW
Äh, ja. Ich schäme mich ein bisschen. Zu meiner Verteidigung kann ich anführen: Es war nicht rosa. Es hatte als special feature außerdem ein Schild mit der einlaminierten Nummer vom Taxidienst.
Ich hoffe mal, dass an Siggis Hütte wirklich Siggi´s Hütte dran stand, denn sonst wäre ich etwas enttäuscht.
Aber generell wiedermal sehr schön geschrieben.
Grüße
derudo
Google mal „Siggis Hütte“ ;-)
Bitteschön.
Genial ! :-D
Ganz blöd gefragt: die Hütte hat kein Klo, garkeins?
Doch, schon. Aber es gab drei Probleme: 1. Es war sehr schwierig, durch die Menschenmassen überhaupt dorthin zu gelangen. 2. Wenn man dort war, hatte man ca. 30 Damen vor sich. 3. Hygiene. Deshalb entschieden sich wohl etliche Damen, die Natur zu bewässern.
Hab’s gegoogelt: gute Gott, das ist ja grausam.
http://www.exklusiv-ferienwohnungen.de/images/willingensiggi.gif
Was man sehen muss, sieht man hier.
Wenn es trotzdem ein vergnüglicher Tag war, war’s ja gut.
Ach Mensch, wunderbar! Es geht doch nichts über Training, besonders in der Disziplin „einarmiges Heben“.
Für den Tag danach kann ich dann das Lagunenbad empfehlen. Sehr.
Seid ihr auch stilecht mit dem Sauerlandexpress angereist?
In dem Fall nicht. Ich kenne den Sauerlandexpress aber zu genüg; bin damals im Studium damit immer heim zu den Eltern gereist und habe so manches Kegeltrüppchen getroffen. Wenn man selbst nüchtern ist, ist das nur so semi-lustig.
semi-lustig!!!
Ich auch. Und ich war immer nüchtern. Obwohl es an Alkoholangeboten selten gemangelt hat.
Die Herrengruppen fand ich grundsätzlich aber angenehmer im Zug als die Damenkränzchen. Besonders schön, immer wieder: Wettpinkeln der Herren an der Bahnsteigkante. Wer kommt bis über die erste Schiene? :D
Eigentlich ganz spaßig. Wobei ich Wildpinkler im Allgemeinen eher nicht so lustig finde. Es stinkt dann doch erheblich.