Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Expeditionen«

Danziger Bemerknisse #9 – Sopot

6. 01. 2016  •  7 Kommentare

Der vorletzte von zehn Beiträgen aus Danzig, diesmal mit Meer-Content, Neobarock und Seebad-Gefühl. Denn es geht mondän zu, wenn man von Danzig aus nach Westen fährt.

Sopot: Mole

Dort, nach 20 Minuten Fahrt über die Aleja Grunwaldzka, liegt Sopot: Kur- und Badeort mit Strand, Restaurants und Kneipen. Nicht ganz 40.000 Einwohner hat der Ort – und ist recht übersichtlich: eine kleine Fußgängerzone, Strand und Kuranlagen.

Und ein Grand Hotel.

Sopot: Grandhotel in der Dämmerung

Seit ich den Film Grand Budapest Hotel gesehen habe, komme ich stets nicht umhin, mir in derartigen Bauten Monsieur Gustave H. und seinen Lobby Boy Zéro vorzustellen. Sehen Sie, im Mittelturm, das erleuchtete Fenster unter dem AN? Dort dienen sie gerade Madame.

Es lässt sich hier sehr schön flanieren, die kleine Fußgängerzone hinunter, am Kurhaus vorbei, die Seebrücke zunächst rechts liegen lassend, durch die Alleen nahe des Strandes.

Sopot: hinterm Strand. Baumallee und kleines Café

Sehen Sie auch, wie sie hier abends flanierten, die feinen Herrschaften, nachdem sie über Tag mit Badekarren ins Meer gefahren sind, bekleidet mit Pumphose und Trikot?

Die Seebrücke Sopots ist eine der längsten in Europa: 511 Meter lang, einen Kilometer hin und zurück. Da ist man beim Flanieren ein Weilchen unterwegs – länger, als es vom Strand aus zunächst den Eindruck macht. Ein ausreichendes Stück Weg, um zu sehen und gesehen zu werden. Der Seesteg in Kühlungsborn, zum Vergleich, ragt nur halb so weit ins Meer: 240 Meter.

Es ist sehr hübsch und windig dort auf dem Wasser. Am Ende ist ein Restaurant, das jetzt im Dezember aber nicht geöffnet hat.

Im Winter ist alles illuminiert: Die Brücke, die Hotels, die Promenade und das Kurhaus.

Sopot: Kurhaus im Dämmerlicht

Das ist das Gute am Reisen im Winter: Alles ist sehr schön erleuchtet. Der Nachteil: Es ist nur sechs Stunden am Tag tatsächlich hell, was durchaus eine Herausforderung ist, wenn man nicht zu den frühen Vögeln gehört.

In der kleinen Innenstadt gibt es noch das Krzywy Domek, das Krumme Häuschen. Es ist nichts Besonderes darin, nur Läden und ein Radiosender. Aber es ist schon recht kurios anzuschauen, zumal wenn man sich sicher ist, nüchtern zu sein.

Schiefes Haus in Sopot

Tipp #9:
Häkeldeckchenatmosphäre im Café Stella, Tadeusza Kościuszki 3, Sopot. Dort Apfelkuchen mit Vanilleeis und Sahne – der beste der gesamten Reise, und glauben Sie mir: Ich habe viele getestet.

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Danziger Bemerknisse #8 – Oliwa

3. 01. 2016  •  Keine Kommentare

Es gibt eine Straße, die man unweigerlich entlang fährt, wenn man aus Danzig hinaus oder nach Danzig hinein möchte. Es ist die Aleja Grunwaldzka; sie verbindet die Dreistadt Danzig, Sopot und Gdynia.

Die Aleja Grunwaldzka ist ein Monstrum von Straße, nicht nur wegen ihres Verkehrs, sondern auch wegen der Dichte ihrer Geschäfte, Büros und Businesspaläste. Autohaus reiht sich an Autohaus, Bürokomplex an Bürokomplex, dazwischen flughallengroße Einkaufszentren und die Uniwersytet Gdański, die Danziger Uni. Das ist beeindruckend, so verdichtet habe ich das in Deutschland noch nicht kennengelernt.

