Furchtlos | Als ich oben saß und in die Tiefe blickte, erinnerte ich mich an den Satz des amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson. Er sagte dereinst: „Tue das, was du fürchtest, und das Ende der Furcht ist gewiss.“
In dem Moment rutschte eine Dreijährige vor meinen Augen senkrecht hinab, auf dem Rücken liegend, Arme und Beine von sich gestreckt wie ein Seestern. Unten angekommen erhob sie sich, schüttelte sich kurz und rief: „Nochmal!“
Es ist ja immer wieder erstaunlich, mit welchem Gottvertrauen Kinder sich in Gefahren stürzen. Als Erwachsener sitzt man hingegen oben auf der Kante, schaut die Senkrechte hinab und sinniert, dass diese Rutsche, die höchste Steilrutsche Deutschlands, sicherlich TÜV-geprüft ist. Ausführlich studierte Ingenieure haben die Einhaltung mehrerer DIN-Normen überprüft. Warum sollte ich also ausgerechnet auf diesem zertifizierten Kinderspielplatz trudelnd gegen Seitenwände schlagen und meinen letzten Tag erleben? Warum sollte mein Bandscheidenvorfall ausgerechnet hier einen Rückfall erleiden? Schlimme Verletzungen, das weiß ich außerdem aus Jahrzehnten aggressivem Kontaktsport, kommen niemals spektakulär daher. Vielmehr geschehen sie in routinierten, tausendmal gemachten Bewegungen. Wahrscheinlich würde ich eher auf der Picknickbank als auf der Steilrutsche verenden. Also stürzte ich mich hinab wie eine furchtlose Dreijährige.
Einige Stunden zuvor hatte der Tag wahrlich göttlich begonnen: Früh um Sieben läuteten die Kirchenglocken Sturm. Mit Penetranz bimmelten sie mich, den Reiseleiter und die Beutezwillinge K2 und K3 wach.
Die Sonne kitzelte über das Gras und durch die Ritzen der Jalousie. In dieser Kulisse hatte das Schicksal seinen Lauf genommen: Im Angesicht des Gotteshauses war ein Frankenhof-Beschluss gefasst worden, und mit dem Beschlus stand fest – zumindest für alle Anwesenden unter zehn Jahren – dass die furchterregende Biberrutsche berutscht wird; dass jeder mit hinauf muss – und auch hinunter. Vor allem hinunter.
Nach der ersten Rutschung ist die zweite übrigens nur noch halb so schlimm, die dritte macht Spaß, die vierte ist ziemlich super und ab der fünften fühlt es sich an wie fliegen. Ein euphorisches Kribbeln stellt sich ein.
Im Frankenhof gibt es auch Tiere, einen Märchenwald, eine Teppichrutsche, einen Wasserspielplatz, Luftkissen und Klettertürme, es gibt Eis, Pommes und Waffeln, und man kann einen super Tag verleben – auch, wenn man schon über vierzig ist.
Stromlos | Am Abend zuvor, wir bauten gerade Lego zusammen, hatte es einen Stromausfall gegeben. Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Ich kann nicht einmal sagen, wann zuletzt. Das ganze Dorf war dunkel. Taschenlampen irrlichterten durch die Wohnungen der Nachbarn, Menschen versammelten sich auf den Straßen. Wer einen Hund hatte, zerrte ihn zu einer Gassirunde um die dunklen Laternen.
Schön: Wir stellten uns auf die Dachterrasse und sahen sie ISS.
Käte im Karton | Diese Woche bekam ich einen großen Karton. Darin: meine Freiexemplare vom Verlag. Jetzt kann ich Menschen beschenken! Yeah!
Käte im Ohr | Allen, die lieber hören als lesen, liest Sybille Kuhne mein Buch vor. Ich freue mich wahnsinnig darüber, dass Suhrkamp Insel sich dazu entschieden hat, es zu produzieren, und ich mag Sybille Kuhne als Sprecherin. Sie passt gut zur erzählenden Käte, ist resolut und weich zugleich.
Auf welche Plattformen „Die Frau, die den Himmel eroberte“ aktuell schon verfügbar ist, kann man hier sehen. Weitere werden folgen.
Signierte Käte | Mich hat aus mehreren Ecken die Frage erreicht, ob ich auch signierte Bücher oder Bücher mit einer Widmung verschicke. Ja! Allerdings verschicke ich nicht selbst, sondern meine Buchhandlung im Kiez. Wir klären gerade das Prozedere. Sobald alles klar ist, folgen die Infos.
Wochenendausflug | Kommunionsfeiern finden in diesem Jahr weit entfernt vom Weißen Sonntag statt. Am Wochenende lupfte der Wind bereits erste Blätter von den Bäumen, und die Kleider der Mädchen bewegten sich sacht in herbstlich-schweren Böen, als wir vor der Kirche standen.
Ich war auf eine zweieinhalbstündige Veranstaltung eingestellt. Der Katholik neigt bei solcherlei Anlässen ja zum Zelebrieren; wenn er die Schäfchen schonmal in den Fängen hat, wird alles aus dem Partykoffer geholt, was Mutter Kirche darin bereithält.
Wie auch in anderen Belangen ist auch im Kontext „Kommunion“ nicht alles schlecht an Corona: Die Messe war #wegenderaktuellenSituation auf eine Stunde begrenzt. Alle Kinder hatten ihren kleinen Auftritt, der Chor sang, der Pfarrer moderierte die Zeremonie professionell runter, der Organist spielte erst zu früh und dann ein anderes Lied, als der Chor sang, die Kinder waren am Ende stolz und erleichtert, alle hatten danach eine Anekdote zu erzählen, und es war in der Kürze überaus nett.
Im Anschluss gab es erst Mittagessen, dann Torte, dann Abendessen, unterbrochen von einem Spaziergang, der in Tempo und Länge gerade genügte, um drei Smarties zu verbrennen. Aber ist es nicht bei allen Anlässen mit Jesus so? Es wird gegessen, dass die Schwarte kracht, und am Ende sind alle müde vom Nichtstun.
Am Schönsten war, nach langer Zeit geimpft und ohne schlimme Coronagedanken beisammenzusitzen. Ein angemessen feierlicher und gleichzeitig entspannter Tag.
Broterwerb | Von Montag bis Mittwoch habe ich ein Inhouse-Seminar beim Kunden gegeben: Agile Redaktionsarbeit. Ich hatte Open-Space-Sessions eingeplant, also Zeiträume, in denen die Teilnehmer:innen themenoffen ihre Fragen mitbringen konnten – ein agiles Format zum Wissensaustausch. Es ging in diesen Sessions viel um Führung und Teamentwicklung.
