Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Während schon vor einer Woche gefühlt alle Leute ihre Vorsätze in ihre Blogs schrieben, habe ich mich zum Jahreswechsel zurückgehalten. Doch Opa hat mich nun aufgefordert, es zu tun. Also gut.

Der Grund, warum ich nicht über meine Vorsätze schreibe, ist: Es gibt zwei Arten von Vorsätzen.

  1. Vorsätze privater Art, die nicht im Blog stehen, weil sie – nun ja, privat sind.
  2. Vorsätze unvorsätzlicher Art. Sie beinhalten nur den Vorsatz, so weiterzumachen wie bisher.

Nummer 2 also: Dazu gehört vor allem, an Körper und Seele gesund zu bleiben. Um das zu erreichen, möchte ich …

  1. mir weiterhin ausreichend Zeit nehmen, um Sport zu treiben. Das hat im vergangenen Jahr hervorragend geklappt und soll auch in 2015 so sein. Nachdem ich wegen der Bildungsbandscheibe nicht mehr aktiv Handball spiele und somit nicht mehr freiwillig-unfreiwillig drei- bis viermal pro Woche trainiere oder spiele, hatte ich zunächst gedacht, der Schweinehund schlage zu und ich müsse mich selbst zum Sport prügeln. Das war überhaupt nicht so; es hat sich schnell ein neuer, im Grunde ähnlicher Rhythmus eingestellt. 25 Jahre Sportalltag lassen sich halt nicht einfach ausknipsen. 2015 war ich bislang dreimal im Fitnessstudio. Das ist der Rhythmus aus 2014, und es macht mir weiterhin Spaß. Gerade nach dem Wanderurlaub bin ich gut drauf, besonders Cardio fluppt nach den sechs Bergwanderungen auf Gran Canaria.
  2. ausreichend schlafen, mindestens acht Stunden pro Nacht (ja, ich weiß, Eltern lächeln jetzt müde). Das klappt natürlich nicht immer, aber unterm Strich war ich in der zweiten Jahreshälfte 2014 schon sehr gut. Ich sehe unter der Woche praktisch kaum noch fern, sondern komme nach Hause, erledige noch etwas Kram, gehe dann ins Bett und lese. Zeitliche Orientierung ist der Buddenbohmsche Gute-Nacht-Tweet, hier beispielhaft. Diese Abendgestaltung ist, weil so unglaublich unspektakulär, reizarm und ruhig, wohltuend und erdend. Ich schlafe sofort ein und bin in der Früh tatsächlich munter.
  3. so wenig Termine wie möglich haben. 2013 war ein Jahr, aus dem ich nur mit großem Schaden herausgekommen bin. Das hatte unterschiedliche Gründe, die meisten konnte ich leider nicht beeinflussen. In 2014 hingen mir das Vorjahr und seine Ereignisse noch ziemlich lange nach. Zwar habe ich es in der zweiten Jahreshälfte geschafft, langsam wieder ins Lot zu kommen. Das geht aber noch besser. Maßnahmen: weniger Verpflichtungen und Konzentration auf die Dinge, die mir wirklich Freude bereiten.

Sonstige Vorsätze, die weniger Vorsätze sind – mehr ein „Möchte ich gerne machen“ und „Ist in Planung“:

  1. Gemeinsam mit Pia im Gärtnerinnenblog weitermachen. Ich freue mich schon aufs Frühjahr, wenn es richtig losgeht.
  2. Ein Gewächshaus bauen und auch sonst viel im Garten sein.
  3. Mindestens eine tolle Reise machen.
  4. Im Februar die Ballettaufführung meines großen Patenkindes besuchen: „Die Puppenfee“ und „Chopiniana“.
  5. Im März mein kleines Patenkind auf dieser Welt begrüßen.
  6. Meine russischen Freunde treffen.
  7. Langsam, aber stetig mein Russisch verbessern.
  8. Wieder mehr Geschichten hier im Kännchenblog.

Diese Liste wird sich sicherlich bald von selbst ergänzen.

An zwei von drei Tagen, an denen ich abends in die schmale Sackgasse zum Feriendomizil einbiege, stehen sie dort. An der Kreuzung zur GC-15.

Die GC-15 ist jene Straße, die von Las Palmas aus in die Berge führt – erst nach San Mateo, dessen Hauptattraktion laut Reiseführer das örtliche Busdepot und, vielleicht noch ein bisschen mehr, ein wöchentlich stattfindender und „urtypischer“, wenngleich überschaubarer Handwerkermarkt ist, sonst nichts. Ich finde San Mateo trotzdem einladend, freundlich und heimelich in all seiner Schläfrigkeit. Von San Mateo aus führt die GC-15 weiter hinauf, immer weiter durch Kurven und Serpentinen, mit Blick in Barrancos, vorbei an, ja tatsächlich, Las Vegas und San Francisco, bis zum Cruz de Tejeda.

