Bürgermeisterkandidatur | Abends Veranstaltungen, morgens früh raus. Der Wahlkampf bringt mich dazu, verschärft ins Mittagsschlaf-Business einzusteigen.
Brötchenaktion am frühen Sonntagmorgen:
Pendleraktion heute am Bahnhof 6:30 Uhr:
Ich erwarte übrigens nicht, dass morgens um Sieben jemand mit mir redet. Es braucht sich niemand Sorgen zu machen, dass ich mich über Kommunalpolitik unterhalten möchte. Falls jemand das tun will, machen wir das. Ich fühle es allerdings sehr, wenn man nur ein Brötchen oder einen Müsliriegel haben möchte – und auch, wenn man eilig auf dem Weg zum Zug ist und wie an der Versorgungsstation beim Marathon nur rasch nach einer Tüte greift.
Leser’innenfrage | Eine Frage aus der Content-Vorschlagsliste: „Haustür-Wahlkampf: Wie gut erreicht man da die Menschen, also rein physisch? Gehen Sie zu unterschiedlichen Zeiten los? Ich bin z.B. von ca. 8.00 bis 19.45 Uhr außer Haus, in meinem Umfeld ist das eher die Regel als die Ausnahme.“
Am besten erreicht man die Leute Samstags. Sie pruscheln im Haus, räumen auf, machen Gartenarbeit oder chillen. Samstags zwischen 11 und 15 Uhr habe ich deutlich über 50 Prozent der Menschen angetroffen, ich würde fast sagen 75. Unter der Woche habe ich zwischen 16:30 und 19 Uhr an den Haustüren geklingelt. Je weiter fortgeschritten der Tag, desto mehr Leute waren daheim – zwischen 40 und 60 Prozent. Um 19 Uhr habe ich die Sache beendet. Dann bringen Menschen Kinder ins Bett. Außerdem finde ich es creepy, wenn um diese Zeit noch jemand an der Tür klingelt, den man nicht eingeladen hat oder der keinen Notfall hat.
Die Menschen waren ausnahmslos freundlich. Nur wenige haben gesagt: Nein, danke, kein Interesse. Manche haben sich total gefreut, dass ich persönlich vorbeikomme. Ich bin keinem einzigen aggressiven Menschen begegnet. Zwei Männer hatten sehr wenig an, es hatte aber nichts mit mir zu tun.
Meine Erkenntnisse beim Haustürwahlkampf:
Es gibt viel verdeckten Wohnraum, also Wohnungen, die leer stehen und wo es keine Bemühungen gibt zu vermieten.
Ein erheblicher Teil alter Menschen trifft über den Tag wenig andere Menschen. Wir haben eine erhebliche Einsamkeitsproblematik, die in den kommenden Jahren noch größer werden wird.
Armut sieht man nicht von außen. Armut wird einem erzählt.
Tipp | Ein interessantes und kostenfreies Webinar von meiner Kollegin Andrea Schmitt: Ein anderer Blick auf Organisationen. Termin: Montag, 15. September 2025 von 17 Uhr bis 18:30 Uhr. Darum geht es:
Wenn wir an Organisationen denken, stellen sich die meisten von uns ein Organigramm vor – bestehend aus Hierarchien mit Kästchen, die Führungskräfte und ihre zugeordneten Teammitglieder repräsentieren. Das ist eine Sichtweise auf Organisationen. Die andere ist die Frage nach dem Warum. Warum wurden die Kästchen und Hierarchien auf diese Weise gebildet? Welchem Zweck dienen sie?
Eine Antwort darauf könnte oder sollte sein: sie regeln, wer welche Entscheidungen treffen darf und wie diese dann im Unternehmen kommuniziert werden. Manchmal sind Organigramme allerdings historisch gewachsen und sie dienen gar nicht mehr dem besten Ablauf von Entscheidungsprozessen. Was dann?
Andrea feiert dieses Jahr zehnjähriges Firmenjubiläum und schenkt uns die Veranstaltung (Anmeldung). Ich habe mich angemeldet.
Ernte | Der Garten erschöpft so langsam. Aber noch geht was! Die Zucchini ist im Verborgenen zu monumentaler Größe gewachsen. Die Gurken lassen mit letzter Kraft ihre Früchte reifen. Die Tomatenpflanzen stemmen sich gegen beginnende Braunfäule.
Meine Tomate sendet Liebe hinaus in die Welt.
Broterwerb und Pause | Das Auftragsbuch für die kommenden vier Wochen ist voll. In dieser Reihenfolge: ein Beratungsworkshop in Stuttgart (IT-Branche), Moderation eines Strategieprozesses (IT), ein Seminar zum lateralen Führen bei einer NGO, ein Teamworkshop bei einem Landmaschinenhersteller, Moderation einer Komiteesitzung im kommunalen Sektor in Karlsruhe, ein Teamworkshop bei einem Medienunternehmen und ein Moderationsworkshop bei einer NGO. Und dann: Herbstferien! Bevor wir mit den Kindern wegfahren, verbringe ich fünf Tage in einem Wellnesshotel in der Pfalz. Nur ich, die Sauna, Bücher, Weinberge, jeden Morgen ausgiebiges Frühstücksbuffet und abends ein Drei-Gänge-Menü. Ziel: Mit so wenig Menschen reden wie möglich, viel schlafen, viel lesen.
Falls Sie sich das fragen: Die neue Amtsperiode für Bürgermeister’innen und Stadträt’innen beginnt am 1. November. Sollte ich gewählt werden, wechsel ich ab dem Zeitpunkt den Job. Falls nicht, geht es bei mir ganz normal in der Selbstständigkeit weiter.
Es ist mir übrigens gelungen, im Wahlkampf kostendeckend zu bleiben. Ich habe ja kein durchgehendes Festgehalt, sondern muss sehen, dass ich genug Aufträge habe und jeden Monat ausreichend viel Umsatz reinkommt. Das ist mir gelungen, und das ist super. Ich hatte damit gerechnet, dass ich ins Minus kommen würde und parallel nicht ausreichend Aufträge annehmen könnte. Ist zum Glück nicht so gekommen. Gewinne habe ich allerdings auch nicht gemacht in den vergangenen neun Monaten – monetär. Gelernt habe ich sehr viel! Betriebswirtschaftlich handelt es sich also um eine sehr praxisorientierte Weiterbildung. //*Gehirn-Emoji
(Falls Sie einen Zeitmanagement-Workshop bei mir buchen möchten – sehr gerne. Wir sprechen darin auch über all die Erwartungen, die Sie nach der Veranstaltung nicht mehr erfüllen wollen.)
Gehört |Kalt und Still von Viveca Sten, gelesen von Vera Teltz. Ein skandinavischer Krimi: Eine junge Frau wird tot im Skilift gefunden – wer war es? Die Kommissarin Hanna Ahlander ist mehr oder weniger unfreiwillig vor Ort, nachdem sie vom Job suspendiert wurde. Die Erzählung hat mich nicht vom Hocker gehauen. Die Charaktere bleiben blass, die Selbstzweifel der Kommissarin nerven – und hatte ich schonmal erwähnt, dass ich verstellte Stimmen unangenehm finde? Für eine schlichte Urlaubslektüre oder eine Mitnahme aus dem Bücherschrank ist die Geschichte aber hinreichend spannend.
Alltag | Die vergangene Woche war ereignisreich: Christopher Street Day, ein Gemeindebrunch, ein Grönemeyer-Konzert, ein kniffliger Tag beim Kunden mit Kunden des Kunden, ein Wahlkampf-Event mit Prominenz, Coachingtermine, Haustürwahlkampf, Friseur, Heimatfest, Beratungstermine, eine Brötchenaktion und viel frühes Aufstehen. Das war anstrengend! Außerdem erreichen mich zahlreiche Unternehmensanfragen. Es ist die klassische Zeit: Man taumelt aus der Sommerhitze in den September, stellt fest, dass es bis Weihnachten nicht mehr weit ist, die gesteckten Ziele aber noch fern sind, und glücklicherweise ist noch Budget da. Ich helfe gerne!
Eure Zukunft! Eure Entscheidung? | Das Wahlkampf-Event war ein toller Abend in der Halterner Stadtmühlenbucht, stimmungsvoll am See und windumwirbelt, mit jungen Menschen und dem Vorsitzenden der NRW-Grünen, Tim Achtermeyer. Motto und Fragestellung des Abends: „Eure Zukunft! Eure Entscheidung?“ – Wir haben darüber gesprochen, wie Politik die Interessen junger Leute berücksichtigen und Jugendliche einbinden sollte.
Ich habe erzählt, was mir aufgefallen ist – nämlich, dass wir in Haltern einen Seniorenbeirat haben, aber keinen Jugendbeirat. Der Seniorenbeirat ist Mitglied im Stadtrat, hat dort Informations- und Rederecht. Politik und Verwaltung konsultieren ihn gern. Jugendliche und junge Menschen haben hingegen keine Vertretung. Das ist ein Ungleichgewicht.
Wie wir dieses Ungleichgewicht aufheben – dafür gibt es mehrere Lösungsoptionen, unterschiedliche methodische Ansätze mit größerem und weniger großem Aufwand. Im Anschluss an den Bühnenteil habe ich mich lange mit jungen Besucher’innen unterhalten. Wir hatten eine sehr pragmatische Idee. Ich verrate sie hier jetzt nicht. Ich setze sie dann um, wenn ich Bürgermeisterin bin. Kostet nichts, bindet wenig Ressourcen, baut auf vorhandene Strukturen auf und wird wirkungsvoll sein.
Insgesamt ein tolles Event (–> Video). Kluge junge Menschen. Gute Musik vom DJ. Eis vom Eiswagen. Noch ein paar Impressionen:
Moderatorin des Abends war übrigens Jule Brinkert, Studentin aus Haltern und ehemalige Schülervertretungssprecherin des hiesigen Joseph-König-Gymnasiums. Eine beeindruckende Frau! Klar, herzlich, rhetorisch gewandt, mit scharfem Verstand.
Die Fotos und Videosequenzen sind von Daniel Dreyer. Ein dicker Dank! Die Älteren unter den Leser’innen erinnern sich möglicherweise an Podcastfolgen mit ihm, #oldiebutgoldie:
Christopher Street Day | Unsere kleine Stadt hat ihren eigenen Christopher Street Day. Ein gemeinschaftliches Orga-Team aus Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen plant ihn. Es ist jedesmal eine bunte, schöne Veranstaltung. Auf dem Marktplatz steht eine große Bühne auf dem Marktplatz, drumherum Stände, und es gibt Musik, Gesang, Wortbeiträge, eine Drag Queen und persönliche Geschichten.
Die SPD und die Grünen hatten einen Stand, und ich war gemeinsam mit ihnen vertreten. Unter dem Motto „Drag your Vote“ konnten die Leute zu mir in die Wahlkabine kommen, über nicht ganz ernst gemeinte Maßnahmen abstimmen, die ich als Bürgermeisterin veranlasse, und sehr ernste gemeinte Wünsche hinterlassen.
Am meisten wurde ein queerer Treffpunkt in der Stadt gewünscht – in unterschiedlichen Varianten. Es kam auch die Idee eines „Queeren Samstagsbrunch“. Gemeinsam Essen finde ich ja immer gut! Aktuell haben wir kein dezidiert queeres Angebot bei uns in Haltern. Ich weiß von Jugendlichen, die die Nachbarstadt aufsuchen, um Beratung und Miteinander zu haben. Insofern kann ich den Wunsch gut nachvollziehen.
Bei allen Wünschen, die ich aufnehme – zu diesem Thema und zu anderen – bin ich übrigens nicht der Meinung, dass die Kommune zwingend der Anbieter sein und die Ressourcen stellen muss. Ich denke aber, dass die Gemeinde gemeinsam mit den Menschen, die in ihr wohnen, eine Idee für eine lebenswerte, zukunftsfähige und moderne Stadt entwickeln sollte. Für diese Idee muss sie dann Anreize und Rahmenbedingungen schaffen. Das muss ein kontinuierlicher Prozess sein, denn Bedürfnisse und Notwendigkeiten verändern sich über die Jahre. Wenn die Kommune es nicht tut, springen nämlich andere in die Lücke und machen es – und das möglicherweise so, wie man es nicht haben will.