Also besprachen wir uns, und ich änderte den Seminarschwerpunkt kurzerhand, plante am Montagabend den Dienstag um und am Dienstagabend den Mittwoch, schmiss Inhalte raus und nahm neue rein, so dass die Leute zwar immer noch etwas über agile Methoden gelernt haben, aber auch über Selbstbehauptung in der ersten Führungsposition, Arbeit in Hierachien und über Konflikte im Team.
Am Mittwochabend war ich dann ziemlich durch. Aber noch anstrengender und vor allem unbefriedigender wäre es gewesen, an den Bedürfnissen der Teilnehmer:innen vorbeimoderiert zu haben. Das gute Feedback am Ende hat die Mühen belohnt.
Seelenverwandtschaft | Ich habe viele Raupen gesehen. Und eine einzelne, sehr dicke Raupe. Laut Recherche ein Weidenbohrer. Über den Weidenbohrer habe ich daraufhin gelesen, dass er bis zu vier Jahre als Raupe lebt und Unmengen frisst, bis er sich schließlich verpuppt und als sehr hässlicher Schmetterling wiederkommt. Bin noch unentschlossen, ob das ein erstrebenswertes Lebenskonzept ist, fühle nach dem Kommunionsgelage aber eine gewisse Seelenverwandtschaft.
Wie ich von einer … uhm … Freundin hörte, laufen auch nach vier Wochen immer noch Leute gegen die Ausgangstür, wenn sie den Laden betreten möchten. Für sie gibt es jetzt dieses Schild:
Danke, lieber Penny! Ich fühle mich abgeholt.
Kulinarischer Lieferdienst | Ich soll von der Torfrau ausrichten: Sie trägt die Schuld, dass ich so lange nicht gebloggt habe. Sie reist nämlich nach Italien zum Pfadfinder und besucht dort Weingüter und Parmesankäsereien. Wir mussten abends dringend telefonieren, wie viel sie mir von was mitbringt. Deshalb konnte ich leider nicht eher bloggen.
Gelesen | Biontech-Gründerin Özlem Türeci und ihr Mann Uğur Şahin im Interview zu Gewinn und Investitionen ihrer Firma, zu Patenten und Unternehmenszielen: „Wir brauchen nicht viel.“
Gelesen | Frau Kaltmamsell feiert die Volljähigkeit ihres Blogs. Sie schreibt nun seit 18 Jahren ins Internet.
Mein Blog ist ein komplett überholtes Modell […]. Ich genieße seine Irrelevanz immer noch als Freiheit und tippe hartnäckig in diese völlig egale Ecke des Internets, damit es wenigstens einen kleinen Garten in den unendlichen Weiten des Webs gibt, in dem die Utopie des „Everybody has a voice“ weiterlebt.
Das Kännchencafé gibt es seit fünfzehn Jahren; ab dem kommenden Januar darf es bis Mitternacht ausgehen und alleine Trecker fahren. Am meisten gefällt mir am Tagebuchbloggen, und das ist mir erst in den vergangenen drei Jahren so richtig aufgefallen, dass es mein Denken prägt. So, wie ich die Dinge aufschreibe, bleiben sie mir im Gedächtnis. Es bleibt das Humorige im Tragischen, das Hoffnungsvolle im Traurigen und das freudige Erlebte.
Angeguckt | Bestimmt haben Sie es schon gesehen: Zwei Elfjährige grillen Armin Laschet im Interview. Leider fehlt ihm jegliche Kompetenz und Contenance, diese Situationen zu meistern. Die gleichen Kinder grillen auch Olaf Scholz, sogar genauso heiß – wenn nicht noch heißer: Er wird penetrant über tote Kinder im Mittelmeer ausgefragt. Unabhängig davon, ob man seine Antworten inhaltlich gut oder schlecht findet: Er behält die Ruhe.
Die Frau, die den Himmel eroberte | Yeah, Käte ist da! Noch nicht in den Läden, dorthin kommt sie erst am Montag. Aber bei mir im Briefkasten. Ich freue mich wie Bolle!
Das Buch fühlt sich gut an, riecht gut und ist wunderbar geworden!
Es ist schon ein krasses Gefühl, die Geschichte nach drei Jahren Arbeit in der Hand zu halten. Die Arbeit war während der Zeit so wenig sichtbar. Und nun ist sie da, und ich kann sie anfassen.
Wie viel vom Zuviel wäre mir genug? Es hilft eigentlich nur Erfahrung. Daher ein kleines Spiel, für den Sanktnimmerleinstag, an dem Sie „mal Zeit haben“: Kaufen Sie 30 Tage lang nichts außer Lebensmittel. Stellen Sie sich die Challenge, das Auto so wenig wie möglich zu benutzen […]. Gehen Sie stattdessen möglichst viel zu Fuß. Sprechen Sie jeden Tag persönlich mit einem relevanten Menschen, den Sie vernachlässigt haben […] Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie am Ende dieser 30 Tage a) glücklicher sind und b) finanziell wie sozial reicher.
Genau das war meine Coronazeit. Es war ziemlich gut. (Nicht Corona natürlich. Aber diese Reduzierung. Sie verstehen schon.)
Gelesen | Regionalzeitungen unter Druck: Gleich drei Landeskorrespondenten werden in Rheinland-Pfalz Sprecher von Ministerien und schwächen damit den Journalismus in der Region. Über die Gründe.
Wie hatte einer der Männer gesagt, die nun für ein Ministerium arbeiten wird? „Es ist ein Problem, wenn ich in der Redaktion sage, dass ich wechsle, und meine Kolleginnen und Kollegen klopfen mir auf die Schulter und sagen, Mensch, Glückwunsch, wenn ich ein Angebot hätte, wäre ich auch weg.“
Vorab | Am vergangenen Donnerstag fiel ich, in Skagen angekommen, in einen tiefen Entspannungszustand und konnte nichts niederschreiben. Deshalb jetzt eine Nacherzählung der letzten Reise-Ereignisse.
Dybvad – Skagen | Nachdem wir im Wald mitten in der Walachei geschlafen hatten, brachen wir zur letzten Etappe nach Skagen auf, an die Nordspitze Jütlands. Nach zwanzig Kilometern erreichten wir das Meer – zum ersten Mal auf der Tour. In Sæby sahen wir also zum ersten Mal Strand. Juchhuu!
Wir hatten auf der Tour ein Riesenglück mit dem Wetter. Die ganze Woche über hat es nur einmal geregnet – am ersten Abend in Vejle, als ich mit Bibo auf dem Hof des Hostels fuhr. Danach war nur noch Sonnenschein.