Sie stehen immer gegen 17 Uhr an der Straße, auf Höhe des Steins mit dem Kilometer sechs, an der Einbiegung mit den Recyclingbehältern in blau, gelb, grün für Glas, Pappe und Verpackung. Sie kommt von unten die GC-15 herauf, geht vornüber gebeugt an der Leitplanke entlang die Steigung hinauf. Er trabt von oben herunter, aus Richtung San Mateo, locker mit den Armen schlenkernd.

Komme ich von einer Wanderung, meist am späten Nachmittag, sehe ich sie. Sie trägt jeden Tag den gleichen Pullover, einen weiten, langen Wollpulli, fast ein Kleid, darunter Leggins. Ihre Haare hat sie streng zu einem Knoten gebunden. Meine Fantasie macht eine späte Ballerina aus ihr, eine ehemalige, nun Lehrerin in einer Tanzschule in Las Palmas. Er hingegen ist schlacksig und immer in Jogginghose, mit Schnurrbart und Kettchen, ein Mann im Spannungsfeld zwischen Busfahrer, Zuhälter und Vox-Auswanderer. Irgendwie passen sie zueinander – in ihrer zutraulichen Schlumperhaftigkeit.

Sie treffen sich und unterhalten sich. Ihre Arme hängen locker neben ihren Körpern, gestikulieren selten. Ihre Münder und Augen lachen nie, aber manchmal, da lächeln sie. Ob sie immer Müll dabei haben, weiß ich nicht, darauf habe ich gar nicht geachtet. Vielleicht, vielleicht nicht, in meiner Vorstellung werfen sie täglich etwas Kleines ein, damit sie sich treffen können – dort an den Recyclingbehältern. Sicherlich wird sich immer etwas finden, ein paar Dosen, ein Gurkenglas, ein Karton, der im Weg steht.

Ich fahre die Anhöhe hinunter. Dann blinke ich, um einzubiegen. Sie rücken ein Stück zur Seite. Ich lasse den Gegenverkehr vorbei. Sie beachten mich nicht, sprechen schon weiter. Ich fahre an ihnen vorbei, in die Sackgasse hinein zum Ferienhaus. Morgen stehen sie wieder dort – vorausgesetzt, ich komme zur gleichen Zeit. Und vorausgesetzt, es kommt ihnen niemand auf die Schliche – beim Recyceln ihres Liebeslebens. Aber dann können sie immer noch sagen, sie haben nur Müll getrennt.

Gelesen im November und Dezember:

Bücher im Dezember 2014

Giulia Enders. Darm mit Charme.
Nein, dieses Buch ist nicht überschätzt. Mir hat es gut gefallen, und ich habe einiges gelernt. Zum Beispiel, dass der Dickdarm samtig, rosa und sauber ist. Oder wie Darmbakterien und Gewicht zusammenhängen. Am interessantesten war das Kapitel zum Zusammenhang zwischen Darm und Hirn. Hier nochmal das Science-Slam-Video mit Giulia Enders.

Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt. Die Frauen, die er kannte.
Der zweite Fall für den Kriminalpsychologen Sebastian Bergmann und das Team Torkel, Billy, Vanja und Ursula: In Stockholm werden Frauen ermordet – auf die gleiche Weise, wie es einst der Serienmörder Edward Hinde hat. Der aber sitzt hinter Gittern. Ist also ein Nachahmer unterwegs? Woher weiß er dann Dinge, die nie an die Öffentlichkeit gelangt sind? Ein solider Krimi mit Nebenhandlungen aus dem Privatleben der Ermittler. Gute Unterhaltung.

Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt. Die Toten, die niemand vermisst.
Der dritte Fall für Bergman & Co.: In den Bergen wird ein Grab mit sechs Leichen gefunden. Die Ermittler können zwei von ihnen identifizieren. Die anderen vier scheint niemand zu vermissen. Hinzu kommen der Unfalltod einer Frau und zwei vermisste, afghanische Männer. Wie hängen die Ereignisse zusammen? Und wie geht es bei Sebastian und Vanja, Torkel und Ursula weiter? Wieder gute Unterhaltung, diesmal mit leichten Längen – dafür am Ende mit einem Cliffhanger.