Bemerknisse | Ich nehme übrigens wahr, dass fast alle Menschen, mit denen ich rede und die Wünsche äußern, großes Verständnis dafür haben, dass nicht für alles Geld da ist und nicht alles sofort oder auf genau die Weise passieren kann, wie sie es fordern. Stattdessen höre ich den Wunsch, im Gespräch zu sein und Transparanz zu haben darüber, wie Entscheidungen getroffen werden.
Es scheint mir außerdem, als bestehe Politik vor allem darin, Dilemmata zu lösen. Überall gibt es Zielkonflikte: Wir müssen mehr Wohnraum schaffen, wollen aber keine Flächen versiegeln. Wir wollen, dass Fahrradfahrer mehr Platz in der Stadt haben, allerdings weder auf Kosten der Autofahrer noch der Fußgänger. Wir müssen Geld in soziale Projekte, Schule und Jugendliche investieren, wollen aber gleichzeitig die finanzielle Stabilität der Stadt sichern und keine Schulden aufnehmen. Wir wollen Tourismus in der Stadt, der die lokale Wirtschaft stützt, aber gleichzeitig soll die Stadt ihren Einwohnern gehören. Wir wollen, dass Spielplätze, Grünflächen, Straßen und Bürgersteige gut gepflegt sind, dürfen aber nicht mehr Personal einstellen. Das ist ein fortwährender Aushandlungsprozess, der momentan allerdings weitgehend im Verborgenen stattfindet. Natürlich sind Ratssitzungen öffentlich – und klar: Jeder kann sich informieren und am politischen Ringen teilhaben. In der Praxis ist das jedoch für die meisten von uns, die wir einen Beruf haben, Care-Arbeit leisten, oft noch einem Ehrenamt nachgehen und ein Privatleben haben möchten, nicht praktikabel. Ich denke deshalb: Eine wichtige Aufgabe ist es, gut und lebensnah zu kommunizieren, die Komplexität der Entscheidungen darzustellen, ohne zu verwirren, und an den passenden Stellen Beteiligung zu schaffen.
Mein Fazit: Von Menschen außerhalb ihrer Echokammer sind Rechtsradikale nicht zu erreichen. Ich denke, wir müssen ihr System unterwandern, so wie sie unsere Demokratie unterwandern.
Ich habe eine Ergänzung dazu: Ich denke, dass wir die Stadt strukturell so gestalten müssen, dass rechtsradikale Gedanken weniger Chancen haben. Ich muss dazu etwas ausholen:
In der Eins-zu-Eins-Begegnung überzeugen wir Rechtsradikale nicht, eine andere Meinung anzunehmen, weil wir sie mit kognitiver Dissonanz konfrontieren. Kognitive Dissonanz ist der unangenehme Gefühlszustand, der eintritt, wenn wir etwas tun, das unserem Selbstkonzept widerspricht. Nehmen wir als Beispiel: Wir halten uns für umweltbewusst und verantwortungsvoll, fliegen aber nach Dubai und machen dort eine Kreuzfahrt. Dann suchen wir Gründe dafür, warum diese Kreuzfahrt in unserer Umweltbilanz überhaupt nicht ins Gewicht fällt, so dass wir weiterhin positiv über uns selbst denken können.
Immer dann, wenn wir unseren Gegenüber mit Argumenten stellen, lassen wir ihn als dumm, unmoralisch und irrational dastehen, während er die Selbstauffassung vertritt, er sei klug, rational und werteorientiert – wer denkt das schließlich nicht von sich. Deshalb funktioniert die Auseinandersetzung mit Argumenten nicht. Zahlen zur CO2-Bilanz von Dubai-Kreuzfahrten werden Menschen nicht davon abhalten, so zu urlauben, selbst wenn sie sich selbst für verantwortungsvoll halten. Genauso halten Zahlen aus der Kriminalitätsstatistik Menschen nicht davon ab, Angst vor arabisch aussehenden Männern zu haben.
Ich werde in Gesprächen öfters gefragt, was ich gegen den Rechtsruck machen werde und wie ich verhindern möchte, dass die A*D in Haltern stärker wird. Ich bin der Meinung: Wir müssen als Stadt systemisch ein Umfeld schaffen, das uns fortwährend mit unseren Überzeungen konfrontiert, ohne dass wir direkt zugeben müssen, dass wir auf dem Holzweg sind. Wenn ich die Überzeugung habe, dass Ausländer Sozialschmarotzer und per se böswillig sind, müssen die städtischen Strukturen mir Begegnungen mit Ausländern ermöglichen, so dass ich sukzessive beginne zu differenzieren, ohne mich zu entblößen (oder – noch besser: wenn die Überzeugungen so gar nicht erst entstehen). Wenn ich der Meinung bin, Landwirte seien allesamt Subventionen verschlingende Umweltsäue, muss die Gemeinde Begegnungen mit der Landwirtschaft anstoßen, bei denen ich Gelegenheit habe, mich zu justieren. Eine der großen städtischen Aufgaben ist es deshalb, Begegnungen nicht nur zu ermöglichen, sondern strukturell zu erzwingen – durch Bänke, auf denen man einander gegenübersitzt, durch Grillplätze, die man miteinander teilt, durch großzügige Bibliotheken, die Menschen unterschiedlicher Interessen zusammenbringen, durch Begegnungsorte in Stadtteilen, Schulen und Kitas. Die Stadt muss Veranstaltungen unterstützen, die den Austausch forcieren, auf denen wir miteinander lachen, singen und kochen, wo wir zusammen essen, Sport treiben, Rätsel lösen und einander helfen. Es geht darum, kommunal einen Rahmen zu schaffen, der möglichst viele Zufallskontakte zwischen Menschen herstellt, die anders sind als man selbst. Sarah Stein Lubrano hat Ähnliches im Guardian aufgeschrieben.
Hier in der Stadt gibt es eine Geflüchtetenunterkunft in einer ehemaligen Schule. Die Nachbarschaft ist verärgert, weil es laut ist und sich nicht alle gut benehmen. Das hat natürlich auch strukturelle Gründe: Die Kinder sind abends lange auf der Straße, weil die Fenster der Unterkunft nicht verdunkelt werden können. Die Menschen gehen ins Freie, um zu telefonieren, weil sie im Gebäude keinen Raum haben, in dem sie alleine sind – und so weiter. Gleichzeitig sind die Bedürfnisse der Nachbarschaft natürlich nachvollziehbar. Es kam die Idee auf, einen hohen Zaun zu bauen, das sei gut gegen Lärm. Ich würde es anders angehen, nämlich genau gegenteilig: mit Zusammenkommen statt mit Auseinanderhalten. Die Geflüchteten und die Nachbarn kennen sich nicht; wenn sie sich übereinander ärgern, haben sie keine Beziehungsebene, auf der sie den Konflikt austragen können. Die muss man erstmal ermöglichen. Es braucht die Gelegenheit, sich über die unterschiedlichen Lebenswelten und Bedürfnisse auszutauschen: „Ich muss morgens um vier Uhr aufstehen. Wenn deine Kinder bis 22 Uhr rumschreien, kann ich nicht schlafen und werde krank.“ – „Wir haben nur einen kleinen Raum, in dem wir zu Fünft leben. Meine Kinder rauben mir auch den letzten Nerv. Ich weiß nicht, wo ich sonst hin soll.“ Das löst noch nicht den Konflikt, aber es schafft Verständnis füreinander und man bemüht sich danach gegenseitig um Rücksichtnahme, weil man die Bedürfnisse des anderen kennt – aber auch die Limitierungen. Außerdem kennt man sich nun und kann weitere Vereinbarungen treffen. Das passiert aber nicht von selbst, sondern muss initiiert werden – zum Beispiel durch ein organisiertes gemeinsames Essen -, und es muss begleitet werden. Es braucht eine Einladung, gemeinsam das Dilemma auszuverhandeln. Und: Es braucht eine Eskalationsinstanz – jemanden, den man anrufen kann, wenn der Andere sich partout nicht an die Vereinbarungen hält.
Arbeitsfrühstück | Heute habe ich mich mit Lara getroffen, auf Instagram bekannt als @halternmama. Wir haben zusammen gefrühstückt und gebrainstormt, was junge Familien in unserer Stadt brauchen. Das war ein guter Austausch – wir lagen sehr nah beieinander bei unseren Einschätzungen (–> Video). Ich möchte direkt loslegen!
Das Spannende: Ich habe eine Idee, wie man die Bedürfnisse von Senior’innen, den Wunsch nach einem queeren Treff und die Wünsche junger Eltern mit einem Löungsansatz bedient. Der für die Kommune wahrscheinlich nicht teuer ist! Verrate ich hier jetzt nicht, muss ich erst noch prüfen, wenn ich Bürgermeisterin bin.
Ich habe in den vergangenen Monate viele Ausschussitzungen besucht und parallel zu meinen Ideen direkt die Stimmen im Ohr, die sagen: „Wolkenkuckucksheim!“ – „Brauchen wir nicht“ – „Geht nicht“ – „Naiv!“ – „Wer soll das bezahlen?“ Deshalb ein Hinweis: Ich bin keine Idiotin. Ich bin Unternehmerin und ich weiß, dass es regulatorische Anforderungen gibt und dass man Dinge bezahlen muss. Das sind Rahmenbedingungen, keine Hindernisse.
Anekdote | Ein Anekdötchen am Rande. Während einer der Veranstaltungen ließ ein Herr verlauten, ich sei eine durchaus vielversprechende Bewerberin fürs Rathaus, es fehle mir allerdings an Reife; ich solle erstmal noch ein Kind bekommen – in fünf Jahren hätte ich dann gute Chancen.
Ich musste sehr lachen! Mein Östrogenspiegel ist inzwischen so niedrig wie das Wasser im Edersee. Ich bin 47, präklimakterisch und trage Gleitsicht-Kontaktlinsen. Ich bin so reif, ich werde schon holzig. Bis heute kann ich mich über die Worte nicht empören, so belustigt bin ich.
Ich bin in der aktuellen DONNA-Zeitschrift: Anpacken, loslegen! Klar einiges läuft schief. Aber diese Frauen meckern nicht. Sondern zeigen Eigentinitiative. Unter dieser Überschrift portraitiert die Autorin Katja Nele Bode vier Frauen, die Initiative zeigen – unter anderem mich.
Die anderen Frauen sind die Kriegsreporterin Katrin Eigendorf, die Umweltaktivistin Victoria Blocksdorf und die Gesangspädagogin Tuija Komi. Bloody Hell, ich in einem Artikel mit Katrin Eigendorf!
Leser’innenfrage | Eine Frage aus der Content-Vorschlagsliste: „Wie hat euer Leben in Familien-WG dich verändert (oder nicht)?“
Das ist eine gute Frage. Ich habe länger darüber nachdenken müssen. Mein spontaner Gedanke war: gar nicht – und gleichzeitig war ich mir sicher, dass das nicht die ganze Wahrheit sein kann. Also bin ich in mich gegangen. Wieder herausgekommen bin ich mit mehreren Gedanken:
Ich habe entdeckt, dass es Teile von mir gibt, die extrem konservativ sind. Zum Beispiel, was das Lernen für die Schule angeht. Was Disziplin betrifft. Alles, was mit Pflichtbewusstsein und gutem Benehmen zu tun hat. Es wohnt ein innerer Preuße in mir.
Meine Werte sind mir klarer. Möglicherweise geht das vielen Menschen so, die mit Teenagern zusammenleben und sich fragen: Welche Grenzen sind mir wichtig? Welche Grenzen setze ich? Ich bin selbst ein relativ furchtloser Mensch. Entsprechend traue ich den Kindern viel zu, erwarte im Gegenzug aber auch, dass getroffene Vereinbarungen klar eingehalten werden. Ich finde Verbindlichkeit sehr wichtig. Das klappt einwandfrei.
Das Spannungsfeld zwischen Geduld und Antrieb, zwischen nachgeben und beharren ist allgegenwärtig. Es läuft vieles anders, als wenn ich alleine wäre. Der Alltag birgt Kompromisse, angefangen beim morgendlichen Aufstehen, bei der Tagesgestaltung, bei den Verpflichtungen, die man hat, und bei den Urlauben. Als Ausgleich nehme ich mir Auszeiten, in denen ich es genieße, allein zu sein und nur zu tun, worauf ich Lust habe.
Gleichzeitig mag ich viele Dinge, die auch die Kinder mögen – nur anders. Wenn sie ein Fußballspiel haben, sitze ich gerne am Platz. Ich mag Freibad, Wassereis, Checker Tobi, Rutschen, Popcorn und probiere gerne Sachen aus.
