Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Expeditionen«

Berge, Wanderungen, ein Friedhof und eine Leser’innenfrage

26. 10. 2025  •  13 Kommentare

Wanderungen | Was ich an Bergen faszinierend finde, und das klingt zugegebenermaßen etwas skurril, ist, dass sie einfach so aus dem Boden wachsen. Vor einem liegen Felder, stehen Bäume, jemand hat ein Haus gebaut, und plötzlich erhebt sich dahinter die Welt, zweitausend Meter hoch, völlig ohne Grund. Ich meine, natürlich gibt es einen Grund, Plattentektonik und so, das wissen wir alle, die wir einigermaßen wach waren in der Schule, aber dennoch: Sie sind einfach so da. Manchmal stehen sie arg im Weg, die Berge, völlig unpraktisch, ein anderes Mal passen sie ganz gut, gerade wenn sich mehrere von ihnen aneinanderreihen und ein hübsches Gebirge bilden; dann hat man den Eindruck, es ergebe irgendwie Sinn.

Blick ins Tal auf Garmisch-Partenkirchen, ein Baum verdeckt die Skischanze, im Hintergrund schneebedeckte Berge

In den vergangenen Tagen hat es wild geregnet, in den Bergen schneite es, und tags darauf, als die Sonne wieder schien, hatte man den Eindruck, als wollten die Berge sagen: Seht her, wir können es in Grün, in Grau und in Weiß! Die Touristen liefen durchs Tal und fotografierten die unterträglich idyllische Kulisse: Im Vordergrund Häuser, traditionelle Bauten mit Holzbalkonen und Schnitzereien, mit Geranien und religiösen Gemälden, das ganze Foto reine Folklore. Andere Menschen liefen die Berge hinauf und fotografieren von dort: Im Tal die kleine Stadt, im Hintergrund die Berge, heimelig bewaldet oder romantisch verschneit. Das waren wir.

Bei Antritt unserer Reise war die Wettervorhersage übel gewesen: Sieben Tage Regen, sechs Tage wilder Wind, nichts, was man dauerhaft aushält, vor allem nicht mit drei Teenagern in einer Ferienwohnung. Doch jeden Tag gab es Sonnenstunden, und jeden Tag konnten wir rausgehen und uns auslüften.

Foto aus der Partnachklamm: Ein Fluss, der inmitten einer Schlucht über Steine fließt. Die Sonne drängt sich durch die Felsen, Wasser tropft von den Steinen.

Wenn man in Garmisch-Partenkirchen ist, muss man durch die Partnachklamm laufen, egal wie oft man schon dort war. So will es das Gesetz. Also wanderten wir durch die Klamm, staunten und studierten alte Geschichten über die Holztrift, den Transport von Holzstämmen durch das Wasser der Schlucht. Hinter der Klamm stiegen wir in engen Schleifen hinauf auf den Eckbauer. Auf der Außenterrasse verköstigten wir Kaiserschmarrn und schauten auf die Berge, als justament Herr Stör ums Eck kam – er ist den meisten von Ihnen bekannt durch 16 Stunden Leid in Hamburg. Ein großes Hallo!

Kaiserschmarrn gab es noch ein weiteres Mal auf, nämlich auf der Tannenhütte, man braucht schließlich einen Vergleich. Der Tannenhütten-Kaiserschmarrn punktete durch die Absenz von Rosinen, auf dem Eckbauer war die Menge an Apfelmus auskömmlicher.

Einen dritten Wandertag verlebten wir kaiserschmarrnlos auf der Ruine Werdenfels. Wir begnügten uns mit Broten.


Friedhof | Wir besuchten auch einen Friedhof. Immer, wenn ich länger in fremden Städten bin, gehe ich auf einen Friedhof. Dort werden die Geschichten des Ortes erzählt – solche, die geschehen sind, solche, die vielleicht geschehen sind, und solche, die sicher nicht geschehen sind, die aber hätten geschehen können.

Geschichten, die geschehen sind, sind die vom Koserseppl, dem, so steht es auf dem Grabstein, Erstbesteiger des kleinen Waxensteins, und die von Anton Buchmeister, dem Schuhmachermeister, und Elisabetha, der, so ist es graviert, Schuhmachermeistersgattin. Direkt daneben befindet sich das Grab einer Bäckersgattin, deren Sohn in Griechenland verblich, kriegsbedingt. Wiederum daneben begegnen man einem Lohnkutschereibesitzer und seiner Lohnkutschereibesitzersgattin. „Es handelt sich um ein Lohnkutschereibesitzergattinnengrab“, konstatierte der Reiseleiter.

An anderer Stelle fragt man sich, und da wird es fantastievoller: Welch ein Mensch war wohl der Ostler Josef, genannt Duschn Seppl? Was hat sein Sohn, der Ostler Josef junior, der Duschn Sepp, ohne L, erlebt? Warum heißt er genauso wie der Koserseppl, der Erstbesteiger, der auch ein Ostler Josef war – ist das Zufall? Die Schuhmachersgattin Elisabetha war ebenfalls eine geborene Ostler – wie hängt das alles zusammen? Kannten die Ostlers wohl den Gretschn Hanne, der ein paar Meter weiter ruht – und wenn ja, mochten sie ihn oder eben grad nicht?

All diese Menschen, all diese Fragen liegen dem Besucher zu Füßen, im Wortsinne liegen sie da, die Leute und die Geschichten, und man möchte sie kennenlernen.


Leser’innenfrage | Eine Frage aus der Themen-Vorschlagsliste: „wie stehst du zu alles anderen außer heterosexualität? wie ist es in deinem freundeskreis? ich habe bei mir festgestellt, dass 100% anteil an hetero paare im freundeskreis nicht zu der statistik passen. ich werde meine bisexualität jetzt etwas mehr publik machen. vielleicht gibt das anderen die kraft die sie brauchen. lg aus berlin.“

Ich habe Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die bisexuell sind, die schwul sind, die lesbisch und die hetero sind. Mir ist wichtig, dass all diese Menschen glücklich sind – ob mit einem Mann, einer Frau, mit Männern und Frauen, mit nonbinären Menschen, ob sie selbst nonbinär sind, Transmann, Transfrau oder cis, all das lasse ich bei ihnen. Ich freue mich, dass ich Teil ihres Lebens sein darf; ich freue mich, wenn wir über unsere Gefühle sprechen und wenn wir unsere Gedanken austauschen – manchmal zur sexuellen Idenität, meistens nicht. Denn, seien wir ehrlich, so spannend ist die Frage nicht, welches Geschlecht man präferiert. Viel spannender ist, was in einer Beziehung wichtig ist, warum manch einer lieber keine hat, andere dafür umso lieber, was gerade so los ist im Leben der Freundinnen und Freunde, wie es ihnen geht, welche Gedanken und Gefühle sie umtreiben und ob sie Waffeln lieber mit oder ohne Kirschen mögen.

Ich war so frei und habe die Frage an einen engen Freund weitergeleitet. Seine Antwort:

„Mach dem Jungen mal einen Teller Suppe warm, ich glaube der hat Hunger.“ Das waren die Worte meines Vaters an seine jetzige Frau, nachdem ich ihm erzählt habe, dass ich mich in einen Mann verliebt habe. Niemand, wirklich niemand hat mir etwas Böses gesagt, nachdem ich mich bei ihr oder ihm geoutet habe. Ich hatte mir völlig umsonst mein Outing in den schlimmsten Szenarien vorgestellt.

Nach der Suppe war die drängelte Frage meines Vaters, wie ich das über 48 Jahre ausgehalten habe, mein eigenes Ich zu unterdrücken. Er wollte wissen, warum ich mich dermaßen gequält habe. Das war seine einzige Sorge. Das ist jetzt ca. ein Jahr her. Eine Antwort habe ich bis heute nur bedingt. Ich bin nach der Scheidung meiner Eltern bei meiner Mutter aufgewachsen, und in der Familie gehörte es zum guten Ton, Witze über Schwule zu machen. Es war dort einfach nicht präsent, dass es abseits des traditionellen Familienbildes auch andere Lebens- oder Partnerschaftsmodelle gab. Auch in meinem Beruf als Soldat wollte ich nicht aus der Reihe tanzen und ließ diesen Teil von mir, der Männer und Frauen gleichermaßen sexuell anziehend fand, lieber im Dunkeln. Es gibt zwar immer mehr queere Soldatinnen und Soldaten, die dazu stehen. Aber ich würde auch heute noch sagen, dass es unter Umständen besser ist, wenn im Kreis der Kamerad*innen nicht alles Private bekannt ist.