Micaela von Marcard. Der Patriarch.
Die Geschichte eines Mannes und einer großbürgerlichen Hamburger Familie. Unter Aufsicht von drei Frauen wächst ein Patriarch heran: Franz lebt an der Binnenalster, zieht in den Krieg, liebt, baut ein Geschäft auf, gründet eine Familie. In jungen Jahren lernt er seinen Gegenpart Paul kennen, dessen Spuren man ebenfalls folgt. Die Geschichte startet ganz wunderbar, der Schreibstil ist virtuos und detailreich – vom Geruch mottenzerfressener Perücken bis zur Beschreibung des Wetters und der Stimmungen im Bürgertum; außerdem schreibt Marcard in einer etwas altertümlichen Sprache, das hat mir sehr gefallen. Leider fällt die Geschichte nach hinten ab; ab der Hälfte liest sie sich, als sei sie unglücklich gekürzt worden. Deshalb nur drei von fünf Sterne.

Birgit Schlieper. Zum Wünschen ist es nie zu spät.
Ingrid, Hedda, Gudrun und Marie-Ann treffen sich seit fast sechzig Jahren. Doch das Leben ist vorhersehbar geworden: Seniorenbridge und Tanznachmittage, mehr kommt nicht mehr. Oder doch? Gerda hat plötzlich einen jüngeren Mann – das gibt der Damenkombo Auftrieb. Sie schreiben Wünsche auf Zettel und setze sie um. Das Buch war nicht unbedingt meins – der Stil ist mir zu robust und vorhersehbar. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es den Ingrids, Heddas und Gudruns dieser Welt gut gefällt. Entsprechend kann ich dieses Buch guten Gewissens als Geschenk für Mütter und Großmütter empfehlen.

Tina Soliman. Der Sturm der Stille: Warum Menschen den Kontakt abbrechen. 
Die Autorin ist Journalistin. Sie volontierte bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung  und arbeitete anschließend die ARD-Politmagazine Panorama, Kontraste, Fakt und Report aus Mainz. In ihrem Buch (das zweite zum Thema; das erste kenne ich allerdings nichts) geht es um Menschen, die den Kontakt abbrechen – und denjenigen, die sie verlassen. Soliman bietet beide Blickwinkel; zudem erzählt sie von verschiedenen Konstellationen: Mutter – Tochter, Mann – Frau, zwei Freundinnen. Ab und an ist das Buch ein bisschen redundant, aber nicht so, dass es wahnsinnig stört. Ich habe mir etliche Stellen unterstrichen; es gibt erhellende Einblicke und Sichtweisen. Sehr gut.

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Elektronisch gelesen:

Gillian Flynn. Gone Girl.
Auf das Buch bin ich aufmerksam geworden, weil ich den Trailer des Films gesehen habe, der am 29. Januar anläuft. Die Story: Nick und Amy wohnen in New York. Als Nicks Mutter erkrankt, ziehen sie zu seiner Familie aufs Land. Die Ehe läuft zunehmend schlecht. Zwei Jahre danach verschwindet Amy. Hier beginnt die Geschichte. Schnell verdichten sich Hinweise, dass Nick Dreck am Stecken hat. Hat er seine Frau getötet? Wenn ja – wo ist die Leiche? Die Geschichte ist mittelmäßig spannend. Ich kann mir aber vorstellen, dass sie im Film besser und komprimierter rüberkommt. Wer das Buch also nicht kennt, dem empfehle ich eher, ins Kino zu gehen.

Ken Follett. Kinder der Freiheit.
Der dritte Teil der Jahrhundert-Saga (Teil 1, Teil 2). Es geht um die politischen Ereignisse in den USA, Deutschland, England und der Sowjetunion in den Jahren 1960 – 1990. Der Schwerpunkt der Geschichte liegt allerdings auf den USA und ihren Rassengesetzen, auf der Ära Kennedy und Nixon. Pro: Guter Überblick über die jüngste Geschichte. Mein Geschichtsunterricht endete mit dem Jahr 1945 (und begann 1933) – deshalb ist es prima, Martin Luther King, Watergate und die Entwicklung des Kommunismus in bekömmlicher Form dargeboten zu bekommen. Contra: Obwohl das Buch wieder rund 1300 Seiten dick ist, bin ich den Charakteren nicht wirklich nahe gekommen; wie schon im zweiten Teil sind sie nur Mittel zum Zweck und dienen dazu, die geschichtlichen Ereignisse zu transportieren. Fazit: Jo. Ist okay.

