Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Serviceblog | Im Sinne aller Leserinnen und Leser dieses Blogs haben KindZwei, KindDrei und ich keine Mühen gescheut und Dubai-Schokolade hergestellt. Das hier ist ja ein Serviceblog, und es war uns eine Herzensangelegenheit, uns selbstlos in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen und diesen Trend kritisch zu begleiten. Die Zutaten:

  • 900 Gramm Schokolade
  • 250 – 300 Gramm Kadayif geröstet
  • 600 Gramm Pistaziencreme
  • 5 Esslöffel Tahin

Wir haben zwei Drittel der Schokolade geschmolzen, in Formen verteilt und ein bisschen den Rand hochgestrichen. Wir haben eine Kuchenform, Muffinförmchen und Gefrierdosen genommen. Dann haben wir die Schokolade im Kühlschrank oder Gefrierfach fest werden lassen. In der Zwischenzeit haben wir Kadayif, Pistaziencreme und Tahin vermischt. Anschließend haben wir die Mischung auf die Schokolade gestrichen und die Formen wieder ins Gefrierfach gestellt, bis die Pistaziencreme fest war. Zum Schluss haben wir die restliche Schokolade geschmolzen, auf die Creme gegeben und fest werden lassen.

Das Ergebnis ist sehr überzeugend und ergibt eine große Menge Schokolade, die wir nun verschenken. Möglicherweise essen wir auch ein bisschen was selbst. Vielleicht auch viel.


Broterwerb | Letzte Amtshandlungen: Ich habe die Buchhaltung schön, alle Unterlagen sind abgeheftet, das Postfach ist durchgearbeitet, die Abwesenheitsnotiz ist eingeschaltet.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Solltest Du als Bürgermeisterin gewählt werden, kannst Du das zeitlich mit Deiner beruflichen Selbstständigkeit vereinbaren oder wäre das ein Vollzeitjob?“

Das ist ein Vollzeitjob: Als Bürgermeister:in ist man Wahlbeamt:in auf Zeit. Man hat den Vorsitz des Stadtrates und ist Verwaltungsleitung. Falls ich gewählt werde, wird die Selbstständigkeit für die Zeit der Bürgermeistertätigkeit ruhen. Werde ich nicht gewählt, geht es ganz normal weiter.

Das war die vorerst letzte Frage – es gibt aktuell keine weiteren. Es sei denn, Ihr tragt welche ein.


Vorweihnachtstätigkeiten | Ich habe drei Sorten Kekse gebacken und dabei keine Fotos gemacht. Ist es dann überhaupt passiert?

Außerdem: Baumschmückung. Nachdem in der Vergangenheit öfter die Lichterketten, die beim Einpacken elfeinhalb Monate zuvor noch funktionierten, auf magische Art und Weise kaputt gegangen waren, schmücke ich Bäume nur noch an Baumarktöffnungstagen. Aber alle Lichterketten waren diszipliniert eingepackt (//*anerkennendes Nicken in Richtung Reiseleiter), ungenuddelt und funktionierten.

Jetzt haben wir einen drei Meter großen Baum, in dem alles drinhängt, was wir haben.

Ich wünsche allen Besucherinnen und Besuchern des Kännchenblogs ein frohes, schönes, wildes, warmes, ruhiges und liebevolles Weihnachtsfest!


Schweine | Wissen nicht, dass morgen Heiligabend ist.

Meerschwein in der Stalltür, streckt die Schnauze hoch. Zwei andere Meerschweine im Hintergrund.

Tagesgeschäft | Ich gleite aus dem Arbeitsalltag heraus in meine Weihnachtspause. Es ist immer noch Dies und Das zu tun, Rechnungen schreiben, E-Mails beantworten, eine letzte Dokumentation verfassen, aber ohne Termindruck. Das ist sehr angenehm.

In dieser Woche habe ich mich vergleichweise viel mit meiner Bürgermeisterkandidatur befasst. Wir haben Social Media aufpoliert und SharePics erstellt, und ich habe gelernt, mit Canva umzugehen.

Falls Sie mich in meiner Bürgermeisterkandidatur unterstützen möchten, gibt es jetzt einen Paypal-Link, der das unkompliziert ermöglicht. Der Wahlkampf erfordert viel persönlichen Einsatz, ehrenamtliches Engagement von Leuten aus der Stadt – und auch Geld. Ich freue mich über jede Spende, die mich unterstützt. Ich setze sie für meinen Webauftritt ein, für Grafikleistungen (Plakate, Flyer, Share Pics für Social Media, Aufbereitung von Grafiken etc.), für den Kauf von Give Aways und für Unterstützung beim Betreiben von Instagram und Linked.In – und demnächst auch TikTok. Denn dorthin werde ich auch gehen, um dem blauen Ortsverband nicht das Feld zu überlassen.

Die Spende können Sie von der Steuer absetzen, denn sie geht nicht an mich direkt, sondern an eine der beiden Parteien, die mich unterstützen – genauer an den Ortsverband der Grünen in Haltern am See. Man muss zur Abwicklung seine Adresse angeben. Der Grund ist: Die Grünen haben es sich zur Pflicht gemacht haben, alle politischen Spender:innen im Zweifel transparent machen zu können.

Gestern war ich noch einmal in der Innenstadt unterwegs und habe Weihnachtsgrüße verteilt – bei fürchterlichem Wetter. Wir waren hinterher alle ganz durchgefroren.

Drei Frauen und ein Mann stehen in der Innenstadt von Haltern am See und halten Schoko-Weihnachtsmänner in die Kamera. Es regnet in Strömen.

Trotz des Wetters hat es sich gelohnt: Wir sind mehr als 300 Schokoweihnachtsmänner losgeworden, und es gab sogar einige Gespräche – obwohl die Umstände nicht dazu angetan waren, lange stehenzubleiben und zu plaudern.


Herausforderung | Zu Hause wartet das hier auf mich:

Zutaten für Dubai-Schokolade auf einem Küchentisch: Kadayafi, Pistaziencreme, Tahin und Schokolade

Die Kinder möchten unbedingt Dubai-Schokolade selbst machen. Als ich in Dortmund bei meiner Zahnärztin war, fuhr ich in den türkischen Supermarkt in meiner alten Hood (ein toller Supermarkt!) und kaufte die Zutaten. Der geschäftstüchtige Betreiber hatte alles, was man braucht, schon in einem Regal drappiert, sehr serviceorientiert.

Ich werde von dem Ergebnis berichten.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie kommen Sie zu der Ehre, im ‚Abspann‘ eines Buches von Saša Stanišić erwähnt zu werden?“

Dazu muss ich etwas ausholen, ungefähr 46 Jahre. Alles begann damit, dass ich 1978 in eine weitläufige Sauerländer Familie hineingeboren wurde. Meine Großmutter war das jüngste von neun Geschwistern. Als sie 1912 auf die Welt kam, war sie bereits Tante: Ihre älteste Schwester, die noch im 19. Jahrhundert geboren war, war schon Mutter. Die Generationen gehen bei uns also etwas durcheinander, und als ich jung war und die Alten alle noch lebten, habe ich angesichts der Fülle an Großtanten, Großcousins und -cousinen ständig den Überblick verloren. Inzwischen hat es sich ausgedünnt – aus demografischen Gründen, aber auch, weil die Verwandtschaft dann doch zu weitläufig ist und man den Kontakt verliert.

Was ist nun der Bogen zu Herrn Stanišić? In meiner Verwandtschaft erzählt man sich viele Geschichten. Jedesmal, wenn ich ins Sauerland komme, gibt es eine neue – oder eine alte, die sich neu erzählen lässt. Manche Geschichten sind nämlich wirklich gut, zum Beispiel die von dem Onkel, den man vor vielen Jahrzehnten auf der Rückbank eines Opel Astra heim transportierte. Man musste ihn mit einem Seil festzurren, denn er war tot. Aber diese Angelegenheit soll jetzt hier nicht Thema sein.