Die Straße durchquert zwei Stadtviertel, eines davon ist OliwaDer Reiseführer schlägt einen Spaziergang durch das Viertel vor. Fürs Umherlaufen und Indiegegendgucken bin ich immer zu haben, also los.

Straßenzug in Oliwa

Schon wenige Minuten fernab der großen Straße wird es beschaulich: Ein Wohnviertel eröffnet sich. Alte Häuser, neue Häuser – es ist ein schöner Stil, der sich hier durch die Straßen zieht, gemütlich mit Holzvorbauten und Vorgärten.

Auf der Rückseite des Stadtteils grenzt ein Wald an. Man kann hineingehen, einen Hügel hinaufsteigen und hinuntergucken. Das Laub knackt unter den Füßen.

Oliwa: im Wald

Oliwa hat einen Park. Der Park ist gar nicht mal so klein, mehr als 11 Hektar, und mir scheint, er ist das Zentrum des Stadtteils: Alleen, Wiesen und Wasserbecken, ein Bachlauf, ein Spielplatz, Enten, Spatzen und Möwen.

An diesem Neujahrsmittag endet gerade die Messe im Oliwaer Dom. Familien entern den Park, füttern die Vögel, flanieren, den Kopf tief in Schals gesteckt, unter den kahlen Bäumen umher.

Park Oliwski: zugefrorener See mit Enten und Möwen

Die Teiche sind fast zugefroren. Seit Tagen bleiben die Temperaturen unter Null, trotz Sonnenschein. Es ist schneidend kalt; die Enten wirken allesamt ein wenig entrüstet, wie sie aufgeplustert auf dem Eis hocken.

Tipp #8:
Pierogarnia Mandu, das Piroggenparadies in Oliwa, ulica Kaprów 19D. Die Frauen dort sind supernett, machen nur Piroggen, die aber in Perfektion: traditionell, exotisch, deftig oder süß. Zum Niederknien. Außerdem schönes Interieur.

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Danziger Bemerknisse #7 – Malbork

2. 01. 2016  •  5 Kommentare

Der größte Backsteinbau Europas. Hört sich erstmal nicht nach einer super Urlaubsbeschäftigung an. Fällt eher in eine Kategorie mit „Nationales Museum der Häkelkunst“ und „Größte Sammlung zeitgenössischer Hufeisen“.

Wenn Sie wüssten.

Malbork - Marienburg von außen

Der größte Backsteinbau Europas ist die Marienburg in Malbork – und die ist ein Knaller: riesig, wuchtig, tricky. Und drei Burgen in einer: Vorschloss, Mittelschloss, Hochschloss. Plus Kirche. Und Garten.

Von außen sieht die Marienburg schon hammamäßig aus. Innendrin ist sie auch super:

Malbork: Remter der Marienburg

Wenn ich in solchen Räumen stehe, denke ich immer an Anke Gröner und frage mich, was sie mir beim Besichtigen alles erzählen könnte.

Gelernt: das Wort „Remter“, das ich nur als „Refektorium“ kannte.

Sehen Sie im Bild oben übrigens die kleinen, glänzenden Punkte vor der hintersten Säule? Das ist die Zentralheizung. Kein Witz. 1309 erbaut, und die Mönche, die alten Haudegen, hatten eine Fußbodenheizung. Sie haben Feldsteine erhitzt, und die warme Luft strömte durch ein Röhrensystem im Boden (genaue Erklärung, pdf).

Gut gegessen haben sie auch. In einer Traumküche mit 4 mal 5 Meter großer Dunstabzugshaube:

Malbork: Küche

Fahren Sie mal dorthin, wenn Sie in der Gegend sind. Es gibt noch mehr zu entdecken.

Sonst hat Malbork leider nicht viel zu bieten. Es riecht auch nicht sehr angenehm; irgendwas ist dort in der Stadt, das die Luft verpestet.

Tipp #6:
Marienburg in Malbork mit Schlossmuseum, Starościńska 1. Montags geschlossen.