Was mich übrigens am meisten nervt – und das ist eigentlich auch das Einzige, was das Zusammenleben schwierig macht: dass ständig Sachen verschwinden und ich sie suchen muss. Das macht mich rasend! Warum kann man einen Gegenstand nicht dorthin zurücklegen, wo man ihn hergenommen hat? Ich werde irre!
Grönemeyer | Ein Foto vom Grönemeyer-Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle – oder, wie Herbert sagt, „im Madison Square Garden des Ruhrgebiets“:
Es war sehr schön. Bühne in der Mitte, eine große Kapelle, dazu ein Chor. Das war monumental. Leider konnte ich die Veranstaltung nicht ganz unbelastet genießen, denn ich musste am nächsten Tag früh aufstehen und hatte einen kniffligen Kundenworkshop vor mir, bei dem ich ausgeruht sein wollte. In der zweiten Zugabe verließen der Reiseleiter und ich die Veranstaltung, damit ich wenigstens sechs Stunden Schlaf bekam.
Gelesen | Aus dem Heimatstädtchen: In Menden im Sauerland wurde die Wohnung einer 17-Jährigen zu unrecht durchsucht. Die junge Frau ist Vorsitzende der örtlichen Jusos. Sie wurde verdächtigt, Anti-Merz-Graffitis gesprüht zu haben – allerdings sind die Indizien, gelinde gesagt, äußerst dünn. Pikant: Die Direktorin des zuständigen Amtsgerichts ist Charlotte Merz, die Ehefrau des Bundeskanzlers. Der WDR dazu: Rechtswidrige Durchsuchung bei SPD-Politikerin. Die ZEIT mit einem Interview [€]: „Anfangs dachte ich noch: Will mich jemand verarschen?“
Wahlkampf | Die neue Kupplung ist da. Das Fahrrad ist wieder komplett, der Anhänger fährt wieder mit.
Am Wochenende ist Christoph Street Day hier in Haltern. Er findet nun schon zum dritten Mal statt und ist immer sehr schön. Es ist ein buntes Beisammensein mit Redebeiträgen und einer Dragqueen, ein Poetry Slammer tritt auf, die Kirchen sind dabei, das Jugendorchester und allerlei andere Menschen. Es gibt Musik und Stände auf dem Marktplatz, und ich darf auch eine Rede halten. Parallel steht auch ein A*D-Stand in der Partei. Gegendemonstranten – gegen die A*D – haben sich angekündigt. Das könnte spannend werden. Die rechtsextremen Herrschaften sind in jüngster Vergangenheit negativ aufgefallen: Klick und Klick.
Die Katharinenhöfe sind ein vergleichsweise großes Bauprojekt hier in Haltern. Auf dem Gelände einer ehemaligen Tiefbaufirma entsteht ein Quartier mit 100 Mietwohnungen, 21 davon öffentlich gefördert. Weitere 20 sind Appartments für betreutes Demenzwohnen. Eine Kita ist schon in Betrieb. Es wird weiteres sozialverträgliches Gewerbe geben: Physiotherapie, Arztpraxen und vielleicht eine Eisdiele. Wir bekamen Einblick in die Konzeption und den Bau, aber auch in die Schwierigkeiten, die Bauunternehmen aktuell haben, wenn es um Investitionen geht und darum, sozialen Wohnungsbau zu betreiben. Das war erhellend. Bericht bei Haltern Online.
Die nächste Veranstaltung folgt: Am kommenden Mittwoch, 3. September, kommt der Grünen-Vorsitzende Felix Banaczak nach Haltern. Motto der Veranstaltung: Eure Zukunft – Eure Entscheidung! Wir sprechen gemeinsam mit jungen Menschen über die Fragen: Wie können die Jungen mehr mitbestimmen? Welche Chancen gibt es für eine nachhaltige Zukunft? Und: Was heißt das konkret für Haltern?
Wer rechtzeitig da ist, bekommt kostenloses Eis vom Eiswagen. Darüber hinaus gibt es Getränke und Snacks, und einen DJ, der Musik macht.
Leser’innenfrage | Eine Frage aus der Content-Vorschlagsliste: „Wie hat euer Umfeld das Zusammenbauen eurer sozialen Familie aufgenommen?“
Ich erinnere das ehrlich gesagt nicht richtig, denn ich war zu sehr mit Zusammenbauen beschäftigt – und das Umfeld ist jetzt nicht hier, um das zu beantworten. Aus meiner Perspektive fühlte es sich wie spannungsvolle Neugier an, gepaart mit den besten Wünschen. Die Einen waren traurig, dass ich aus Dortmund wegzog. Die Anderen waren aufgeregt, weil sie seit vielen Jahren einer Beziehung leben, Kinder haben, und gemeinsam mit mir die wilde Zeit des Neubeginns durchlebten. Es war ganz viel Interesse da, wie wir unseren Alltag gestalten, wie ich mich fühle und wie die Kinder sich fühlen. Vielleicht waren hier und da auch Zweifel, ob das gut geht – warum auch nicht? Es war ja auch ein Wagnis.
Broterwerb | Ich war im Münsterland und habe ein Seminar zum Thema Zeitmanagement gegeben. Es war das munterste Seminar dieser Art, das ich je hatte. Es hat mir sehr große Freude bereitet! Teilgenommen haben Menschen aus der Pflege und der Medizintechnik. Von Beginn an war die Gruppe sehr interessiert am Austausch – mit mir und untereinander. Wir haben offen über Persönliches gesprochen: über Herausforderungen im Berufsalltag, über die Vereinbarkeit mit dem Privatleben, über Schuld und schlechtes Gewissen, über das Gefühl, nicht zu genügen, über den Wunsch, gefallen zu wollen, über Versuche der Abgrenzung, das tägliche kleine Scheitern und die Erfolge, die wir zu wenig feiern. Es war wirklich großartig.
Kaltakquise | Vor Kurzem erhielt ich Post von einem Unternehmen, das Vertriebslösungen speziell für weibliche Selbstständige anbietet. Im Umschlag: ein Anschreiben und eine Broschüre.
Du hast die Fähigkeiten, Menschen zu helfen […] dieses Magazin ist eine absolute Pflichtlektüre für dich, wenn du […] nach einem Weg suchst, wie du mehr Struktur in deinen Alltag bringst, dich aber gleichzeitig nicht in deiner weiblichen Intuition einengen lasssen willst.“
Ebenfalls im Umschlag: ein Yoga-Tee Frauenpower. Auf der Website: Fünf Männer in Slim-Fit-Anzügen und unklaren Kompetenzen, „Sales Experten“.
Ich sag’s mal so:
„Du hast das Zeug, mit purer Kraft, unbändiger Energie und echter Macher-Mentalität alle um dich herum zu beeindrucken. Dieses Magazin ist kein Nice-to-have, sondern deine Pflichtlektüre, wenn du den nächsten Gang einlegen willst: mehr Power, mehr Drive, mehr Durchschlagskraft im Alltag. Und das Beste – dabei bleibst du dir als instinktgetriebener, souveräner Mann treu, ohne dich in deiner ureigenen männlichen Intuition bremsen zu lassen.“ Goodie: eine Tüte Protein-Shake. Absender: Fünf Frauen in Leinenkleidern.
Bewegende Biographien | Portraits von Kindern aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter’innen: Trotzdemda.
Schweine | Abendliche Aufregung an der Futterschale.
Wahlkampf | Es wahlkampft weiter: Ich stehe in der Innenstadt, laufe durch die Straßen und klingele an Haustüren. Ich treffe auf Menschen in unterschiedlichen Stadien kommunalpolitischer Entschlossenheit: Es gibt welche, die schon gewählt haben – per Brief oder im Wahlbüro. Es gibt solche, die entschlossen sind in dem, was sie wählen – und andere, die noch untentschlossen sind. Es gibt Menschen, die noch nicht mitbekommen haben, dass Kommunalwahl ist (erstaunlich angesichts der Plakatdichte in der Stadt). Und es gibt 16- und 17-Jährige, denen neu ist, dass sie schon wählen dürfen. Sie erfahren es dann von mir – und auch, dass es nicht schlimm ist, wenn sie ihre Wahlbenachrichtigung nicht finden.
Vergangene Woche strandete ich auf einer Landstraße: Die Kupplung, die mein Fahrrad und meinen Anhänger verbindet, löste sich. Dank Halteriemen blieb der Anhänger am Rad. Aber ich konnte nicht mehr weiterfahren.
Der Reiseleiter rettete mich: Er sammelte mich nicht nur ein, sondern telefonierte auch mit Weber-Technik. Der Kundendienst war sehr freundlich, beriet noch einmal und schickt uns nun ein anderes Montage-System, das besser für mein Rad geeignet ist. Bis es da ist, fahre ich mit Taschen – allerdings wehmütig, denn ich habe mich inzwischen sehr an den Anhänger gewöhnt. Er ist wirklich ein Game Changer, ich transportiere alles mit dem Ding: Wahlkampfmaterial, aber auch Einkäufe, Getränkekisten, meine Schwimmtasche, die Sporttaschen der Kinder, wenn wir zum Fußballplatz fahren – das Teil ersetzt tatsächlich ein Auto.
In meiner Nachbarschaft ist ein Pony- und Forsthof. Dieser Hof arbeitet viel mit Kindern, setzt sich für Toleranz und Klimaschutz ein. Die letzte NRW-Ferienwoche war dem Umweltschutz gewidmet, und diese Flagge gefiel mir besonders:
Am Infostand und an den Haustüren begegnen mir auch immer wieder rechtsradikale Wähler’innen. Manche sagen es deutlich, bei anderen ist es schnell dem Gespräch zu entnehmen. Eins wird durch diese Gespräche sehr klar: Die Idee, Rechtsextreme inhaltlich zu stellen, ist völlig absurd. Es ist kein Dialog möglich und auch nicht gewollt. Es wird ein Wortschwall über mich ausgeschüttet – über Ausländer, Windkraftanlagen und sterbende Innenstädte, über Impfzwang und „Die da oben“ – und über den (angeblichen) Zusammenhang zwischen allem. Weder inhaltliches Einhaken noch geduldiges Warten, bis der Wortschwall beendet ist, fruchten. Auch die Ansprache der emotionalen Ebene – im Sinne von: „Ich merke, da ist eine Menge Enttäuschung bei Ihnen“ – findet keinen Anschluss. Mein Fazit: Von Menschen außerhalb ihrer Echokammer sind Rechtsradikale nicht zu erreichen. Ich denke, wir müssen ihr System unterwandern, so wie sie unsere Demokratie unterwandern.
Broterwerb | Geschäftlich war ich auch unterwegs: in Hannover. Zwei Tage Agilitätstraining in einem Finanzunternehmen – ein schneller Ritt durch die Grundzüge von Scrum, Kanban und Design Thinking.
Die Zeit war kurz, die Arbeitsweisen durchdringt man in dieser kurzen Zeit natürlich nicht komplett. Aber die grundlegenden Ideen und die Haltung, die hinter der agilen Methodik stecken, werden klar. Außerdem haben wir kleine, praktische Ableitungen für den Alltag getroffen. Solch ein Überblick ist gut für alle, die noch keine Berührung mit Iterationen, Sprints und Work in Progress Limits hatten.
Erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass mein Kunde die Regenbogenflagge im Foyer stehen hatte.
Gelesen |Der erste Niemann- Newsletter von Daniel Drepper. Daniel war Student von mir, als ich an der TU Dortmund gelehrt habe. Er hat danach das Recherche-Netzwerk Correctiv mitgegründet und ist seit vielen Jahren Investigativjournalist für NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung. Gemeinsam mit seiner Frau Sanaz Saleh-Ebrahimi, die ebenfalls erfolgreiche Journalistin ist – unter anderem für das ZDF und den WDR sowie als kritische Begleiterin der Lebensmittelindustrie -, lebt er nun ein Jahr in den USA und absolviert ein Fellowship. Wir können ihn im Newsletter begleiten.
Vorfreude | Für nach der Kommunalwahl habe ich Urlaub gebucht. Fünf Tage Wellness in der Pfalz. Morgens Frühstück, abends drei Gänge, dazwischen Wandern, Sauna, lesen, mit niemandem reden, schlafen, Massage. Danach bin ich restauriert (und fahre weiter zum Urlaub mit Reiseleitern und Kindern nach Garmisch). Ich freue mich.
Schweine | Es regnet zu wenig. Das Gras wächst nicht. Die Schweine missbilligen das.
