Zwölf Uhr mittags.
In der Pause steht es nur unentschieden. Es ist das letzte Saisonspiel, und wir müssen gewinnen, um Tabellenerster zu bleiben. Doch wir verwerfen. Die Abwehr verweigert sich. Die Torfrau ist nicht gut drauf. Die Halle glatt wie der Eistanzpalast von Kiew. Nur den Schiedsrichtern können wir nichts in die Schuhe schieben.
Unentschieden also. Das bringt uns nichts. Wir sind punktgleich mit dem Zweiten, haben nur den besseren direkten Vergleich. Der Zweite hat ein paar Stunden vor uns gespielt, aber wir kennen das Ergebnis nicht. Außerdem: Warum sollte er verlieren, ausgerechnet heute?
Der Trainer kommt in die Kabine und schreit uns an. Dass unsere Vorstellung eine Unverschämtheit sei. Dass wir wollen müssten. Dass es auch mal wehtun müsse, „man muss auch mal auf die Fresse kriegen, so ist das im Handball!“ Im Rausgehen sagt er: „Ach übrigens, Ihr seid aufgestiegen.“ Der Tabellenzweite hat tatsächlich verloren verloren. Jetzt wollen wir es erst recht aus eigener Kraft schaffen. Wir gewinnen das Spiel. Aufstieg.
Irgendwer zaubert Aufstiegsshirts hervor. Außerdem Sekt, Rosen, Krönchen aus Alufolie. Wir hüpfen und tanzen. Noch auf dem Spielfeld trinken wir. In der Kabine: Sektdusche wie in der Formel Eins. Weitertanzen. Weitersingen. Unter der Dusche springen wir herum wie Wasserelfen im Fontana die Trevi, Rock’n’Roll-Version. Danach in die Kneipe. Tanzen. Singen, Dankesworte von der Abteilungsleitung. Die Rückraum Mitte singt: „Wir sind der geilste Club der Welt! Club der Welt! Club der We-he-helt!“ Lobesworte vom Trainer. Freudentränen von unserem Käpt’n. Unsere Rechtsaußen ist schon betrunken, umarmt mich ständig. Noch eine Rose für alle. Rückraum Rechts singt: „Bambule, Randale! Wir haben die Schale!“ Die Krönchen hängen schon ein bisschen schief. Es gibt Grünen und Fingerfood.
Nach vier Stunden geleiten wir die Co-Trainerin in einer Polonaise zum Auto. Danach steht die Rückraum Rechts auf der Theke: „Gebt mir ein H!“ – „H!“ – „Gebt mir ein U!“ – „U!“ – „Gebt mir ein M!“ – „M!“ – „Gebt mir ein B!“ – B!“ – „Gebt mir ein A!“ – „A!“ – „Humba! Humba! Humba! Täterää! Täterää! Täterää!“ Wir springen im Kreis.
Um 20 Uhr sind alle im Bett, fertig wie die Brötchen.
Jetzt ist erstmal trainingsfrei. Ab Juli geht’s wieder los. Davor: Vorbereitung auf die Vorbereitung, wie im vergangenen Jahr. Denn diesmal wird alles noch schlimmer kommen. Viel, viel schlimmer. Und das in meinem Alter.
Sie können sich mich demnächst ungefähr so vorstellen, nur mit Handball – aber natürlich ebenso anmutig:
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