Heidi Siller. Geboren in Bozen.
Heidi Siller (Blog, Twitter) erzählt die Geschichte von Helena und ihrem zu früh geborenen Sohn Arthur. Das Buch ist autobiographisch. Als Helena und ihr Mann Michael zu Besuch in Südtirol sind, setzen plötzlich die Wehen ein. Arthur wird als Extremfrühgeburt in der 25. Schwangerschaftswoche geboren – mit nur 900 Gramm Gewicht. In dem kleinen Buch erzählt Heidi Siller aus den Wochen nach der Geburt. Sie hat einen angenehm ruhigen und unaufgeregten Stil, der mir gut gefallen hat. Vier von fünf Sterne. Info: „Geboren in Bozen“ ist nur als eBook erhältlich. auch als Taschenbuch erhältlich.

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Fazit 2014: 67 Bücher (Januar und Februar, März und April, Mai und Juni, Juli, August und September, Oktober und November).

Top 10:

  1. Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil
  2. Joachim Meyerhoff: Alle Toten fliegen hoch: Amerika
  3. Ann-Marie MacDonald: Wohin die Krähen fliegen
  4. David E. Hilton: Wir sind die Könige von Colorado
  5. Adriana Altaras: Titos Brille
  6. Pia Ziefle: Suna
  7. Curtis Sittenfeld: Die Frau des Präsidenten
  8. Rolf Dobelli: Massimo Marini
  9. Eva Stachnik: Der Winterpalast
  10. Willy Russell: The Wrong Boy

Top 3 Krimis:

  1. Kerstin Signe Danielsson & Roman Voosen: Rotwild
  2. Kerstin Signe Danielsson & Roman Voosen: Später Frost
  3. Die drei „Bergmans“ von Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt

Auf geht’s ins nächste Lesejahr! Aktuell auf dem Nachtschrank: „Die amerikanische Nacht“ von Marisha Pessl.

Raus. Weg.

Fort fliegen, in die Ferne, dorthin, wo es warm ist. Wo die Sonne unter die Haut kriecht, wo ich fern bin von allem. Das musste nochmal sein zum Ende dieses Jahres. Das ging nicht anders.

Als ich das erste Mal Weihnachten in Warmen verbrachte, war es eine Offenbarung. Das schlichte Erleben, dass es geht; dass es im Dezember nicht kalt sein muss. Dass man am Strand sitzen kann, und dass Weihnachten trotzdem passiert.

 

Gran Canaria: Sandkunst in Maspalomas

Feliz Navidad!

 

Es klingt banal. Denn natürlich, es ist ja logisch, man kennt aus dem Fernsehen, dass es das gibt, dass es Orte gibt – in Australien zum Beispiel -, an denen es an Weihnachten warm ist und sowieso: In der Theorie weiß man das. Aber es selbst praktizieren – das hatte etwas Erhellendes. Etwas von „Es geht auch anders“ und „Das Leben muss gar nicht so“.

 

Santa Brigida: Auf der Terrasse

Sonnenaufgang. Blick von der Frühstücksterrasse.

 

Ist es nicht oft so? Die erfreulichsten Veränderungen sind kleine Schritte. Einfach mal etwas in die Tat umsetzen, was augenfällig ist.

Dieses Jahr habe ich zum zweiten Mal Weihnachten im Warmen verbracht. Wegen weg sein. Wegen Abstand. Weil das Leben nicht so muss.

Weihnachten – das Fest der Einkehr und Besinnlichkeit. Ironischerweise bin ich am besinnlichsten, je weiter ich von Weihnachten weg bin, vom klassischen Weihnachten, vom Tannenbaum und vom Schweinebraten. Am besinnlichsten und am nächsten bei mir bin ich, wenn ich unterwegs bin, in den Bergen, irgendwo zwischen Höhenmeter null und tausend, auf einem Weg über Felsen, einen Abgrund entlang, einen Gipfel hinauf. Mal zügig und leichtfüßig, mal schwitzend und keuchend, mal abwärts tastend, kraxelnd.

 

Gran Canaria: Caldera de Bandama

Als blauer Punkt am Rande der Caldera de Bandama.

 

Es ist jedesmal dasselbe: Die erste Wanderung ist mühevoll. Es fehlt an allem: an Kraft, an Atem, an geistiger Stärke. Dabei ist die erste Tour immer eine leichte; nur ein paar Kilometer, 200 oder 300 Höhenmeter, drei Stunden vielleicht. Doch sie quält. Sie quält alles Beschwerliche aus mir heraus, ich schleppe alle Lasten auf den Berg, die ich in mir trage, bin träge.

Indes, je öfter ich die Schuhe schnüre, je weiter ich laufe, je höher ich steige, desto leichter wird mein Schritt, desto geringer verspüre ich Anstrengung – obwohl jede Tour schwieriger ist als die vorangegangene. Es scheint: Je größer die körperliche Anstrengung wird, desto geringer wiegt die seelische.