Bürgermeisterkandidatur | Noch vier Wochen bis zur Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Die Briefwahlunterlagen sind raus, die ersten Leute haben gewählt. Ich stehe und hänge überall in der Stadt.
Seit dem 1. August plakatieren wir in der Stadt – ab sechs Wochen vor der Wahl, das ist eine Vereinbarung zwischen den Parteien. Um sechs Uhr morgens zogen wir los, mit Plakaten, Leitern und Kabelbindern. Während die Standorte der großen Wesselmänner – das sind die stehenden, querformatigen Plakate – einzeln von der Stadt genehmigt werden, gibt es bei den Plakaten an den Laternen keine Regelungen. Man darf lediglich den Verkehr nicht behindern, nicht in Kreuzungsbereichen plakatieren und nur an Masten, die kein Verkehrszeichen tragen. Also starteten wir früh um das Rennen um die besten Laternen.
Seit diesem Zeitpunkt ist der Modus nicht mehr „Bekannt werden“, sondern „Stimmen gewinnen“. Ich stehe für Gespräche in der Stadt, verteile meine Wahlprogramme, gehe von Haustür zu Haustür, klingele an und werfe mein Kurzprogramm in die Briefkästen, unterstützt von vielen Menschen aus der SPD, von den Grünen und aus dem Freundeskreis.
Der Haustürwahlkampf ist speziell: Ich klingele und weiß nicht, welche Reaktion kommt. Das Schöne: Die meisten Menschen sind freundlich, viele sind interessiert, vereinzelt treffe ich sogar auf Enthusiasten. Nur wenige schlagen mir die Tür vor der Nase zu oder sind unwirsch. Das gibt mir viel Energie.
Mit Ausnahme einer Legislaturperiode Mitte der 1990er Jahre gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nur CDU-Bürgermeister hier in der Stadt. Eine Frau hatte Haltern noch nie als Stadtoberhaupt. Mindestens einmal am Tag bekomme ich deshalb zu hören: „Das wird schwer für Sie.“ Oder: „Glauben Sie überhaupt, dass Sie eine Chance haben?“ Nun, in den dreißig Jahren, in denen ich Handball gespielt habe, bin ich zu vielen Spielen angetreten, bei denen der Gegner vermeintlich stärker war. Die Hälfte der Spiele haben wir tatsächlich verloren. Aber die andere Hälfte haben wir gewonnen – aus immer demselben Grund: Wir wollten gewinnen, während es für den Gegner nur eine Formalie war. Insofern werfe ich alles rein in den Wahlkampf. Ich möchte mein bestes Spiel spielen, ich möchte gewinnen – und wenn ich es nicht tue, hoch erhobenen Hauptes vom Platz gehen.
(Ich wurde mehrfach gefragt, wie viele von den magentafarbenen Oberteilen ich habe. Es sind drei.)
Im Video |Der Kandidatencheck des WDR zur Kommunalwahl ist online. Es gibt ein knackiges, dreiminütiges Video von mir zu Sanierungsstau, Stadtentwicklung, Sicherheit und Mobilität. Der amtierende CDU-Bürgermeister hat nicht teilgenommen. Der A*D-Kandidat ebenfalls nicht.
Noch mehr Video: Ich habe etwas in petto. Wir haben einen Tag lang professionelles Videomaterial gedreht: vor dem Rathaus, am Bahnhof, auf dem Markt, mit und ohne Fahrrad, unter und über den Dächern der Stadt. Das Ergebnis sind kurze, kompakte Filme. Sie sind noch nicht online – alles zu seiner Zeit.
Wir hatten viel Spaß! Es war großartig, mit einem solch professionellen Team zusammenzuarbeiten.
Wahlkampffinanzierung | Die Halterner Lokalzeitung hat aufgeschrieben, wie die Parteien und ich den Wahlkampf finanzieren. Weil ich das hier im Kännchenblog schon ein paarmal gefragt wurde, hier der Ausschnitt zu mir und den Infos, die ich gegeben habe:
Die Parteien haben mir jeweils 10.000 Euro zur Verfügung gestellt. Ich selbst habe bislang rund 2.800 Euro eingebracht. Zudem haben wir Spenden über Paypal eingenommen, die mir gerade jetzt zum Ende sehr helfen und mir Luft verschaffen. Liebe Spender’innen: Danke! Euer Geld geht an den Filmemacher Dirk und finanziert tolle Videos.
Broterwerb | Es ist kaum zu glauben, aber neben dem ganzen Wahlkampf arbeite ich auch. In der vergangenen Woche war ich in Chemnitz.
Mit der Professur für Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement arbeite ich schon länger zusammen. Sie gehört zum Maschinenbau. Die Menschen, die dort arbeiten, beschäftigen sich mit Robotik, Virtual Reality, Mobilität und der Interaktion zwischen Menschen und Maschinen.
In zwei intensiven Tagen haben wir überlegt, wie die Forscher‘innen sich aufstellen können, damit ein besserer Wissenaustausch in, aber auch zwischen einzelnen Disziplinen stattfinden kann. Es ging um Zusammenarbeit beim Schreiben von wissenschaftlichen Papern und darum, Druck zu reduzieren und gleichzeitig die Arbeitsqualität zu sichern. Mehr dazu auf Linked.in.
Das Spannende ist: Der Lehrstuhl arbeitet an Themen, die auch für die Kommunalpolitik interessant sind – die Mitarbeiter’innen forschen zu empfundener Sicherheit von Radfahrenden im Straßenverkehr, zum Verhalten von Fahrrad und Auto, speziell dann, wenn sie zusammentreffen, und über die Wirksamkeit von Beteiligungsverfahren in der Stadtentwicklung.
Ich fuhr einen Tag eher nach Chemnitz – um eine Kundin zu treffen und um mir von ihr eine Stadtführung ausgeben zu lassen. Hier nochmal mein herzlicher Dank – das war großartig! Wir gingen von der Innenstadt auf den Kaßberg, einem der größtern Jugendstil- und Gründerzeitviertel Europas mit einer reichen Geschichten.
Nach der Tour pausierten wir in einem Eiscafé. Es vereinte das Beste aus zwei Welten auf einem Teller: Waffel und Spaghetti-Eis. Hallelujah!
Chemnitz fordert mich jedesmal heraus: Als Mensch, der viele Jahre im Ruhrgebiet gelebt hat, fühle ich mich dort sehr zuhause. Strukturwandel, Technologie, Kultur – es gibt viele Parallelen. Das Gefühl gerät allerdings jedesmal in krasse Disonanzen zu den Wahlergebnissen in der Stadt.
Ich fuhr übrigens mit dem Zug, und es geschah (wieder!) etwas völlig Verrücktes: Ich hatte drei Umstiege unter fünfzehn Minuten und sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt ging alles glatt. Sechs Minuten in Hannover! Vier Minuten in Leipzig! Alles pünktlich und entspannt.
Küche und Garten | Im Mai habe ich erstmals eine Artischocke gepflanzt und bin direkt erfolgreich: Das Ding haut richtig einen raus. Jetzt habe ich die erste Blüte geerntet und zubereitet – meine erste Artischocke überhaupt, die nicht aus einem Glas kommt. Ich sag’s mal so: Es ist eine Pflanze, die viel Brimborium macht.
Die Tomatenernte ist auch auf dem Höhepunkt. Es gibt Tomaten zum Frühstück und zum Abendessen – und Tomatensoße zu Mittag.
Gelesen | Es war 2014, als ich Frédéric Valin in Berlin traf. Wir waren beide zu einer Lesung eingeladen. Sie fand in einem Telekom-Laden hinter den Hackeschen Höfen statt. Es gab Honorar plus Reisekosten für eine halbe Stunde Auftritt, es waren die goldenen Zeiten der Blogsophäre.
Seither verfolge ich in sozialen Medien, was er tut. Frédéric ist Autor und Pflegekraft, manchmal auch umgekehrt. 2021, in der Corona-Pandemie, erschien sein Buch Pflegeprotokolle. Frédéric Valin erzählt aus dem Leben von Pflegekräften und Erzieher’innen – beziehungsweise: Er lässt die Menschen selbst erzählen. Er hat die Gespräche mit ihnen protokolliert und aus ihrer Perspektive aufgeschrieben. Lesenswert.
Gelesen |Alexander Heimann: Muttertag. Ein gefälliges Buch aus dem örtlichen Bücherschrank: Ein Kind verschwindet und taucht woanders wieder auf, ein pensionierter Kiminalbeamter trifft auf die Mutter und weiß nicht, woran er ist. Eine Geschichte aus mehreren Perspektiven, nicht spektakulär, aber durchaus prima.
Ereignisse | Hier war es eine Weile still. Es gab einen medizinischen Notfall im Umfeld.
An einem Freitagabend nach Sonnenuntergang erhielt ich einen Anruf. Aus dem Tonfall, den geschilderten Symptomen und der Gesamtsituation konne ich sofort entnehmen, dass ich sofort handeln sollte. Ich verstaute die Kinder bei Nachbarn (der Reiseleiter weilte außerhäusig) und setzte mich ins Auto.
Bei Eintreffen bestätigte sich der telefonische Eindruck. Ich packte den Patienten ein, außerdem eine Tasche, vorhandene Medikamente und Unterlagen und wir fuhren in die Notaufnahme. Im Nachhinein wäre es klüger gewesen, die 112 anzurufen, aber nun ja: Wir kamen an. Es war Mitternacht. Ich stellte den Patienten und seine Symptome vor. Die Triage funktionierte, wir durften an allen anderen Wartenden vorbeigehen.
Die kommenden drei Stunden verbrachte ich im Wartebereich der Notaufnahme, während man den Patienten hinter Türen stabiliserte. Die Stunden waren eine illustere Angelegenheit; die Szenen alle aufzuschreiben, würde hier den Rahmen sprengen. Viele Anliegen, viele Sprachen, Großstadt, eine Nacht von Freitag auf Samstag – Sie haben vielleicht eine Vorstellung. Da war zum Beispiel ein Mann, ganz in Weiß gekleidet, barfuß, Cowboyhut (auch in Weiß), der irgendwas im Auge hatte und durchgehend summte, außerdem zwei Stunden Ballerspiele spielte, volle Lautstärke, bis er drankam. Daneben ein Mann, klein, kompakt, der sich etwas ins Ohr gesteckt hatte, das er nicht wieder rausbekam, und der sich ohne Unterlass mit der Hand an den Kopf schlug und schrie, er habe etwas im Ohr. Daneben ein Kind, das von seinem Bruder gebissen worden war. Daneben eine Frau in Plüschpantoffeln und Jogginganzug, humpelnd, sie sei über ihren Hund gestolpert. Wie es dem Hund ging, weiß man nicht.
Nun denn. Der Patient wurde stationär aufgenommen und verbrachte mehr als zwei Wochen in der Klinik.
Ich war viel auf der Straße: Krankenbesuche, Wäsche holen, Wäsche waschen, in der Wohnung nach dem Rechten sehen. Inzwischen ist der Patient auf dem Wege der Besserung, langsam, sehr langsam.
ePA | Nochmal etwas Medizinisches: Nachdem die Nachrichtenmedien vermeldeten, nur wenige Patient’innen sähen bislang ihre elektronische Patientenakte ein, habe ich mich eingeloggt. Allerdings – so einfach war das nicht: Registrierung in der ePA-App der Krankenkasse, Bestätigung per E-Mail, dann Verifizierung über eine weitere App, Scannen des Personalausweises mit der NFC-Funktion, Online-ID des Ausweises eingeben (erstmal finden!) – meine Güte. Ich kenne die Hintergründe – Schutz von Sozialversicherungsdaten -, aber dieses Prozedere ist maximal unpraktikabel und für viele Menschen sicherlich nicht leistbar.
Nach Gescanne und Getippe war ich dann drin und Heureka! Welch Erkenntnis! Mein ehemaliger Gynäkologe hat offensichtlich systematisch Abrechnungsbetrug betrieben – oder hielt mich jahrelang für eine andere Patientin. Die Diagnosen, die dort für die Zeit zwischen 2015 und 2024 dokumentiert und abgerechnet wurden, sind mir jedenfalls völlig unbekannt: Weder hatte ich entsprechende Beschwerden noch habe ich die abgerechneten Beratungen erhalten.