Nur irgendwann kommt der Punkt, da kannst du nicht mehr dauend unterdrücken. Es schreit in deiner Seele und will raus. Und dann kam in meinem Fall einfach nur der richtige Mann zum Verlieben. Einfach so, ohne Vorwarnung. Und dann musste ich mich entscheiden. Er sagte zu mir den einen Satz, der für mich alles verändert hat: „Niemand wird an Dein Sterbebett kommen und sagen: Herzlichen Glückwunsch dafür, dass Sie so ein vorbildliches hetero-normatives Leben gelebt haben. Hier ist Ihre Medaille.“

Ich habe durch das Unterdrücken meiner Sexualität Menschen verletzt. Ich war zu den Frauen in meinen bisherigen Beziehungen nicht ehrlich. Das war einfach nicht fair. Das Unterdrücken meiner Bisexualität hat anderen, aber insbesondere auch mir Schaden zugefügt. Und daher kann ich aus heutiger Sicht nur sagen: Outen. Nicht unterdrücken. Zu sich selbst stehen. Sonst wird es in unserer Gesellschaft nie zur Normalität gehören.


Geguckt | Gemeinsam mit den Kindern: Gratwanderung – Zum Tode von Laura Dahlmeier. Während des Urlaubs kamen immer wieder Fragen zu Laura Dahlmeier, zu ihrer Wander- und Kletterleistung, zu ihren Todesumständen und warum sie nicht geborgen werden konnte. Ich habe sie geduldig beantwortet, denn ich finde es einerseits wichtig, den Tod als Teil des Lebens zu verstehen, andererseits konnten wir gut besprechen, dass Berge gefährlich sind, selbst für absolute Profis, und dass man besonnen und gut vorbereitet sein muss, wenn man in eine Bergtour startet.


Schweine | Kein Schweinebild mehr im Archiv.

Wellness, Wandern, Wein und wenig Worte

18. 10. 2025  •  23 Kommentare

Urlaub | Bis zum Abend benötige ich durchschnittlich sieben Worte: „Eine Latte Macchiato, bitte“ und „Eine Traubensaftschorle. Danke.“ Ersteres spreche ich beim Frühstück, zweiteres wenn ich auf meiner Wanderung zur Rast anhalte. Nur fürs Abendessen benötige ich mehr.

Fünf Tage bin ich hier. Motto: Wellness, Wandern, Wein, wenig Worte. Es ist wunderbar.

Man stellt mir täglich ein Menü zusammen, drei Gänge, so habe ich es gebucht. Jeden Abend sind Abstimmungen vonnöten, denn jeden Abend mag ich keine Pilze. Um die Anzahl der Worte zu begrenzen, fragte ich zu Beginn meines Aufenthaltes, ob man ein Briefing zu meinen Vorlieben und Abneigungen wolle – etwa, um inmitten der Pilzsaison die Pilzsache abzuhandeln, und auch, damit ich nicht nörgelig wirke. Man wollte nicht, „wir schauen einfach jeden Tag“. Das führt täglich zu fünfzig zusätzlichen Worten. Alles in allem sind es jedoch immer noch ausreichend wenig, um mich von meiner Übermenschung zu erholen, und das Essen ist, von Pilzen befreit, vorzüglich.


Underdressed | Die Menschen in meinem Hotel sind allesamt absurd chic angezogen, schon beim Frühstück. Heute Morgen raschelten vier Damen in schwarzen Paillettenkleidern durchs Buffet, als gingen sie vom Croissant direkt in die Oper.

Das restliche Publikum ist morgens wie abends ein Showroom der Appelrath & Cüpper Cashmere & Loungewear Highlights: geschmeidige Pullover, Seidenblusen, Popelinhosen, Culottes und schwingende Röcke, die Herren in Chinos mit Lederschuhen oder van-Bommel-Sneakern, der Pullover über die Schultern gelegt, altersbedingt auch zweireihige Sakkos.

Ich fühle mich hart underdressed und versuche, meinen mangelnden Stil mit guten Manieren wettzumachen, immer an William Hanson denkend.


Wein | Wein ist das beherrschende Thema des Ortes. Wo man geht und steht: Weinberge, Weingüter, Weinranken, Weinstüberl, Vinotheken, ein Weinbach. Und Weinbauern.

Schild in einer Windschutzscheibe, von innen mit einem Saugnapf: "Woibauer"

An einem der Abende wagte ich es, keinen Wein, sondern ein alkoholfreies Weizen zu bestellen, ich hatte Durst. Man sah mich an – nur der Wunsch nach Fanta wäre abschätziger bedacht worden.

Zum Dessert mochte ich dann doch einen Wein. Man bot mir an, blind drei Rieslinge der örtlichen Weingüter zu verkosten. Ich nahm einen Schluck vom ersten und sagte: „Von Buhl.“ Das war leicht herauszuschmecken, ich finde ihn muffig. Der Sommelier legte den Kopf schief, hob die Augenbrauen und nickte, deutete auf die anderen beiden. Ich probierte, tippte ans zweite Glas und sagte: „Der schmeckt am besten.“ Es war der teuerste, Ruppertsberger Reiterpfad Riesling trocken, ein – Zitat aus dem Verkaufsprospekt – „Solist auf hohem Niveau“ mit „eleganter Mundfülle“. Ich trank ein Viertele, aß lauwarme Portweinfeigen mit Pistazieneis und Sabayone dazu, war beschwipst und ging danach ins Bett.

Der Ort ist eine pittoreske Ansammlung von Sträßchen und Gässchen, Fachwerk und alten Bauernhäusern. Es gibt Brunnen und Schänken, Palmen und Südfrüchte. In Gärten und an Mauern wachsen abstrus große Feigenbäume.

An den Ort schließen Weinberge an, auf die Weinberge folgt Wald. Geht man in den Wald hinein, kann man mit angenehmer Steigung wandern. In Kreiseln und Zirkeln winden sich weiche Wege hinauf auf den Kirchberg, den Kehrberg, den Sommerberg und den Eckkopf, man trifft auf Kapellen, Bänke und Denkmäler – und Kastanien. Allerorten fallen sie aus der Höhe herab, ein Rascheln kündigt es an, dann schlagen sie dumpf auf dem Waldboden auf. Man sollte Helm tragen.

Ich lerne, dass Kastanien hier Keschde heißen und dass es weiter südlich einen Keschdeweg gibt. Man bereitet Keschdlichkeiten zu, Kastanienhonig oder Kastaniensaumagen.

Saumagen und Leberknödel, Schwartemagen und Griebenwurst – das sind die Gerichte hier. Wer kein Fleisch mag, hat es schwer, besonders in der Gaststätte, die am Pfälzer Weinsteig liegt. Rentner fahren mit großen Autos vor. Vor vollen Tellern sitzen sie auf dunklen Eichenstühlen, langen breitarmig zu, schauen, den Wald im Rücken, in die sich weit aufspannende Ebene, trinken zwei Viertele Rivaner und steigen danach zurück in ihre Autos.

Blick in die Pfälzische Ebene mit Weinbergen, im Hintergrund Städte.

Ich mache Rast, lege meinen Rucksack ab und bestelle eine Traubenschorle.


Szene | An einem Morgen sitze ich neben einem Paar, beide in den Siebzigern. Ich habe mir grad mein Frühstück gerichtet. Am Nebentisch sind die Kaffeetassen bereits ausgetrunken, der Service räumt bekrümelte Teller ab. „Ich möchte, dass du dich zusammenreißt“, sagt sie in weich fallender, sandfarbener Cashmere-Seide. Ich beginne mit Bircher-Müsli, es ist außerordentlich gut, sehr fruchtig. Käse und Feigenmarmelade werden folgen. „Um halb Eins gibt es Mittag. Nicht, dass du wieder übersättigt bist.“ Er, hellblauer Wollpullover, brummt Unverständliches, schiebt seinen Stuhl zurück, geht zum Buffet und kommt mit einem Teller zurück. Sie schnauft. „Nochmal Käse. Dass du dir davon so viel aufschaufeln musst. Der ist viel zu trocken hier.“ Er legt ein Stück aufs Brot und beißt hinein. Hinter seinem Rücken geht ein Mann vorbei. „Der große Mann da“, sagt sie, als er noch nicht außer Hörweite ist. „Hast du den gesehen? Der läuft komisch. Es gibt so viele große Männer, die komisch laufen. Du läufst auch komisch.“ Er kaut. Ich gehe ebenfalls zum Käse über, ein milder Manchego, und streiche Feigenmarmelade darauf. „Was die Renate im Status hat“, sagt sie und hält ihm das Handy hin. „Schau. Im feinen Abendkleid steht sie da. Eben noch hat sie auf dem Totenbett gelegen, schon will sie wieder die Schönste sein. Was denkt sie sich dabei?“ Er kaut und macht „Mmmh.“ Sie wischt auf dem Display und hält ihm das Handy erneut hin. „Martin. Wie der aussieht. Nur weil Stefanie nicht bügelt.“ Er wischt sich den Mund mit einer Serviette ab und sagt: „Ich bin fertig.“ – Sie: „In drei Stunden gibt es Maronenbraten.“ Er erhebt sich, sagt: „Das ist mir grad recht“, und geht, ohne auf sie zu warten.


Schlappenstunk | Gestern lag ich auf meinem Hotelbett. In unregelmäßigen Abständen wehte mir ein unangenehmer Geruch in die Nase, eine Mischung aus Schweiß und altem Parmesan mit einer Kopfnote „Seniorenheim“.