Ich lernte in meiner Kindheit einige der Großtanten kennen: alte, teils voluminöse Damen in Röcken und Wollmänteln, die sich ihre Haare mit Wasserwelle legen ließen und, wenn sie daheim waren, geblümte Hauskittel trugen. Meine zahlreichen Großonkel waren bis auf einen bereits verstorben: entweder an Krieg oder an Herzkreislauf. Deshalb gingen die Tanten regelmäßig auf den Friedhof; es war eine gesellige Sache.

Ich weiß nicht, wer die Sache aufbrachte, aber es war allgemein bekannt, dass es einen Unterschied macht, wie herum die Tanten auf dem Friedhof die Gießkanne trugen. Wer die Kanne mit dem Ausguss nach vorne trug, war wieder bereit für eine neue Liebe. Wer den Ausguss nach hinten trug, war noch in Trauer. So verständigte man sich mit potentiellen Interessenten, die hoffnungsvoll auf den Friedhofsbänken entlang des Weges saßen und auf Gelegenheiten warteten. Ich bloggte einmal darüber, es ist nun vierzehn Jahre her.

Vor etwas mehr als einem Jahr rief mich eine Journalistin an, die für Saša Stanišić recherchierte. Sie sagte, sie melde sich, weil ich mich offenbar mit Gießkannen auskenne, vor allem mit solchen, die von Witwen getragen werden. Ich bejahte nicht, aber verneinte auch nicht. Ich sagte, mein Wissen beschränke sich auf die Erzählungen an den Kaffeetafeln meiner Großmutter. Sie fragte, ob ich ganz genau sagen könne, wie der Ausguss getragen werden müsse, das sei wichtig für eine Buchrecherche. Ich sagte, dass ich mir nicht sicher sei, dass ich aber meinerseits recherchieren könne.

Ich rief meine Tante im Sauerland an, die mit dem Gießkannencode vertraut war. In Anbetracht der Notwendigkeit einer quasi gerichtsfesten Aussage, wurde sie unsicher und wollte sich nicht zu 100 Prozent festlegen, welche Richtung was bedeutet. Sie benannte eine Freundin meines Vater, die sich besser auskenne. Ich kontaktierte die Freundin meines Vaters, die einerseits erstaunt über meine seltsame Frage war, andererseits aber genau wusste, was welche Richtung bedeutet. Ich gab dieses Wissens an die Journalistin weiter, die sich vielmals bedankte und sagte, sie werde Belegexemplare schicken.

So erhielt ich einige Monate später drei Belegexemplare des Buches Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne. Zwei davon gab ich an Tante und Vaterfreundin weiter, eines behielt ich.

Das ist die Geschichte, warum ich im Abspann des Buches erwähnt werde.


Und sonst | Habemus Weihnachtsbaum.


Gesehen | Noch immer etwas malade, schaute ich viel eine vierteilige Dokureihe über Grönland. Wie unterschiedlich man doch leben kann auf dieser Erde – und wie einsam.

Gelesen | Journalistin Ann-Kathrin Büüsker über Flüssiggas, Energiekonzerte und Politik.


Schweine |  Keine besonderen Vorkommnisse.

Drei Meerschweine um eine Futterreuse herum: Eins liegt im Stroh und zerfließt wie ein Cmambert, eins guckt verpennt in die Kamera, der Dicke drängt sich gerade vor.

Zeitverrinnung | Wieder eine Woche um. Na sowas.


Siech | Von der letzten Dienstreise des Jahres kehrte ich malade zurück. Schon im Schwäbischen zeigten sich erste Symptome, nach meiner Rückkehr zeigte ein Infekt sein komplettes Leistungsportfolio: erst Husten, dann Rotz, dann noch mehr Husten, dann Stirnhöhlen, wilder Husten, jetzt Heiserkeit – ein bunter Strauß der Möglichkeiten! Ich verbrachte das Wochenende siechend auf dem Sofa und schaute die Hape-Kerkeling-Doku (großartig), Hape Kerkeling bei Inas Nacht (auch großartig), außerdem zahlreiche Adels-Fachfilme, die mich in ein leichtes, genesungsförderndes Delir versetzten.


Rückschau | Im Schwäbischen, wo ich arbeitete und nächtigte, war es, als hätte jemand die Zeit angehalten – just in dem Jahr im letzten Jahrtausend, als mein Großonkel, 1906 geboren, 80 wurde und die Familie auf ein Wochenende im Harz einlud. Die Anfahrt im Audi 100 in Tannenwaldgrün. Der Besuch eines Bergwerks. Die Damen im wadenlangen Bleistiftrock, die Oma mit Kopftuch. Das Hotelzimmer mit Sisaltapete und Cordsessel. Die Rezeption, eingelassen in eine holzvertäfelte Nische, führte direkt in die Schankstube. Die Abende in der Gastwirtschaft, die Luft zigarrenrauchschwanger. Das Schwimmbad, ein warmer Ort mit moorbraun gekachelten Wellen.


Danke | Vielen Dank an den:die unbekante Schenkende, die mir The Worst is Over: What To Say When Every Moments Counts von meiner Wunschliste hat zukommen lassen. Ich habe mich sehr gefreut!


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie halten Sie es mit Weihnachtsgeschenken in der Familie und mit Freunden?“

Wir beschenken uns. Dieses Weihnachten werden am ersten Feiertag alle zu uns kommen, es wird ein buntes Durcheinander sein: Kinder, Alte, Mittelalte, Eltern, Großeltern, eine Tante, ein Cousin, Freunde, Bekannte. Ich habe gesagt: Wir sind da, kommt einfach alle, kommt den ganzen Tag oder „nur mal kurz vorbei“. Es wird Kuchen auf dem Tisch stehen, später Suppe, es wird Limonade und Champagner geben, und wenn wir nichts mehr haben, haben wir immer noch Toastbrot mit Butter. Im Wohnzimmer wird ein Baum stehen, drei Meter hoch, und wir werden alles reinhängen, was wir haben. Für alle, die kommen werden und kommen könnten, habe ich ein Geschenk. Ich schenke nämlich sehr gern; etwas zu verschenken ist noch besser, als etwas geschenkt zu bekommen.


Ausklang | Das Jahr läuft aus, und es ist ausgesprochen annehmlich, dass sich die Geschwindigkeit seit meiner Rückkehr aus dem Schwäbischen rapide verlangsamt. Nicht nur ich bin krank, auch die Kundschaft. Termine werden abgesagt und verschoben. Andere Dinge sind plötzlich nicht mehr so wichtig: „Es genügt doch, wenn wir nächstes Jahr sprechen, oder?“ Allerorten Jahresendmüdigkeit. Mir ist es recht.

Heute verfolgte ich die Mission „Halsaufwärts Tippitoppi“: erst Bonusheft-Termin bei der Zahnärztin, dann Besuch bei der Friseurin. Ich bin nun anerkannt unkariös, frisch zurückgeschnitten und aufgeflauscht, bereit für Weihnachten.

Beine auf einem Zahnrztstuhl, davor das Tablett mit Zahnarztwerkzeug

Rührung | In den vergangenen Tagen erhielt ich eine schöne E-Mail von einer Blogleserin, aus der ich kurz zitieren möchte:

[…] ich wollte eigentlich schon nach „Und nu?“ kommentieren und schreiben, dass ich von all den Blogs, die ich gern lese, Ihren vielleicht am liebsten mag und das vor allem deshalb, weil er trotz allen Gründen, die dagegen sprechen, meist einen Grundoptimismus versprüht, den ich äußerst wohltuend finde. So ein wohliges Gefühl, das allerdings nicht in rein positiver Seligkeit endet, sondern durchaus anspricht, dass es ziemlich viele Dinge anzupacken gibt.

Das ist ein so wunderbares Kompliment! Genauso so möchte ich verstanden werden, genau das möchte ich mitteilen: Zuversicht. Lasst uns zuversichtlich bleiben, immer. Lasst uns gemeinsam traurig sein und uns dabei fröhliche Geschichten erzählen. Lasst uns freundlich sein, herzenswarm, hilfsbereit, zupackend.