Bonmot: Der Arzt, bei dem ich 2022 eine Corona-Impfung erhielt – wir erinnern uns: Man suchte sich über Doctolib jemanden, der zeitnah den guten Stoff verabreichte – hat keine Impfung abgerechnet, dafür eine Angststörung. Die ist jetzt auch so niedergeschrieben. Ich habe diesen Mann nie gesehen! Die Impfung hat die MTA verabreicht.
Was ich nun mit dieser Erkenntnis mache, weiß ich noch nicht. Ich habe erstmal die Diagnosen gesperrt. Denn es wäre höchst misslich, wenn Ärzt’innen auf Basis dieser zwar dokumentierten, aber real nicht existenten medizinischen Vergangenheit zu falschen Schlüssen kämen. An eine konservative oder gar rechtsextreme Regierung, die irgendwelche Register auf Basis dieser Daten anlegt, möchte ich gar nicht denken.
das Wahlprogramm designt und gedruckt (Klick –> PDF)
eine gedruckte Kurzversion des Wahlprogramms für die Massenverteilung und den Wahlkampf an der Haustür erstellt (Klick –> PDF, Wickelfalz, muss man ineinander falten)
Give Aways designt und bestellt (unter anderem Team-Gummibärchen, siehe Foto unten)
Vordermann-Plakate designt und in Druck gegeben (das sind die Dinger, die an den Laternen hängen)
Wesselmann-Standorte bei der Stadt beantragt, Plakate designt und in Druck gegeben (das sind die großen Dinger, die an Straßenkreuzungen stehen, mit einem Holzaufbau)
Meine Vergangenheit in Kommunikation, Marketing und Projektmanagement sind sehr hilfreich in diesen Tagen. Noch hilfreicher sind gute Dienstleister und gute Beraterung. Danke an die beste Anke – Anke Sundermeier – für Fotos, Grafik und viel Flexibilität und an Christian Fischer, den besten Webworker. Danke auch an die Beraterinnen im Hintergrund: Angelika Mikus für strategische Kommunikation und Steffi Opitz für Power und Ideen.
Thema „Giveaway“: Als ich neben schwitzenden Seniorinnen beim Gemeindekaffee saß, habe ich mich an eine schon Jahre alte Anregung von Frau Novemberregen erinnert und umgehend Fächer gekauft. Endlich eine Gelegenheit für Fächer!
A propos Seniorinnen und überhaupt: Menschen: Ich treffe sehr viele davon. Ich nahm an einer Spendenwanderung teil, war beim Dorffrühstück, im Jugendtheater, bei den Omas gegen Rechts, beim Rotary Club, bei der Sommerpredigt im Gemeindehaus, bei der Freiwilligen Feuerwehr, bei der Party am Skatepark, beim Pfarrfest, beim Sommerfest der Musikschule und beim Rhetoriktraining. Beim Rhetoriktraining traf ich andere Bürgermeisterkandidat’innen aus dem Kreis Recklinghausen, unter anderem Shoaiub „Jupp“ Nazir, der ebenfalls von Grünen und SPD unterstützt wird und in Oer-Erckenschwick antritt. So eine Kandidatur ist eine riesige Netzwerkveranstaltung.
Ich nahm Videos für den Kandidatencheck des WDR auf. Das ist ein Format, bei dem Bürgermeisterkandidat’innen sich in drei Videos vorstellen. Die Videos kann man irgendwann online sehen. Wir erhielten drei Leitfragen:
Wie wollen Sie den Sanierungsstau in Ihrer Kommune auflösen?
Was wollen Sie vor Ort konkret bei den Themen Wohnen, Mobilität und Sicherheit angehen?
Welche weiteren Themen sind Ihnen wichtig?
Für die Beantwortung jeder Frage hatte ich jeweils eine Minute Zeit (auch für die dreiteilige). Man musste die Videos mit der WDR-eigenen Produktionsapp erstellen; es war nicht vorgesehen, eigene Videos hochzuladen. Der Kopf musste genau in einem vorgesehenen Abstand und Winkel zu sehen sein, und das Ganze brach nach 60 Sekunden automatisch ab. Eine Herausforderung! Ich fluchte gehörig.
Außerdem organisierte ich eine Weiterbildung für meine Wahlkämpfer’innen. Ich möchte, dass die Leute, die für mich arbeiten und ihren Kopf hinhalten, gut gerüstet sind und sich sicher fühlen – am Wahlstand, in Diskussionen und an der Haustür. Meine Kollegin Katja King war in Haltern zu Gast und schulte meine Unterstützer’innen rhetorisch und im Umgang mit herausforderndem Verhalten.
Und dann war da noch die Wahlarena der Halterner Zeitung: Ein Podium, drei Bürgermeisterkandidat’innen, zwei Moderator’innen, ein Publikum, drei Kameras, ein Livestream. Dafür, dass es das erste Mal war, dass ich in einer politischen Arena gegrillt wurde, lief es ganz gut, würde ich sagen. Bei einem zweiten Mal würde ich hier und da anders agieren. Aber das ist ja immer so. Staunen, verstehen, Schlüsse ziehen, weitermachen! Ich habe jedenfalls viel gelernt an diesem Abend.
Broterwerb | Arbeiten tue ich auch. Also: gegen Geld.
In den vergangenen Wochen war’s komplex. Es ging um den Leistungsschnitt von IT-Teams; das war eine äußerst knifflige Angelegenheit. Wir haben anhand einzelner IT-Komponenten ein Muster für Verantwortlichkeiten entwickelt, das nun weiter ausgearbeitet wird. Zwischenzeitlich habe ich gedacht: Wenn unsere Eltern uns hier zuhören würden – wir könnten auch Tadschikisch sprechen, das wäre genauso unverständlich für Außenstehende.
Außerdem begleite ich weiter eine Teamentwicklung – ganz ohne IT, im Kontext einer Assistenz- und Sachbearbeitungstätigkeit: Wir haben die Teamrollen und die Aufgaben geordnet, Vertretungsregelungen etabliert und Vorbereitungen für anstehende Vakanzen getroffen, während derer Stellen nicht besetzt sein werden. Konflikte sind zutage getreten, die wir nun angehen.
Darüber hinaus gab’s diverse Coachings zu beruflichen und privaten Anliegen, Beratungs- und Hintergrundgespräche und eine Retrospektive mit einem Team, das vor allem remote zusammenarbeitet. Wir haben das Tagesgeschäft betrachtet, insbesondere den Auftragseingang und die Bearbeitung bei unklaren Zuständigkeiten, und haben kleine Maßnahmen aufgesetzt, die Sand aus dem Getriebe fegen.
Morgenschwumm | Wann immer es aktuell geht, gehe ich morgens schwimmen. Das ist fantastisch. Niemals bin ich so ausgeglichen wie auf den zwei Kilometern im Wasser. Atmen, gleiten, Dinge im Kopf ordnen. Außerdem trifft man immer dieselben Leute, wir grüßen uns und plauschen. Danach Dusche, frische Brötchen holen, frühstücken. Mega.
Fazit | Klingt alles ziemlich wild, wenn ich das so niederschreibe. Eine gute Gelegenheit, auf mein Seminarangebot zum Zeit- und Selbstmanagement hinzuweisen. Lernen Sie von mir und meinem wilden Leben! Und haben sie jeden Nacht dennoch acht Stunden Schlaf.
Garten | Der Garten eskaliert. Wir haben so viel zu essen! Tomaten, Gurken, Zucchini, Mangold – bald auch Artischocke und Kürbis. Wir kommen gar nicht hinterher.
Gefeiert | Aus ganz Deutschland und dem nahe gelegenen Ausland reisten Menschen nach Düsseldorf und puschelten Frau Herzbruch. Ich konnte nicht dabei sein, habe meinen eigenen Patienten bekümmert, habe aber gedanklich von ganzem Herzen mitgepuschelt.
Gelesen | Wieder einmal ein empfehlenswerter Newsletter von Niels Minkmar, inzwischen schon ein paar Wochen alt: Die große Pause.
Gelesen | Ich habe einige Bücher angefangen. Aber keins hat mich so richtig gepackt. Weder die isländische Erzählung noch der französische Krimi. Beide Bücher haben mich auf halber Strecke verloren. Deshalb keine Literatur hier.
Und sonst | Auf einem Adventsmarkt Anfang Dezember habe ich frierend an meinen Sommergarten gedacht und ein Blumensteckdings für die Vase gekauft. Jetzt kommt es endlich zum Einsatz – mit Blumen aus dem Garten.
Schweine | Das Schwein, die Wiese, die Melancholie.
Weil es so lange keinen Blogbeitrag gab, noch eine weiteres Schweinebild: Abendliches Herumhängen, bis das endlich Essen serviert wird.
Garten | Mangold, Zucchini, Gurken, Kürbis, Salat, Kräuter – hier geht’s richtig ab. Gestern gab es Pasta mit Mangold, heute gibt es Salat mit Gurke und vegetarischem Gyros, morgen weiß ich noch nicht. Aber sicher auch irgendwas aus dem Garten.
Broterwerb | Ein Tag beim Kunden in Köln. Eine gute Gelegenheit, einmal gemeinsam mit dem Reiseleiter zur Arbeit zu fahren – er arbeitet nämlich zweimal in der Woche im Kölner Büro. Wir wählten das Auto, denn die vergangenen Fahrten mit Regionalzügen waren wenig erbaulich. Foto vom Beifahrersitz:
Der Termin war hindernisbehaftet – eine wichtige Personen konnte nicht teilnehmen. Wir haben dennoch gute Ergebnisse erzielt und ich konnte (zumindest ein stückweit) anschieben, was nicht in Schwung war. Bedauerlicherweise geht es nun mit Hindernissen weiter. In dem Projekt ist der Wurm drin – um nicht zu sagen: mehrere Würmer. Würmer, auf die wir im Projekt selbst dummerweise keinen Einfluss haben. Es sind äußere Umstände, unvorhergesehene Ereignisse und zugleich bürokratische Rahmenbedingungen, die es wiederum erschweren, auf die Ereignisse flexibel zu reagieren. Wir werden das bei unserem nächsten Treffen kurz bejammern, danach weitermachen und bewegen, was wir bewegen können.
Frühschwumm | Morgens Frühschwimmen im Freibad. Es öffnet um 7:30 Uhr, und es ist immer mords was los um diese Zeit: Alle Bahnen sind voll. Viele Rentnerinnen und Renter, hier und da jüngere Leute, man kennt sich, man grüßt sich. Die Bahn neben dem Sprungturm hat sich als Sportschwimmerbahn eingebürgert. Auf den anderen Bahnen bleibt der Kopf über Wasser.
Ich schwimme mal zwei Kilometer, mal eineinhalb – Hauptsache, ich habe mich einmal zu Wasser gelassen. Das Kraulen geht inzwischen super nach mehreren Saisons auf der Youtube-Akademie. Brustschwimmen kommt mir nun deutlich anstrengender vor als Kraul – mache ich nur noch, wenn vor mir Stau ist.
Hitze | Wolldecken- und Winterjackenwaschwetter. #serviceblog
Trainertreffen | Mein Kunde hat mich eingeladen – zum Trainertreffen. Seit drei Jahren bin fester Bestandteil im Trainerteam von Beyer & Wilmer Seminare. In ihrem Auftrag reise ich zu Kunden in ganz Deutschland und gebe Wissen weiter: Führungskompetenz, Veränderung und Change Management, Zusammenarbeit, Kommunikation.
Beyer & Wilmer hat am vergangenen Wochenende alle seine Trainer und Trainerinnen nach Mettmann eingeladen. Wir bekamen ein wunderbares Hotelzimmer spendiert und einen Tag Programm. Ziel: Netzwerken und Wissensaustausch. Torsten Voller hat Warm-up-Impro mit uns gemacht. Freddy Steen hat mir Kniffe fürs Videodrehen gezeigt. Dazwischen gab’s jede Menge Essen und außerdem Infos vom Unternehmen. Letzteres fand ich extrem hilfreich: Meine Kolleg’innen und ich sind ja alle nur als Freiberufler für B & W tätig. Trotzdem hat die Geschäftsführung uns Einblicke in Zahlen und strategische Überlegungen gegeben, es gab Transparenz über interne Prozesse, so dass wir besser zuarbeiten können. Ich habe mich sehr integriert gefühlt, weiß nun, was meinen Auftraggeber umtreibt, was kommen wird und kann das in meine geschäftlichen Überlegungen einbeziehen.