Ich schnupperte an mir: alles in Ordnung. Ich roch am Kopfkissen, an der Bettdecke, am Bett, am Bademantel. Bis ich feststellte: Es sind meine Badeschlappen. Unerfreulich! Zumal es relativ neue Schlappen sind; ich habe sie dieses Jahr, weil ich meine Bestandsschlappen vergessen hatte, für unangenehm viel Geld in einem unangenehm teuren Saunaparadies erworben. Es sind die bestpassendsten Schlappen, die ich je für meine Füße hatte.

Ich googelte das Problem, und während die Suchmaschine suchte, dachte ich: Das ist es, was von mir bleiben wird, wenn ich jetzt umgebracht werde und die Kripo ermittelt – der Browserverlauf „badeschlappen stinken was tun“.


Gelesen | Frau Novemberregen löst ein Problem mit Zahlen und eins mit einem Muffin.

Gelesen | Sarah Stricker: Fünf Kopeken. Die Erzählerin erzählt die Geschichte ihrer Mutter. Als Kind wird sie von ihren Eltern, die in einer westdeutschen Kleinstadt ein Modegeschäft führen, mit Strenge gehätschelt. Als junge Frau – der Vater expandiert sein Geschäft „in die neuen Länder“ – geht sie mit ihnen nach Berlin. Bis hierhin ist die Geschichte zwar langatmig, aber sprachlich pointiert – außerdem mochte ich die piefige Atmosphäre der westdeutschen 80er Jahre und die Erzählung von der technokratischen Erziehung der Tochter. In Berlin beginnt die Protagonistin eine Affäre mit ihrem Nachbarn. Die Geschichte bekommt einen logischen Bruch. Es bleibt rätselhaft, was sie an dem ungehobelten Mann findet, welches Bedürfnis die Liebschaft befriedigt. Die Nachwende-Geschichte wird leider nicht weiter verfolgt: Der Aufbau des Geschäfts im chaotischen Berlin der 1990er, das anmaßende Auftreten des Vaters, die Konflikte zwischen West- und Ost-Mentalität – alles fällt erzählerisch der Affäre zum Opfer. Ich legte das Buch weg.

Gelesen | Mora Herngren: Scheidung, aus dem Schwedischen von Katharina Martl. Nachdem ich zuletzt Schwiegermutter mit Begeisterung las, folgte nun das erste Buch der Autorin. Erneut eine große Freude. Die Handlung: Bea und Niklas sind seit dreißig Jahren ein Paar. Nach einem belanglosen Streit verlässt Niklas die gemeinsame Wohnung und kommt nicht zurück. Die vielen Mikroverletzungen der vergangenen Jahre münden in einer Trennung. Moa Herngren erzählt präzise vom langsamen Erodieren einer Beziehung, von unausgesprochenen Wünschen und Versäumnissen auf beiden Seiten.

Gelesen | Herr Buddenbohm bezieht ein neues Büro: Schön hier. Aber ein Palais wäre mir lieber.


Heute | Heute beschloss ich kurzerhand, nichts zu tun. Keine Wanderung, kein Wellness. Ich stellte lediglich die Fünf Kopeken in den hiesigen Bücherschrank. Wo Tender Bar das Regalbrett dekoriert, stand vorher Great again! von einem orangenen Präsidenten – das konnte ich nicht so lassen.

Bücherschrank, "Fünf Kopeken" sichtbar im Regal, darunter "Tender Bar".

Danach ging ich zur Drogerie, Desinfektion kaufen. Möglicherweise löst sich dadurch mein Schlappenproblem. Nach ausgiebigem Einseifen, Einweichen und mehrfachem Einsprühen habe ich jedoch wenig Hoffnung. Sie müffeln immer noch.


Leser’innenfragen | Nichts Neues auf der Themen-Vorschlagsliste.


Archivschweine | Durch das Bild könnte der Eindruck entstehen, das Schwein im Hintergrund – es handelt sich um das Tier „Müsli“ – sei suizidal und wolle sich in die Tiefe stürzen. Dem ist nicht so. Vielmehr zeigen sich im Stall Parallelen zum Menschenhaus. In beiden Gebäuden verdrücken sich die Teenager ins Obergeschoss und kommen nur herunter, wenn Nahrung gereicht wird.

Bildungsreise nach Kopenhagen und Malmö – ein Gastbeitrag des Reiseleiters

2. 06. 2025  •  22 Kommentare

Der angekündigte Beitrag des Reiseleiters:

Vorwort | Seit einiger Zeit habe ich das Thema „Bildungsurlaub“ für mich entdeckt. Als Arbeitnehmer stehen mir fünf Tage bezahlter Bildungsurlaubs pro Jahr zu. Das weiß ich sehr zu schätzen, und ich mache gerne davon Gebrauch. Ein Bildungsurlaub ermöglicht eine Erweiterung des eigenen Horizonts, sowohl des privaten als auch des beruflichen und man lernt nebenbei nette Menschen kennen – zumindest war es bisher immer so. Ich kann Ihnen das wirklich ans Herz legen!

In diesem Jahr ging es mit Forum Unna nach Kopenhagen und Malmö. Schwerpunkt war nachhaltige Stadt- und Verkehrsplanung in der Wachstumsregion am Öresund. Als Geograph und in der Kommunalpolitik engagierter Dänemark-Fan also genau mein Bildungsurlaub. Fünf Tage lang ging es zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit der Metro, mit dem Zug und mit dem Linienschiff kreuz und quer durch alte und neue Stadtviertel, durch Parkanlagen und über Brücken, an Hafenbädern und Industriegebieten vorbei und natürlich auch (in privater Mission) in Buchläden und Bibliotheken.

Die Skandinavier sind bekannt für innovative Konzepte und überraschende Ideen – man würde wohl sagen, dass sie Out-of-the-box denken. Ich möchte ich Ihnen hier ein paar spannende Projekte und Orte vorstellen – mal ohne die Kleine Meerjungfrau. Die habe ich gar nicht gesehen.


Background-Infos |  Am 1. Juli 2000 wurde die Øresundsbroen (Öresundbrücke) erföffnet. Sie verbindet die dänische Hauptstadtregion mit dem schwedischen Schonen und der Provinzhautpstadt Malmö. Die Brücke erzeugte einen enormen Wachstumsschub für die gesamte Region.

(In diesem Zusammenhang empfehle ich die schon etwas ältere, aber immer noch sehr gute Serie Die Brücke – besonders interessant im Original: Es wird wild durcheinander Dänisch und Schwedisch gesprochen, und alle verstehen einander!)

Die Einwohnerzahl der Stadt Kopenhagen hat sich seit dem Jahr 2000 um fast 40 Prozent erhöht – die Wachstumsraten für Malmö sind ähnlich und die gesamte Region boomt weiter. Das bedeutet vor allem: An allen Ecken und Enden wird gebaut. Ganze Stadtviertel werden aus dem Boden (oder aus dem Meer) gestampft – alte Industrie- und Hafenflächen verwandeln sich in neue Wohnquartiere und neue Verkehrsverbindungen entstehen. Ein Mekka für Architekten und Stadtplanerinnen.


Fitness auf dem Parkhaus | Der Stadtteil Nordhavn (Nordhafen) ist ein „Waterfront-Development“ auf einem ehemaligen Hafenareal. Zwischen den alten Hafenbecken wurden ein paar erhaltenswerte Industriegebäude und Silos zu Büro-oder Wohngebäuden umfunktioniert. Der Rest wurde mehr oder weniger dicht neu bebaut, mit Wohnungen und mit allem, was man sonst so braucht: Schulen, Kindergärten, Geschäfte, Gastronomie. Platz für Autos ist in den engen Straßen kaum. Hier geht man zu Fuß oder fährt Lastenrad. Wer trotzdem lieber auf vier Rädern kommt, der muss sein Vehikel in einem Parkhaus abstellen. Hinter einen hübschen, dreieckigen Kinderspielplatz ragt das Parkhaus 24 Meter in die Höhe, umhüllt von einer löchrigen Metallwand, die langsam von Grünpflanzen überwuchert wird.

Man kann in dem Parkhaus auch sein Fahrrad oder sein Kanu (!) abstellen. Richtig interessant wird es aber auf dem Dach: Das erreicht man über eine lange Treppe, an der man mit Hilfe eines Buzzers sogar die Zeit messen kann, die man bis ganz nach oben benötigt. Menschen hasteten auf der Treppe nach oben und sammelten Höhenmeter. Oben erwartete uns ein riesiges Fitness-Gelände mit Trampolinen, Klettergerüsten, einem Laufparcours und verschiedenen Ballspielfeldern.

Panorama vom Dach des Parkhauses: Roter, weicher Tartanboden, Kletteegerüste, Fitnessgeräte, Schaukeln, Menschen.