Gelesen | Tell me everything von Elizabeth Strout, gekauft im Herbsturlaub in Den Haag. Es ist ein Lucy-Barton-Buch, in dem Lucy aber nur Nebenfigur ist. Im Mittelpunkt stehen ihr Nachbar und Spaziergefährte Bob Burgess und mit ihm das restliche Dorf, vor allem die alte Olive Kitteridge und Matt Beach, dessen Mutter tot in einem Teich gefunden wird. Es ist ein typischer Strout: ein Mosaik kleiner Geschichten und Begebenheiten, die sich zu einem Ganzen fügen, zusammengewoben von einem kleinen roten Faden. Diesmal gibt es sogar einen Kriminalfall. Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn es nicht das beste von Elizabeth Strout ist. Eine gute Unterhaltung.

Gelesen | „Ich habe den Beruf geliebt“ – über Bürgermeister im Burnout.


Schweine | Klare Körpersprache am Futternapf, so wichtig. Sonst könnte noch jemand auf die Idee kommen, sie seien satt.

Drei Meerschweine in der Stalltür. Das mittlere Schwein hat seine Pfote auf dem Futternapf abgestellt.

Wilde Zeiten | Wieder eine wilde Woche, diesmal anders. Immerhin ist die Sache mit dem abhanden Gekommenen nun weitgehend geregelt. Das ist erfreulich.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Bücher: Wenn Du sie ausgelesen hast, im Regal für immer aufbewahren? Wegschmeißen? Verschenken?“

Ich versuche, den Buchbestand im Hause klein zu halten, sonst würde die Sache bibliothekhafte Ausmaße annehmen und ich müsste über kurz oder lang weitere Räumlichkeiten anmieten, am besten Lagerhallen. Nur Bücher, die mich besonders bewegt haben und die ich noch einmal lesen würde, bleiben deshalb im Regal. Alle anderen Bücher, auch aktuelle Titel, wandern in den Bücherschrank im Stadtteil. Dort finden sie gute Abnahme; ich nehme mir auch oft Bücher heraus. Nur Bücher, von denen ich weiß, dass sie Verwandten oder Freunden gefallen würden, behalte ich noch Weile und gebe sie, sofern Interesse besteht, weiter.

Ältere Bücher habe ich auch schon weggeschmissen, besonders Fachbücher. Ein Lehrbuch von 1995 braucht nun wirklich niemand mehr. Die Forschung hat sich längst überholt.

Grundsätzlich habe ich auch einen Bücherei-Ausweis. Allerdings stolpere ich auf meinen Reisen über so viele Bücher, die mich interessieren, und bekomme Bücher geschenkt, dass ich meistens genug zu lesen habe.


Danke | In diesem Zusammenhang geht ein Dank an die Leserin, die mir dieses Buch von meinem Wunschzettel zukommen ließ. Ich habe mich sehr über die Überraschung gefreut!


Reisejahr 2024 | Auf Instagram flog mir heute ein „Du bist dran“-Mitmachdings in meine Storys: „6 places you travelled in 2024“, und ich dachte: „Nur sechs?“ Ich begann nachzusehen, wo ich in diesem Jahr Jahr überall war. Passenderweise saß ich im Zug und fuhr wieder irgendwohin.

In diesem Jahr übernachtete ich – in alphabetischer Reihenfolge – in Aarhus, Bad Essen, Berlin, Billund, Bonderup, Chemnitz, Damme, Den Haag, Dortmund, Duisburg, Ettlingen, Frankfurt, Grunbach, Hagen, Hamburg, Hannover, Herning, Humlum, Karlsruhe, Köln, Leipzig, Lingen, Nykøbing Mors, Schriesheim, Skagen, Teltow, Uggerby, Utrecht und Wuppertal. Orte, an denen ich beruflich war, besuchte ich auch mehrmals.

Kiosk mit der Überschrift "Reisebedarf". Das Rolladen ist heruntergelassen. Die Wände sind mit einem Mosaik-artigen, bunten Graffiti besprüht.

Die vergangenen drei Monate waren besonders reiseintensiv: Ich verbrachte 32 Nächte in 17 verschiedenen Hotelzimmern.

(Ich freue mich auf die nächste Woche, die Weihnachtstage und die Rauhnächte. Nur zu Hause sein, Kekse backen und Bücher lesen. Super.)

In die meisten Orte fuhr ich mit der Bahn oder mit dem Fahrrad. Folgerichtig habe ich mir von meinen Bahnbonus-Punkten jetzt Fahrradzubehör bestellt: eine neue Rahmentasche, um mein Telefonino am Rad zu befestigen. Die alte Halterung verrutscht nämlich immer. Es macht mich irre, sie nach jedem Huckel wieder zurückzurücken.


Winterradeln | Dass ich eine neue Handyhalterung benötige, bemerkte ich am vergangenen Wochenende. Da fuhr ich nämlich mit dem Fahrrad von Essen nach Recklinghausen – über schlechte Ruhrgebietsstraßen. Ich war in Essen mit Freundinnen verabredet, zu einem Frühstück, bei dem sich der Tisch bog. Wir hatten uns nämlich eine ganze Weile nicht gesehen und viel zu erzählen. Weil die Sonne schien, dachte ich mir, dass es eine gute Gelegenheit sei, mit dem Fahrrad zu fahren.

Ich fuhr also mit dem Zug nach Essen und mit dem Rad zurück. Das war frisch, aber ich hatte viel an: eine Fahrradhose, eine Strumpfhose und eine Wanderhose, zwei Paar Socken, ein T-Shirt, ein Thermoshirt, eine Softshell-Jacke und eine Weste, Mütze und Handschuhe. Ich war rund und flauschig.

An der Zeche Ewald in Herten gabelte ich den Reiseleiter auf, der mir entgegen gekommen war. Wir fuhren noch bis Recklinghausen. Dann ging die Sonne unter, die Temperaturen fielen schnell gen Null. Das war dann doch etwas unangenehm. Unsere Laune fiel auch, und wir stiegen für die letzten Kilometer in den Zug.

Fahrrad vor dem Förderturm der Zeche Ewald.

Natürlich sah ich total doof dabei aus – mit all den Klamotten, Mütze und Helm. Aber egal, es war eine schöne Tour.


Bürgermeisterin für Haltern am See | An den vergangenen beiden Wochenenden war ich als Bürgermeisterkandidatin im Einsatz: Auf dem Adventsmarkt in Flaesheim, ein Dorf in Haltern, habe ich gemeinsam mit anderen Menschen Glühwein für den guten Zweck verkauft – an einem Samstagabend. Das lief wie geschnitten Brot; ich kam nicht einmal dazu, auf die Uhr zu schauen. Die Spendensumme ist noch nicht offiziell, es müssen noch ein paar Auslagen beglichen werden. Aber so wie ich hörte, ist ordentlich etwas dabei rumgekommen. Der Erlös geht an den Sportverein im Dorf, an die DKMS und ans Klara-Hospiz in Marl.

(Ich bin ja schon ewig als potentielle Stammzellenspenderin regististriert – allerdings über die Stefan-Morsch-Stiftung, bestimmt 25 Jahre. Als ich im Abitur war, gab es in meinem Geburtsort eine Typisierungsaktion. Ich rechne fest damit, dass irgendwann mal der Anruf kommt.)

An diesem Samstag war ich in der Halterner Innenstadt unterwegs, habe Schokoweihnachtsmänner verteilt und mich mit zahlreichen Menschen unterhalten. Alle waren ausnehmend freundlich, als ich mich als Bürgermeisterkandidatin vorstellte. Ich habe viel mitgenommen. Was den Leuten besonders am Herzen liegt: Entscheidungen auf Augenhöhe, mit Einbezug der Menschen in der Stadt. Das trifft sich gut. So arbeite ich auch in den Projekten und Prozessen, für die ich als Unternehmensberaterin geholt werde – weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist, über Menschen hinweg zu agieren. Vor allem, wenn sie sich in der konkreten Sache besser auskennen als ich. Gleichzeitig muss man das natürlich strukturiert tun, nach klaren, transparenten Abläufen, sonst verfranst man sich.


Und sonst | Zwei ausnehmend schöne Weihnachtsfeiern, Wichtelgeschenke, die Lichterfahrt der Trecker, Kürbis-Ravioli mit Wirsing und Nikolausmarkt mit 10er-Waffeln am Abiball-Finanzierungsstand. Außerdem: eine Tanzparty.