Ich empfinde es als sehr luxuriös, in solchen Hotels schlafen zu dürfen. Die Atmosphäre, die Betten, das Essen – alles ein unglaubliches Geschenk.
Zeitreise | Ich begleitete meine Tante ins Krankenhaus. Sie ist 82 und hat aktuell eine Erkrankung, die regelmäßige Untersuchungen erfordert. Weil sie keiner fahren konnte, bin ich eingesprungen. Ich fuhr morgens zu ihr ins Sauerland, wir frühstückten gemeinsam, dann fuhren wir ins Klinikum nach Arnsberg.
Auf dem Rückweg hielten wir an einem der Orte meiner Kindheit. Das Verrückte: Es war alles noch so wie in den Achtzigern. Das Kettenkarrussel, die Bahn mit den Autoscootern, die Gaststätte. Auf der Speisekarte: Matjefilet, Schnitzel Hawaii und Hähnchenbrust „Puerto-Rico“ mit Dosenfrüchten und Sauce Hollandaise. Eine Zeitblase!
Als sei dies nicht genug, trafen wir die Vermieterin meiner Oma. Meine Oma starb 2001, also vor fast 25 Jahren. Die Vermieterin sah allerdings noch genauso aus wie damals, im Original! Ein Phänomen. Ich war eindeutig Teil eines Raum-Zeit-Risses.
Beifang | Auf dem Rückweg vom Sauerland hielt ich an einem Erdbeerbüdchen an. Die Marmeladenversorgung ist wieder gesichert.
Ich werde inzwischen öfter gefragt, ob ich das Klinkenputzen nicht schon über habe. Die Antwort ist: Nein. Denn ich habe wirklich schöne Begegnungen und viel Spaß. Mit den Familien, aber besonders auch mit den Seniorinnen und Senioren. Ich begegne tollen Menschen, lebensfroh und unglaublich witzig. Den Herren sei gesagt: Wenn der Mann erst tot ist, geht’s für die Frauen richtig los.
Ich glaube, Seniorenkaffeetrinken wird mein neues Steckenpferd.
Danke, Anke! | Ich möchte an dieser Stelle ganz fett Anke danken. Wir rocken hier gemeinsam die Fotos und die Grafik für den Wahlkampf. Sie macht das unglaublich freundlich, kompetent und flexibel, das flutscht alles. Sie ist die beste Anke, die man haben kann. Wenn Sie also mal Fotos brauchen und in NRW wohnen: Rufen Sie Anke Sundermeier an. Niemals sieht man schöner aus als auf Ankes Fotos.
Eine Kommentatorin fragte letztens: „Ich habe eine Frage zu Deinem Wahlkampf: Wie wird das eigentlich alles finanziert, musst Du das aus eigener Tasche bezahlen?“ Den Großteil bezahlen die Parteien, die mich unterstützen, Bündnis 90/Die Grünen und die SPD. Sie haben mir ein festes Budget gegeben, auf dessen Basis ich die Kosten plane. Ich selbst bezahle auch einen Teil – zum Beispiel Ankes Fotos, weil ich gerne die Nutzungsrechte haben möchte, auch über die Kandidatur hinaus. Außerdem bezahle ich kleinere Dinge, zum Beispiel Domainkosten, ein paar der Druckkosten oder wenn ich Material für spontane Aktionen einkaufe. Ich habe zudem den Fahrradanhänger gekauft, den ich im Wahlkampf nutze. Den werde ich nachher wieder verkaufen. Oder auch behalten, denn er erweist sich gerade als sehr praktisch.
Sie schauen sich im Buch solche Materialströme an, die unsere moderne Welt ermöglichen. So kommen Sie zum Schluss, dass es keine Energiewende gibt. Sie bezeichnen die aktuelle Entwicklung als eine Energieaddition.
Tatsächlich ist es eine Energiesymbiose. Man muss sich nur die Energiestatistiken über die Jahrhunderte anschauen. Man sieht, wie sich alles übereinanderstapelt.
Je mehr Öl wir nutzen, desto mehr Kohle brauchen wir für die Stahlproduktion. Warum? Weil mehr Öl bedeutet, dass sich mehr Diesel und Benzin herstellen lassen. Diese Kraftstoffe zu produzieren, ergibt nur Sinn, wenn es auch mehr Autos, LKW und Schiffe gibt, die mit ihnen angetrieben werden, für deren Herstellung wiederum Stahl gebraucht wird. Und für diesen Stahl braucht man Kohle.
[…]
Sie schreiben: „Die Energiewende ist die Ideologie des Kapitals.“ Wie sieht eine Gegenideologie aus?
Ich denke, Suffizienz, Degrowth, weniger, weniger und nochmal weniger. Auffällig ist, dass wir uns selbst auf das beschränken, was innerhalb der technologischen Vorstellungswelt akzeptabel ist.
Sie sagen, wir brauchen einen Zivilisationswandel, nicht nur neue Technologie. Aber ist es nicht noch schwieriger, die Zivilisation zu ändern, als eine Energiewende zu schaffen?
Natürlich ist das ein größeres Unterfangen. Aber da eine Energiewende nicht stattfinden wird, sollten wir über andere Dinge reden. Wobei ich zugebe, dass ein Zivilisationswandel vermutlich genauso utopisch ist wie Wasserstoffflugzeuge.
Gelesen | Jede Woche lesenswert: Der Siebte Tag, Newsletter von Nils Minkmar. Aktuelle Ausgabe: Der deutsche, deutsche Sommer. Ich könnte mehrere Passagen zitierten, und nehme diese hier:
Zur Gestaltung der Zukunft gehört nicht nur die Aufnahme neuer Schulden, sondern auch die Begleitung und Ermöglichung von Migration. Und zur Not, die Stärkung der Gemeinden durch Steuererhöhungen. In unserem Wohnort wäre es zB eine gute Geschäftsidee, private Geldspeicher im Dagobert-Duck-Style zu verkaufen – so viel privates Vermögen wohnt hier. Die Gemeinde selbst hingegen kommt kaum über die Runden.
Eine Gesellschaft, in der so wenige so viel Geld besitzen, während die öffentlichen Institutionen, die Wohlstand und Wachstum erst ermöglichen, also Schulen, Verkehrswege, Rechtssicherheit etc., strenge fiskalische Diät halten müssen, kommt nicht weit.
Broterwerb | Ein Vortrag für den Medizinischen Dienst: Veränderung als Chance nutzen. Ich sprach darüber, wie wir auf Veränderungen reagieren und wie man konstruktiv mit Widerstand umgeht. Eine Moderation in einem IT-Unternehmen: Ein Projekt steckte fest und musste gelockert werden; nun geht es wieder voran. Ein weiterer Vortrag: Souverän als Frau in der Arbeitswelt. Ich sprach übers Souverän-Sein und Sich-souverän-Fühlen, und wir erarbeiteten Möglichkeiten, mit Dominanzverhalten umzugehen. Außerdem: Ein Seminar zum guten Moderieren schwieriger Meetings und Coachings.
Bürgermeisterkandidatur | Ich habe mein Wahlprogramm geschrieben und mit den Parteien, die mich unterstützen, abgestimmt. Wir haben Wesselmänner beantragt, gelayoutet, in Druck gegeben. Wesselmänner sind die großen Plakatwände, die an Kreuzungen stehen. Give Aways sind in Arbeit – mehr dazu, wenn sie da sind. Es ist alles viel mehr Arbeit, als man von außen sieht: Die Dinge müssen getextet, gelayoutet und produziert werden. Es gibt Entwürfe und Abstimmungen. Dazu die Kostenplanung.
Parallel dazu viele Termine. Aufführung der Musical-AG des örtlichen Gymnasiums. Sommerfest der Vereine im Dorf. Aufführung des Jungen Ensembles im örtlichen Theater. Mühlentag. Schützenfest. Schlösser- und Burgentag. Sommerfest des Sportklubs von KindZwei und KindDrei. Gemeindefrühstück. Es sind wirklich schöne Begegnungen. Alles zu sehen auf meinem Instagram-Kanal.
Am vergangenen Wochenende hatte ich einen Stand auf dem Marktplatz. Es war sehr heiß. Ich hätte Eis dabeihaben sollen. Dennoch: Es war gut – schon allein, weil am gleichen Ort in den vergangenen Wochen mehrmals Rechtsextremisten ihren Pavillon aufgebaut hatten. Bevor sie wieder den Marktplatz einnehmen, sagte ich mir, tue ich das.
Feierlichkeit | Eine Geburtstagsfeier im Münsterland, Mottoparty. Die Aufgabe: Man sollte als Held der 60er bis 2000er Jahre kommen, Paare gerne als Paare. Der Reiseleiter und ich gingen als Albano und Romina Power, von einem Bilddokument in diesem Blog nehmen wir Abstand. Wir sahen aber sehr schau aus.
Mit unserer Wahl waren wir einzigartig – im Gegensatz zu drei Richard Geres und drei Pretty Womans, mehreren John Travoltas und Uma Thurmans. Es kamen außerdem: James Bond, Freddy Mercury, Mitch Buchannon aus Baywatch, Vater Abraham und die Schlümpfe, Justin Biber, Rainer Langhans und die Tennislegenden John McEnroe und André Agassi. Ausnahmslos alle Gäste hatten viel Mühe in die Kostümierung gesteckt.
Ich wartete auf einen Mordfall, denn die Gesamtsituation hätte einen glänzenden Tatort abgegeben. „Wir vernehmen Sie als Zeugin. Wann haben Sie wahrgenommen, dass etwas nicht stimmt?“ – „Als John Travolta blutend in die Arme von Rainer Langhans fiel.“ – „An was können Sie sich noch erinnern?“ – „André Agassi war erstaunlich korpulent.“ – „Mmmh.“ – „Und James Bond … mit dem stimmte etwas nicht.“ – „Wie meinen Sie das?“ – „Als die Village People kamen, war er plötzlich weg, und tauchte in der Adams Family wieder auf.“ – „Wann war das?“ – „Kurz bevor John diese emotionale Rede hielt.“ – „Travolta.“ – „Nein, McEnroe.“ – …
Gehört | Ich habe ein Hörbuch-Abo. Ich hatte es einst abgeschlossen, bevor ich nach Italien fuhr – nicht für die erste große Reise 2018, als ich mir den Monat März zum Geburtstag schenkte und fünf Wochen dort verbrachte. Sondern 2023, als ich zuerst Zeit in einer Hütte oberhalb von San Pellegrino Terme verbrachte und dann weiterfuhr in die Abbruzzen, wo ich alles für den Reiseleiter und die Kinder vorbereitete, die nachkamen.
Dieses Abo, das seit zwei Jahren währt, kündigte ich nun. Es hatten sich sieben Guthaben angesammelt, jeden Monat kam ein neues hinzu. Das war nicht mehr zu bewältigen. Damit die Guthaben vor Inkrafttreten der Kündigung nicht verfallen, habe ich mir nun sieben Hörbücher heruntergeladen. Ich werde bis weit ins kommende Jahr hinein Hörmaterial haben.
Diese Woche startete ich mit Katja Oskamps Die vorletzte Frau. Ich machte Gartenarbeit, zupfte Unkraut, geizte Tomatenpflanzen aus, säte Ringelblumen und setzte Männertreu in Töpfe, während Katja Oskamp mir von ihrer Beziehung zum Schriftsteller Thomas Hürlimann erzählt. Eine ungleiche Beziehung zwischen einer suchenden Frau und einem eigenwilligen Mann, gekleidet in poetische Worte. Ich bin noch nicht am Ende der Geschichte, kann sie aber jetzt schon empfehlen.
Garten | A propos Garten: Der gedeiht, auch wenn es zu wenig regnet. Es wird ein gutes Tomaten- und Zucchinijahr. Die erste Gurke war wie immer die köstlichste des Jahres. Beim Salat wächst schon die zweite Runde. Der erste Mangold durfte zu Pasta auf den Teller.
Ausflug | Es gab einen weiteren Geburtstag zu feiern. Wir fuhren nach Dortmund. Die Kinder wollten mal wieder an den Phoenixsee, also reisten wir etwas eher an, gingen um den See, stellten uns in die Schlange vor der Eisdiele und sahen den Tretbooten zu. Was sagt es über unser Verhältnis zum Auto aus, dass bei uns selbst die Boote Autos sind?
Am See wie immer ein buntes Miteinander, internationales Publikum, Fahrradfahrer, Boule-Spieler, professionelle Pickniktische, übermütige Kinder, Feierlichkeiten.