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Danziger Bemerknisse #6 – Mierzeja Wiślana

29. 12. 2015  •  2 Kommentare

Frische Nehrung: Blick aufs Wasser, aus dem Wald kommend

Es wird kälter hier in Polen. Ein Grad, minus zwei, minus vier – die Temperaturen sinken.

Wind frischt auf, frostet Beine und Gesicht bis zur Gefühllosigkeit. Auf dem Kopf eine Wollmütze, auf der Wollmütze eine Kapuze. Der Körper steckt im Parka. Die Hände in Handschuhen, in flauschigen Jackentaschen. So geht’s – anders nicht, nicht am Meer. Die gefühlte Temperatur liegt laut Wetterbericht bei minus 15.

Ich bin an der Ostsee, an der Frischen NehrungMierzeja Wiślana. Der Wind treibt den Sand in feinen Körnern über dem Boden, weht Steine und Muscheln frei und macht, dass das Gesicht prickelt.

Blick den Strand entlang, Dämmerung

Wenn ich gehe, wird es warm. Es kostet Überwindung, den Körper aus der Starre zu lösen, aber dann macht es große Freude. Der Sand hier ist fest und hart. Es lässt sich gut spazieren.

Nur eine Straße führt hierher, die B501, über Sztutowo, Kąty Rybackie, Krynica Morska bis nach Piaski. Die Städte hatten früher mal deutsche Namen, hießen Stutthof, Bodenwinkel, Kahlberg und Neukrug, doch das ist lange her.

Die Mierzeja Wiślana  ist eine Halbinsel und manchmal nur wenige hundert Meter breit. Durch den Wald ist der Strand zu sehen, links wie rechts. Ein Schwebebalken im Meer, der das Frische Haff von der Ostsee trennt. 70 Kilometer ist sie lang und gehört nur im westlichen Teil zu Polen. In Piaski ist das Ende. Nicht der Halbinsel, sondern der EU. Die Straße mündet in einem Ferienclub, der jetzt im Dezember verlassen ist und über den nur der Wind fegt. Dahinter kommen Schilf und Wald und Sumpf und Russland.

Eine Straße zweigt vorher ab und führt zum Strand. Dort kann man kilometerweit die Brandung entlang schauen, bis hinein in die Enklave Kaliningrad.

Nessy am Strand (Rückenansicht)

Bernstein soll es hier geben, sagen sie. Alle hier sind verrückt nach Bernstein. In jeder Stadt: ein Bernsteinladen. Nicht so viele wie Fischbuden, aber dennoch: Bernstein, Bernstein, Bernstein.

Besonders an stürmischen Tagen soll er angespült werden. Ich komme nicht umhin, auf den Boden zu schauen und Steine mitzunehmen, obwohl sie natürlich allesamt kein Bernstein sind. Trotzdem: Die Steine sind schön. Ich werde sie in den Garten legen.

Ein gelber Stein und Gekröse im Sand

Wie jeden Tag bricht um 15 Uhr die Dämmerung herein. Ein feiner Streifen am Himmel färbt sich erst rosa. Dann setzen sich die blinkenden Lichter eines nahen Turms gegen den Horizont ab. Dann senkt sich Dunkelheit herab.

Nur das Meer bleibt, wie es ist, brandet gegen den Strand, spült Muscheln und Steine und vielleicht Bernstein an, den irgendwann jemand finden wird. Im Sommer, wenn die Feriengäste kommen, oder im Frühjahr, wenn der Wind nicht mehr so kalt ist.

Doch in diesem Moment kann ich mir nicht vorstellen, zu einer anderen Jahreszeit hier zu sein. In diesem Moment ist es schön so, wie es ist. Schön kalt. Schön leer. Schönes Meer.

Tipp #6:
Von Danzig aus eine Stunde Autofahrt auf die Halbinsel Mierzeja Wiślana. Auf dem Weg dorthin Halt am ehemaligen Konzentrationslager Stutthof, errichtet nach dem deutschen Angriff auf Polen an der Westerplatte im September 1939. Danach Weiterfahrt in Richtung Piaski. Alle Orte auf der Halbinsel sind Ferienorte. An der B501 sind zahlreiche Parkplätze zum Strand ausgeschildert.

