Allgemeine Kalenderereignisse und ihre Begehung | Über den Jahreswechsel verfiel ich in Winterschlaf. Ich erwähnte es schon einmal, oder nicht? Ich hege eine große Leidenschaft fürs Schlafen, noch mehr als für Waffeln. Quasi alles wird durch Schlafen besser: die Laune, die Gesundheit, die Ideen, das gesamte Leben.
In kurzen Wachphasen träumte ich vom Reisen. Ich gab alle Orte bei Airbnb ein, sah mir die Ferienhäuser an, klickte mich von der Küche ins Wohnzimmer, ins Schlafzimmer, auf die Balkone, durch die Umgebung und stellte mir vor, dort zu sein. Täglich schaute ich, wo Fridolin und die Abels sind. Mit Teilen der Abels habe ich Handball gespielt; seit Monaten reisen sie quer durch Europa (Blog).
In einem Kurort feierte ich Silvester – mit Knallbonbons, Raclette und Wunderkerzen.
Ich fuhr in ein Resort in die Eifel; es regnete in Tropfen und in Grieseln, von vorne und von der Seite, nieselnd, klatschend und pladdernd. Ich besuchte ein Spaßbad, ließ mich durch Strudel treiben, wippte bojenhaft auf künstlichen Wellen, warf die Beutekinder ins Wasser und rutschte. Ich wanderte zu einer Burg, vorbei an überhängenden Felsen und über schmale Pfade.
Ich schrieb Neujahrskarten; digital – es ist ja kaum jemand im Büro, weder aktuell noch in den kommenden Wochen. Ich begann mit dem Zusammenbau eines Busses aus dänischen Klemmbausteinen.
Ich ließ mir unzählige Stäbchen in die Nase schieben, telefonierte Testergebnissen hinterher und ging danach ins Fitnessstudio. Einmal ging ich auch in ein Museum, das war noch in der Eifel. Das Museum war auch Nationalparkzentrum. Es befand sich überraschenderweise in einer ehemaligen NS-Ordensburg.
Ich lernte etwas über den Biber und über die Jahreszeiten, über den Neuntöter und darüber, wer wen frisst. Ich sah mir eine Ausstellung über Herrenmenschen an und versuchte, den Kindern zu erklären, wer Hitler war, wer seine Freunde waren, was sie taten und vor allem: warum. Aber wer kann das schon schlüssig?
In der Ordensburg gab es ein Restaurant, das Reminiszenzen hervorrief. Sowohl, was das Intrieur als auch den Geschmack und den Geruch anging, fühlte mich in die 2000er-Jahre zurückversetzt, als ich regelmäßig die Betriebskantine der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung besuchte – ein holzvertäfeltes, mit Knüpfteppichen behangenes und mit orangefarbenen Kacheln verziertes Kleinod der Betriebsgastronomie. Immerhin gab es auf der Burg ein vegetarisches Gericht: eine Frühlingsrolle. Das dazugehörige Asiagemüse war zwar aus, aber man bot mir Kartoffelgratin und Rotkraut als Beilagen an. Eine wilde Mischung, die gar nicht mal so gut schmeckte, weder einzeln noch im Zusammenhang.
Aber die Aussicht war gut, hinab ins Rurtal, und die Kinder hatten Pommes.
Was tat ich noch in meinen Wachphasen? Ich schaute Ein Jahr auf den Lofoten und andere Reportagen aus fernen Ländern – anküpfend an meine Airbnb- und Instagram-Reisen -, während ich die Wolldecke bis zum Hals zog und aus einer großen Tasse Ingwertee trank. Ich schaute Downton Abbey zu Ende, die Serie und den Film, und freute mich, dass Thomas jemanden knutschen durfte, endlich mal. Ich guckte außerdem Der Staat gegen Fritz Bauer; ein Film, der auch beim zweiten Mal sehenswert ist, eine großartige schauspielerische Leistung. Ich buk Brot, rührte ein Schokomousse an und kochte Gorgonzola-Suppe mit Sherry-Birnen.
Ich mied Nachrichten; sie hätten nur meinen Winterschlaf gestört. Stattdessen las ich.
Gelesen | Bühlerhöhe von Brigitte Glaser. Zwei Frauen in den 1950er Jahren, ein Nobelhotel, der Besuch des Kanzlers Adenauer, alte Seilschaften, ein Toter und der israelische Geheimdienst – eine Geschichte mit einigen Länngen, aber viel Zeitkolorit, der darüber hinwegtröstet.