Gelesen | Die kann man so nicht stehen lassen. Aus der Mensa der Uni Lübeck verschwinden 60 Stühle. Zunächst geht man von einem Studentenstreich aus. Doch dann stellt sich heraus: Es sind Designerstücke.
Gelesen | Im aktuellen Newsletter der Hans-Böckler-Stiftung las ich einen interessanten Beitrag zu Veränderungen in der Reinigungsbranche: Man geht vermehrt dazu über, Büros nicht mehr nachts und am frühen Morgen zu reinigen, sondern tagsüber. Durch die geänderten Zeiten finden die Firmen leichter Fachkräfte. Das Ganze bringt Herausforderungen mit sich – für die Kunden und für die Reinigungskräfte, die zusätzliche Fähigkeiten mitbringen müssen.
Leibesübung | Wir machten die erste große Fahrradtour: 95 Kilometer von Haltern nach Dortmund und wieder zurück. Nicht der oben beschriebene Ausflug zum Phoenixsee, ein anderer. Wir besuchten das Street Food Festival, aßen einen Burger und fuhren wieder zurück.
Zwischen Kilometer 50 und 80 zog es sich etwas: Der Dortmunder Norden war nicht besonders heimelig, und die Strecke am Kanal entlang öder als sonst; wir hatten mentale Probleme. An jeder Brücke dachte ich: Die ist es, jetzt können wir runter vom Kanal. Konnten wir aber nicht, an der nächsten Brücke auch nicht, auch nicht an der übernächsten, sondern erst viel, viel später. Danach ging es besser.
Sieben Kilometer vorm Ziel rasteten wir dankbar vor einem Verkaufsautomaten. Eine kalte Cola ist manchmal verdammt gut.
Schweine | Sythener Weideschweine.
Wenn ein Schwein entspannt, zerfließt es wie Brie in der Sonne. Dann denke ich immer: Jetzt ist es soweit, jetzt geht es zuende. Aber dann bekommt es doch wieder Körperspannung.
Bürgermeisterkandidatur | Viele lokale Termine: beim Naturschutzbund, bei der Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie, ein Bier auf dem Schützenfest, ein Kunstspaziergang, Waffeln beim Fußballverein, ein Jazz-Konzert in der Kunsthalle, ein Hintergrundgespräch zur Barrierefreiheit in der Stadt und ein Besuch im Ausschuss für Generationen und Soziales.
Mehr zu allem gibt’s in meinem Instagram-Account, zum Beispiel zu der seltenen, wilden Orchideenwiese, die wir in Haltern haben, oder zu den Installationen „Kunst trifft Klima“. Ich bin ja ein neugieriger Mensch und finde jede Begegnung irgendwie spannend.
Anke und ich haben außerdem die Entwürfe der Wesselmann-Plakate finalisiert – das sind die großen Dinger, die auf Kreuzungen stehen. Parallel dazu habe ich mein Wahlprogramm geschrieben, einen Budget-Forecast gemacht, und ich gucke gerade, welche Give Aways Sinn machen.
Broterwerb | Arbeiten tue ich zwischendurch auch, also gegen Geld. In der Teamentwicklung einer Organisation gab es einiges abzusprechen, ein Coaching mit einer Wissenschaftlerin, ein weiteres mit einer Medizinerin, und es kamen drei erfreuliche Anfragen rein: die Moderation einer Tagung, ein Training für junge Professorinnen und die Begleitung einer Gruppe IT-Führungskräfte. Dazu habe ich Briefing bekommen und Angebote geschrieben.
Beglückung | Meine Buchhaltungssoftware kann jetzt KI – und es ist hilfreich. Sie erkennt den Inhalt von Ausgabebelegen (Rechnungen, Kassenbons) und füllt selbstständig die Felder in der Buchhaltungssoftware aus. Ich erspare mir kleinteiliges Getippsel. Selbst bei geknüddelten Kassenbons ist die KI treffsicher. Ich bin beglückt.
A propos KI | KindZwei fragte, ob ChatGPT für uns ein Er oder eine Sie sein. Für den Reiseleiter ist ChatGPT ein Er, für KindZwei (w) eine Sie, für mich ein Es. Interessant, auch vor dem Hintergrund der bekannten Gender Data Gap* (die ich demnächst mal mit den Kindern reflektieren werde).
*Funktioniert am besten auf Englisch, weil es für die meisten Berufe keine männliche oder weibliche Bezeichnung gibt. Prompten Sie mal: „Give me picture of a pilot/a doctor/ …“ – na, welches Geschlecht kommt raus?! Auch: „Show me a picture of a successfull person.“
Bemerknisse zu zwei Aspekten |Sven Scholz teilt seine Beobachtungen zur Job-Suche. Ich habe nicht zu allem eine Meinung. Ich möchte jedoch zwei Aspekte rausgreifen und meine Erfahrungen teilen: zu Remote-Arbeit/Home Office und zu Altersdiskriminierung.
Was für ein gutes Remote-Arbeiten unerlässlich ist, ist eine funktionierende Beziehungsebene. Teams, in denen die Beziehungen untereinander dysfunktional sind, laufen schon in Präsenz nicht gut – remote brechen sie vollends auseinander. Das Gleiche gilt für Führungskräfte, die nicht gut führen: Remote können sie es dann noch weniger.
In Arbeitsumfeldern, in denen es ein Grundvertrauen gibt, in denen man die Kompetenzen, Bedürfnisse und Eigenarten der Kolleg:innen kennt, in denen man sich gegenseitig schätzt und fordert, in denen man sich grundsätzlich mit Wohlwollen begegnet* und in denen es klare Verantwortungen gibt, funktionieren wunderbar remote. Dann ist es auch egal, wer wie oft reinkommt. Meine Erfahrung ist allerdings auch: Es ist wichtig, sich regelmäßig in Präsenz zu sehen und eine gute Zeit miteinander zu verbringen. Wie oft „regelmäßig“ ist, hängt vom Einzelfall ab: Es kann einmal wöchentlich sein; ich kenne aber auch Teams, die einmal im Quartal eine Präsenzwoche machen und sich dann drei Monate wieder nur digital begegnen. Beides kann genau richtig sein.
Meine Erfahrung, wenn ein neuer Mitarbeiter, eine neue Mitarbeiterin kommt: Man braucht erstmal persönliche Begegnung.** Man muss sich kennenlernen – in seinen Kompetenzen, Bedürfnissen und Persönlichkeiten. Besonders die letzten beiden Aspekte erlebt man in der Tiefe nur in einem gemeinsamen Arbeitsalltag, in physischer Interaktion und – nicht zu unterschätzen – durch Beobachtung. In der Remote-Arbeit hat man abgesehen von Meetings oft 1:1-Situationen, erlebt den Anderen aber nie in der Stillarbeit oder kann seine Interaktion mit Kolleg’innen und Kunden beobachten. In Präsenz kriegt man mit: Wie agiert mein neuer Kollege in Gesprächen? Agiert er mit jedem gleich oder verhält er sich gegenüber verschiedenen Personen anders? Wie kommuniziert er? Was stresst ihn? Wie reagiert er dann? Wie oft kommen Anrufe rein, weil die Kita ausfällt? Wie organisiert er sich? Wann agiert er zurückhaltend, wann forsch? Unter welchen Rahmenbedingungen wird er lebendig und kreativ, wann verhält er er zurückhalternd? Das ermöglicht ein ganz anderes Kennenlernen – für beide Seiten, umgekehrt nimmt der/die Neue das Gleiche an Kolleg’innen wahr.
* Wohlwollen bedeutet nicht Harmonie. Vielmehr ist Wohlwollen die Annahme, dass der Andere in bester Absicht handelt und unter den gegebenen Umständen sein Bestes gibt. Selbstständiges Handeln – und das wollen wir ja – führt immer zu Konflikten. Unser Wohlwollen beeinflusst aber ungemein, mit welcher Haltung wir die Konflikte austragen.
**Hier werden Betriebswohnung spannend. Ich beobachte aktuell, dass dieses Angebot für Unternehmen wieder aktuell wird: um Fachkräfte zu bekommen und zu halten. Wenn das Unternehmen Arbeit hat, die man potentiell von überall erledigen kann, wenn die Menschen aber auch mal vor Ort kommen sollen, sind derlei Wohnmöglichkeiten ebenfalls interessant.
Der zweite Aspekt, den Sven nennt, ist das Alter. Ich berate meist in Konstellationen, in denen es um Veränderung geht. Oft kriege ich zu hören: „Das ist dann bestimmt schwierig mit den Älteren!“ Ist es nicht. Auch nicht mit Jüngeren. Jede’r ist individuell. Ich erlebe viele lebensältere Menschen, die geistig extrem flexibel sind, weil sie es schon immer sein mussten – Sven erzählt ja auch davon. Gleichzeitig erlebe ich Jüngere, die wenig flexibel sind, weil sie es noch nie sein mussten. Es ist unterschiedlich. Am Ende habe ich immer Individuen vor mir.
Lebensältere bringen natürlich viel Erfahrung mit – und diese Erfahrung im besten Fall auch ein. Dann passiert es, dass mir jemand sagt: „Das ist Quatsch, was Sie tun. Das hatten wir alles schon.“ Das ist gut! Denn vielleicht übersehe ich etwas; ich gehe dann ins Gespräch. Das Ergebnis solcher Dialoge ging in der Vergangenheit zur Hälfte mal so und mal so aus: Es gibt Fälle, in denen die Argumente absolut valide sind – dann schwenken wir um. Zeit und Geld gespart! Und es gibt Fälle, in denen mein Gegenüber seine Erfahrung nicht auf die neuen Umstände überträgt. Denn wenn Dinge einmal nicht funkioniert haben, heißt es nicht, dass sie immer nicht funktionieren. Dann betrachten wir gemeinsam die Parameter, die seinerzeit zum Scheitern geführt haben, überlegen, was es zum Gelingen braucht, und justieren. Oft bleibt dann Skepsis. Das ist okay. Sie hilft, bessere Ergebnisse zu erreichen.
Kostenlos | Nochmal ein Hinweis auf meinen kleinen Abend-Workshop in der Stadtbibliothek Haltern am See: Souverän und gelassen als Frau im Beruf. Zwei knackige Stunden zu Augenhöhe und Machtgleichheit mit Impulsen für Souveränität, Durchsetzungsstärke und Schlagfertigkeit. Inhalt: Souverän sein und sich souverän fühlen, Kommunikationsmuster, Umgang mit Dominanzverhalten, authentisch und klar agieren. Der Eintritt ist frei – bitte dennoch Karten bestellen, damit wir wissen, wie viele Leute kommen.
Gelesen | Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit. I’m late to the party, ich weiß: Das Buch ist schon 2016 erschienen. Ich wollte es immer lesen, es kam nie dazu, und nun stand es im Bücherschrank im Dorf. Die Geschichte dreier Geschwister, die früh ihre Eltern verlieren, sich auseinanderleben und wieder zusammenfinden – und die Geschichte von Jules, der lange nicht richtig ins Leben findet. Schön erzählt, nah an den Figuren, aber nicht schwülstig und trotz des Themas leicht erzählt. Hat mir gut gefallen.
Gesehen | Die erste Staffel von Die Brücke – Transit in den Tod. Auch hier: Late to the party. Große Liebe für das schwedisch-dänische Ermittlerduo Saga und Martin. Ich brauchte etwas, um reinzukommen: Ständig tauchten neue Menschen und Handlungsstränge auf. Das war anstrengend. Aber dann war ich drin und fühlte mich gut unterhalten.
Vorwort | Seit einiger Zeit habe ich das Thema „Bildungsurlaub“ für mich entdeckt. Als Arbeitnehmer stehen mir fünf Tage bezahlter Bildungsurlaubs pro Jahr zu. Das weiß ich sehr zu schätzen, und ich mache gerne davon Gebrauch. Ein Bildungsurlaub ermöglicht eine Erweiterung des eigenen Horizonts, sowohl des privaten als auch des beruflichen und man lernt nebenbei nette Menschen kennen – zumindest war es bisher immer so. Ich kann Ihnen das wirklich ans Herz legen!
In diesem Jahr ging es mit Forum Unna nach Kopenhagen und Malmö. Schwerpunkt war nachhaltige Stadt- und Verkehrsplanung in der Wachstumsregion am Öresund. Als Geograph und in der Kommunalpolitik engagierter Dänemark-Fan also genau mein Bildungsurlaub. Fünf Tage lang ging es zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit der Metro, mit dem Zug und mit dem Linienschiff kreuz und quer durch alte und neue Stadtviertel, durch Parkanlagen und über Brücken, an Hafenbädern und Industriegebieten vorbei und natürlich auch (in privater Mission) in Buchläden und Bibliotheken.