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Danziger Bemerknisse #5 – Solidarność

28. 12. 2015  •  8 Kommentare

Tor der Leninwerft-Danzig: Solidarnosc

Ein Thema, das in meiner Kindheit und Jugend weitgehend an mir vorbeigegangen ist, ist Solidarność. Natürlich sagt mir der Begriff etwas, ebenso wie der Name Lech Wałęsa, aber beide weniger, als sie müssten.

Die Ereignisse zwischen den Jahren 1980 bis 1990 – die Gründung der Solidarność, die Streiks, die Ausrufung des Kriegsrechts in Polen, zum Schluss die ersten freien Wahlen -, das alles fand zu spät statt, um noch Eingang in meinen Geschichtsunterricht zu finden, und zu früh, als dass ich es begreifen konnte oder es mich interessiert hätte. Außerdem, so meine Erinnerung, kamen im westdeutschen Schulunterricht der 1980er und 90er Jahre Polen und Russland so gut wie nicht vor, es sei denn, die Wehrmacht marschierte ein.

Im Rückblick ist es erstaunlich, wie vergleichsweise friedlich der Eiserne Vorhang gefallen ist. Das hätte alles viel übler ausgehen können, hätten ein paar mehr Leute auf ihren diktatorischen Prinzipien beharrt.

Die Solidarność-Sache erklärt übrigens auch, warum Johannes Paul II. hier so einen Riesenstein im Brett hat. Na sowas. // #bildungsblog

Tipp #5:
Europejskie Centrum Solidarności, pl. Solidarności 1 – zu Fuß von der Altstadt aus zu erreichen. Von innen nicht nur lehrreich, sondern auch hübsch:

Europäisches Zentrum der Solidarität: Innenraum mit Begrünung

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Danziger Bemerknisse #4 – Kaschubei

26. 12. 2015  •  1 Kommentar

Ostrzyce, am Seeufer: Geschnitzte Fischerfigur mit Boot im Hintergrund

Hübsch soll es sein, in der Kaschubei, sagen sie. Einen Berg gibt’s dort auch, steht geschrieben. Mit einem Turm drauf, auf den man steigen kann. Also fahre ich hin. Weg und Ziel sind ein bisschen unklar. Ostrzyce könnte gehen, lese ich. Von dort kann man irgendwie zum Wiezyca laufen, dem Turmberg.

Es ist windig, als ich aus dem Auto aussteige. Das Wasser auf dem See schlägt Wellen. Mützenwetter, ganz eindeutig. Winterjacken- und Handschuhwind.

Der Weg geht um den See herum, und dann irgendwie querfeldein, über Straßen und Wiesen und durch Wald, manchmal mit Wegen im Laub und manchmal nicht. Es ist hier ein bisschen wie im Sauerland, hügelig und ländlich, und ab und an stehen ein paar Pferde herum, die neugierig gucken.

Pferde neben einem Bahnübergang

Ich gehe durch einen Ferienpark mit Holzhäusern, deren Dächer bis zum Boden reichen.

Gegenüber stehen ein Gemeinschaftsgebäude mit Restaurant und einem Tanzsaal, dahinter ein Sportbereich für nicht näher beschriebenen Sport.

Ferienpark Ostrzyce-See

Das ist hier wie bei Dirty Dancing, denke ich: Häuschen an Häuschen für Familien aus der Stadt. Hier geht es im Sommer hoch her, das sehe ich auf einen Blick: Mütter und Väter zwischen Erholung und Erschöpfung, umherlaufende Kinder, ein bisschen Animation und erhitzte Teenager; das Wasser fürs Hebefigurenüben ist nur einhundert Meter den Berg runter.

Doch jetzt treibt der Wind das Laub über die Wiese. Kahle Äste wiegen sich knirschend in den Böen.

Am Fuße des Turmberg eine Gruppe Nordic Walker; die Pudelmützen entschlossen in die Stirn geschoben, marschieren sie stracks bergan. Mit ihren Stöcken pieksen sie Blatt um Blatt auf. „Dzień dobry“, grüßen sie kurzatmig, als sie an mir vorbeischnaufen. Das polnische „guten Tag“ lässt sich gut ausstoßen, „Dschin dobri“, das geht auch noch mit zusammengebissenen Zähnen, wenn man schon aus dem letzten Loch pfeift: „dschn dbry“.