Es fanden sich Schulklassen ein zum Sportunterricht, Fitnesstrainer malträtierten ihre Opfer und Rentnerinnen beobachteten das lebhafte Treiben von den aufgestellten Bänken aus. Das Dach des Konditaget Lüders, benannt nach einem weiland im Hafen tätigen Kapitän, ist ein Ort für alle. Und fast alle treiben hier Sport! Die Dänen integrieren ihre sportlichen Betätigungen in ihren Alltag, wann und wo immer es geht. Das scheint sich zu lohnen: Der Anteil der Menschen mit einem BMI über 30 (ja, ich weiß, dass der BMI nicht immer und für alle der richtige Maßstab ist) liegt in Dänemark bei circa 13 Prozent. In Deutschland sind es 20 Prozent. Falls es Sie beruhigt: In God’s own Country sind es stattliche 42 Prozent.


Sponge Bob – Schwammstadt | Im Jahr 2011 wurde Kopenhagen von einem bis dahin beispiellosen Starkregenereignis heimgesucht: 135 Liter Regen pro Quadratmeter in 90 Minuten konnten nicht abfließen und überfluteten weite Teile der Stadt. Kopenhagen ist sehr dicht bebaut und in einigen, älteren Stadtvierteln gibt bzw. gab es nur wenige Grünflächen. Also entschloss man sich, Kopenhagen zu einer „Schwammstadt“ zu machen. Ganze Straßen und Plätze wurden entsiegeln und in Regenrückhaltebecken oder Grünflächen umgebaut. Im Østerbro, einem ehemaligen Arbeiterstadtteil am Hafen, wurden am Skt. Kjelds Plads 9.000 Quadratmeter Asphalt (das sind 1 1/4 Fußballfelder) entfernt und durch Grünflächen ersetzt. Der dort früher vorhandene Kreisverkehr wurde zurück gebaut und ist nur noch ein schmales Sträßchen, das sich durch einen richtigen kleinen Wald mit gemütlichen Spazierwegen und Bienenwiesen schlängelt.

Ein Platz inmitten von Mehrfamilienhäusern. Es gibt viele Büsche, Wiese, Bäume und Metallkugeln zum Hinsetzen.

Eine Idylle mitten in der Großstadt! Im ganzen Stadtviertel wurden Parkplätze entfernt und begrünt, damit das Niederschlagswasser versickern kann und auch um neue Treffpunkte und Aufenthaltsräume für die Bewohner zu schaffen (das Bild zeigt den benachbarten Tåsinge Plads). Man stelle sich den Aufschrei in einer deutschen Großstadt vor, wenn auch nur ein Parkplatz so einer linksgrün-versifften Grünfläche zum Opfer fallen müsste!

Auch der Enghavepark in Vesterbro – kleiner Exkurs: Die äußeren Stadtteile von Kopenhagen sind nach den Brücken benannt, über die man sie früher erreichte: Vesterbro, Nørrebro und Østerbro) – ist ein riesiges Regenrückhaltebecken, ober- und unterirdisch. Das Niederschlagswasser aus der Umgebung wird in den Park geleitet, der von einer unscheinbaren Mauer umgeben ist. Die hat nur ein paar Lücken, in die bei Bedarf Flutbarrieren gesteckt werden können. Falls das riesige, unterirdische Rückhaltebecken einmal volllaufen sollte, wird also einfach der Park geflutet und das Wasser kann keinen Schaden in den umliegenden Viertel anrichten. Seit Umbau des Parks im Jahr 2013 ist es zwar noch nie so weit gekommen, aber die Kopenhagener sind vorbereitet.


Abfahrtslauf und Bergwandern | Nein, ich war nicht auch noch in den Alpen – Skifahren kann man auch in Kopenhagen! Copen Hill oder auch Amagerbakke (Amager-Hügel) ist ein künstlicher Berg auf einer Müllbrennungsanlage. Man kann ihn über einen Bergpfad besteigen, über eine Kletterwand erklimmen oder den Skilift nehmen. Die Abfahrt erfolgt dann auf einer speziellen Kunststoff-Oberfläche, also auch ohne Schnee. Zur Mountaintop-Bar kommt man aber auch bequem mit dem Aufzug und kann auf diesem Weg auch direkt ins Innere der Müllverbrennungsanlage schauen. Von oben kann man bis rüber nach Schweden gucken.

Manchmal riecht es etwas streng, wenn der Wind die Abgaswolken der Müllverbrennung in die falsche Richtung treibt. Eine ziemlich verrückte Idee, aber die Dänen ziehen sowas einfach durch! Hier wird die Notwendigkeit, seinen Müll irgendwie loswerden zu müssen, mit einer weiteren Möglichkeit verbunden, sich sportlich zu betätigen (siehe oben). Also Ski heil!


Miljøstationer | In Amagerbakke wird alles verbrannt, was nicht mehr zu gebrauchen ist. Was noch recyclet werden kann, bringen die Kopenhagener zu sogenannten Miljøstationer, also Umweltstationen. In jedem Quartier gibt es eine solche Station, bei der man alles abgeben kann, was noch eine Chance auf Wiederverwertung hat. Oftmals findet man dort auch einen Reparaturservice für Elektrogeräte oder Bücher- und Pflanzentausch-Schränke. So wird selbst der Recyclinghof zum sozialen Treffpunkt.


Taler du Dansk? | Ich lerne seit knapp zwei Jahren Dänisch. Eigentlich auch eine ziemliche Schnapsidee, weil alle – wirklich alle – Dänen hervorragend Englisch sprechen und sich dem Gefühl nach auch strikt weigern, mit einem Ausländer in ihrer eigenen Muttersprache zu kommunizieren. Aber ich finde die Sprache toll und habe Spaß daran. Auch ein Altersruhesitz in meinem nordischen Lieblingsland liegt klar innerhalb des Möglichkeitsraums – ich bin gewappnet.

Ein paar Gelegenheiten, das erlernte anzuwenden, gab es dann aber tatsächlich: Die Stadtführerin war bass erstaunt (Taler du dansk!?), dass jemand aus der Gruppe den Text auf dem alten Gerichtsgebäude korrekt übersetzen konnte: MED LOV SKAL MAN LAND BYGGE.

Antikes Gebäude mit Säulen. Darüber die INschrift: Med Lov Skal Man Land Bygge"

Tipp: Mit Liebe hat es nichts zu tun.

Und im Magasin du Nord (kein Dänisch, sondern Französich), dem größten Kaufhaus am Platz, habe ich den per Lautsprecherdurchsage offerierten Rabatt für Ausländer (zehn Prozent auf alles, Tiernahrung gibt es hier nicht) an der Kasse in Landessprache eingefordert. Sie machen sich kein Bild, wie beseelt ich war! Das Glück relativierte sich dann beim späteren Blick auf die Kreditkartenabrechnung, trotz des Rabatts. Ich empfehle, die Umrechnung von Kronen in Euro besser nicht direkt vor Ort durchzuführen, sondern bis nach Beendigung der Reise zu warten.


Malmö | Wo wir beim Thema Preise sind: Sollten Sie länger in der Gegend sein, dann fahren Sie einmal mit dem Zug über die Øresundsbroen (sehr beeindruckend) nach Malmö. Dort ist alles nur halb so teuer: Shoppen, Essen gehen und auch Übernachten. Die Stadt versprüht zwar eher den Charme von, sagen wir: Kiel oder Wilhelmshaven, aber es gibt nette Geschäfte und – wiederum aus Stadtplanungssicht interessant – Sommerstraßen und Sommerplätze. Straßen und Plätze also, die nur für die Sommermonate in grüne Oasen mit Spielplätzen, Aufenthaltsbereichen und Entspannungsecken ausgestattet werden.

Alles, inklusive Bäume, Pflanzkübel und allem Mobiliar wird im Herbst eingelagert. Dann dürfen die Malmöer wieder ihre Autos in den Straßen und auf den Plätzen abstellen. Im Frühjahr wird wieder aufgebaut. Bestimmt wahnsinnig teuer und aufwändig – aber es schafft mehr Akzeptanz in der Bevölkerung als ein sofortiger, endgültiger Umbau: „Wir versuchen es mal und sehen dann, wie es klappt“. Einige Sommerstraßen und -plätze sollen wohl demnächst dauerhaft umgenutzt werden. So geht Beteiligung der Bevölkerung!


Gelesen | Urban Planning in the Nordic World von Elen Braae: Ein kurzer Überblick über die Besonderheiten der Stadtplanung in den nordischen Ländern. Nicht zu überladen und sehr zu empfehlen, wenn man sich für Städtebau interessiert, auch ohne Fachmann oder -frau zu sein.

Gekauft | En Linje I Verden von Dorthe Nors: Ein Buch über die Nordseeküste, welches ich im sehr gut sortierten Buchladen von Arnold Busck erworben habe. Ähnlich wie Vanessa kann ich an keinem Buchladen vorbeigehen, ohne hineinzugehen und vollbepackt wieder herauszukommen – es ist fürchterlich. Das Buch gibt es zwar auch in deutscher Übersetzung, aber das wäre ja zu einfach. Wünschen Sie mir Glück bei meiner ersten richtigen dänischen Lektüre!


Nachwort | Ich könnte noch viel mehr berichten, möchte Sie aber nun entlassen. Die Pächterin wird langsam ungeduldig und erwartet Resultate bezüglich des zugesagten Gastbeitrags. Vielleicht schreibe ich demnächst mehr hier, wenn Sie mögen.