Die Skandinavier sind bekannt für innovative Konzepte und überraschende Ideen – man würde wohl sagen, dass sie Out-of-the-box denken. Ich möchte ich Ihnen hier ein paar spannende Projekte und Orte vorstellen – mal ohne die Kleine Meerjungfrau. Die habe ich gar nicht gesehen.
Background-Infos | Am 1. Juli 2000 wurde die Øresundsbroen (Öresundbrücke) erföffnet. Sie verbindet die dänische Hauptstadtregion mit dem schwedischen Schonen und der Provinzhautpstadt Malmö. Die Brücke erzeugte einen enormen Wachstumsschub für die gesamte Region.
(In diesem Zusammenhang empfehle ich die schon etwas ältere, aber immer noch sehr gute Serie Die Brücke – besonders interessant im Original: Es wird wild durcheinander Dänisch und Schwedisch gesprochen, und alle verstehen einander!)
Die Einwohnerzahl der Stadt Kopenhagen hat sich seit dem Jahr 2000 um fast 40 Prozent erhöht – die Wachstumsraten für Malmö sind ähnlich und die gesamte Region boomt weiter. Das bedeutet vor allem: An allen Ecken und Enden wird gebaut. Ganze Stadtviertel werden aus dem Boden (oder aus dem Meer) gestampft – alte Industrie- und Hafenflächen verwandeln sich in neue Wohnquartiere und neue Verkehrsverbindungen entstehen. Ein Mekka für Architekten und Stadtplanerinnen.
Fitness auf dem Parkhaus | Der Stadtteil Nordhavn (Nordhafen) ist ein „Waterfront-Development“ auf einem ehemaligen Hafenareal. Zwischen den alten Hafenbecken wurden ein paar erhaltenswerte Industriegebäude und Silos zu Büro-oder Wohngebäuden umfunktioniert. Der Rest wurde mehr oder weniger dicht neu bebaut, mit Wohnungen und mit allem, was man sonst so braucht: Schulen, Kindergärten, Geschäfte, Gastronomie. Platz für Autos ist in den engen Straßen kaum. Hier geht man zu Fuß oder fährt Lastenrad. Wer trotzdem lieber auf vier Rädern kommt, der muss sein Vehikel in einem Parkhaus abstellen. Hinter einen hübschen, dreieckigen Kinderspielplatz ragt das Parkhaus 24 Meter in die Höhe, umhüllt von einer löchrigen Metallwand, die langsam von Grünpflanzen überwuchert wird.
Man kann in dem Parkhaus auch sein Fahrrad oder sein Kanu (!) abstellen. Richtig interessant wird es aber auf dem Dach: Das erreicht man über eine lange Treppe, an der man mit Hilfe eines Buzzers sogar die Zeit messen kann, die man bis ganz nach oben benötigt. Menschen hasteten auf der Treppe nach oben und sammelten Höhenmeter. Oben erwartete uns ein riesiges Fitness-Gelände mit Trampolinen, Klettergerüsten, einem Laufparcours und verschiedenen Ballspielfeldern.
Es fanden sich Schulklassen ein zum Sportunterricht, Fitnesstrainer malträtierten ihre Opfer und Rentnerinnen beobachteten das lebhafte Treiben von den aufgestellten Bänken aus. Das Dach des Konditaget Lüders, benannt nach einem weiland im Hafen tätigen Kapitän, ist ein Ort für alle. Und fast alle treiben hier Sport! Die Dänen integrieren ihre sportlichen Betätigungen in ihren Alltag, wann und wo immer es geht. Das scheint sich zu lohnen: Der Anteil der Menschen mit einem BMI über 30 (ja, ich weiß, dass der BMI nicht immer und für alle der richtige Maßstab ist) liegt in Dänemark bei circa 13 Prozent. In Deutschland sind es 20 Prozent. Falls es Sie beruhigt: In God’s own Country sind es stattliche 42 Prozent.
Sponge Bob – Schwammstadt | Im Jahr 2011 wurde Kopenhagen von einem bis dahin beispiellosen Starkregenereignis heimgesucht: 135 Liter Regen pro Quadratmeter in 90 Minuten konnten nicht abfließen und überfluteten weite Teile der Stadt. Kopenhagen ist sehr dicht bebaut und in einigen, älteren Stadtvierteln gibt bzw. gab es nur wenige Grünflächen. Also entschloss man sich, Kopenhagen zu einer „Schwammstadt“ zu machen. Ganze Straßen und Plätze wurden entsiegeln und in Regenrückhaltebecken oder Grünflächen umgebaut. Im Østerbro, einem ehemaligen Arbeiterstadtteil am Hafen, wurden am Skt. Kjelds Plads 9.000 Quadratmeter Asphalt (das sind 1 1/4 Fußballfelder) entfernt und durch Grünflächen ersetzt. Der dort früher vorhandene Kreisverkehr wurde zurück gebaut und ist nur noch ein schmales Sträßchen, das sich durch einen richtigen kleinen Wald mit gemütlichen Spazierwegen und Bienenwiesen schlängelt.
Eine Idylle mitten in der Großstadt! Im ganzen Stadtviertel wurden Parkplätze entfernt und begrünt, damit das Niederschlagswasser versickern kann und auch um neue Treffpunkte und Aufenthaltsräume für die Bewohner zu schaffen (das Bild zeigt den benachbarten Tåsinge Plads). Man stelle sich den Aufschrei in einer deutschen Großstadt vor, wenn auch nur ein Parkplatz so einer linksgrün-versifften Grünfläche zum Opfer fallen müsste!
Auch der Enghavepark in Vesterbro – kleiner Exkurs: Die äußeren Stadtteile von Kopenhagen sind nach den Brücken benannt, über die man sie früher erreichte: Vesterbro, Nørrebro und Østerbro) – ist ein riesiges Regenrückhaltebecken, ober- und unterirdisch. Das Niederschlagswasser aus der Umgebung wird in den Park geleitet, der von einer unscheinbaren Mauer umgeben ist. Die hat nur ein paar Lücken, in die bei Bedarf Flutbarrieren gesteckt werden können. Falls das riesige, unterirdische Rückhaltebecken einmal volllaufen sollte, wird also einfach der Park geflutet und das Wasser kann keinen Schaden in den umliegenden Viertel anrichten. Seit Umbau des Parks im Jahr 2013 ist es zwar noch nie so weit gekommen, aber die Kopenhagener sind vorbereitet.
Abfahrtslauf und Bergwandern | Nein, ich war nicht auch noch in den Alpen – Skifahren kann man auch in Kopenhagen! Copen Hill oder auch Amagerbakke (Amager-Hügel) ist ein künstlicher Berg auf einer Müllbrennungsanlage. Man kann ihn über einen Bergpfad besteigen, über eine Kletterwand erklimmen oder den Skilift nehmen. Die Abfahrt erfolgt dann auf einer speziellen Kunststoff-Oberfläche, also auch ohne Schnee. Zur Mountaintop-Bar kommt man aber auch bequem mit dem Aufzug und kann auf diesem Weg auch direkt ins Innere der Müllverbrennungsanlage schauen. Von oben kann man bis rüber nach Schweden gucken.
Manchmal riecht es etwas streng, wenn der Wind die Abgaswolken der Müllverbrennung in die falsche Richtung treibt. Eine ziemlich verrückte Idee, aber die Dänen ziehen sowas einfach durch! Hier wird die Notwendigkeit, seinen Müll irgendwie loswerden zu müssen, mit einer weiteren Möglichkeit verbunden, sich sportlich zu betätigen (siehe oben). Also Ski heil!
Miljøstationer | In Amagerbakke wird alles verbrannt, was nicht mehr zu gebrauchen ist. Was noch recyclet werden kann, bringen die Kopenhagener zu sogenannten Miljøstationer, also Umweltstationen. In jedem Quartier gibt es eine solche Station, bei der man alles abgeben kann, was noch eine Chance auf Wiederverwertung hat. Oftmals findet man dort auch einen Reparaturservice für Elektrogeräte oder Bücher- und Pflanzentausch-Schränke. So wird selbst der Recyclinghof zum sozialen Treffpunkt.
Taler du Dansk? | Ich lerne seit knapp zwei Jahren Dänisch. Eigentlich auch eine ziemliche Schnapsidee, weil alle – wirklich alle – Dänen hervorragend Englisch sprechen und sich dem Gefühl nach auch strikt weigern, mit einem Ausländer in ihrer eigenen Muttersprache zu kommunizieren. Aber ich finde die Sprache toll und habe Spaß daran. Auch ein Altersruhesitz in meinem nordischen Lieblingsland liegt klar innerhalb des Möglichkeitsraums – ich bin gewappnet.
Ein paar Gelegenheiten, das erlernte anzuwenden, gab es dann aber tatsächlich: Die Stadtführerin war bass erstaunt (Taler du dansk!?), dass jemand aus der Gruppe den Text auf dem alten Gerichtsgebäude korrekt übersetzen konnte: MED LOV SKAL MAN LAND BYGGE.
Tipp: Mit Liebe hat es nichts zu tun.
Und im Magasin du Nord (kein Dänisch, sondern Französich), dem größten Kaufhaus am Platz, habe ich den per Lautsprecherdurchsage offerierten Rabatt für Ausländer (zehn Prozent auf alles, Tiernahrung gibt es hier nicht) an der Kasse in Landessprache eingefordert. Sie machen sich kein Bild, wie beseelt ich war! Das Glück relativierte sich dann beim späteren Blick auf die Kreditkartenabrechnung, trotz des Rabatts. Ich empfehle, die Umrechnung von Kronen in Euro besser nicht direkt vor Ort durchzuführen, sondern bis nach Beendigung der Reise zu warten.
Malmö | Wo wir beim Thema Preise sind: Sollten Sie länger in der Gegend sein, dann fahren Sie einmal mit dem Zug über die Øresundsbroen (sehr beeindruckend) nach Malmö. Dort ist alles nur halb so teuer: Shoppen, Essen gehen und auch Übernachten. Die Stadt versprüht zwar eher den Charme von, sagen wir: Kiel oder Wilhelmshaven, aber es gibt nette Geschäfte und – wiederum aus Stadtplanungssicht interessant – Sommerstraßen und Sommerplätze. Straßen und Plätze also, die nur für die Sommermonate in grüne Oasen mit Spielplätzen, Aufenthaltsbereichen und Entspannungsecken ausgestattet werden.
Alles, inklusive Bäume, Pflanzkübel und allem Mobiliar wird im Herbst eingelagert. Dann dürfen die Malmöer wieder ihre Autos in den Straßen und auf den Plätzen abstellen. Im Frühjahr wird wieder aufgebaut. Bestimmt wahnsinnig teuer und aufwändig – aber es schafft mehr Akzeptanz in der Bevölkerung als ein sofortiger, endgültiger Umbau: „Wir versuchen es mal und sehen dann, wie es klappt“. Einige Sommerstraßen und -plätze sollen wohl demnächst dauerhaft umgenutzt werden. So geht Beteiligung der Bevölkerung!
Gelesen |Urban Planning in the Nordic World von Elen Braae: Ein kurzer Überblick über die Besonderheiten der Stadtplanung in den nordischen Ländern. Nicht zu überladen und sehr zu empfehlen, wenn man sich für Städtebau interessiert, auch ohne Fachmann oder -frau zu sein.
Gekauft |En Linje I Verden von Dorthe Nors: Ein Buch über die Nordseeküste, welches ich im sehr gut sortierten Buchladen von Arnold Busck erworben habe. Ähnlich wie Vanessa kann ich an keinem Buchladen vorbeigehen, ohne hineinzugehen und vollbepackt wieder herauszukommen – es ist fürchterlich. Das Buch gibt es zwar auch in deutscher Übersetzung, aber das wäre ja zu einfach. Wünschen Sie mir Glück bei meiner ersten richtigen dänischen Lektüre!
Nachwort | Ich könnte noch viel mehr berichten, möchte Sie aber nun entlassen. Die Pächterin wird langsam ungeduldig und erwartet Resultate bezüglich des zugesagten Gastbeitrags. Vielleicht schreibe ich demnächst mehr hier, wenn Sie mögen.
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