 

Gran Canaria: Auf dem Gipfel des Altavista

Auf dem Gipfel des Altavista

 

Wenn ich auf dem Weg bin, denke ich sehr wenig. Niemals bin ich ruhender, als wenn ich laufe. Niemals ist mein Kopf mehr im Hier und Jetzt, als wenn ich in kleinen Schritten die Serpentinen ersteige, wenn ich um eine Ecke biege und sich das Panorama öffnet, wenn ich auf dem Gipfel stehe und ins Tal hinabschaue und zum Schluss zum Ausgangspunkt zurückkehre und weiß, dass ich es geschafft habe.

 

Gran Canaria: Fortaleza Grande (Ansite)

An der Fortaleza Grande.

 

Aber nicht nur die Anstrengung fällt mit der Zeit leichter, auch das Erholen. Es ist, als komme der Geist nach einigen Tagen bei sich selbst an, als könne er, der sonst nie ruht, sich plötzlich selbst genug sein; erst dann geht es: dasitzen, ins Tal hinabblicken und zufrieden sein. Dann denke ich: So sollte es immer sein – sinnlich und sinnhaft.

 

Gran Canaria: Strand

Strand. Mit Wolken. Im Abendlicht.

 

Und dann bleiben auch immer das Staunen und die Ehrfurcht. Wie groß die Natur ist. Wie hoch die Berge. Wie tief die Täler. Wie unfassbar schön. Was man meint, schon hundertmal gesehen zu haben, eröffnet sich den Augen und dem Herzen mit jeder Unternehmung von Neuem, ist erhabener und unfassbarer als in jeder Vorstellung, erscheint wunderbarer als am Tag zuvor, obwohl es doch wieder nur Felsen sind – Berge, Täler.

 

Gran Canaria: Roque Nublo

Roque Nublo.

 

Nur: Bald schon geht der Flug wieder heim, fort aus der Freiheit, zurück in den Alltag, hinein in die Arbeit.

 

Gran Canaria: Im Jardin Canario

Im Jardin Canario. Ohne Wanderschuhe, in Zivil.

 

Es bleiben die Bilder und etwas Sonnenbräune – und mit ein wenig Bemühen für einige Tage ein Gefühl der Besinnlichkeit, gestippt in frische Erinnerungen.

 

Gran Canaria: Liebesschlösser in Maspalomas

Tschüss, Urlaub.

 

 

Liebe Kaffeehausgäste, ich hoffe, Sie hatten schöne und entspannte Feiertage.

Beenden wir, bevor wir zum Alltag und seinen üblichen Betrachtungen zurückkehren, die Weihnachtspause mit versöhnlichen, jahresendzeitlichen Lieblingstweets.

 

https://twitter.com/Lichtfang/status/539876018988003328

https://twitter.com/DieAnina/status/540251607393656832

https://twitter.com/kinghaunst/status/541144450484150273

https://twitter.com/wittschicat/status/544758845835575296

https://twitter.com/ohaimareiki/status/545273354119553024

https://twitter.com/DieAnina/status/547439166032982017

https://twitter.com/kaltmamsell/status/547842888013717505

https://twitter.com/Gedankenbalsam/status/547889848682811394

https://twitter.com/weddingerberg/status/548060807725338624

https://twitter.com/rzwodezwo/status/549335436112707584

Liebe Kaffeehausgäste,

das Kännchencafé macht Weihnachtspause. Im neuen Jahr bin ich wieder mit frischen Törtchen für Sie da.

Bis dahin wünsche ich Ihnen ein zauberhaftes Weihnachtsfest, eine entspannte und erholsame Zeit und einen schönen Übergang ins Jahr 2015.

Schuhgeschäft.

„Kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Haben Sie den Schuh auch in 42?“
„Wir führen leider nur bis 7 1/2.“
„Gibt’s den Schuh nur bis 7 1/2? Ich habe eigentlich einige Schuhe Ihrer Marke in 42 und trage die sehr gerne.“
„Den gibt’s auch in 8, aber wir führen nur bis 7 1/2.“
„Könnten Sie den denn bestellen?“
„Tut mir leid, bestellen machen wir nicht.“

Tja. Dann weiß ich auch nicht.

Am Wochenende war ich wieder einmal in meiner Eigenschaft als experimentelle Servicebloggerin unterwegs: Ich habe neue Rezepte für Sie ausprobiert.

Die Stammtisch-Gemeinschaft hat sich zur Verfügung gestellt, die Ergebnisse des Experiments zu kosten. Ein Fazit habe ich Ihnen nicht direkt abgerungen, aber ich meine, wohlwollende Zustimmung interpretiert zu haben.