Die Tanzparty war eine Party zum 50sten Geburtstag und folgte einem strengen Zeitregime: 18 bis 19:30 Buffet. Danach Tische raus- und Tanzfläche freiräumen. 19:30 bis 21:30 Uhr wilder Tanz. Dann Tische wieder reinräumen. 21:30 bis 22:30 Uhr Kaffee und Kuchen. Um 22:30 Uhr spielte der DJ „Gute Nacht, Freunde“, die Party war zu Ende und alle gingen nach Hause. Die Gastgeberin erklärte das so: „Ich wollte gerne Geburtstag feiern und tanzen. Aber ich werde auch so schnell müde. Also habe ich eine Tanzparty nach meinen Regeln geplant.“

Ich fühlte mich exrem abgeholt von dem Konzept.


Gehört | Tilo Jung interviewt den Ex-Volkswagen-CEO Herbert Diess – 3 Stunden 45 Minuten. Das Interview ist insofern gut, als dass ich Herbert Diess abwechselnd sympathisch und unsympathisch in seinen Positionen finde – und Tilo Jung abwechselnd gut und schlecht in seiner Interviewführung, wobei es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Aspekten gibt. In jedem Fall hörenswert.


Schweine | Frostschweine.

Schweine in der Stalltür, im Vordergrund Raureif.

Morgen und Abend | Meine Nacht endete um 4 Uhr. Die Zimmernachbarn hatten Jetlag und nutzten den Morgen für lebhafte Gespräche. Ein intensives Erlebnis. Ich rang mit mir: aufstehen und Ohropax aus dem Bad holen oder liegenbleiben und mich in Gleichmut üben? Über diesen Zwiespalt schlief ich nochmal ein.

Auf dem Weg zum Kunden hielt ich an einem französischen Café und gönnte mir zwanzig Minuten mit einem Milchkaffee. Das war gut.

Eine Tasse mit Milchkaffee vor einem Mini-Tannenbaum.

Nach dem Tag beim Kunden wechselte ich von Köln noch Duisburg. Das Hotel entschädigt für die Erlebnisse des Vortags. Es ist nicht nur zwanzig Euro preiswerter. Es hat richtige Wände, eine Heizung im Bad und eine andere im Zimmer, es hat einen Fernseher, der Programme empfängt, intakte Möbel und mehr als eine Kernseife in der Dusche. Fantastisch.

Ich spüre schon jetzt, wie gut ich schlafen werde.


Chronik | Eintrag in die Chronik maroder Infrastruktur: Die Fahrt mit dem Auto von Köln nach Duisburg, 65 Kilometer, dauerte 1 Stunde 45 Minuten.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Und nu?“

Eine philosophische Frage mit einem festen Glauben an die Zukunft: Wer „Und nu?“ fragt, rechnet grundsätzlich damit, dass es weitergeht. Dazu die Nonchalance, dieser Zukunft nicht die volle Anzahl von Buchstaben zu gönnen. Daraus spricht Leichtigkeit.

Irgendwie geht es immer weiter, auch wenn Regierungen zerfallen, der Friseurbesuch misslingt oder wenn ein Soziopath Präsident wird. Wenn wir Fehler machen, wenn wir den Job verlieren oder wenn wir eine falsche Entscheidung treffen – die Dinge fügen sich und rücken sich zurecht. Man muss sie manchmal ein bisschen drücken und ziehen natürlich. Das geht nicht immer von allein.

Und nu? Ich weiß es nicht. Wer kann das schon wissen? Einfach mal losgehen und schauen, was hinter der nächsten Kurve kommt. Was ist das Schlimmste, das passieren kann, die größte Katastrophe? Sehen Sie: So tragisch ist es nicht. Es wird schon werden. Sollten Sie unsicher sein, ob der richtige Zeitpunkt ist, helfen ein warmes Federbett, ein gutes Buch und ein Kakao. Und: Abwarten. Eines der generischen Prinzipien der Veränderung ist: Kairos. Das meint: Passung in der Zeit. Irgendwann werden Sie spüren, dass es an der Zeit ist. Sie werden die nötige Energie haben. Oder Anklang finden mit Ihren Ideen. Nur grad nicht jetzt. Warten Sie und seien Sie wachsam für den Moment im Innen und Außen.

Machen Sie sich ein Geschenk. Schenken Sie sich Unbekümmertheit. Das meint nicht: Leichtsinn. Oder Achtlosigkeit. Es meint, dass wir dem, was Gutes kommen kann, mehr Aufmerksamkeit schenken als dem, was Schlechtes passieren könnte, und auch dem, was wir loslassen.

Und nu? Glauben Sie nicht alles, was Sie denken. Vor allem nachts.


Gelesen | Das kleinste gemeinsame Vielfache von Pirkko Saisio, aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. Die Ich-Erzählerin folgt Erinnerungen an ihre Kindheit in einem finnischen Arbeiterviertel in den 50er Jahren. Ein stimmungsvolles Bild – gleichzeitig gibt es keine zusammenhängende Handlung. Sie hätte dem Buch gut getan.


Schweine | Das Pionierschwein: ein Entdeckerschwein, furchtlos und neugierig. Ein Schnellmerker, das Schwein mit der steilsten Lernkurve.

Ssssssssssssss | Ich möchte zu Protokoll geben, dass Ende November ist, und ich heute Nacht um 2 Uhr von Mücken geweckt wurde, die um meinen Kopf sirrten und mich erbarmungslos niederstachen.


Hotelerlebnis | Während ich das hier schreibe, sitze ich in einem außerordentlichen Hotel in der Kölner Innenstadt.

Wenn ich die Klospülung in meinem Bad drücke, fällt der Deckel des Spülkastens ab. Eben habe ich fast den Schreibtisch umgetreten, weil das Tischbein nicht fest war; ich habe es wieder hingerückt. Die Heizung heizt Zimmer und Bad zugleich.

Eine Heizung, die durch eine offene Tür geht

Im Nebenzimmer wohnt eine asiatische Familie – ich traf sie an der Rezeption und folgte ihnen bis ans Ende des Ganges. Die Familie ist wortgewaltig und diskussionsstark und liebt Musik. Die Wände sind aus Rigips. Es ist, als sei ich mittendrin.

Über mir wohnt ein Bison. Wenn es durchs Zimmer läuft, setzt mein Deckenlampe aus.

Der Fernseher empfängt genau einen Sender: DMAX. Ich schaue „Steel Buddies – Stahlharte Geschäfte“. Es geht um „echte Typen in ölverschmierten Overalls“. Unter meinem flackerndem Deckenlicht schraubt ein markanter Mann an Militärfahrzeugen. Nebenan wird nun Karaoke gesungen.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Sie wollten mal über einen Workshop im Krankenhaus berichten. Ich warte immer noch sehr gespannt.“ In einem Krankehaus war ich nicht. Aber ich habe mit Pflegekräften gearbeitet, die in Pflegeeinrichtungen, in der Tagespflege und in der ambulanten Pflege tätig sind. Vielleicht ist das gemeint? Ich verfolge den Gedanken mal weiter.

Der Auftraggeber hat seinerzeit ein Seminar zum Thema „Zeitmanagement“ angefragt. Zielgruppe: Pflegekräfte. Ich fragte, ob das zielführend sei, denn in Bezug auf das Stressempfinden von Pflegekräften scheint mir das individuelle Zeitmanagement eine eher untergeordnete Rolle zu spielen – im Gegensatz zu den Arbeits- und Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems. Ich gestalte Zeitmanagement-Seminaren jedoch immer so, dass ich kaum Zeitmanagement-Techniken behandle; die kann man in jeder Frauenzeitschaft nachlesen. Stattdessen beschäftige ich mich mit Selbstführung, also der bewussten Steuerung des eigenen Denkens, der eigenen Gefühle und des eigenen Handelns. Eien gute Selbstführung ist Voraussetzung dafür, dass ich gut für mich sorge und – trotz aller Widrigkeiten, die mir im Leben begegnen – das Gefühl von Selbstwirksamkeit habe. Das besprach ich mit dem Auftraggeber; unter diesem Gesichtspunkt nahm ich den Auftrag an.