Auf dem Gipfel steht ein Turm aus Holz und Stahl. 150 Stufen kann man hinaufklettern und hat freien Blick über die Baumwipfel der Kaschubei. Es ist windig dort oben; der Turm wankt. Ich murmle leise „Hui“.

Turmberg mit Holzturm auf dem Gipfel

Ich bin nun doch leicht verschwitzt. Die Winterjacke, sie eignet sich nicht sehr zum Wandern. Überhaupt eignet sich diese Jahreszeit nicht zum Wandern: Kalt ist es, aber bergauf wird’s heiß. Doch kaum bleibt man stehen oder geht’s bergab, wird’s wieder kalt. Das ist unerquicklich, das läuft im Sommer besser.

Der Rückweg zieht sich etwas – wie alle Rückwege: Ist das Ziel erstmal erreicht, lässt der Elan nach.

Ich gehe bis zum See und entpacke mein Stützbütterken: Vollkornschnitte mit Nutella. Das hilft über die letzten zwei Kilometer. Denn die Waffelbude am Seeufer hat zu. Die Fischbude auch. Und der Toilettenwagen. Alles hat zu; es ist Dezember. Hier ist mausetote Hose.

Ostrzyce-See mit Steg und Sprungturm ins Wasser

Zurück im Dorf Ostrzyce locken Ferienappartments und Fahrradverleih; man kann Kanu fahren und Pferde reiten, Piroggen und Eis essen. Aber nicht jetzt.

Aus Schornsteinen steigt Rauch auf. Ein alter Mann schlurft gebeugt und in Pantoffeln über die Straße. Weihnachtsbeleuchtung blinkt rhythmisch in die hereinbrechende Dämmerung.

Es ist 15 Uhr. Zeit, wieder heim zu fahren.

Tipp #4:
45 Minuten Autofahrt von Danzig in die Kaschubei. Von Ostrzyce auf den Turmberg (Wieżyca): 10 Kilometer Hin- und Rückweg. Im Sommer bestimmt auch toll zum Baden oder für einen längeren Aufenthalt im Ferienhaus.

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Danziger Bemerknisse #3 – Weihnachten

25. 12. 2015  •  2 Kommentare

Danziger Altstadt mit Neptunbrunnen an Heiligabend

  • Diese Stadt ist ein riesengroßes Freilichtmuseum. Ich erwarte jeden Moment, dass in Pluderhosen gekleidete Kaufleute, Schiffsarbeiter, Vertreter der Hanse und fahrende Gaukler um die Ecke kommen, die Kulisse füllen und ich 500 Jahre zurück ins Königliche Preußen reise.
  • Warka macht ein erstaunlich gutes Radler, sehr frisch. Das lässt sich gut trinken.
  • Bernstein ist ein großes Thema hier, und selbst als Nicht-Bernstein-Freund muss ich sagen, dass es tatsächlich ganz hübschen Bernsteinschmuck gibt – kleine, filigrane Dinge abseits der großen Klunker.
  • Am 24. und 25. Dezember haben Cafés und Restaurants geschlossen, alles ist geschlossen, wirklich alles. Essengehen ist erst am 26. wieder angesagt. Bis dahin muss man sich irgendwie versorgen. Die polnische Lebensmittelindustrie stellt dafür 1-Kilo-Packungen Fertigpiroggen zur Verfügung.
  • An Heiligabend beginnen die Menschen hier um 17 Uhr, 12 Gänge zu essen. Das schaffen sie so grad bis Mitternacht, dann ist Christmette. Ich habe überlegt hinzugehen, in die größte Backsteinkirche Europas – das kann man mal machen, dachte ich, aus architektonischen wie auch aus folkloristischen Gesichtspunkten. 25.000 Menschen sollen dort Platz finden – oder in Dortmunder Mengenangaben: eine Süd. Ich bin allerdings vorher eingeschlafen.
  • Frohe Weihnachten!