Von Sæby aus fuhren wir nach Fredrikshavn. In Fredrikshavn gibt es den einzigen Berg in der Region, den Pikkerbakken, der sich 70 Meter über den Meeresspiegel erhebt. Der Reiseleiter sah vor, dass wir hinauffuhren – wenn schon ein Berg vorhanden sei, meinte er, könne man ihn auch bezwingen.
Für meinen Geschmack waren wir in den vorangegangenen Tagen ausreichend bergauf gefahren, vor allem gemessen daran, dass ich eine Flachlandreise gebucht hatte. Aber der Reiseleiter ignorierte meine Einwände und entgegnete, ich solle mich bei der Zentrale beschweren. Außerdem sei es oben bestimmt sehr schön, man könne hinunterschauen.
So fuhren wir zur Aussichtsplattform hinauf. Dort oben war es tatsächlich schön, so dass ich unerfreulicherweise keinen Grund mehr zur Grummeligkeit hatte.
Anschließend fuhren wir hinunter in die Stadt – und hinaus auf die Landstraße.
Die verbleibenden vierzig Kilometer der Etappe waren komplett flach. Aber was wäre das Leben ohne Herausforderungen! Statt Hügeln hatten wir nun lebhaften Gegenwind. Ich dachte zunächst, nur ich sei so kraftlos. Aber irgendwo im Nichts zwischen Jerup und Vester Knasborg stoppte der Reiseleiter plötzlich, schaute mich an und sagte: „Findest du auch, dass es heute anstrengend ist?“
Nun, eigentlich fand ich es jeden Tag anstrengend.
Erfreulicherweise machte das Land zehn Kilometer später einen Knick, der Gegenwind wurde zum Seitenwind und kam sogar bald von schräg hinten. Auf dem Dünenradweg nach Skagen trampelten wir deshalb frohgemut durch Gras und Heide, bis wir zur versandeten Kirche St. Laurentius kamen.
Die Kirche stammt aus dem 14. Jahrhundert und hatte auch mal ein Hauptschiff. Es wurde aber ständig von Flugsand zugeweht. Irgendwann gab man das ständige Sandschaufeln auf und riss das versandete Kirchenschiff ab. Nur der Turm blieb und steht noch heute.
Hinter der Kirche ließen wir uns vom Wind nach Skagen hinein und bis vor unser kleines, gelbes Haus schieben.
Skagen ohne Fahrrad | Die Regel für den nächsten Tag war: Es ist kein Fahrrad beteiligt.
Wir gingen also ausschließlich zu Fuß. Skagen ist ein hübsches Städtchen, es gibt viele Gassen und einladende Geschäfte. Außerdem gibt es einen Eisladen, der die Eiswaffeln selbst macht. Wir würdigten und unterstützten diese Mühen.
Außerdem gibt es in Skagen ein Bonbongeschäft mit einer Bonbonmaschine. Aus der Bonbonmaschine kommen Bonbons mit Motiven, zum Beispiel dänischen Flaggen. Auch hier unterstützten wie die Bemühungen.
Am Strand von Skagen stehen noch zahlreiche Bunker aus dem zweiten Weltkrieg.
Wenn man den Strand weitergeht, kommt man an Det Grå Fyr, den grauen Leuchtturm. Am Turm ist ein Zentrum für Zugvögel, denn Millionen von Vögeln passieren jedes Jahr die Nordspitze Dänemark auf ihrem Weg in den Süden.
Wir gingen hinter dem Leuchtturm weiter und kamen nach Grenen, zur Norspitze Dänemarks. Dort treffen Nordsee und Ostsee zusammen, und ich hätte nicht gedacht, dass man es so gut sieht. Wirklich faszinierend. Wir saßen eine ganze Weile dort und schauten zu, wie die Wellen aufeinandertrafen.
Danach gingen wir den Nordstrand Skagens entlang. Es war menschenleer und ganz wunderbar.
16 Kilometer zu Fuß, null Kilometer mit dem Fahrrad.
Gammel Skagen | Am nächsten Tag war Fahrradfahren dann wieder erlaubt. Wir fuhren nach Gammel Skagen zur Nordseeseite der Stadt, schauten uns die Badehotels an und hingen am Strand ab.
Am Strand steht ein Haus zum Verkauf, eine Immobilie mit Renovierungsstau Potential. Es hing kein Preisschild dran, und ich bin skeptisch, was die Kombination aus Lage, Klimawandel und Sturmfluten betrifft. Falls Sie es dennoch als Wohnsitz oder auch als Renditeobjekt ins Auge fassen, hier ein Bild:
Rückfahrt feat. Lokführerstreik der GdL | Am Sonntag ging es dann heim. Wieder mit der Bahn, zumindest innerhalb Dänemarks. Wieder wollte niemand unser Fahrradticket sehen, das der Reiseleiter sich so hart in Hotlines erarbeitet hatte.
Als Menschen, die mit der Deutschen Bahn sozialisiert wurden, sind wir darauf konditioniert, dass der Waggon für die Fahrräder am Ende eines Zuges angehängt ist, also eine Wanderung entfernt von der Stelle, an der man den Bahnsteig betritt. Zusätzlich wir sind darauf getrimmt, sportlich auf eine umgekehrte Wagenreihung zu reagieren und einen 200-Meter-Sprint ans andere Ende des Bahnsteigs hinzulegen.
In unseren dänischen Zügen hatten fast alle Waggons die Möglichkeit, Fahrräder abzustellen. Sowohl auf der Strecke Skagen – Aalborg, als auch auf den Strecken Aalborg – Odense und Odense – Padborg sahen die Mehrzahl der Waggons aus wie unten auf dem Bild. Ein angenehmeres Erlebnis als im engen IC-Fahrradwaggon, in dem die Fahrräder sich vor Enge kaum an ihren Platz bugsieren lassen.
Die Züge hielten an jeder Milchkanne. Wir stiegen zweimal um. In Odense Verwirrung: Dass der Zug nach Hamburg wegen des Lokführerstreiks in Padborg endet, war uns bekannt. Aber er wurde nicht einmal angezeigt. Nach mehrfachem Durchlesen aller Anzeigetafeln, Suche nach Bahnpersonal, ratlosem Umherlaufen und hektischem Wischen in der App die Durchsage: Der nächste Zug auf Gleis fünf fahre wie geplant nach Padborg, es stehe allerdings „Kopenhagen Flughafen“ dran – so wie auf allen Anzeigen und in der App „Kopenhagen Flughafen“ stehe. Es habe sich jemand vertippt, sorry.