Zunächst einmal war es hilfreich und heilsam für die Teilmehmer:innen, dass jemand von außen ihnen spiegelt, dass ihr Stress nicht auf persönliches Versagen fußt. Vielmehr war es wichtig zu würdigen: Das, was ihr empfindet, ist nachvollziehbar. Ihr seid nicht falsch.

Dann haben wir darauf geschaut, welche Aspekte des Berufslebens (und zum Teil auch des Privatlebens, beides bedingt sich oft) die Teilnehmer:innen unter Kontrolle haben – über die sie also komplett selbst entscheiden können. Wir schauten auch auf die Dinge, die sie zwar nicht selbst entscheiden können, auf die sie aber Einfluss haben. Und wir schauten auf das, was außerhalb ihres Einflussbereichs liegt.

Für alles, was außerhalb des Einflussbereichs liegt, gibt es drei Möglichkeiten: sich damit arrangieren, das System verlassen oder nochmal überprüfen, ob man nicht doch Einfluss hat. Alles, das man unter Kontrolle hat, sollte man anpacken. Bei Aspekten, auf die man Einfluss hat, kann man versuchen, (neue) Wege zu gehen, um diesen Einfluss auszuüben.

Kontrolle und Einfluss habe ich nicht nur auf Dinge im Außen, also zum Beispiel auf die Gestaltung des Dienstplans, sondern auch auf mein Inneres, also meine Gedanken und Emotionen. Wir alle haben innere Antreiber. Das sind verinnerlichte Verhaltensweisen und Gewohnheiten, auf die wir im Leben zurückgreifen. Diese inneren Antreiber spiegeln sich in landläufigen Begriffen wie „Helfersyndrom“, „Perfektionismus“, „Konfliktscheue“ und so weiter – ich lasse die Bezeichnungen mal so stehen, auch wenn sie unterkomplex sind. Dahinter stecken Denk- und Handlungsmuster. Diese Muster sind weder falsch oder verurteilenswert. Denn die Eigenschaft, gerne Menschen zu helfen, oder der Anspruch, Arbeit ordentlich und fehlerfrei erledigen zu wollen, ist ausgesprochen positiv. Erst, wenn die Ausprägung zu Lasten der eigenen Gesundheit geht, wird es kritisch. Vor diesem Hintergrund habe ich mit den Pflegekräften über ihre Denk- und Handlungsmuster gesprochen. Darüber, wie diese Verhaltensweisen sich herausgebildet haben, wann sie hilfreich sind und wo es Kipppunkte gibt. Die Teilnehmer:innen haben Ansätze gefunden, ihre Verhaltensmuster zu hinterfragen und sich besser abzugrenzen.

Letzter Aspekt, dann endet dieser Absatz: Dilemma. Wenn Pflegekräfte Versuche unternehmen, sich abzugrenzen, laufen sie oft in ein Dilemma. Wenn eine Pflegekraft gefragt wird, ob sie kurzfristig einspringen kann, weil wieder mal eine Kollegin ausgefallen ist, kann sie nicht gewinnen. Entweder grenzt sie sich ab, dann leidet möglicherweise das Patientenwohl und eine andere Kollegin (die unter Umständen noch schlechter dran ist) muss in den sauren Apfel beißen. Oder die betroffene Person gibt nach und springt ein – dann leidet ihr eigenes Wohl, ihre Partnerschaft, ihr Familienleben und so weiter. Wir haben diese Dilemmata sichtbar gemacht und darüber gesprochen, welche Möglichkeiten es in diesem Dilemmageflecht gibt, für sich zu sorgen – wohl wissend, dass es keine perfekten Lösung gibt.


Bürgermeister-Kandidatin | Am Wochenende habe ich etwas über den kommunalen Haushalt gelernt, wie er aufgebaut ist, welchen Prinzipien er folgt und welche Steuerungsmöglichkeit es auch bei klammen Kassen gibt. Sehr interessant!

Bildschirm mit Grafiken und Folien

Chronistenpflicht | Für die Chronik reiche ich noch ein paar Bilder aus Berlin nach.

Das Hotel hatte einen Hotelkater. Das gefiel mir gut. In der Torstraße begegnete ich einer italienischen Buchhandlung. Das war fatal: Ich musste zwei Bücher kaufen. Woanders aß ich Piroggi, während laut polnisches Radio lief. Es war köstlich, ich wurde sehr satt. Und mitten in der Stadt standen Palmen.

Amm Freitagabend fuhr ich aus Berlin zurüch: 18:06 Uhr ab Hauptbahnhof, Ankunft in Haltern am See um 22:43 Uhr. Ich war sogar ein paar Minuten eher da. Alles klappte reibungslos. Umstieg in Münster am späten Abend:

Münster Hauptbahnhof: Blick von einem Gleis zum anderen, parallele Linien. Der Bahnsteig ist leer.

Broterwerb | Es ist neine vorletzte Fremdübernachtungswoche in diesem Jahr. Ich bin in Nordrhein-Westfalen unterwegs, moderiere ein Bereichsmeeting, einen Teamworkshop und gebe ein Agilitätstraining. Danach fahre ich nur noch einmal auf Geschäftsreise. Es geht runter nach Baden-Württemberg für das zweite Modul eines Führungskräftetrainings. Es wird um Konflikte und schwierige Gesprächspartner gehen – und ums Führen durch Veränderung.

Seit zwei Wochen trudeln auch schon Beauftragungen fürs neue Jahr ein, dazu Anfragen von Bestands- und von Neukunden, die ihre Aktivitäten im Februar, März und April planen. Es ist ein gutes Gefühl, tolle Kunden und ein gutes Angebot zu haben und sich nicht sorgen zu müssen. Parallel plane ich natürlich Zeit für meine Bürgermeisterkandidatur ein. Im Hintergrund laufen Termine und Vorbereitungen mit meinem Wahlkampfteam und weiteren Menschen. Sobald es Neues zu erzählen gibt, teile ich es hier.


Und sonst | Ausflug mit Kindern und Reiseleiter in den Wildpark. Wir haben ein Tipi gebaut.

Anschließend gab es Pommes und Crêpes auf dem Adventsmarkt. Das war prima.


Schweine |  Die Schweine leben weiter draußen im Garten. Sie kuscheln sich in ihren Stall und in ihre Häuschen. Nachmittags gehen sie spazieren – es sei denn, es regnet. Ansonsten, das soll ich hier ausrichten, leiden sie schrecklich. Nur zweimal am Tag bekommen sie Gemüse (lächerliche Napfgröße), es gibt unbegrenzte Mengen an Heu, und die Versorgung mit Erbsenringen und Knusperkugeln ist absurd mickrig. Das Leid in einem Bild:

Chronistenpflicht | Es hat geschneit, das erste Mal in diesem Herbstwinter. Es gibt keine fotografische Dokumentation; ich hatte Pflichten und konnte keine Aufnahme machen, so wie es angebracht gewesen wäre.

Dafür stand ich heute am Bahnsteig, wartete auf den Regionalexpress, der sich Zeit ließ („Verspätung eines vorausfahrenden Zuges“), und ein eisiger Wind kroch durch die Nähte meiner Jacke bis in mein Innerstes. Darauf bin ich noch nicht eingerichtet.


Überraschung | Der letzte Blogeintrag ist bereits zwölf Tage her. Dieser Umstand findet seine Ursache in anderen Umständen, die ich hier nicht ausführen möchte. Nichts Schlimmes, es ist niemand zu Schaden gekommen, es ist lediglich etwas abhanden gekommen, genau genommen: jemand. Ich musste mich kundig machen, wie man in einem solchen Fall vorgeht, formale Schritte und so weiter. Dann musste Einiges koordiniert werden, und jetzt befinden wir uns – im Projektmanagement würde man sagen: in der Hypercare-Phase. Wir segeln das Schiff in den Hafen, und dann ist wieder alles geregelt.

Das alles neben dem normalen Alltag, neben Berufstätigkeit und Diesdas. Sie kennen das sicherlich: Seltsame Überraschungen kommen immer in Momenten, in denen man auch ohne sie schon keine Langeweile hat.