Tipp #2:
Hauptpost, ulica Długa: Fast zu hübsch zum Briefmarkenkaufen.

Tipp #3:
Stadtgraben Opływ Motławy mit seinen Bastionen: Beschaulich zum Spazierengehen in Stadtnähe – oder zum Joggen, Hundausführen, Kindlüften.

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Danziger Bemerknisse #2 – Westerplatte

22. 12. 2015  •  6 Kommentare

Westerplatte: Bunker mit Gedenkkerzen. Licht fällt durch eine Schießscharte.

Wenn man auf der Westerplatte steht, jener Halbinsel, wo die Deutschen am 1. September 1939 Polen angriffen und damit den Zweiten Weltkrieg begannen, empfindet man sehr deutlich, wie unmenschlich und idiotisch es ist, einen Krieg zu beginnen.

Ich bin sehr dankbar, in einem friedlichen, offenen Europa zu leben.

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Danziger Bemerknisse #1

21. 12. 2015  •  8 Kommentare

Danzig: Weihnachtsmarkt

  • Wenn Sie gedanklich mal loslassen möchten, setzen Sie sich ins Auto, hauen Sie den Tempomat rein und fahren Sie ein, zwei Tage durch Polen. Einfach geradeaus, links Kiefernwald, rechts Kiefernwald, Felder, wieder Kiefernwald. Auch als Fahrer haben Sie dabei ausreichend Gelegenheit, die Landschaft zu betrachten, es geht hier eher ruhig zu, und wenn Sie nicht nur Autobahn, sondern auch Landstraße fahren, lernen Sie ein paar Dörfer kennen, bevor Sie wieder durch Felder und Wald fahren.
  • Polen ist ein Land für Menschen, die Teigwaren mögen. Ich bin erst am Anfang meiner umfassenden Teigwarenfeldforschung, aber ich bin mir bereits sicher: Teigwaren können Sie hier von jeder Speisekarte bedenkenlos essen, sie schmecken immer großartig. Details arbeite ich derzeit in harten Testreihen aus; sobald ich Ergebnisse habe, erfahren Sie sie. #serviceblog
  • Papst Johannes Paul II. ist keinesfalls tot. Er ist höchst lebendig, zumindest in den Herzen der Polen; Fotos, Bilder, Spannplakate und Kühlschrankmagnete – es mangelt nicht an Präsenz. Der aktuelle Papst hingegen ist nirgendwo zu sehen.
  • Es gibt einen leichten Hang zu blinkendem Kitsch, vielleicht aber nur im Zusammenhang mit Weihnachten, was weiß ich schon.
  • Hefe befindet sich im Tesco Gdansk bei der Butter.
  • Bei Sauerkraut werden hier keine Gefangenen gemacht. Es wird mit großen Schaufeln aus großen Eimern verkauft. Bigos ist dennoch nicht einfach Sauerkraut mit Fleisch; dort scheinen noch andere Dinge drin zu sein, Dinge, die wir in Deutschland nicht hineintun. Ich werde das weiter beobachten.

Tipp #1:
Apfelkuchen und Kaffee im Café Ferber, Długa 77/78, Gdansk

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Sodbrennen in Sankt Georg

3. 09. 2015  •  8 Kommentare

Hamburg-St. Georg. Ich fotografiere das Schild.

Schild in Hamburg-St. Georg: Homophobie ist kacke

Ein älterer Herr kommt herangeschlappt.

„Was heißt’n das – Homophobie?“
„Das ist Angst vor Homosexuellen.“
„Kann ich mir nicht leisten. Hab schon Sodbrennen.“
„Ach“, sage ich und schaue ihn an.
„Nehm‘ zehnmal am Tag ne Pille dagegen. Nützt nix!“
„Oh je.“
„Hier“, er deutet auf seinen Hals. „Brennt wie Feuer. Aber letztens hat mich ne Wespe da reingestochen. Ein Rie-sen-flatschen! So dick!“
„Huch.“
„Aber wissen’se was? Seitdem hab ich kein Sodbrennen mehr.“

Dann schlappt er weiter.



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