Das Kochen passiert bei mir, seit ich die neue Küche habe, als Show-Cooking: Die Gäste sitzen um die Kücheninsel, nehmen einen Aperitif, essen ein wenig Brot, Butter und Salz und schwatzen gemeinsam mit mir, auf dass die Zeit bis zum ersten Gang schnell vergeht.

Kochvorbereitungen mit rohen Pommes

Live-Cooking an der Kochinsel.

 

Wie immer beim Stammtisch waren auch Kinder unter den Gästen. Wenn Sie noch ein Weihnachtsgeschenk suchen, kann ich Ihnen das Besteck von Constructive Eating wärmstens empfehlen. Es erfreut sich großer Beliebtheit bei der Zielgruppe.

Constructive eating

„Constructive Eating“ für den Stammtisch-Nachwuchs

 

Serviceblog™-Ergänzung: Im Hause der Stammtisch-Gäste herrscht Constructive-Eating-Verbot in Zusammenhang mit Joghurtbechern – weil der Löffel wohl komplett in den Becher eintauchen, der Bagger aber nicht ohne Maulsperre wieder abgeleckt werden kann. Das bringt eine kleine Joghurtsauerei mit sich. Trotzdem: großer Spaß.

*

Vorspeise:
Räucherforellenmouse auf Kartoffelrösti mit Blattsalaten und Preisselbeeren
(Rezept von Chef Hansen)

Räucherforellenmouse auf Rösti mit Blattsalat und Preisselbeeren

Eine Vorspeise, die den Erwerb eines Eiskugelportionierers vonnöten machte.
Wird ja nicht schlecht, so ein Eiskugeldings.

 

Geräucherte Forellen scheinen dieser Tage stark nachgefragt zu sein – jedenfalls war es schwierig, welche zu bekommen. Alles andere erwies sich als einfach: Man vermischt die Forelle mit Butter, Zitrone und der steif geschlagenen Sahne, gibt etwas Salz hinzu – violà. Das kann wirklich jeder.

Auch die Kartoffelpuffer sind einfach herzustellen: Kartoffeln reiben, in Butter braten, Salz drauf, fertig. Insgesamt also ein Rezept für Anfänger, das schön etwas her macht.Statt Meerrettich-Vinaigrette habe ich mich allerdings für Balsam-Rosen-Essig entschieden – ich bin nicht Vorsitzende des Meerrettich-Fanclubs.

Als Nebeneffekt besitze ich nun auch einen Eiskugel-Portionierer. Eiskugeln kann man ja praktisch immer gebrauchen, gerade in der aktuellen Halsschmerzperiode. Beim Anrichten sollte ich ansonsten noch etwas üben. Aber es muss ja auch noch Luft nach oben bleiben.

*

Hauptspeise:
Frische Hamburger mit liebevoll handgemachten Burgerbrötchen, Balsamico-Schalotten, Peccorino und Serranoschinken
(Brötchen, Hamburger)

Hamburgerbuns

Frische, liebevoll mit Sesam bestreute Burger-Brötchen.

 

Ich habe noch nie Burger selbst gemacht. Nach einer Eingebung unter der Woche – Werbeblock, Burger-Werbung, Speichelfluss – habe ich beschlossen: Das muss sich ändern. Natürlich alles handgemacht, was nicht ganz im Sinne des Werbe-Schaltenden ist, der mich inspiriert hat, aber ein bisschen Schwund ist halt immer.

Also gab es nach den Rösti frische Hamburger vom Grill: mit selbst gekneteten Burger-Buns, garniert mit geschmolzenem Peccorino, kross gebratenem Serrano-Schinken und Balsamico-Schalotten. Das Ganze war so lecker, dass ich es nicht mal geschafft habe, ein Foto vom fertig zusammengebauten Burger zu machen – so schnell fielen die Gäste darüber her.

Die Burger sind einfach zuzubereiten, lediglich die Logistik ist ein wenig fordernd. Es bietet sich an, alles, was zu schnibbeln ist, vorzubereiten. Denn die Bulette gart sehr schnell, und man will ja gleichzeitig und warm servieren. Das Bauen muss also flott gehen, was je nach Gäste-Zahl nur mit entsprechender Vorarbeit geht.

Zum Burger gab es astreine, handgeschnitzte Backofenpommes à la Anne Schüssler (beziehungsweise à la Rachel Khoo): Frische Kartoffel schnibbeln, kurz aufkochen, raus aus dem Wasser, mit Olivenöl und Salz in den Backofen, fertig. Kann man auch ohne Burger mal machen – und dann je nach Geschmack Gemüseschnitze untermischen.