Unterwegs mit der Reisewärmflasche | Ich stand heute am Bahnsteig, weil ich mal wieder unterwegs bin. Ich bin für zwei Tage in Berlin, moderiere die Abteilungsklausur eines Verbandes und treffe Menschen. Die Bahnfahrt war kommod: Ein voll funktionstüchtiger, wohl temperierter Intercity fuhr mich pünktlich in die Hauptstadt. Ich gelangte frühzeitig ins Hotel, konnte entspannt einen Coaching-Termin durchführen und lehne mich nun in dicke Kissen zurück.

Zmmer in barockem Stil mit Kronleuchter und Ölschinken an den Wänden.

(Meine Mütze passt zu den Brokatkissen.)

Bei der Buchung sah ich, dass das Hotel unterschiedliche Betten hat – mit und ohne Fußteil. Ich bat das Hotel um ein Bett ohne Fußteil, damit meine Füße nicht unten anstoßen und mich in fortwährende Embryonalstellung zwingen. Große Menschen wissen, was ich meine. Ich mag es sehr, wenn solche Dinge klappen. Für das Hotel spricht auch, dass es rund um die Uhr kostenlosen Kaffee, selbst gebackene Kekse und einen Wasserkocher für meine Reisewärmflasche gibt. Und es ist nicht mal besonders teuer!


Vielfalt erleben | Am vergangenen Wochenende hatte ich die Ehre, gemeinsam mit meinem Serviceclub Agora Club Tangent das nationale Halbjahresmeeting durchführen. Menschen aus ganz Deutschland – vor allem Frauen, aber auch Männer – kamen nach Dortmund. Ich hatte die Aufgabe, eine Stadtführung zu organisieren.

Weil das Jahresmotto des Clubs „Celebrate Diversity!“ ist, Vielfalt feiern, entschloss ich mich, keine 08/15-Führung zu organisieren, sondern Annette von den Borsigplatz-Verführungen anzufragen. Sie organisiert Spaziergänge durch die Dortmunder Nordstadt, ein Viertel nördlich des Hauptbahnhofs, in dem 158 Nationen leben – mit allen Problemen, die das mit sich bringt, aber auch mit allen Freuden. Annette konzentriert sich auf die Freuden.

Ich buchte die Führung „Glaubensvielfalt am Borsigplatz“. Wir besuchten die evangelische Lutherkirche und das studio41, ein junges, interkulturelles Kirchenprojekt, das ausdrücklich offen ist für queere Menschen, People of Colour, Menschen mit unterschiedlichen Prägungen und Hintergründen. Allein das Kirchengebäude ist schon großartig: ein Haus im Haus, ein Stahlgebäude in einer Kirche, deren Buntglasfenster durch Klarglas ersetzt wurden und deren Gottesdienste seither auf einer Empore stattfinden, ohne Kirchenbänke, dafür mit Sofas und einer Musik-Band. Zum Abschluss gibt es gemeinsames Pizza-Essen, ein unschlagbares Argument und ein Markenzeichen im Viertel.

Wir besuchten auch die russisch-orthodoxe Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit, das genaue Gegenteil des offenen, vielfältigen Konzepts nebenan: Ein Ort der strengen Traditionen, aber auch ein Ort, in dem viele Menschen – sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine – eine Heimat finden. Die nächsten russisch-orthodoxen Kirchen sind in Bochum, Wuppertal und im Sauerland; die Gemeinde hat ein großes Einzugsgebiet. Zum orthodoxen Osterfest kommen hunderte von Menschen.

Die Gruppe in der russisch-orthodoxen Kirche

Anschließend zogen wir weiter zur Kocatepe-Moschee. Dort empfing uns ein Moschee-Lotse und zeigte uns erstmal, wie man richtig die Schuhe auszieht, wenn man eine Moschee betritt – so, dass die Straßenschuhe nicht den Moscheeteppich berühren, aber auch so, dass wir mit den Socken nicht auf dem Straßenteppich stehen. Dann lernten wir etwas über Gebeszeiten, über das Leben in der Gemeinde, über Männer und Frauen im Islam und in der Moschee und über Imame. Am spannendsten war es allerdings, die Atmosphäre zu spüren, besonders während und nach dem Gebet. Die war sehr warmherzig: ein stetes Kommen und Gehen, vertraute Erwachsene und umherlaufende, herumalbernde Kinder, dazu eine Teestube mit Kiosk. Ich habe verstanden, warum sich Muslime in der Gemeinde gut aufgehoben fühlen.

Auch Gläubige, die nichts mit unserer Gruppe zu tun hatten, haben sich aufrichtig gefreut, dass wir zu Gast waren. Nach Führung und Gebet haben sie uns zum Tee eingeladen und wir haben noch eine Weile geplaudert. Eine super Sache.

Einmal im Jahr wird in der Nordstadt übrigens Fußball gespielt, Anstoß zum Dialog, interkonfessionelles Bolzen: Christen gegen Muslime mit einem jüdischen Schiedsrichter. Juden gegen Muslime mit einem christlichen Schiedrichter. Christen gegen Juden mit einem muslimischen Schiedsrichter. Insgesamt neun Mannschaften, dazu der 1. FC Dialog, ein Team aus Pfarrern und Imamen.


Gelesen | Claire Lombardo: Same as it ever was. Die Geschichte von Julia, die ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter hat und bereits seit mehr als zwanzig Jahren selbst Mutter ist. Als ihr Sohn Ben sie mit der Nachricht schockiert, dass er Vater wird, und als auch ihre Tochter das Haus verlässt, beginnt für Julia eine Auseinandersetzung mit ihrer Ehe, mit dem Muttersein und mit ihrer eigenen Kindheit.

Als ich das Buch zu Ende gelesen habe, stellte sich bei mir das Gefühl von „Puuh, geschafft!“ ein. Das war möglicherweise nicht unpassend, denn die Lektüre war zwischendurch genauso quälend wie die Gefühlswelt der Protagonistin, die sich emotional fortwährend selbst im Weg steht. Insofern ein gutes Buch (auf der einen Seite), aber auch ein zähes und anstrengendes (auf der anderen).


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Dürfen wir etwas Näheres erfahren über die Folgen der Unterschrift, die kürzlich geleistet wurde?“

Ich habe eine Wohnung gekauft, in die mein Vater eingezogen ist. Für mich ein Teil meiner Altersvorsorge als Selbstständige, für meinen Vater eine gute Perspektive. Denn in den Monaten vor dem Kauf hat sich gezeigt, dass es nicht einfach ist, für einen 75-Jährigen eine Mietwohnung zu finden, die den Erfordernissen des Alters entspricht: eine Wohnung, die im Erdgeschoss liegt oder einen Aufzug hat, die kein Wannenbad hat, sondern möglichst barrierearm ist, die alle erforderliche Infrastruktur in fußläufiger Nähe hat und zudem gut an den ÖPNV angebunden ist. Statt Miete gab es eine gute Kaufgelegenheit. Die habe ich genutzt.

Die Folgen der Unterschrift ist nun, dass ich zwei Mietwohnungen besitze und entsprechend zweimal Verpflichtungen habe, dass ich zwei Hausversammlungen besuchen und zweimal Nebenkostenabrechnung machen muss – und dass ich koordiniere, wenn es etwas zu tun gibt. Die Folge ist aber auch, dass ich, wenn alles abbezahlt ist, nicht mehr ganz blank dastehe, was die Altersvorsorge angeht. Parallel spare ich in ETFs. Diese Konstellation macht ein okayes Gefühl; so richtig sicher werde ich mich wohl nie fühlen, was das Alter angeht.

(Es sei denn, es findet sich bis dahin noch ein solventer, aktuell unbekannter Erbonkel. //*fingerscrossed)

Sollte ich zur Bürgermeisterin gewählt werden, würde sich am Thema Altervorsorge übrigens erstmal nichts ändern: Bürgermeister und Bürgermeisterinnen müssen in der ersten Amtszeit selbst Altersvorsorge betreiben und sich selbst krankenversichern. Für sogenannte kommunale Wahlbeamte findet keine Einzahlung in die Rentenkasse statt, und sie haben keine Pensionsansprüche. Die kommen erst mit der zweiten Amtszeit.


Termine in Haltern | Von Nikolausmarkt bis Neujahrsschwimmen: Termine für alle, die mich als Bürgermeisterkandidatin treffen möchten.