Baskenland, Teil II: Flysch und ein Hauch von Renitenz

24. 04. 2025  •  11 Kommentare

Wieder daheim | Die Tage schreiten voran. Inzwischen bin ich wieder in Deutschland, ich habe ge-osterfrühstückt, ge-osterkaffeetrunken und es gab einen Arbeitsmontag, der in Wahrheit ein Dienstag war.

Noch ein paar Bemerknisse zum Aufenthalt im Baskenland:


Ea | Ea ist eine Stadt mit wenigen Buchstaben und auch wenig Einwohnern: 800, wenn man alle Siedlungen und Höfe mitzählt. Als es aufhörte zu regnen, stiegen wir von unserer Ermita ins Dorf hinunter. Im Baskenland regnet es viel und oft, 1150 Millimeter an 186 Tagen im Jahr. Zum Vergleich: In Hamburg regnet es an 716 Millimeter an 133 Tagen. Es regnet also wirklich oft und viel.

Wir gingen hinunter ins Dorf, das, obwohl es klein ist, mal zwei Dörfer war und deshalb zwei Kirchen hat. Ea hat einen kleinen Fluss, keinen Lebensmittelladen und keinen Arzt, dafür sechs Tavernen. Welch ein Statement!

Verschachtelte Häuser links und rechts eines Baches, über den eine kleine steinerne Brücke führt

Das ganze Dorf läuft entlang des Flusses auf eine Bucht zu. In der Bicht sind links und rechts grüne Hänge, in der Mitte der Strand. Die Szene hat etwas Tropisches.

Am einem Strand stehen die Metallbuchstaben EA. Die kleine Bucht liegt zwischen grünen Bergen.

Am Strand, das Dorf im Rücken, gibt es einen Unterstand. Im Unterstand lagen vier oder fünf Jungs in fortgeschrittener Adoleszenz. Schlafsäcke, Isomatten, Colaflaschen. Der süße Duft von Gras. Die Stimmung war heiter.

Ea ist Baskenland, das Baskische findet sich in allen Ecken. Ein Hauch von Renitenz liegt über dem Dorf, in den Gassen, zwischen den Häusern. Über Türen und aus Fenstern hängen Transparente. Etxera steht dort in schwarzer Schrift: zwei Pfeile, die aufeinander zulaufen. Etxera, das baskische Wort für „nach Hause“.

Es steht für die Forderung, die 350 Mitglieder der ETA, die noch in spanischen Gefängnissen sitzen – in Einrichtungen weit außerhalb des Baskenlandes -, in die Heimat zu verlegen. Ihre Angehörigen, so ist zu lesen, führen viele hundert Kilometer, um sie zu besuchen. Einige seien bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen.

Außerdem überall zu sehen: die Transparente gegen das zweite Guggenheim-Museum. Urdaibai ez dago salgai steht dort, Urdaibai steht nicht zum Verkauf. Die baskische Regierung und der Aufsichtsrat des Guggenheim-Museums in Bilbao planen nämlich, den Guggenheim-Effekt zu verdoppeln: Im Biosphären-Reservat Urdaibai soll ein zweiter Museumskomplex entstehen, dazu eine lange Spazierbrücke für die vielen zu erwartenden Besucher. In den Dörfern der Gegend findet sich niemand, der dafür ist.

Hintergrund dazu gibt es im Podast Natürliche Ausrede, die Folge mit Klaus Armbruster, ein aus Bremen stammender Sozialwissenschaftler, der seinen Lebensmittelpunkt ins Baskenland verlegt hat. Auch über die Guggenheim-Thematik hinaus sind das sehr erkenntnisreiche zwei Stunden, die ich gerne gehört habe und hiermit weiterempfehle.

Wir suchten eine der sechs Tavernen auf, holten uns an der Theke Pintxos und setzten uns vor die Kneipe an die Straße. Nach einer Weile fielen uns die Poster hinter uns an der Wand auf: Scherenschnitte weiblicher Personen mit baskischem Text. Ich bemühte die Übersetzungs-App.

Es sind die Feminizide des Baskenlandes. Genannt sind der Name des Opfers, sein Alter und wer der Täter war: der Partner, der Ex-Partner, ein Bekannter.


Fest und flyschig | Zwischen Deba und Zumaia, an der Küste des Baskenlandes, gibt es Gesteinsformationen, so gestapelt und geschichtet wie meine Papierablage 2006, bevor ich die Steuererklärung der vergangenen drei Jahre anging.

66 Millionen Jahre Erdgeschichte, geschichtet, geschoben und gedrückt.

Die Landschaft an der Küste ist eine Mischung aus Sauerland und Grafschaft Kork: wellig, sattgrün und voller Kühe, die mit Wanderern spielen wollen. „Folgen Sie dem Auf und Ab“, steht mehrmals im Wanderführer. „Wir wandern einen Weidezaun entlang.“ Und: „Neuerlich erreichen wir ein Weidetor.“

Rother Wanderführer Baskenland, Tour 14: Entlang der Flyschküste von Deba nach Zumaia

  • Entfernung: 15,5 Kilometer
  • Höhenmeter: 700
  • reine Gehzeit: 5 Stunden 30 Minuten, mit Pausen und Staunen 8 Stunden
  • Rückfahrt mit dem Zug

Die Rückfahrt mit dem Zug kostete 1,90 Euro: Fünfzehn Minuten von Zumaia zurück nach Deba. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist im Baskenland ausnehmend preiswert. Egal, ob wir die U-Bahn in Bilbao oder den Euskotren zwischen den kleinen Städten nutzten – wir zahlten nur einen Bruchteil des deutschen Preises. Am letzten Tag fuhren wir für 2,90 Euro von San Sebastian zum französischen Bahnhof in Hendaye – eine Entfernung, vergleichbar mit Preisstufe B im Ruhrgebiet. Die kostet 7,90 Euro.


Sibirische Kälte | Bevor wir nach San Sebastian wechselten, machten wir einen Abstecher nach Vitoria-Gasteiz, der Hauptstadt des Baskenlandes. Die Basken nennen die Stadt auch Siberia-Gasteiz, Sibirisch Gasteiz, wegen der Lage auf der Hochebene, 540 Meter, Jahresdurchschnittstemperatur elf Grad. Immerhin eineinhalb Grad wärmer als in Hamburg, aber das half im konkreten Fall nichts: Als wir dort ankamen, brach ein Wolkenbruch los, der fürderhin nicht mehr aufhörte. Strömender Regen bei sechs Grad Celsius, wir froren bis ins Mark, die Stadt charmant wie Hagen an einem Februarmorgen.

Wir taten das, was man im Baskenland tut: Wir kehrten erstmal in eine Taverne ein und aßen Pintxos. Der Reiseleiter fand heraus, dass es in der Stadt ein Terrorrmuseum gibt. Wir sahen uns Autobomben an. Dann fuhren wir wieder heim.

Platz mit einem Schriftzug aus Gras "Vitor Gasteiz!". Über den Platz laufen in Jacken eingewickelte Menschen.

Nein, das ist etwas verknappt und wird dem Museum nicht gerecht: Das Terrormuseum von Vitora-Gasteiz ist wirklich sehenswert (und kostenlos). Es zeigt die Geschichte der ETA und die jüngste Historie islamistischer Terrorangriffe auf die spanische Gesellschaft. Ich habe viel gelernt, insbesondere über die Historie der ETA – sie entstand in der Franco-Diktatur und war zu Beginn insofern teillegitim, als dass sie sich gegen ein diktatorisches Regime richtete – und die Rolle Frankreichs im Kampf gegen die Organisation. Das baskische Frankreich verhielt sich zunächst neutral und ließ Spanien mit der ETA allein; es handele sich um ein spanisches Problem, hieß es von jenseits der Grenze – mit der Konsequenz, dass die Terroristen in Frankreich unterschlüpften. Erst mit dem Fortschreiten der Jahre beteiligte sich Frankreich am Kampf gegen die ETA, was letztlich in ihrer Zerschlagung und Auflösung mündete.


Donostia – San Sebastian | Im Gegensatz zu Vitoria-Gasteiz kann man sich für San Sebastian einfach erwärmen. Es ist eine Stadt, die sofort das Herz erobert: sonnig, fröhlich, mit Strand und Meer, Musikanten auf der Promenade und Wellenreitern auf dem Wasser.

Es ist wenig so beruhigend wie das Schauen auf Wellen – Wellen, die gegen Steine schlagen. „Das wird eine große Welle“, denkt das Gehirn, fiebert mit und – ach, nein, doch nicht. Aber jetzt, ja, die da vorne, die kommt gut – Wahnsinn, wie die schäumt! Sanftes Schwappen. Da kommt wieder eine, Bämm! Und die nächste. Verfängt sich zwischen den Steinen. Das Wasser wirbelt. Fantastisch!