Gelesen | Der Gesang der Berge von Nguyễn Phan Quế Mai, übersetzt von Claudia Feldmann. Ein vietnamesisches Familienepos, erzählt aus der Perspektive der Großmutter und der Enkelin. Beeindruckender Einblick in eine Zeit der Besatzung und des Krieges, der Flucht und Vertreibung, der Landreform, des Todes, der Hoffnung und der Trauer. Basierend auf wahren Begebenheiten. Keine leichte Lektüre, emotional.
Gesucht: Lehrerinnen und Lehrer | Die Montessori-Schule in Dorsten, die Schule eines Beutekindes, baut derzeit eine Oberstufe auf und sucht noch Lehrer:innen.
Unseren Neujahrsbrief möchten wir auch nutzen, um euch über den Stand der Dinge bezüglich unserer Gesamtschulpläne zu informieren. Momentan fehlen uns noch ein bis zwei LernbegleiterInnen mit der Lehrbefähigung für die Sek 2, um im Sommer starten zu können. Konkret geht es um das Fach Englisch und eine zusätzliche Schulleitung. Die Stellen sind weiterhin ausgeschrieben, manchmal sind es aber auch ganz andere Wege, die zum Ziel führen. Solltet ihr also jemanden kennen, der jemanden kennt, der jemanden kennt … der als Lehrkraft der Sek 2 tätig ist oder sein möchte und Lust auf Veränderung und Mitgestaltung der Oberstufe hat, so möchte er/ sie sich gern zeitnah bei uns melden. […].
Neugierig auf unser Vorhaben ist auch Prof. Dr. Stebner von der Universität Osnabrück geworden. Er und sein Team haben großes Interesse daran uns beim Aufbau der Oberstufe wissenschaftlich zu begleiten. Sein Fachgebiet ist das selbstregulierte Lernen und in diesem Bereich haben wir als Team aus Schülerinnen und Lernbegleitern ja einiges zu bieten.
Neujahrsbrief der Montessori-Reformschule in Dorsten (E-Mail)
Broterwerb | Da nun der Winterschlaf vorbei ist, stehe ich wieder früh auf: Arbeit mit dem Kunden, Seminarvorbereitungen, Planung der kommenden Wochen, heute die Moderation einer digitalen Veranstaltung. Ich bin erstaunt und dankbar, dass ich weiterhin gut zu tun habe – in diesen Zeiten ein besonderes Geschenk. Es wird sich zeigen, wie es sich in den nächsten Wochen und Monaten mit Präsenzveranstaltungen verhält; wir müssen es nehmen, wie es kommt und um #dieaktuelleSituation herum organisieren. Hauptsache, möglichst viele Menschen bleiben gesund.
Nochmal ein freundlicher Hinweis auf mein Seminarangebot – ganz leger von zu Hause aus, entspannt mit Pausen und viel Interaktion zum Ausprobieren.
Begonnen zu hören | Winterkorn und seine Ingenieure. Ein Einblick in einen der größten Industrieskandale der Bundesrepublik. Ich habe die ersten vier von insgesamt sieben Folgen gehört. Erhellend, ernüchtend, verstörend, irrsinnig und ein Abbild für – tja, was? Ich weiß es noch nicht, habe aber die Befürchtung: für vieles in unserem Land, das Pfründe sichert.
Kommentare
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Die Aufwachphase ist immer am schlimmsten, wohl deswegen die ungewohnt vielen Typos im Beitrag ;-)
Halb so wild, die Tage werden schon wieder länger.
:-)
Ach schau, Vogelsang…da war ich vor 3 Jahren auch mal im Rahmen meiner Pfadileiter-Ausbildung. Wir hatten einen Begleiter (beinahe wollte ich „Führer“ schreiben…), der uns über die Plätze dort führte und viel dazu zu erzählen wusste. Ich war einfach über diese wahnsinnige Größe und dieses Bollwerk an sich erstaunt und entsetzt gleichzeitig. Wenn ich an solchen Orten bin, gruselt es mich immer irgendwie, trotz dessen, daß man jetzt etwas Besseres daraus gemacht hat.
Wir liefen übers Gelände und durch die Ausstellung und murmelten fortwährend: „Irrsinn. Was für ein Irrsin. Alles Irre.“
Ja, das. Bekam man mit dauerruntergeklappter Kinnlade gerade noch so raus.