Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Der mit dem Käse spazierte

10. 5. 2017 9 Kommentare Aus der Kategorie »Allgemein«

In der Heimat gibt es einen kleinen Fluss. Der Fluss fließt an der Innenstadt entlang. Für Menschen, die an Flüssen wie dem Rhein oder der Elbe wohnen, ist es eher ein Bach, denn es kann kein Schiff darauf fahren, nicht einmal ein Boot. Einmal im Jahr fahren Badeenten auf dem Fluss. Dann gibt es ein Badeentenwettrennen. Das ist immer ein großes Hallo. Jede Ente hat eine Nummer, und die Nummer, die zuerst von der Oberstadt in die Unterstadt hinuntergeflossen ist, gewinnt einen Preis. Doch davon möchte ich nicht erzählen. Ich möchte von dem Mann erzählen, der eine Käsepackung am Fluss spazieren führte.

Ich sah den Mann zuerst von hinten. Er war klein und auf eine tatkräftige Art untersetzt. Er ging langsam und trug eine große Packung Tip-Schnittkäse Edamer in seiner Hand. So ging er am Fluss spazieren, im Strickjanker mit Hirschhornknöpfen.

Ich überholte ihn, denn er schlurfte hüftsteif, und wir lächelten uns an, als ich vorbeiging. Ein Stück weiter blieb ich stehen, um auf jemanden zu warten, und Herr Edamer zuckelte wieder auf mich zu. Als er mich schließlich erreichte, sagte ich: „Da hamwa uns wieder“, und er antwortete: „Aber ’nen Spitzkohl hab‘ ich davon immer noch nicht“, was zweifellos eine Entgegnung war, die weiterer Erläuterungen bedurfte.

„Ich soll einen mitbringen“, schloss er auch direkt an, „zum Abendessen, hat meine Frau gesagt, aber im Markt haben sie keinen mehr, und jetzt brennt zu Hause gleich der Baum.“

„Sie könnten Weißkohl mitbringen“, sagte ich. „Das ist fast genauso.“

„Sagen Sie. Und sage ich. Aber sagen Sie das mal meiner Frau.“

„Deshalb der Käse? Versöhnungskäse?“, fragte ich und deutete auf die Packung.

„Der war im Angebot und ich mag den so gerne. Aber eigentlich macht er alles noch schlimmer, denn jetzt habe ich Käse, den ich nicht mitbringen sollte, aber keinen Spitzkohl, den sie dringend braucht. Ich bin ja abends auch mit einem Butterbrot zufrieden, aber nein.“

„Das ist knifflig.“

„Jetzt wissen Sie, wie das ist, im Alter, mit der Ehe. Knifflig ist gar kein Ausdruck.“

(Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von Frau Novemberregen und HappySchnitzel, die ich beide auf der re:publica geherzt habe, und die meinten, ich solle wieder mehr von dem aufschreiben, was ich erlebe. Außerdem haben Frau Novemberregen und ich bei einem gemeinsamen Maisküchlein festgestellt, dass wir Ansprechgesichter und deshalb immer diese skurrilen Begegnungen haben.)

Kommentare

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  1. Die Kolleginnen haben völlig recht!

    Dankeschön!

  2. kvinna sagt:

    Danke für diesen wunderbaren Genuss!

  3. Für Spitzkohl ist ja aber auch noch viel zu früh im Jahr!
    (Danke.)

    1. Vanessa sagt:

      Zu früh? Dann wird’s daran liegen.
      Das hätte seine Frau doch wissen müssen!

  4. Uwe sagt:

    Ansprechgesichter. Ansprechgesichter.
    Das muss meine Freundin auch haben. Gehe ich alleine Einkaufen beschränkt es sich auf
    „Hallo“
    „Hallo“
    „23,45“
    „Bitte“
    „Und 1,55 zurück“
    „Danke, schönen Tag noch“
    „Ihnen auch, danke“
    Und das ist Maximum. Wenn meine Freundin dabei ist, gehts zu wie auf dem Hamburger Fischmarkt. Aber ich liebe sie trotzdem (oder auch vielleicht gerade deswegen).

    1. Vanessa sagt:

      Gerade heute schon wieder. Beim Zucker.
      Ach, ich muss das aufschreiben.

  5. blogspargel sagt:

    Also, köstlich diese Geschichte, aber sowas von wahr.
    Ich bin mit meinem Häubchen schon mehr als mein halbes Leben verheiratet, aber das mit dem Einkaufen …. Ich hebe den Einkaufszettel als Nachweis mittlerweile solange auf, bis alles verräumt ist, denn immer wieder höre ich: „Was hast Du da wieder eingekauft?“.
    Männer und schwierig. Kann ich mir nicht vorstellen.
    Andererseits: Spitzkohl hatten wir schon drei in diesem Jahr.

  6. Sanddorndiva sagt:

    Danke fürs Ausschreiben und Danke den Damen Novemberregen und HappySchnitzel für die Anregung :-)

  7. […] die liebe Nessy vor ein paar Tagen eine Alltagsgeschichte gepostet hat und dabei von ihrem Ansprechgesicht sprach, ist mir wieder eingefallen, wie oft mir […]

Die Kommentare sind geschlossen



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