*

Nachtisch: 
Milka-Schoko-Mousse auf Mascarpone-Basis
(Rezept von Penne im Topf)

Schoko-Mascarpone-Mousse

Die tatsächlich beste Schoko-Mousse.

 

Auf einer Hochzeit habe ich jüngst von zwei Berlinern den Begriff „Dat fickt dir den Gaumen wech!“ gelernt. Er wurde wohl für genau solche Anlässe wie die oben im Bild zu sehende Mousse erfunden. Ann-Katrin von „Penne im Topf“ nennt sie „die beste Schoko-Mousse der ganzen Welt“, und ich mag ihr nicht widersprechen.

Nun gut – woher der Wahnsinnsgeschmack kommt, ist nicht schwierig zu erraten: Fett. Insgesamt kommen rund 600 Gramm Vollmilch-Schokolade auf 6 Stammtisch-Gäste, also eine Tafel Schokolade pro Person, außerdem Mascarpone und Sahne. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen; verschweigen Sie diesen Fehltritt einfach Ihrer Ernährungsberaterin, und alle bleiben glücklich.

Lesetipps fürs besinnliche dritte Adventswochenende:

Juliane Schiemenz darüber, wie sie ihren demenzkranken Vater ins Pflegeheim fährt:

«Na, das war ja grad ein Panzer! Donnerwetter! Fahr schön langsam, Trinchen!» Trine, mein Spitzname. Schon immer. Trinchen, wenn ich lieb war, Trine Sauerbier, wenn ich schmollte. «Trinchen, darf ich noch Trinchen sagen?», fragst du.

Du zerrst an deinem Gurt und schnallst dich ab, zum Glück ist die Kindersicherung aktiviert. Ich beuge mich über dich und hantiere am Gurt herum, du herrschst mich an: «Guck auf die Strasse! Fahr langsamer!» Du wirst unruhig, boxt gegen den Vordersitz, ziehst und drückst den Knopf in der Tür, Knopf rauf, Knopf runter. «An der Tür sind die Luftkrallen angeschraubt, dann rasieren sie das trocken», brabbelst du. 

Der Schlussatz (des Textes, nicht des Zitats) ist mir etwas zu pathetisch, ansonsten finde ich ihn sehr eindrücklich. Besonders die Zerrissenheit kommt gut rüber. Traurig, aber auch Mut machend.

Er erinnert mich an die berührende Dokumentation „Der Tag, der in der Handtasche verschwand„, in der die Regisseurin Marion Kainz in einem Duisburger Altenheim Eva Mauerhoff begleitet. Der Film ist zurecht mehrfach preisgekrönt.

*

Veronica Frenzel über eine schwangere Frau, die in der Schwangerschaft erfährt, dass ihr Kind wahrscheinlich behindert sein wird:

Drei Tage später bestätigt die Genetikerin die Diagnose Turner-Syndrom. Das Kind werde mit größter Wahrscheinlichkeit bald sterben. Sie rät zur Abtreibung. Julia Allers wird wütend. „Wenn mein Kind sowieso stirbt, wieso sollte ich es abtreiben?“ Es sei eine große Belastung, ein Kind auszutragen in dem Wissen, dass es sterben wird, erwidert die Genetikerin.

Das Kind ist ein Mädchen und inzwischen ein Jahr alt. Es muss noch ein paarmal operiert werden. Danach wird es voraussichtlich ein Leben ohne großartige gesundheitliche Beeinträchtigungen führen.

*

Stefan Krauth schreibt über den Tod seines Sohnes:

Auf einem Heizkörper sitzend, führte ein junger Arzt eine weitere Anamnese durch. „Wurde Emil bis zum Tod seiner Mutter gestillt?“ Ja, und danach auch, er wurde von vier verschiedenen Frauen gestillt. Und in der Nacht des Todes seiner Mutter hatte ich gelernt, Emil das Fläschchen zuzubereiten.

Emil starb ebenso wie seine Mutter an einem Hirntumor.

*

Raul Krauthausen hat die Glasknochenkrankheit und erzählt ganz unaufgeregt vom Behindertsein und -werden:

Ich darf keinen Bausparvertrag abschließen, keine Lebensversicherung, keine Altersvorsorge betreiben außer Riester, die sich nicht lohnt, weil ich nicht weiß, ob ich bis 67 arbeiten kann. Erben darf ich auch nicht, das kassiert das Sozialamt. Wenn ich heiraten würde, würde das Geld meiner Frau eingezogen werden. Ich bin eine tickende Bombe für jede Frau. […] Aber: Ich bringe der Volkswirtschaft mehr, als ich koste. Ich habe das mal spaßeshalber mit meinem Steuerberater ausgerechnet. Nur dadurch, dass ich morgens aufgestanden werde, kann ich zur Arbeit bei Sozialhelden kommen. Dort habe ich acht Arbeitsplätze geschaffen, die nichts mit meiner Behinderung zu tun haben. 