Desgleichen die Wellenreiter am Abend. Von Wellenreitern hatte ich bislang einen dynamischen Eindruck: Männer und Frauen, die gehockt auf Brettern stehen und in hoher Geschwindigkeit über Wellenkämme gleiten, Athletik mit meernassem Haar. Tatsächlich, so konnte ich beobachten, besteht Wellenreiten im Wesentlichen daraus, auf seinem Brett zu liegen wie eine Robbe und auf eine passende Welle zu warten, die lange nicht kommt. Wenn sie dann kommt, kommt man nicht schnell genug hoch in die Senkrechte, weshalb man weiter warten muss.

Ab und zu stand aber doch ein Wellenreiter auf und ritt ein Stück. Das Ganze ist so dermaßen entschleunigend, ich fühlte mich komplett abgeholt von diesem Sport.

In San Sebastian wurde ich krank. Ich bekam eine monumentale Bronchitis und einen Schnupfen, der den ganzen Kopf verstopfte. Ich litt angemessen fürchterlich.


Hendaye | Den letzten Tag der Reise verbrachten wir in Hendaye, Frankreich. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie auf wenigen Kilometern, mit dem Schritt über eine Grenze, die Sprache wechselt. Auch gibt es mit einem Mal keine Tavernen und keine Pintxos mehr. Auch keine Hochhäuser. Stattdessen deutlich höhere Preise.

Wir verbrachten einen Tag am Strand, nickten ein, lasen und beobachteten Unterrichtsstunden im Wellenreiten. Familien bauten Sandburgen. Kinder quengelten nach Eis. Junge Männer beim Strandfußball. Alte Männer mit Lederhaut beim Sonnenbad.


Rückreise | Die Rückreise war einerseits beeindruckend reibungslos – 1.400 Kilometer durch Europa in zwölf Stunden, alles war pünktlich und flutschte – und andererseits überraschend unkomfortabel.

TGV am frühmorgendlichen Bahnhof von Hendaye

Sowohl TGV als auch Eurostar sind nicht für große Menschen mit langen Beinen gebaut. Als dann noch durchgehend die Klimaanlagen versagten, war es nicht nur eng und orthopädisch fragwürdig, sondern brachte mich in einen Zustand, in dem ich mich nur noch monoton vor- und zurückwiegen wollte – wenn denn Platz gewesen wäre. Der Schnupfenschädel tat sein Übriges.

Fazit zum Verkehrsmittel allerdings: Kann man gut machen. Die Bahnfahrt verlief sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg völlig problemfrei, der Wechsel der Landschaften war wohltuend entschleunigend.


Schweine | Die Neigungsgruppe Löwenzahn genießt die beste Zeit des Jahres:

Vier Meerschweine vor einem Berg Löwenzahn, fressend

Acht Nächte in sechs verschiedenen Betten zwischen Hannover und Bilbao

13. 04. 2025  •  7 Kommentare

Aus der Ermita | Die vergangenen acht Nächte habe ich in sechs verschiedenen Betten verbracht. Allerdings immer mit demselben Mann, mitunter auch gänzlich ohne Begleitung. Deshalb habe ich eine Menge zu erzählen. Schnallen Sie sich an, es geht los.

Aktuell sitze ich am Fenster der Ermita de San Bartolomé und schaue in den Regen.

Im Vordergrund das Dach eine kleinen Hauses und ein Baum mit blauen Blüten, im Hintergrund regen- und nebenverhangene, bewaldete Berge

Hinter den Bergen und hinter dem Nebel ist das Meer, eine Bucht im Dorf Ea an der spanischen Biskaya. Das Dorf hat einen Friedhof, zwei Kirchen und sechs Tavernen, aber keinen Arzt und keinen Bäcker. Für Lebensmittel muss man dreißig Minuten über kurvige Landstraßen fahren.

Aber beginnen wir von vorn. Das macht es einfacher.


Ein Bett in Hannover | Die erste der vergangenen sechs Nächte, die ich in einem der unterschiedlichen Betten schlief, verbrachte ich fernab von Spanien in Hannover – Arbeitswochenende meines Agora Club Tangent. Einmal im Jahr geht zu für zwei Tage irgendwohin, um die Freundschaft untereinander zu pflegen, Kultur zu genießen und gegebenenfalls andere Clubs zu treffen. Ziel des Agora Club Tangent ist die Vertiefung von Kontakten unter Frauen, national und international.

Dieses Jahr war ich die Organisatorin des Ausflugs. Ich buchte uns in die Gästeresidenz im Hannoveraner Pelikanviertel ein und organisierte eine Führung zur Firmengeschichte von Pelikan. Das Thema stand mir nahe, denn ich hatte damals mit einem roten Pelikano schreiben gelernt – zu einer Zeit, in der es noch keines Füllerführerschein bedurfte. Die Damen des Clubs, mich eingeschlossen, sind alle in einem Alter, in dem wir gerne in Reminiszenzen an unsere Kindheit schwelgen. Eine Reise ins eigene Federmäppchen sollte also grad das Richtige sein.

In der Tat war es ein interessanter Rundgang – speziell in Hinblick auf die Wirtschaftsgeschichte der vergangenen eineinhalb Jahrhunderte. Pelikan, so lernte ich, wurde einst mit der Industrialisierung groß. Als zunehmend Stahl, Maschinen und Chemieprodukte hergestellt wurden, brauchte es gleichermaßen Tinte, Schreibbänder und Kohlepapier, um die Korrespondenz abzuwickeln. Die Firma wuchs und wuchs – und mit ihr der Platzbedarf: Der Bau des Firmensitzes in der Hannoveraner List war damals die größte Stahlbetonbaustelle Europas.

Backsteinfassade des Pelikangebäude ins Hannover

Man erfand die dokumentenechte Tinte (4001), kleckssichere Tintenleiter und die Kolbenfüllmechanik mit Differentialgetriebe. Die Produkte von Pelikan entwickelten sich allerdings nicht nur mit der Industrialisierung, sondern auch mit dem Zeitgeist. Der Tuschkasten, den ich auch in der Schule benutzte, gab es seit den 1930er Jahren. Es war der erste Wasserfarbkasten speziell für Kinder. Sämtliche Modelle davor richteten sich ausschließlich an professionelle Maler. Mit meinem Farbkasten setzte Pelikan auf eine pädagogische Idee, die damals neu war: Dass Kindheit eine Lebensphase ist, die frei von Arbeit sein soll und ausschließlich dem Lernen und der Entfaltung dient. Mit dem Malkasten für Kinder kamen auch die Wachsmalstifte im Metallkasten.

1. Farbenkasten mit Deckfarben 1930

Halten wir fest: Ich bin nun also in einem Alter, in dem Alltagsgegenstände aus meiner Kindheit in Museen ausgestellt werden.

Heute gibt es in Hannover nur noch einen kleinen Werksverkauf im Pelikan-Tintenturm und die Führungen durch den geschichtsträchtigen Saal, in dem erst die Lateinische und dann die Vereinfachte Ausgangsschrift entwickelt wurden. Die Firma Pelikan gehört nach turbulenten Zeiten zur französischen Groupe Hamelin, die auch den gesamten Vertrieb übernommen hat.

Im Anschluss führte uns der Weg zu Feinkunst e.V. und dort zur Austellung der Malerin Lillien Grupe. Die Bilder gefielen mir außerordentlich gut. Nicht nur, weil ich realistische Malerei mag, sondern weil ihre Bilder Themen unserer Zeit aufgreifen und viel Interpretationsspielraum lassen.


Ein Bett in Haltern und eins in Köln | Nachdem ich in Hannover war, verbrachte ich zwei Nächte daheim. Dann brachen der Reiseleiter und ich nach Köln auf, für eine Nacht im Hotel Ibis im Bahnhof. Am nächsten Morgen wollten wir sehr früh am Bahngleis sein.

Die Nachtruhe war begleitet von den Lebensäußerungen vielfältiger Trunkenbolde. Als mir morgens um Fünf das Hotelduschgel „Rock you Body!“ entgegenschrie, lag mir nichts ferner. Im Zug aß ich ein Birchermüsli mit der Aufschrift „Funk’n’Fit“ und schlief danach sofort ein. Kein Rock, kein Funk, nur ein nach vorne kippender Kopf in den engen Sitzreihen des Eurostar nach Paris.

In Paris wechselten wir den Bahnhof und fuhren weiter Richtung französisch-spanische Grenze. Erst 600 Kilometer bis Bordeaux – eine Fahrt von lediglich zweieinviertel Stunden, sehr beeindruckend -, dann weiter bis nach Biarritz, wo wir außerplanmäßig aus dem Zug entlassen wurden: Durch einen Oberleitungsschaden hatte er zu viel Verspätung eingefahren. Als geübte Bahnfahrer fühlten wir uns ganz wie zuhause. Die Pofalla-Wende – man praktiziert sie also auch in Frankreich.

Blick unter Bedachung eines Gleises hervor auf Häuser und eine Straße, im Vordergrund das Bahnhofsspild von Biarritz

Mit dem Regionalzug ging es weiter.


Ein Bett in Irún | Auf der Fahrt durch Frankreich war ich mehrmals eingenickt, so dass ich funk’n’fit am Ziel in Hendaye ankam. Wir gingen zu Fuß hinüber nach Spanien – man muss lediglich eine Brücke über den Grenzfluss Bidasoa überqueren -, schauten in einer Taverne die Niederlage des BVB beim FC Barcelona und übernachteten in einem historischen Hotel in Irún.