Zentrale Datenhaltung. Ist doch schön.
In Padborg war dann Ende. Mit zweimal Umsteigen und in zwei verschiedenen Regionalzügen wären wir noch bis Hamburg gekommen. Aber dann wäre endgültig Schluss gewesen, zumindest für diesen Sonntag.
Ich kann für solch einen Fall nur raten, sich einen Ex-Mann anzuschaffen. Der fuhr nämlich sechs Stunden aus dem Ruhrgebiet nach Padborg, um mich und den Reiseleiter dort abzuholen. Mega.
Fazit | Fahrradreise – gerne wieder. Man sieht viel vom Land, vor allem Dörfer, Orte und Wege, die man sonst nicht sehen würde. Der Kopf wird frei, denn das Blut ist in den Beinen – da bleibt keine Kapazität fürs Nachdenken über Arbeit oder sonstwas. Abends ist man rechtschaffend müde und schläft gut. Morgens ist man zwar immer noch müde, wird aber rasch munter. Gerne wieder.
Danhostel Sillkeborg | Der Tag begann mit einem innigen Dänemark-Gefühl: Ich fühlte mich wie Gorm der Alte. Der Gedanke, heute 77 Kilometer Fahrrad zu fahren, war völlig absurd. Ich schaffte es irgendwie aus dem Bett und in den Frühstücksraum des Danhostel. Beim Anblick des Buffets ging’s mir schon besser.
Danach: Tasche packen und aufs Rad. Tschüss Silkeborg!
Silkeborg – Klejtrup | Die Strecke begann mit einem saftigen Anstieg, wie soll es auch anders sein. Danach wellte sich die Landschaft aber nur noch.
Die ersten 35 Kilometer traten wir locker runter und picknickten mit Blick auf den Hald Sø. Am Haldsee gibt es auch die Ruinen einer alten Bischofsburg. In ihr wohnen jetzt Schwalben.
Dann wieder aufs Rad, radeln, radeln, radeln. Dass es nicht mehr ganz so bergig, sondern nur noch hügelig ist, wird dadurch ausgeglichen, dass wir jetzt Wind von vorne haben.
Der nächste Halt: Viborg. Wir waren eis- und gebäckbedürftig. In Viborgs Innenstadt hingen Blumenbälle in den Straßen. Es gab Sand, Minigolf und Lounge-Sessel, Schmetterlingsflieder und offene Jurten.
Es ist alles sehr hübsch hier. Die Städte, die Bauernhöfe, das ganze Land. Ich habe den Eindruck, dass sich alle Mühe geben, es sich schön zu machen.
In Viborg sagte der Reiseleiter den magischen Satz: „Ich habe eine schöne Alternativroute gefunden.“ Der Satz hätte mich stutzig machen sollen, denn er sagte ihn schon einmal – damals in Cuxhaven. Seinerzeit endete es so, dass wir unsere Fahrräder zwei Kilometer weit über einen Trampelpfad durch tiefen Sand schoben, während uns Pferdebremsen verspeisten.
Ich war jedoch gerade in ein Milchhörnchen mit Schokoguss vertieft. Deshalb nahm ich den Satz nicht genau wahr. Wir bogen also bei Kilometer 58, kurz hinter Viborg, von unserer geplanten Route ab, und nun ja, was soll ich sagen: Die Stimmung war danach nicht so gut. Es gibt hier nämlich außerordentlich schwergängige Schotterwege, die zu allem Übel auch immer bergauf führen.
Während ich dies schreibe, fragt mich der Reiseleiter, ob ich blogge. Ich antworte ihm, dass ich gerade die Geschichte der schönen Alternativroute aufschreibe. „Dann musst du aber auch erzählen“, sagt er, „dass wir durch eine sehr schöne Gärtnerei kamen. Und durch Obstwiesen.“
Halten wir fest: Es gab auf der Alternativroute ein paar Blumen und Obstbäume. Glücklicherweise fuhr mir just in dem Moment, als ich hinter der Gärtnerei in einem Sandloch verendete, das Schokohörnchen ins Blut, so dass meine Stimmung entgegen der Umstände deutlich stieg. Im gleichen Moment schlingerte jedoch der Reiseleiter im Kies und war seinerseits missgelaunt.
Am Ende erreichten wir sowohl das Ende der Schotterwege als auch das Ziel: Nach 81 Kilometern kamen wir in Klejtrup an – gut gelaunt, denn die Unterkunft ist wunderbar.
“Hast du mich lobend erwähnt?“, fragt der Reiseleiter. – „Ich habe geschrieben, dass du eine sehr schöne Unterkunft ausgesucht hast.“ – „Gut.“
Bemerknisse | Mich beschleicht das Gefühl, dass Kinder hier einen sehr hohen Stellenwert haben. Die Schulen und Schulhöfe, die Spielplätze und Freizeitstätten, an denen wir vorbeiradeln, sind toll ausgestattet, fantasievoll und mit Hingabe. Ich habe noch kein einziges heruntergekommenes Klettergerüst, keine Schule mit bröckelnder Fassade und keinen Sportplatz mit einem Acker von Rasen gesehen.
Zudem ist offenkundig, dass auch Radfahren eine andere Aufmerksamkeit bekommt als in Deutschland. Nicht nur, dass Dänemark voll ist von Fahrradwegen. Die Radwege lassen sich auch befahren. Sie enden nicht plötzlich irgendwo. Sie sind entweder gut markiert oder von der Fahrbahn getrennt. Hinzu kommen die kleinen Dinge:
Die Dänen haben überall, wo Fahrradfahrer:innen einen Bürgersteig hinauf oder hinab müssen, kleine Rampen aus Bitumen hingegossen. Zum Beispiel, wenn man aus einer kleinen Straße links auf eine große Straße abbiegt, und der Radweg auf den Bürgersteig geführt wird. Es ist einfach gegenüber jeder kleinen Einmündung eine Rampe an den Bürgersteig betoniert, so dass man ohne anzuhalten, ohne das Rad hochzuheben und ohne einen Stunt weiterfahren kann.
In verkehrsberuhigten Zonen, in denen Fahrbahnschwellen den Autoverkehr verlangsamen, stehen neben den Schwellen Blumenkübel. Rechts davon wird der Fahrradweg geführt, das heißt: Fahrradfahrer müssen nicht über die Huppel fahren, sondern können einfach geradeaus durchfahren, ohne dass ihnen eine Schwelle die Lendenwirbel zerschlägt.