Neue Qualifikation | Zertifikat!


Und sonst | Herbstspaziergang.


Schweine | Die Schweine haben einen neuen Aufgang in ihre Schweinevilla. Der alte war witterungsbedingt marode. Die Neuinstallation ist länger und deshalb flacher. Die Schweine sind beglückt: endlich nicht mehr diese unmenschliche Anstrengung, um ins Haus zu kommen.

Zwei Schweine, eins im Stall, eins davor.

Weltgeschehen | Die nationalen und internationalen Ereignisse erreichen mich aktuell in Hotelzimmern. Die Wahl Trumps verfolgte ich in einem Gasthof im Schwäbischen: Im Morgenmagazin verkündete man erste Ahnungen, in den Abendnachrichten war es gewiss.

Im gleichen Atemzug, auf einem anderen Spielfeld, implodierte unsere Regierung. Ich saß noch im selben Gasthof, verdrückte gerade eine Sushi-Box und gruselte mich bei Aktenzeichen XY, als das Programm abbrach und man verkündete, dass nun Schluss sei mit der Ampel. Vor mir auf dem Hotelschreibtisch standen Sojasoße, Ingwer und Wasabi, und während ich mir Makis reinschob, sprach mein Bundeskanzler zu mir. Der Mann, dessen Amplitude sonst so flach ist wie das Steinhuder Meer, wirkte sogar emotional.

Am Abend fuhr ich aus dem Schwäbischen nach Frankfurt, ins Intercity Hotel am Hauptbahnhof. Ich wurde gewahr, dass der Bundespräsident schon alle FDP-Minister’innen hat. Auf ihren Sesseln sitzen nun andere Leute, manches wurde umsortiert. Ich lag im Bett und verfolgte die Sondersendungen. Menschen sprachen in Mikrofone. Sie waren alle leicht überdreht und machten sich gegenseitig Vorwürfe. Ich war früh aufgestanden und schlief über ihren Redefluss ein; meine Bettdecke war groß und schwer.

Nun ist Freitag, und ich frage mich, was passiert, wenn ich morgen ins Campus Hotel nach Hagen wechsle.


Broterwerb | Der Grund, warum ich durch Hotels tingele: ein Führungskräftetraining östlich von Stuttgart, die Moderation einer Tagung in Frankfurt und der Abschluss meiner Weiterbildung an der Fernuni Hagen. Am Dienstag begann ich im Süden und arbeite mich nun nach Norden vor, bis ich am Sonntagnachmittag wieder nach Hause fahre. Der November ist traditionell ein arbeitsreicher Monat: Fast niemand hat Urlaub, alle sind in den Unternehmen. Vor dem Ende des Jahres möchten meine Kunden noch Vorhaben anschieben, Themen vom Tisch kriegen, sich nochmal sehen und Dinge neu miteinander vereinbaren.


Bahnabenteuer | Die Fahrten mache ich alle mit der Bahn, mit dem Auto ist es mir zu anstrengend. Zuvor habe ich meine Buchungstaktik verändert: Lange Zeit habe ich immer Sparpreis mit großzügigen Umstiegszeiten gebucht, damit die Verbindung möglichst klappt. Das tat sie manchmal, manchmal nicht. Inzwischen buche ich nur noch Bahnverbindungen mit knappen Umstiegszeiten: fünf Minuten in Mannheim, sechs Minuten in Stuttgart – hanebüchene Anschlüsse. Es läuft dann alles, wie es laufen soll: Schon drei Stunden vor Fahrtantritt weiß die Deutsche Bahn, dass ich meinen Anschluss nicht erreichen werde (ach was). Die Zugbindung entfällt: Ich kann nehmen, was kommt – und kann fahren, wann ich will.

„Be water, my friend“, sagte einst der große Philosoph Bruce Lee, und so begegne ich Unzuverlässigkeit mit Unplanbarkeit, bekomme Flexleistung zum Supersparpreis und bin oft sogar früher am Ziel.

(Der Reiseleiter kam diese Woche übrigens nur schwer von der Arbeit nach Hause, weil Betonteile von einer Brücke abfielen und auf die darunter liegende Bahnstrecke bröselten. Deutschland löst sich auf.)


Reiseimpressionen | Bilder von unterwegs.


Gelesen | Die Soziologin Arlie Russell Hochschild hat über Stolz und Scham bei weißen, armen Trump-Wählern geforscht – und liefert die schlüssigste Erkärung für das Wahlverhalten, die ich bislang gelesen habe [€]. Hochschild sagt, es gehe den Menschen nicht nur um ihre wirtschaftliche Situation, sondern vielmehr um den Gefühlsrahmen, in dem sie diese Situation erleben: Es gehe um Stolz und um Scham.

Die Einwohner von Pikeville haben eine sehr stolze Kultur: ländlich, männerdominiert, selbstversorgend, mit einem starken Hang zum Individualismus. Es ist der alte amerikanische Traum: Wenn du ein gutes Gehalt bekommst und deine Familie versorgen kannst, bist du stolz auf dich. Aber wenn das Kohleunternehmen dich entlässt und du dich abmühst, einen gleichwertigen Job zu finden, gibst du dir selbst die Schuld und schämst dich. 

Die Forscherin hat einen Zusammenhang festgestellt zwischen der Wirtschaftskraft einer Gegend und der Art und Weise, wie die Menschen fühlen: In den Gegenden, denen es wirtschaftlich schlecht geht, leben zugleich die Menschen, die am stärksten dazu neigen, sich selbst die Schuld für ihre Armut zu geben und sich zu schämen. Donald Trumpf spürt dieses Schamgefühl auf und verwandelt es in Schuldzuweisungen in Richtung der Demokraten, der Klimaschützer, der Zuwanderer, der Wirtschaftsbosse – weg von den Menschen.

Mit Blick auf die Jahre 2016 bis 2020, die Zeit von Trumps erster Präsidentschaft, erzählte mir ein Mann: In diesem Distrikt hat uns Trump wirtschaftlich nichts gebracht. Er sagte, die Kohlejobs würden zurückkehren. Sie sind nicht zurückgekommen. Er versprach uns großartige neue Jobs. Sie kamen nicht. Er gab uns Steuersenkungen, aber die nützen uns nichts. Wir sind arm, wir zahlen sowieso keine Steuern. Was hat er uns also gegeben? Stolz. Er hat uns wirtschaftlich nichts gebracht, aber wir fühlen uns wieder stolz – und unterstützt. Er hat uns von der Scham befreit und die Schuld auf jemand anderem abgeladen, sodass wir uns besser fühlen.

Ich sehe hier durchaus denselben Mechanismus in Bezug auf rechte und konservative Politik. Und es ist ja auch etwas dran: Wir sind als Gesellschaft lange nicht gut umgegangen mit unseren Handwerkern, mit Pflegekräften, Kraftfahrern, den Menschen im Einzelhandel … – der Fokus hat sich in Richtung Abitur und Studium verlagert. Auch jetzt geben wir vielen Menschen ein Gefühl von Abwertung, indem wir sagen: „Den Job macht zukünftig eine KI.“ Auch wir haben Luft nach oben in Sachen Wertschätzung.


Beeindruckend | Ich habe mir diese Woche ein Wellpappenwerk angeguckt. Wahnsinn, die Präzision in der Fertigung, das Wissen der Leute und die Intelligenz, die in den Prozessen steckt. Industrieproduktion ist schon sehr beeindruckend.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Gibt es schon ein neues Buchprojekt?“ Die Frage ist schnell beantwortet: Nein. Ich habe zwei Ideen, auf die ich große Lust hätte. Noch größere Lust habe ich allerdings, Bürgermeisterin zu werden und in meiner Stadt etwas zu bewegen. Deshalb liegt mein Autorinnendasein auf Eis.


