Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Danziger Bemerknisse #6 – Mierzeja Wiślana

29. 12. 2015 2 Kommentare Aus der Kategorie »Expeditionen«

Frische Nehrung: Blick aufs Wasser, aus dem Wald kommend

Es wird kälter hier in Polen. Ein Grad, minus zwei, minus vier – die Temperaturen sinken.

Wind frischt auf, frostet Beine und Gesicht bis zur Gefühllosigkeit. Auf dem Kopf eine Wollmütze, auf der Wollmütze eine Kapuze. Der Körper steckt im Parka. Die Hände in Handschuhen, in flauschigen Jackentaschen. So geht’s – anders nicht, nicht am Meer. Die gefühlte Temperatur liegt laut Wetterbericht bei minus 15.

Ich bin an der Ostsee, an der Frischen NehrungMierzeja Wiślana. Der Wind treibt den Sand in feinen Körnern über dem Boden, weht Steine und Muscheln frei und macht, dass das Gesicht prickelt.

Blick den Strand entlang, Dämmerung

Wenn ich gehe, wird es warm. Es kostet Überwindung, den Körper aus der Starre zu lösen, aber dann macht es große Freude. Der Sand hier ist fest und hart. Es lässt sich gut spazieren.

Nur eine Straße führt hierher, die B501, über Sztutowo, Kąty Rybackie, Krynica Morska bis nach Piaski. Die Städte hatten früher mal deutsche Namen, hießen Stutthof, Bodenwinkel, Kahlberg und Neukrug, doch das ist lange her.

Die Mierzeja Wiślana  ist eine Halbinsel und manchmal nur wenige hundert Meter breit. Durch den Wald ist der Strand zu sehen, links wie rechts. Ein Schwebebalken im Meer, der das Frische Haff von der Ostsee trennt. 70 Kilometer ist sie lang und gehört nur im westlichen Teil zu Polen. In Piaski ist das Ende. Nicht der Halbinsel, sondern der EU. Die Straße mündet in einem Ferienclub, der jetzt im Dezember verlassen ist und über den nur der Wind fegt. Dahinter kommen Schilf und Wald und Sumpf und Russland.

Eine Straße zweigt vorher ab und führt zum Strand. Dort kann man kilometerweit die Brandung entlang schauen, bis hinein in die Enklave Kaliningrad.

Nessy am Strand (Rückenansicht)

Bernstein soll es hier geben, sagen sie. Alle hier sind verrückt nach Bernstein. In jeder Stadt: ein Bernsteinladen. Nicht so viele wie Fischbuden, aber dennoch: Bernstein, Bernstein, Bernstein.

Besonders an stürmischen Tagen soll er angespült werden. Ich komme nicht umhin, auf den Boden zu schauen und Steine mitzunehmen, obwohl sie natürlich allesamt kein Bernstein sind. Trotzdem: Die Steine sind schön. Ich werde sie in den Garten legen.

Ein gelber Stein und Gekröse im Sand

Wie jeden Tag bricht um 15 Uhr die Dämmerung herein. Ein feiner Streifen am Himmel färbt sich erst rosa. Dann setzen sich die blinkenden Lichter eines nahen Turms gegen den Horizont ab. Dann senkt sich Dunkelheit herab.

Nur das Meer bleibt, wie es ist, brandet gegen den Strand, spült Muscheln und Steine und vielleicht Bernstein an, den irgendwann jemand finden wird. Im Sommer, wenn die Feriengäste kommen, oder im Frühjahr, wenn der Wind nicht mehr so kalt ist.

Doch in diesem Moment kann ich mir nicht vorstellen, zu einer anderen Jahreszeit hier zu sein. In diesem Moment ist es schön so, wie es ist. Schön kalt. Schön leer. Schönes Meer.

Tipp #6:
Von Danzig aus eine Stunde Autofahrt auf die Halbinsel Mierzeja Wiślana. Auf dem Weg dorthin Halt am ehemaligen Konzentrationslager Stutthof, errichtet nach dem deutschen Angriff auf Polen an der Westerplatte im September 1939. Danach Weiterfahrt in Richtung Piaski. Alle Orte auf der Halbinsel sind Ferienorte. An der B501 sind zahlreiche Parkplätze zum Strand ausgeschildert.

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Kommentare

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  1. Die Bilder gefallen mir sehr gut, vor allem das erste…
    Liebe Frau Nessy, kommen Sie gut ins neue Jahr. Für 2016 wünsche ich Ihnen vor allem Gesundheit, und Glück, Liebe, Erfolg und Wohlergehen.

    1. Nessy sagt:

      Dankeschön! Ich wünsche das Gleiche.

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