Die Fahrradwege neben den Landstraßen sind beleuchtet – auf Höhe der Räder. So dass man die Fahrbahnunebenheiten, Äste und kreuzende Igel sieht. Fantastisch.
Feierabend | Wir sitzen jetzt noch ein bisschen hier herum.
Bahn | Wer mit der Deutschen Bahn und einem Fahrrad irgendwohin fahren möchte, zum Beispiel nach Dänemark, muss das wirklich wollen. Internationale Fahrradtickets kann man nämlich nur in einem Reisezentrum der Deutschen Bahn, zu Fuß und offline, oder telefonisch kaufen.
Gut, dachte sich der Reiseleiter, dann rufe ich halt dort an. Nach 45 Minuten Warteschleife erhielt er im Juli, sechs Wochen vor Reiseantritt, die Auskunft, dass es noch kein Kontingent für Fahrkarten nach Dänemark gebe. Wir warteten also. Einige Woche später rief der Reiseleiter noch einmal an. Nach nur 30 Minuten Warteschleife die freudige Kunde: Es gebe buchbare Fahrradtickets nach Dänemark. Wir erhielten zwei. Die Menschentickets mussten wir separat online buchen.
Während die Menschentickets also in der Bahn-App waren, waren die Fahrratickets zunächst nirgendwo. Denn die Bahn kann sie nicht in ihre App schicken, sie kann sie auch nicht per E-Mail schicken, und auch nicht mit der gelben Post. Kauft man ein Fahrradticket ins Ausland, kann man es nur an einem DB-Automaten ausdrucken.
Der Reiseleiter dachte: „Gehe ich halt zum nächsten Bahnhof, tippe auf dem Automaten herum, und dann kommt das Fahrradticket heraus.“ Tatsächlich gibt es allerdings nicht an jedem Bahnhof einen Automaten der Deutschen Bahn. In Haltern, dem Wohnort des Reiseleiters, gibt es zum Beispiel nur Automaten des Verkehrsverbundes. Die Automaten des Verkehrsverbundes verkaufen zwar Fahrkarten für die Deutsche Bahn, sie drucken aber keine vorbestellten Fahrkarten aus.
„Na gut“, dachte sich der Reiseleiter. Er war zu dem Zeitpunkt schon nervlich angespannt. „Fahre ich halt zum nächsten größeren Bahnhof.“ Dort gab es tatsächlich einen DB-Automaten. Die Identifizierung sollte mit der BahnCard des Reiseleiters erfolgen. DB-Automaten sind jedoch eigen. Sie lesen zwar gerne Bahncards, aber nicht von jedem. Die des Reiseleiters zum Beispiel nicht.
„Macht ja nichts“, dachte er sich. Man kann sich auch mit der Auftragsnummer identifizieren. Wenn man sie hat. Blick in die Buchungsbestätigung: Kundennummer, Reisedatum, Verbindung, Preis. Jedoch keine Auftragsnummer. Nach nur 30 Minuten in der Warteschleife der Deutschen Bahn erhielt der Reiseleiter die Auftragsnummer, und mit der Auftragsnummer schlussendlich die Tickets.
Nur schade, dass sie während der gesamten Fahrt nach Kolding niemand sehen wollte.
Wir zeigten sie trotzdem jedem Zugbegleiter, der nicht danach fragte.
Etappe Eins | In Kolding angekommen – dramatische Umsteigeszenen wegen 30 Minuten Verspätung in Hamburg erspare ich Ihnen – setzten wir uns aufs Rad und fuhren 40 Kilometer bis nach Vejle.
Schon auf den ersten zehn Kilometer stellte ich fest, dass Dänemark erstaunlich hügelig ist. „Stark reliefierte glaziale Grundmoränenlandschaft“, dozierte die geografisch studierte Reiseleitung bei einem der Anstiege. „Mmmh“, antwortete ich leicht kurzatmig.
In Vejle angekommen, machten wir einen Abstecher zum Hafen. Dort steht ein wellenartiger Wohnkomplex: 115 Luxusappartments, die zwischen drei und 13 Millionen dänische Kronen kosten, also zwischen 500.000 und zwei Millionen Euro. Die größte Wohnung hat 250 Quadratmeter.
Der Komplex hat diverse Preise gewonnen. Wir schauten ihn uns von unten an. Solch prekäre Wohnverhältnisse kenne ich ja vom Dortmunder Phoenixsee nur in eckig.
Wir verlegten ins Studentenviertel, belohnten uns mit Pizza und fielen danach in unserem Danhostel müde ins Bett.
Etappe Zwei | Heute fuhren wir 63 Kilometer von Vejle nach Silkeborg. Auf den 63 Kilometern überwanden wir 630 Höhenmeter. Das ist f*cking Alpe d‘Huez hier.
Die Dänen wissen das und haben vor längeren und steileren Steigungen freundliche Motivationsschildchen an den Wegesrand gestellt. „Schau her, nur eineinhalb Kilometer und 15 Prozent Steigung! Und wenn du oben bist, loben wir dich!“
Tatsächlich ist es ganz hilfreich zu wissen, wie lange man durchhalten muss.
Die erste Station der Route war Jelling. In Jelling gibt es Wikingermonumente, das erste Unesco-Weltkulturerbe Dänemarks. In Jelling wohnten Gorm der Alte und sein Sohn Harald Blauzahn. Nach Harald Blauzahn ist die Bluetooth-Schnittstelle benannt; er hat sie aber nicht erfunden. In Jelling wurde auch das erste Mal das Wort „Dänemark“ auf einem Runenstein gefunden. Er ist vor der Kirche ausgestellt.
Nach Jelling trafen wir auf den Haervejen, den Heerweg oder auch Ochsenweg genannt. Er durchzieht große Teile Jütlands, geht von Viborg bis Vedel in Schlewsig-Holstein und war über lange Zeit sowohl Handelsweg als auch Marschroute von Armeen.
Am Heerweg liegt auch die höchste Kirche Dänemarks auf sage und schreibe 124 Metern. Dort machten wir Rast.
124 Meter klingt nicht viel. Aber bevor man auf dem hohen Gipfel ankommt, muss man viele, viele Male von zehn Meter auf achtzig Meter, zurück auf sechzig Meter, hoch auf 120 Meter, wieder runter auf 40 Meter, hoch auf neunzig Meter, bis einem die Oberschenkel brennen.
So ging es eigentlich die ganze Zeit – bis auf die Momente, in denen wir uns ausruhten.