Ich halte die aktuellen Regelungen, so wie Raul sie an seinem Beispiel beschreibt, für ziemlich skandalös. Es geht in dem Interview aber nicht nur um Geld und Probleme. Er erzählt von seinem Aufwachsen, seiner Ausbildungszeit und seinem Rollstuhl, der rennen kann. Sehr entspannend finde ich den Ton des Interviews, der vor allem einfach mal nur freundlich ist. Sowas mag ich.

*

Schauen Sie sich zum Schluss gerne dieses kurze, anderthalbminütige Video an. Da fährt ein Typ auf Skiern durch ein enges Dings. Der Mann heißt Cody Townsend, das Dings ist in den Tordrillo Mountains in Alaska und nur 1,80 Meter breit. Ich habe mit Skifahren nix am Hut, aber das ist schon ganz beeindruckend:

 

Sie steigen in die U-Bahn ein und setzen sich: Er neben mich, sie ihm gegenüber. Die Bahn fährt an.

Es ist Dezember. Es ist die Bahn, die mich aus der Innenstadt nach Hause fährt. Menschen mit Tüten sitzen neben Menschen  mit Laptoptaschen, stehen im Gang, schauen stummt auf ihre Füße, schunkeln. Im Waggon ist es warm, zu warm für Menschen in Wintermänteln mit Gepäck.

Die beiden beugen sich vor. Sie streichelt seine Wange, über sein Kinn, seinen Hals hinab, hebt die Hand, fährt ihm durch die Haare, schließt die Augen, küsst ihn auf volle Lippen, die nicht zurückküssen. Seine Augen bleiben geöffnet, schauen in den Vierersitz hinter ihr.

Sie lässt von ihm ab, beugt sich zurück, tippt etwas in ihr Handy, sieht wieder auf, spitzt die Lippen, wirft ihm mit Augen und Mund einen Kuss zu. Er lächelt, sagt: „Baby.“ Sie beugt sich wieder vor, schließt die Augen, küsst ihn auf die Lippen. Diesmal erwidert er den Kuss, ohne Genuss. Sie stößt mit ihrer Zunge zu, er zögert, öffnet die Lippen, lässt sie gewähren, blickt ans Waggon-Ende, hinter dem nur noch der Fahrer sitzt. Sie öffnet die Augen. Es sind braune Augen, sehr verliebte Augen. Ihre offenen Haare rutschen über die Schulter ihrer Daunenjacke und fallen ihr ins Gesicht. Sie wirft sie nach hinten, lehnt sich mit dem Schwung ihrer Haare zurück. Die Dame hinter ihr im Sitz schaut sich um. Ihr kitzelt es im Nacken.

Die Menschen, die im Gang stehen, schauen auf die beiden hinab, verfolgen die Choreographie. Es ist unmöglich, die Präsenz der beiden, ihre jugendliches Sein zu ignorieren.

Er sitzt weiterhin mit den Ellbogen auf den Knien und schaut mal sie, mal den Vierer hinter ihr an. Sie blickt in die Runde, grinst, blickt ihn an, blickt wieder in die Runde, beugt sich erneut vor und streichelt mit der freien Hand sein Gesicht. In der anderen hält sie ihr Handy, das Geräusche von sich gibt. Nachrichten kommen, noch eine und noch eine.

Er lässt sich kraulen und sagt: „Nächste müssen wir raus.“

Sie steht auf, zieht ihre Jacke nach unten, bewegt dabei ihre Hüften vor seinem Gesicht, legt ihren Zeigefinger unter sein Kinn, ihre Nägel sind aufwändig mit Glitzer verziert, und zieht ihn daran zu sich nach oben. Sie küsste ihn auf die Lippen, dann hält die Bahn. Die Türen öffnen sich schmatzend, Menschen mit Tüten und Taschen schieben sich hinaus, nur wenige steigen ein, die Türen schließen sich wieder. Mit einem Mal ist es leer.

Die Zwei besteigen die Rolltreppe, sie eine Stufe über ihm. Sie beugt sich zu ihm hinab, küsst ihn, eine Hand in seinem Haar. Die Bahn fährt an. Die beiden entschwinden hinter mir, dann: nur noch Tunnelwand.



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