Ein Bett in Bilbao | Am nächsten Tag ging es weiter nach Bilbao. Falls ich in Zukunft je wieder auf die Idee kommen sollte, mit einem Fernbus fahren zu wollen, erinnern Sie mich bitte an die Busfahrt dorthin. Sie dauerte zwei Stunden, und ich verbrachte sie größtenteils liegend, denn mein Sitz war defekt. Immer, wenn ich die Rückenlehne hochstellte, senkte sie sich schleichend wieder nach hinten, bis ich dalag wie ein gestrandeter See-Elefant. Meine Fußspitzen waren in der Enge der Sitzreihe verkeilt, in meine Kniescheibe bohrte sich ein Haltegriff.

Es war ein Doppelstockbus. Wir hatten den Platz oben, direkt vorne hinter der großen Frontscheibe. Dennoch sahen wir nichts: Die Scheibe war flächig bedeckt mit Insektenleichen vergangener Jahrzehnte. So lag ich also im schwankenden Bus, festgeklemmt und die Augen geschlossen, denn zu sehen gab es ja nichts. Man fuhr mich durch baskische Industriegebiete, und ich wartete, zart reisekrank, dass die Fahrt vorüberging.

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir in Bilbao. Die Stadt erinnerte mich erheblich an Wuppertal: ein Tal, ein Fluss und tiefe, sich am Wasser entlang ziehende Häuserschluchten.

Blick von einem Hügel auf Bilbao

In Bilbao sieht man allerdings, was in Wuppertal möglich wäre, wenn es nicht Wuppertal wäre, sondern in Spanien läge, wenn es ein paar mehr Palmen gäbe und wenn Norman Foster und die Guggenheim-Stiftung vorbeikämen. Erstaunlicherweise nimmt der Wikipedia-Artikel über Bilbao sogar Bezug zu Wuppertal:

Allerdings gelang es der Stadt nach dem Höhepunkt der Krise im Jahr 1985, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten zu diversifizieren und seit Anfang der 1990er Jahre vom Image einer hässlichen, grauen, schmutzigen Industriestadt loszukommen, das ihr jahrzehntelang anhing.

Der inzwischen Bilbao-Effekt (auch: „Guggenheim-Effekt“) genannte Boom versetzte die durch eine hohe Arbeitslosigkeit belastete Industriestadt Bilbao in prosperierenden Taumel und wirkte sich auch auf das ganze Land aus. Voraussetzung war die Integration der sich über 15 Kilometer entlang der Trichtermündung des Nervión hinziehenden heterogenen Stadtteile, die zusammenhanglos wie in Wuppertal vor dem Bau der Schwebebahn kaum urbane Identität stifteten. 

Was es in Wuppertal auch nicht gibt – im Gegensatz zu Bilbao -, sind Aufzüge und Rolltreppen, um die irrwitzigen Höhenunterschiede zu überwinden. Das ist ein überaus guter Service. Besonders von der Rolltreppe im dritten Bild machten wir rege Gebrauch, denn sie führte zu unserer Wohnung.

Die Wohnung war eine Wohlfühloase – für Maulwürfe: kalt, klamm und ohne Tageslicht, mit einer Aussicht auf ein Baugerüst und eine dunkle Gasse. Zwar gab es mehrere Raumluftentfeuchter, und in allen Zimmern waren Duftspender verteiler. Doch all das half nichts, um die feuchte Tristesse zu lindern. Wir hielten uns vor allem draußen auf.

Draußen – das sind die vielen Straßen und Gassen, die Parks, der Grünstreifen entlang des Nervións, das sind die Restaurants und die Tavernen allerorten in der Stadt. Die Gassen münden auf Plätze, auf denen Kinder bis in den Abend hinein Fußball spielen. Mit wilder Ernsthaftigkeit dribbeln und schießen sie und fegen den Erwachsenen in den umliegenden Bars vino und cerveza von den Tischen. Niemand nimmt es ihnen übel. Es ist laut, es ist voll, und es ist voller Leben. Man möchte stundenlang sitzen und die Leute anschauen. Haben wir auch getan.

Zu guter Letzt: das Guggenheim-Museum. Wenn Sie mich fragen, genügt ein Blick von außen und ein Betreten des Foyers. Denn auf den Etagen: sehr viel Raum für mäßig viel Kunst, die mir wenig gegeben hat. Wahrscheinlich liegt es an mir. Ich bin nicht für moderne Kunst geschaffen; ich erkenne gerne etwas – so wie bei Lillien Grupe.

Protagonist ist jedenfalls das Gebäude. Ein wahrlich beeindruckendes Werk.


Ein Bett in Ea |  Nach zwei Tagen in Bilbao haben wir nach Ea verlegt. Wir wohnen auf einer kleinen Gehöft in den Bergen südöstlich des Dorfes. Die Unterkunft ist warm und hat Tageslicht, wir sind total begeistert.

Wohn-Schlafraum mit Bett, einem Regal, einem Sofa und einem Ofen. Es ist hell und freundlich, viel Holz, Teppich und Fliesen.

Auf dem Weg nach Ea hielten wir in Gernika. In Gernika hat die deutsche Luftwaffe für den Zweiten Weltkrieg geübt: Am 26. April 1937, während des Spanischen Bürgerkriegs, kam sie den Franco-Faschisten zur Hilfe und warf alles ab, was verprobt werden musste, vor allem Spreng-, Splitter- und Brandbomben. Die Toten waren nahezu alle Zivilisten: Männer, Frauen und Kinder in Gernika. Der Angriff hat das Dorf tief geprägt: Auf dem zentralen Platz des Ortes erinnern historische Bilder an die Zerstörung.

Noch im Jahr des Angriffs schuf Pablo Picasso das Gemälde Guernica oder die Schrecken des Krieges – eine Nachbildung aus Keramik ist in der Stadt zu sehen.

Heute hat Gernika ein Friedensmuseum, und als wir ankamen, feierte die Schule gerade ihre Abschlussklasse: Junge Menschen in Motto-T-Shirts aßen, tranken und hörten laut Musik. Wir aßen Pintxos im Stadtzentrum – eine kulinarische Tradition, die Deutschland unbedingt importieren sollte: kleine Häppchen, ausgestellt auf der Theke einer Taverne. Man bekommt einen Teller und bezahlt, was man sich nimmt. Sehr gut, sehr sättigend.

Im Museum des Baskenlandes lernte ich anschließend: Die Basken sind mit Bertsolaritza quasi die Erfinder des Poetry Slams. Na sowas!


Bettenstop für die nächsten vier Tage | Das waren nun wahrlich viele Betten in kurzer Zeit. In den nächsten Tagen bleiben wir hier vor Ort, wandern und essen Pintxos. Ich werde zu gegebener Zeit Weiteres berichten.


Gelesen | Nach vielen Wochen hat Frau Herzbruch aufgeschrieben, was ihr widerfahren ist.


Schweine | Keine Meerschweinfotos aus Spanien, dafür eine Katze. Sie wohnt hier im Haus und ist die ganze Zeit in unserer Nähe, möchte aber auf keinen Fall den Eindruck erwecken, uns irgendwie nett zu finden.

Schwarze Katze auf einer Fensterbank

Heute Nacht stand sie plötzlich in unserem Zimmer, hereingesprungen durchs gekippte Fenster, und setzte gerade an, zu uns ins warme Bett zu kommen, als wir erwachten und sie bemerkten. Mit einem dramatisch-versnobten „Ich will gar nicht hier sein, ich bin nur versehentlich durchs Fenster gefallen“-Gestus wandte sich ab in Richtung Tür und wartete missbilligend, dass wir sie hinausließen.

Ein Ausflug nach Den Haag: Kunst in Öl, Stahl und Silikon – dazu Appeltaart

21. 10. 2024  •  4 Kommentare

Menschen und Meister | Womit beginnen? Vielleicht mit den Menschen aus Fieberglas und Silikon. Oder mit den furchtbar hässlichen Bauten am Strand. Oder mit der Kreuzung vor dem Haus im Statenkwartier, an der sich alles von selbst regelte.

Ach, lassen Sie mich mit den Alten Meistern beginnen. Die hingen im Mauritshuis, dem Adelspalais mit der Königlichen Gemäldegalerie.

Vor den Alten Meistern standen Jungs in der Zentralpubertät: Buzzcut, Sneaker, Goldkettchen, übergroße Sweatshirts. Vor ihnen hingen nicht nur Rembrandt und Vermeer, vor ihnen stand auch der Museumführer, ein Mann in den Dreißigern mit Vokuhila, Schnurrbart, knallbuntem Pulli, volltätowierten Armen und Tunneln in den Ohrläppchen – ein Mann mit Street Credibility bei der Jugend. Er gestikulierte und dirigierte die Gruppe: Die Jungs sollten sich umdrehen und an Teile des Bildes erinnern, sie mussten raten und wurden hineingezogen in die Geschichte einer Leichenschau. Es war nicht weniger als ein kleines Wunder: Die Jungs hörten zu und stellten Fragen. Und der Museumführer erzählte mit dem Tonfall eines Gangsta Rappers und der Leidenschaft eines Kunsthistorikers. The kids are alright, wenn wir uns ein bisschen bemühen.