Silkeborg wird vom längsten Fluss Dänemarks durchflossen: der Gudenå. Es gibt eine alte Papierfabrik, die zu einem hippen Wohn- und Ausgehviertel umgebaut wurde. Und es gibt Sonntagsabends nichts zu essen: Alle Restaurants hatten entweder geschlossen oder nur bis 20 Uhr auf – abgesehen von denen in der Papierfabrik, für die wir aber einen Kredit hätten aufnehmen müssen.
Zum Glück haben die Supermärkte hier großzügige Öffnungszeiten. Die Reiseleitung servierte im Hostel Falafel-Pesto-Salat an Rotwein. Wir dinierten mückenumschwirrt.
Morgen geht es weiter bis nach Klejtrup: 77 Kilometer.
Urlaub | Letzte Urlaubsvorbereitungen. Dann fahre ich mit der Reiseleitung und dem Zug nach Kolding und von dort aus mit dem Fahrrad nach Skagen, in sechs Etappen. Die Taschen sind gepackt, die Kette ist geölt.
Meine bewährte 5er-Gepäckregel – fünf Kleidungsstücke für obenrum, fünf für untenrum, fünfmal Unterwäsche und fünf Sonderkleidungsstücke wie Badenzug, Kleid, Wanderweste – habe ich reduziert auf zwei Radhosen, zwei lange Hosen, drei T-Shirts und einen Pulli. So passt es mit dem Gepäck am Fahrrad, und es bleibt noch Platz für Proviant und Souveniers.
Im Zuge meiner Fahrradsozialisierung habe ich mir einige Kleidungsstücke angeschafft. So besitze ich jetzt eine Radhose mit Polster und einem Borat-Badenzug-ähnlichen Design, außerdem einen Poncho, in dem ich direkt in die Sesamstraße durchmarschieren kann – als Bibo, der große gelbe Vogel. Gut, dass ich inzwischen charakterfest und über allem Styling erhaben bin.
Wir fahren den Ochsenweg, den Hærvejen, am Ankunftstag 40 Kilometer, an den anderen Tagen zwischen 60 und 80. Ich bin gespannt, was mich erwartet.
Broterwerb | Vor dem Urlaub ist besonders viel Arbeit. Alles will erledigt sein; die Woche, die ich weg bin, muss ich vorarbeiten. Es war allerdings einigermaßen entspannt, ich hatte nie mehr als vier Termine oder Videokonferenzen am Tag und konnte deshalb eine Menge wegarbeiten: Folien für einen Kunden, Texte für interne und externe Kommunikation, eine agile Retrospktive, Vorbereitungen für einen Workshop.
Ich habe außerdem einen Newsletter geschrieben. Das habe ich in den vergangenen Monaten schleifen lassen. Er geht nächste Woche raus. Es wird um Souveränität und Klarheit gehen.
Marmeladenbusiness | Vatta war nochmal in den Brombeeren, und ich habe weitere Gläser Marmelade eingekocht. Sollten meine Geschäfte irgendwann nicht mehr laufen, kann ich ins Marmeladenbusiness umsteigen.
Bestimmt lässt sich das irgendwie mit Waffeln kombinieren.
“The first time I tried it looked like the shit emoji, I tell you, and whilst my Aunty Deb had a good sense of humour, that wasn’t exactly what I was going for,” he said.
Landfrauenorden | Zunächst zu den relevanten Ereignissen: Ich habe nochmal unzählige Gläser Marmelade eingekocht. Nachdem ich jüngst im Alter von 43 Jahren festgestellt habe, wie einfach es ist, Marmelade einzukochen, bin ich in eine Marmeladeneinkochwut hineingewachsen. Brombeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Reste von Erdbeeren und Johannisbeeren – ich kann mich nun bis ins Frühjahr 2023 von Marmelade ernähren.
Nur Pflaumen koche ich nicht ein. Pflaumen habe ich zu Kuchen verarbeitet, nach bewährtem Rezept.
Mentaltraining | Noch eine Woche arbeiten, dann fahre ich mit dem Fahrrad durch Dänemark, von Kolding bis hoch nach Skagen. Ich befinde mich in der mentalen Vorbereitung auf Wind, Regen, Leiden und natürlich Zimtschnecken.
Am Wochenende fuhr ich 55 Kilometer über die sieben Berge in die Heimat und wieder zurück. Danach taten mir die Beine weh. Es ging doch gehörig auf und ab.
Aber die Leute auf dem Land! | Bei Vorschlägen, die im Kontext Klimawandel und Verkehrswende vorgetragen werden, höre ich stets: „Aber die Leute auf dem Land!“ Denen könne man nicht das Autofahren verbieten. Überhaupt: Wenn eine Lastenradprämie nicht auch dem 90-jährigen, einbeinigen Karwendelbauern und seiner schulpflichtigen Enkelin vom Eselhof hinter der Höllentalklamm nützt, ist sie elitärer, akademischer Mist!
Heute las ich: 77 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Städten oder Ballungsräumen. Nur 15 Prozent der Menschen leben in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern.
Klar – die Klein- und Mittelstädte sind unterschiedlich, darunter sind sicherlich auch Flächenstädtchen mit vielen eingemeindeten Ortschaften. Ich gewinne jedoch den Eindruck, dass der Verweis auf die Landbevölkerung, die über Wirtschaftswege 30 Kilometer bis zum nächsten Supermarkt fahren muss, in Anbetracht der klimatischen Herausforderungen nicht gegen jedes Argument pro Radwege-Ausbau und Lastenradförderung immun ist.
#dieaktuelleSituation | Inzidenz in Dortmund: 142,8. Ich habe keine Meinung dazu. Einerseits: Die Mehrheit der Menschen ist geimpft. Andererseits: Ein großer Teil nicht – weil zu jung oder zu krank. Die Gleichung „ungeimpft = Corona-Leugner“ geht (noch) nicht auf.
Aber wieder die Schulen schließen, bis auch die Kinder durchgeimpft sind? Das hält doch niemand mehr aus, Eltern nicht, Kinder nicht, Lehrer:innen nicht. Vor allem: In Anbetracht des Nichtstuns, der weiterhin fehlenden Luftfilter, der Konzeptlosigkeit und Realitätsleugnung der Länder und Schulbehörden, der fehlenden Unterstützung für Eltern macht diese Idee unsagbar wütend. Und in der Gastronomie, in Hotels und Sporthallen: Wieder die Innenräume schließen? Was ich weiß, ist: Ich möchte das Virus nicht haben, auch nicht doppelt geimpft.
Schwierig. Corona, Klimawandel – alles.
