Hoch die Hände, Wochenende | Heute fuhr der Weihnachtsmann vorbei. Ekstatisch, die Hände zum Himmel, warf er sich ins Dorf hinein.
Er war der Vorbote von etwas Großem: dem großen Treckerumzug „Ein Funken Hoffnung“, ein Geschenk der Landwirte für die Menschen in Haltern und für Licht in der Pandemie. Als es dunkel war, fuhren 60 mit Lichterketten behängte und mit Figuren geschmückte Traktoren durch die Stadt, dazu Musik und Hupkonzert. Es war super und hat mir gute Laune gemacht.
Booster | Die Schlange von Menschen wandt sich durch die Hofeinfahrt. Sie schlängelte sich den Bürgersteig entlang und die Straße hinauf. Den Termin hatte ich über doctolib.de gebucht. Der Arzt war mir unbekannt. Aber was braucht es schon groß Bekanntschaft für eine Portion Moderna.
Eine Warteschlange bringt die wahren Wesenszüge von Menschen hervor. Während die einen sich schicksalsergeben hinten anstellten, ein Buch oder das Handy der Tasche holten und schweigend warteten, preschten andere an der Schlange vorbei und hinein in die Praxis – nur um direkt wieder hinausgeschickt zu werden.
Nach einer Weile kam eine junge Frau, Flatterhose und knöchelfrei, des Weges. Ihr Smartphone hielt sie wie ein Pizzastück vor den Mund, etwas diktierend. Sie unterbrach sich selbst, hielt inne und fragte : „Steht ihr alle an?“ Wir nickten. „Wegen Impfung?“ Wir nickten. „Du glaubst nicht, was hier abgeht“, sprach sie in ihr Handy, von dannen gehend, „hier stehen bestimmt zwanzig Leute wegen dieser Impfung an, voll heftig …“
Blättern in Büchern. Smartphonescrollen. Minuten verstrichen, und ein Paar betrat die Szene. Sie mit Kurzhaarschnitt, eine Strähne farbig, er mit Nickelbrille und Schiebermütze. „Haben Sie alle einen Termin?“, fragte die Frau in die Runde. Wir nickten. Die Tür öffnete sich. Eine Arzthelferin stellte sich hinein. „Mein Mann hat um neun Uhr fünfzig einen Termin!“, rief ihr die Frau zu. „Und ich um neun Uhr dreißig“, erwiderte ein Mann aus der Schlange. „Bitte stellen Sie sich hinten an“, sagte die Arzthelferin. „Mein Mann hat gleich eine Konferenz bei der Stadt!“, sagte die Frau, „wir können nicht warten!“ – „Und wenn es eine Audienz beim Papst wäre“, schallte es aus der Schlange. Gelächter. Die Frau schob sich an der Arzthelferin vorbei, ihren Mann hinter sich herziehend. Die Helferin guckte verdattert.
In der Praxis sprach man ein halbes Dutzend Sprachen. Die Angestellten parlierten in Arabisch, Türkisch, Italienisch und Englisch mit den Patienten und wussten offenbar mit allen Kulturen umzugehen, allen voran der Deutschen. Denn die resolute Frau lehnte in einem Türrahmen und gab Anweisungen, dahinter ihr Mann im Unterhemd. Die Fachangestellte schob sie wortlos hinaus und schloss die Tür.
Ich bekam meine Spritze. Nach Astra und Biontech nun Moderna. Zartes Sammelalbum-Gefühl.
Hunderunde | Große Neugier heute bei der Hunderunde. Allerdings weniger von Seiten des Hundes denn von Seiten der Hühner. Der Hund reckte kurz den Kopf vor und verlor direkt wieder das Interesse, während die Hühner außer sich waren angesichts des aufregenden Besuchs.
Eins flatterte auf den Zaun und blieb dort schwankend sitzen. Erst freute es sich ganz offensichtlich über seine Courage. Dann wusste es nicht mehr zurückzukommen. Es wandt sich nach links, und es wandt sich nach rechts, kippelte und war zunehmend ratlos, wie es ins Gehege zurückkommen sollte. Als ich schon kurz davor war, es zu packen und zurückzuwerfen, hatte es einen Geistesblitz, drehte sich abrupt um und stürzte sich hinab auf die Wiese.
Flutwein | Der Postmann klingelte und brachte Flutwein. Inzwischen wurden laut Homepage mehr als 175.000 Flaschen verschickt – gegen 4,5 Millionen Euro an Spenden.
Gelesen | Warum freut sich die Seele, wenn es schneit?
Für den japanischen Physiker Ukichiro Nakaya war der Schnee jedoch Liebe auf den zweiten Blick. Eigentlich hatte er im Jahr 1930 eine Professur als Kernphysiker an der Hokkaido University in Sapporo antreten wollen. Da es seinem Institut jedoch an Geld mangelte, widmete sich Nakaya kurzerhand der Erforschung des Schnees. Den gab es kostenlos zur Genüge. Nakaya mikroskopierte die sechseckigen Gebilde und erforschte die Auswirkungen der Witterungsbedingungen. Schließlich versuchte er sogar, erstmals einen Kristall auf künstliche Wiese entstehen zu lassen. Das war gar nicht so leicht. Während gefrorenes Wasser zu Eis wird, entstehen Schneekristalle aus dem gasförmigen Zustand. Dafür brauchen sie einen winzigen Kristallisationskeim, ein Staubkorn beispielsweise. Im Jahr 1936 gelang es ihm schließlich. Der erste unter Laborbedingungen entstandene Kristall wuchs an der Spitze eines Kranichhaars. „Schneekristalle sind Briefe des Himmels“, schrieb der ins Schwärmen geratene Physiker.
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