Gelesen | Faktencheck: Politiker-Aussagen zum Bürgergeld – und was dahinter steckt

Gelesen | Ich habe den Mitbestimmungsnewsletter der Hans-Böckler-Stiftung abonniert. Im aktuellen Newsletter war ein interessanter Artikel: Die Telekom AG hat den Betriebsräte-Preis gewonnen, weil sie für 15.000 Beschäftigte ihr Schichtmodell verbessert hat. In Konzeption und Umsetzung aufwändig – aber sicherlich sehr wirksam, jetzt, wo es einmal steht. Mich würden Kennzahlen zu Krankenstand, Mitarbeiterfluktuation und aus dem Recruiting interessieren, um zu sehen, ob es signifikante Unterschiede zwischen den Zeiten vor dem neuen Modell und jetzt gibt (ich vermute es).


Schweine | Archivschweine aufgrund von Reisetätigkeit.

Schwein 1 steigt in den Stall ein, Schwein 2 sitzt drin.

Bürgermeisterkandidatur | Am Wochenende gab’s Berichterstattung zum Frühstück.

Eine Tasse Milchkaffe und ein Zeitungsartikel mit der Überschrift: Bürgerneisterkandidantin (sic): Giese will Stegemann ablösen" mit Bild von Vanessa mit den Vorsitzenden von Grünen und SPD, Stefanie Gärtner und Daniel Wohlsdorf

Bislang habe ich viel positiven Zuspruch erhalten. In der örtlichen Facebook-Gruppe gab es auch skeptische Kommentare und Fragen. Eine E-Mail von stramm rechts traf ein.


Making of | In Vorbereitung auf meine Bürgermeisterkandidatur lag Anke Sundermeier in der Heide.

Frau liegt mit einer Kame vpr den Augen vor einem Baum in einer Heidelandschaft. Der Himmel hat weiße Wolken.

Sie lag dort so dekorativ vor Baum und Wolken, dass ich ein Foto von ihr machte, wie sie ein Foto von mir macht. Das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.


Allerheiligen | Ich fuhr ins Sauerland, um die Familie besuchen, die lebendige und die tote. Bei der Tante gab es Kuchen und Dosenessen: Der Cousin war auf Radreise an Saale und Unstrut gewesen und hat Köstlichkeiten mitgebracht – Halloren-Kugeln in Baumkuchen-Sonderedition für mich, DDR-Schulessen für sich.

Wir gingen zum Friedhof, besuchten die Oma, den Opa, den Großonkel und Personen der Familiengeschichte. Die Namen auf den Grabsteinen sind alte Bekannte: Es sind der Hausarzt der Oma, die liebe Frau aus der Heißmangel und Menschen, die in undefinierbarem Verwandtschaftsgrad zu mir stehen.

In den Erzählungen tragen die Toten ihren Nachnamen vor dem Vornamen: Heinekens Dieter, Schmidts Anni, Sauers Fritz. Manchmal haben sie auch nur Spitznamen – wie Paule, der eigentlich Kurt hieß. Sie alle leben weiter in den Geschichten, die man über sie erzählt, hier beim Vorbeigehen auf dem Friedhof – Geschichten, die sich mit jeder Erzählung dramaturgisch verdichten, die mit jedem Jahr reicher werden.


Der Riss | Kennen Sie das? Dinge gehen kaputt gehen, und sie tun das immer gleichzeitig. Jüngst waren es bei mir Jeanshosen. Ich stieg vom Fahrrad und bemerkte einen verdächtigen Luftzug im Schritt. Ich tastete, und ein Riss von der Größe des nordatlantischen Rückens tat sich auf. So stand ich da, mitten zwischen Menschen, mit dem Gefühl unangebrachter Nacktheit. Ich suchte eine Fensterscheibe auf, stolzierte davor auf und ab und nahm erleichtert zur Kenntnis: Solange ich nicht ausschritt wie ein Landvermesser, würde uneingeweihten Dritten nicht auffallen, in welcher Lage ich mich befand. „Haltung bewahren!“, sagte ich mir und ging meiner Wege, kleinschrittig, aber zielstrebig.

Die zweite Begebenheit trug sich im örtlichen Supermarkt zu. Möglicherweise – hoffentlich – auch erst danach. Jedenfalls kam ich heim, stieg auch diesmal vom Rad, und … nun ja. Daraufhin führte ich eine Inventur meines gesamten Jeansbestandes durch, sortierte ein weiteres, eindeutig fadenscheiniges Objekt aus und degradierte eine vierte, etwas weniger, aber durchaus auch zweifelhafte Jeans zur Homeoffice-Hose. Kein Risiko eingehen! Wenn mir also nochmal ein Riss widerfährt, dann nur in Gegenwart dreier Meerschweine.


Gänsemarkt | In der Stadt war am Wochenende Gänsemarkt. Ein gutes Ereignis, es gab auch einen Stand mit Waffeln. Außerdem Stände unterschiedlicher Bauernläden, Käsereien und jede Menge Brot. Die Gastronomien hatten alle Hände voll zu tun, die Läden verkaufsoffenen Sonntag.

Ich kaufte Käse und Backwaren und beobachtete die Anwesenheit von Stutenkerlen und Glühwein, ein eindeutiges Jahresendzeichen. Vor der Kirche schnatterten Gänse. Wie lange sie noch schnattern, blieb im Unklaren.

(Die Hose war neu und blieb ganz.)


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie organisierst Du dein privates Büro? Papierlos? Leitzordner?“

Ich bin komplett papierlos unterwegs, mit verschlüsselten Daten in einer Cloud. Ich kann von überall auf meine Dokumente zugreifen, egal, ob ich in Schleswig-Holstein, Sachsen oder Baden-Württemberg arbeite, egal von welchem Gerät. Ich habe immer alles dabei.

Meine To-Do-Liste führe ich als Kanban-Board in Microsoft Planner. So kann ich dort schnell etwas eintragen: beim Kunden, beim Nachdenken in der Bahn, wo auch immer mir eine Aufgabe begegnet.

Meine Buchhaltung ist ebenfalls papierlos. Belege, die ich nicht digital erhalte, scanne ich mit einer Scan-App ein und lege sie mit einer automatisierten Routine digital ab. Zeiterfassung, Angebots- und Rechnungserstellung laufen auch über das Programm. Meine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung erledige ich mit Upload einer xml-Datei bei Elster. Auf Geschäftsreisen bin ich also nicht nur inhaltlich, sondern auch administrativ autark. (Internetverbindung natürlich über VPN)

Es ist wichtig, einmal Hirnschmalz in diese Prozesse reinzustecken, sonst fressen sie Zeit und Energie, die in die eigentliche Wertschöpfung gehören.

Nur das Finanzamt und meine Krankenkasse schicken mir noch Dinge auf Papier. Ich loche die Papiere dann, hefte sie in einen Leitz-Ordner, streiche sie glatt, klappe den Ordner zu und stelle ihn in das Regal hinter meinen Schreibtisch.


Und sonst | Heute saß ich am Schreibtisch und bereitete mit letzten Handgriffen das Führungskräftetraining für die kommende Woche vor. Es kam eine Wespe durchs offene Fenster, setzte sich auf meine Maus-Hand und stach mich. Einfach so! Mit Hitzestift und Hydrocortisonsalbe ging’s dann. Aber meine Güte, ey – am 3. November.


Schweine | Herbstliche Melancholie.

Braunes Meerschwein vor Blumenwiese, veträumt guckend.

Das war eine ausgesprochen wilde Woche. Genau genommen waren die vergangenen Wochen alle wild. Denn nun ist es offiziell, was wir im Hintergrund schon länger vorbereiten: Ich gehe in die Politik und werde Bürgermeisterkandidatin für Haltern am See.

Vanessa lächelnd vor einem See mit Booten. Sie trägt einen roten Blazer. Im Hintergrund Abendsonne.

Ich möchte meinen Arbeitsstil ins Rathaus tragen: Gemeinsam etwas bewegen – mit Teamgeist, demokratisch und unabhängig von Parteigrenzen. Ein Arbeiten, bei dem die gute Lösung im Fokus steht. Mit viel Kommunikation. Mit Offenheit und Warmherzigkeit für die Menschen hier in der Stadt.

Unterstützt werde ich von den Halterner Grünen und von der SPD, denen ich von Herzen für das Vertrauen danke. Das wird ein spannendes Jahr!

Für meine Kundinnen und Kunden bleibe ich weiterhin da. Die Kandidatur läuft parallel.



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