Ladies‘ Circle | Am Wochenende trafen wir uns vom Dortmunder Ladies‘ Circle zur Amtsübergabe. Die Präsidentschaft in unserem Service-Club wechselt jedes Jahr. Wir machen dann immer eine kleine Feier, meist ein Frühstück, die Amtskette wird übergeben, es gibt ein paar festliche Worte, wir essen und reden.
Diesmal war es besonders, weil wir uns seit fast einem Jahr nicht gesehen haben. Natürlich haben wir uns online getroffen. Aber da war wenig Raum für Persönliches. Ich habe die Gespräche sehr genossen.
Save the date: Am 13. November lese ich abends für einen guten Zweck aus Die Frau, die den Himmel eroberte – eine hybride Veranstaltung. Sie findet in Dortmund und im Internet statt. Mehr, sobald mehr feststeht.
Fahrradfahrt | Das Training für die Radreise besteht im Wesentlichen daraus, von Dortmund zum Mitreisenden nach Haltern zu fahren. Variante: Wir fahren den halben Weg von Dortmund nach Lünen gemeinsam und trennen uns am Kanal – der Mitreisende fährt weiter nach Haltern und ich wieder heim nach Dortmund.
Am Freitag fuhr ich erstmals mit vollem Gepäck – schwerer wird es in Dänemark auch nicht. Denn ich hatte meine Büroaustattung dabei: ein Laptop, ein Macbook, ein iPad und Zubehörkram. Das nehme ich natürlich nicht mit nach Dänemark. Aber die Klamotten werden kaum schwerer sein.
Der Knuffelkontakt hat die Strecke maximal optimiert: Nur in Dortmund führt sie noch über ein paar größere Straßen, sonst am Kanal entlang und durch Felder, vorbei an hübschen Bauernhöfen, bis ich die Windräder passiere, noch ein paar Kilometer durch Wald fahre und dann nach Hullern komme.
Aufm Dorf | A propos Hullern: 2.300 Einwohner, eine Kirche, ein Bäcker, ein Dorfladen, eine Pizzabude. Und: eine Streuobstwiese für alle. Dort kann man zwar noch keine Äpfel pflücken (noch nicht reif), aber Brombeeren finden.
Wenn man neben der Kirche wohnt, eine Dachterrasse hat und auf der Dachterrasse ein Draußensofa, kann man auf ebendiesem Sofa liegen und auf alles hinabschauen, was vor der Kirche passiert. Und es passiert Einiges! Am Samstag und am Sonntag kommt nach und nach jeder vorbei, der durch Hullern will. Der Weg zum Bäcker, zum Dorfladen und, natürlich!, zur Kirche führt vor der Haustüre lang. Fußballmannschaften wollen zum Sportplatz. Radreisende queren das Dorf. Trecker biegen ein, Planwagen hinter sich herziehend, darauf Partyvolk.
Wenn niemand kommt, kann man den Blick auch auf die Kirche oder den Himmel richten.
Es ist wie aufs Meer gucken, nur ohne Meer.
#DieaktuelleSituation | Inzidenz in Dortmund 71,7. Am Mittwoch beginnt die Schule wieder.
Seminarangebot | Für 2022 haben sich die ersten Seminare ergeben – und auch in 2021 biete ich noch etwas an. Schauen Sie mal drüben nach.
Hinweise zur Bundestagswahl | Es wurde hier mal angeregt, ich solle doh bitte nicht nur Texte verlinken, die nahelegen, wen man nicht wählen möchte, sondern auch Quellen, die Hinweise geben, wen man wählen könnte. Voilà – direkt aus dem Bundestag, Fettungen von mir:
Antrag zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte abgelehnt
Der Bundestag hat am Mittwoch, 23. Juni 2021, nach halbstündiger Aussprache einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt, in dem die Fraktion gefordert hatte, ein Gruppenverfahren zur „großzügigen Aufnahme afghanischer Ortskräfte einzuführen, die für deutsche Behörden und Organisationen arbeiten oder gearbeitet haben“ (19/9274). Die Koalitionsfraktionen und die AfD lehnten den Antrag ab, die Linksfraktion stimmte mit den Grünen dafür, die FDP enthielt sich. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses vor (19/28962)
Mein Ex-Mann war zweimal in Afghanistan. Wir haben zwei Auslandseinsätze mitgemacht. Es ist unglaublich erschütternd, die Entwicklung zu verfolgen – und besonders, das Schicksal der Ortskräfte mit anzusehen, die ihn und die Bundeswehr unterstützt haben. Ich schäme mich, dass wir sie alleine lassen.
Die Frau, die den Himmel eroberte | Noch ein Monat und ein Tag, bis Käte erscheint. Ich bin sehr vorfreudig auf meinen ersten Roman. Und neugierig. Wie wird die Geschichte aussehen, gesetzt und gedruckt? Wie wird sich das Buch anfühlen? Wird der Umschlag schön sein? Wie wird es sich anfühlen, den Karton auszupacken? Es ist übrigens eine Leseprobe online (pdf).
Radeln | Am Wochenende fuhr ich 110 Kilometer Fahrrad. Es wären noch mehr geworden, hätte ich nicht einen Platten gehabt. Das Radfahren hat mir gute Laune gemacht. Der Platten schlechte.
Zunächst zur guten Laune. So langsam bekomme ich ein neues Verhältnis zu Entfernungen und Erhebungen. 40 Kilometer zum Knuffelkontakt nehme ich nicht mehr als große Reise wahr, für die ich mich mental besonders wappnen muss, sondern ich denke: „Wetter ist gut, ich fah‘ mir dem Rad.“ Auch Berge machen mir nicht mehr so viel aus. Klar schnaufe ich. Aber ich trampel sie halt weg. Nach der Steigung kommt die Abfahrt.
Die Waffel im Seepark Lünen bekommt 8 von 10 Punkte. Geschmack sehr gut, Bräunung gut, geringe Abzüge wegen zu starker Knusprigkeit auf Kosten der Fluffigkeit.
Bei der dritten Tour schlingerte plötzlich mein Hinterrad: Platten. Natürlich hatte ich weder Flicken noch Pumpe dabei. Ich bekam galaktisch schlechte Laune, schob mein Rad zwei Kilometer zur nächsten Stadtbahn-Haltestelle (zum Glück war ich schon wieder in Dortmund!) und fuhr mit zweimal Umsteigen, schieben und tragen, U-Bahn und Bus nach Hause, eine Stunde lang. Dort hatte ich erstmal keine Lust auf irgendwas.
Gegen Abend ging’s dann wieder, ich googelte „Fahrrad Hinterrad ausbauen“ und baute das Hinterrad aus.
Es stellte sich heraus, dass ich einen schlauchlosen Reifen fahre. Irgendwas Unplattbares. Naja. Eine Beschädigung war nicht zu entdecken, aber die Luft blieb auch nicht drin.
Mein Fahrradladen im Kiez hat Sommerferien, und die Franchise-Kette nahbei nimmt derzeit keine Reparaturen an wegen Überlastung. Meine Laune wurde erneut sehr schlecht. Ich googelte und fand im nächsten Vorort einen Laden für Fahrradzubehör. Keine Website, keine Infos. Ich fuhr hin, zur Straße gegenüber der Moschee. Der Laden: eine Butze, eingequetscht zwischen einem Zoo-Fachgeschäft und „Antje’s Grill- und Pizza-Stube“, sechs Quadratmeter, vollgestopft mit allem. Ich fühlte mich an den Metallwarenladen meiner Kindheit erinnert, eine dunkle Höhle, Kisten bis unter die Decke, der Besitzer im grauen Kittel. Man konnte dort alles kaufen, vor allem alles einzeln, auch die abwegigsten Dübel, Schrauben, Nägel und Werkstücke. Mr. Kittel besah sich das Teil, von dem man ein zweites benötigte, schob seine Leiter an ein Regal, stieg hinauf, griff in eine Kiste, holte genau das heraus, was man brauchte, steckte es in eine Tüte und sagte: „Das macht eine Mark siebzig.“
Zurück zur Fahrradbude. Vor der Tür ein Plastikstuhl. Auf dem Plastikstuhl: der Besitzer. Ohne Kittel.
„Hallo“, sagte ich. „Mein Reifen ist platt.“ „Dat kommt schomma vor.“ „Können Sie den reparieren?“ Brummnicken. „Morgen. Übermorgen. Je nachdem. Mach ich so zwischendurch.“ „Top. Und wenn ich das beim nächsten Mal selbst machen will …“ „Brauchste Reifenheber und so. Leg ich dir raus, für wenn’de wiederkommst.“ Nahm den Reifen und lehnte ihn an den Laden.
Soeben rief er an: „Reifen ist fertig. Kannste abholen. Kost‘ fuffzehn Euro.“ Das wird mein Premium-Fahrradschrauber.
Jahresplanung 2021 | Zurück aus der Sommerpause, plane ich nun konkreter meine Arbeit bis zum Jahresende.
Ich arbeite auf verschiedene Weise mit Kunden zusammen: entweder pauschal oder mit einem Stundenkontingent. Den Pauschalpreis gibt es für Dienstleistungen, die ich punktuell ausführe – zum Beispiel ein Inhouse-Seminar oder ein Workshop. In diesen Angeboten sind alle Kosten drin: Vorbereitung, Nachbereitung, bei Vor-Ort-Veranstaltungen Reisekosten und Materialien, bei Digitalformaten eventuell Plattformkosten, die über das Übliche hinausgehen. Am Ende kostet es genau den Preis, der vorher vereinbart war. Demngegenüber stehen Stundenkontingente. Sie sind für kontinuierliche Arbeit und immer dann sinnvoll, wenn Kundinnen über einen längeren Zeitraum Leistungen abrufen – zum Beispiel bei persönlichen Beratungsstunden. Oder wenn die Aufgaben sich nach und nach ergeben, eine aus der anderen, in einem größeren Projekt oder bei einer organisatorischen Neuausrichtung. In einem meiner aktuellen Aufträge bin ich in der Organisation für zahlreiche Menschen tätig: Geschäftsführung, Führungskräfte, Teams, Mitarbeiter:innen. Meine Aufgaben: Ideen aufgreifen, pilotieren, initiieren, vermitteln und Hemmnisse aus dem Weg räumen, Mut machen, beraten, Fäden zusammenhalten. Das Spannende ist: Es geht über alle Ebenen des Unternehmens, von strategischen Überlegungen gemeinsam mit dem Management bis ins operative Tagesgeschäft. Im Tagesgeschäft probiere ich gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen neue Arbeitsweisen aus, und wir übersetzen die Strategie – die in der Theorie ja sehr abstrakt ist -, ins Tun.
Jahresplanung also. Aktuell schaue ich: Wie viele Beauftragungstage sind bis zum Jahresende noch übrig? Ich schaue, wie wir sie am wirksamsten verwenden und mache einen Vorschlag, wie wir meine Arbeitszeit bis zum Jahresende sinnvoll verteilen. So kann ich das restliche Jahr gut planen – mit diesem Kunden und auch mit meinen anderen Kunden. Denn mein Ziel ist es, stets ausreichend Zeit zur Vor- und Nachbereitung zu haben, gute Leistungen zu erbringen und auch noch Luft für Privatleben zu haben.
Seit Jahresanfang bekomme ich zunehmend Neukunden-Anfragen – so viele wie in keinem Jahr zuvor, und sie münden auch vielfach in Aufträgen. Das freut mich sehr! Ich bin jetzt im fünften Jahr selbstständig, seit 2017, und ich habe das Gefühl: 2021 ist das Jahr, in dem richtig Schwung reinkommt. Aufträge aus der Vergangenheit haben zu Empfehlungen geführt, die wiederum zu weiteren Empfehlungen geführt haben. Als ich mich selbstständig gemacht habe, habe ich gedacht: „Fünf Jahre durchhalten, das wäre cool.“ Ich glaube, ich mache das noch eine Weile länger.
Save the date | Vor einigen Wochen habe ich von einem Seminar berichtet, in dem ich mit den Teilnehmern darüber gesprochen habe, wie sie gut mit Stress umgehen, wie sie sich behaupten und welche Strategien es gibt, um mental gut durch den Job zu kommen: Mission Gelassenheit und Souveränität. Es erreichte mich das Feedback: Das will ich auch! Kannst du das nicht digital als Webinar anbieten?!
Das tue ich nun. Termin: 4. Februar 2022, 10 bis 14 Uhr. Veranstalter wird die Weiterbildungsagentur Pro Content sein. Diese Konstellation hat den Vorteil für Euch, dass es preiswerter wird, als wenn ich selbst als Veranstalterin auftrete. Vorteil für mich: Ich kann die Organisation, Abrechnung und Technikbetreuung abgeben.
Ich sage Bescheid, sobald die Veranstaltung online steht und man sich anmelden kann.
In diesem Kaffeehaus werden anonym Daten verarbeitet. Indem Sie auf „Ja, ich bin einverstanden“ klicken, bestätigen Sie, dass Sie mit dem Datenschutz dieser Website glücklich sind. Dieser Hinweis kommt dann nicht mehr wieder. Datenschutzerklärung
Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.