Tags zuvor waren wir in einem anderen Museum, dem Museum Voorlinden in Wassenaar. Wir fuhren mit dem Fahrrad dorthin: Waassenaar liegt etwa zehn Kilometer von Den Haag entfernt. Der Reiseleiter fuhr mit dem eigenen Rad. Er war mit ihm bis nach Den Haag geradelt – in zwei Tagen, 250 Kilometer. Ob ich auch radlen wolle, hatte er mich Wochen zuvor gefragt. 120 Kilometer radfahren, schön und gut, sagte ich, aber doch nicht zwei Tage hintereinander und nicht im Oktober bei neun Grad. Nein, antwortete ich, das könne er gerne alleine tun. Ich fuhr mit dem Zug.

Weil ich kein eigenes Fahrrad vor Ort hatte, musste ich mir eins mieten. Das mache ich immer ungern, weil ich diesen Körper habe, der lang und unproportional ist, mit viel Bein und einem kurzen Oberkörper. Ich ging zu einem Fahrradverleih, der mir sein größtes, aber dennoch winzig kleines Fahrrad lieh. „Ich komme mir vor wie auf einem dieser Pucky-Kinderräder“, sagte ich, während ich mit Knien an den Ohren hinter dem Reiseleiter durch die Dünen eierte. „So siehst du auch aus“, meinte er aufmunternd und schaltete auf seinem neuen fancy Gravel-Bike einen Gang runter, damit ich hinterherkam.

Das Museum Voorlinden stellt aktuell Ron Mueck aus, dessen Plastiken ich aus Aarhus kannte. Deshalb wollte ich unbedingt nach Voorlinden; die Figuren sind ein einmaliges Erlebnis. Man denkt, sie wollten jederzeit aufstehen und zu leben beginnen; erst würden sie einem zuzwinkern, dann sanft die Finger bewegen, dann sich stöhnend strecken, verspannt vom langen Stillhalten. Alles ist fesselnd an diesen Figuren: die Hände, die Füße, Hautfalten, Muttermale, Alterswarzen und Narben, winzige Haare auf dem Körper, dazu der Blick, die Banalität der Körper, die profanen Erscheinungen jenseits von Schönheitsnormen. Dazu erzählt jede Plastik eine Geschichte. Das Paar unter dem Sonnenschirm zum Beispiel: Warum trägt sie einen Ehering, der sich schon in die Haut eingegraben hat – und er keinen? Geht sie fremd mit ihm? Oder trägt sie den Ring als Andenken an ihren verstorbenen Mann und hat ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Toten – jetzt, wo sie sich sachte auf etwas Neues einlässt? Vielleicht sind es auch nur zwei Freunde, die unter dem Schirm sitzen, innig, aber platonisch. Oder gar Bruder und Schwester. Aber warum greift er dann so fest ihren Arm?

Beeindruckend auch Richard Serras Skulptur Open Ended: vier Meter hoch, 18 Meter lang, 216 Tonnen schwer. Man geht hinein und denkt, nach einer Kurve gehe es wieder hinaus. Aber die Skultur windet sich, man wendet sich, ein diffuses Gefühl von Angst kommt auf – und gleichzeitig eine kribbelige Faszination. Wunderbar.

Eine Frau vor eine sehr grißen Skultur von ineinander geschachtelten Eisenwänden

Immer dort: der Swimmig Pool von Leandro Erlich, exklusiv desgint für Voorlinden. Der meist ge-instragrammte Ort des Museums.

Vanessa in einem künstlichen Pool. Es  sieht aus wie unter Wasser

Museum Voorlinden – meine uneingeschränkte Empfehlung (und die Appeltaart im Café ist auch gut).

Von bemerkenswerter Hässlichkeit ist Scheveningen, direkt westlich von Wassenaar. Fragt man ChatGPT, warum das so ist, bekommt man die Antwort:

Es gibt auch viele, die die Strandpromenade und die Aktivitäten dort schätzen. Schönheit liegt oft im Auge des Betrachters! 

Eine KI mit tadelndem Blick, soso. Verhungern tut man dort jedenfalls nicht: Imbisse reihen sich an Restaurants, an Büdchen und an Bars. Wenn man ein Appartment in einem dieser Hochhäuser hat, im zehnten oder zwölften Stock, ist das bestimmt schön: Man hat eine tolle Aussicht aufs Meer – und sieht außerdem man den Betonklotz nicht.

Wir wohnten im Statenkwartier, in komfortabler Radelentfernung zwischen Zentrum und Scheveningen in einem Appartment, in dem ich mich fühlte wie bei Downton Abbey. Genau genommen war es auch kein Appartment, sondern es waren zwei Zimmer in einem Stadthaus. Wir fragten uns, wie hier wohl einst gewohnt wurde: Oben das Personal, darunter die Kinder, im Erdgeschoss die Küche? Wo waren Salon und Bibliothek? Ich muss das gar nicht unbedingt wissen; es war ausreichend, gedanklich die Möglichkeiten durchzuspielen und wie in einem Puppenhaus Möbel und Figuren zu schieben.

Wohnung im Statenkwartier: Wohnraum mit Fensterfron, einem Ledersofa, einem Esstisch und einer Kommode. Es sieht alles sehr nach Anfang des 20. Jahrhunderts aus.

Vor dem Haus befand sich eine Kreuzung: eine Spur Richtung Norden, eine Spur Richtung Süden, dazwischen ein breiter Gründstreifen mit Bäumen, die Straße gepflastert. Von West nach Ost verläuft die Frederik Hendrikslaan, eine Einkaufsstraße mit viel Fahrrad- und etwas Autoverkehr. Auf der Kreuzung war ein munteres Miteinander verschiedener Verkehrsmittel: Autos, Busse und Fahrräder, Lastenräder und Transporter, Fußgänger und Rollerfahrer. Die Grundregel war Rechts vor Links – auf dieser Basis einigte man sich, nickte sich zu, winkte sich durch und achtete einander. In Deutschland hätte man sofort und reflexhaft eine Ampel installiert, eine ordnende Lichtsignalanlage, die das Durcheinander organisiert, zur Sicherheit aller, vorsichtshalber, in jedem Fall regelkonform.

Was auf der Kreuzung vor dem Haus funktionierte, war das Gefühl überall auf den Straßen: Alle sind gleichberechtigt, man achtet sich, ist nachsichtig.

Zum Abschluss noch etwas Herbst.

Allee aus Bäumen, es stehen Bänke am Rand. Der Boden ist voller Laub.

Kaufrausch | In den Niederlanden bin ich zuverlässig Opfer von Buchläden und ihrem hervorragend kuratierten englischsprachigen Sortiment.

Fünf Bücher: Tell Me Everything (Elizabeth Strout), Less is Lost (Andrea Sean Greer), Same as is ever was (Claire Lombardo), The Trouble with Goats and Sheep (Joanna Cannon) und Eligible (Curtis Sittenfeld)

Außerdem mitgebracht: Vanilleskyr. Nicht der von Arla, sondern der isländische.


Gelesen | Adriana Altaras: Besser allein als in schlechter Gesellschaft. Die Geschichte von Tante Jele, die das Konzentrationslager überlebte und später ihren Mann, die ihre norditalienische Schwiegermutter überdauerte, die kein Gehör mehr hat, aber immer einen guten Ratschlag, die in Zagreb aufwuchs und in Mantua lebte. Eine historisches Leben, allerdings etwas verworren erzählt, mit einigen Redundanzen.

Gelesen | Gina Mayer: Die Schwimmerin. Es ist 1962, Betty zieht mit ihrem Mann Martin in eine eigene, kleine Wohnung. Sie gibt die Arbeit auf, Familiengründung steht an. Parallel wird die Bettys Jugend erzählt: der Zweite Weltkrieg, die Flucht aufs Land, das Dasein als Außenseiterin, die erste Liebe. Gerne gelesen.

Gelesen | Jane Campbell: Bei aller Liebe, aus dem Englischen von Bettina Abarbanell. Eine kleine Geschichte über Agnes, ihren Onkel Malcolm und ihren Therapeuten Joseph. Malcolm nimmt sich vor, ein Geheimnis zu lüften. Agnes erholt sich gerade von einer Affäre. Und Joseph freut sich, seine Klientin Agnes wiederzusehen, die ihm einst viel bedeutet hat. Sehr gern gelesen.

Buch "Bei aller Liebe" mit einem eingerollte Igel auf dem Cover neben einem Glas Wein, einer Kerze, Knabberzeug und einem Lesezeichen.

Gesehen | Lee, im Kino in Den Haag. Der Film erzählt das Leben der Fotografin Lee Miller (Kate Winslet), die bei der Befreiung Frankreichs von den Nazis dabei war und die Befreiung der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald dokumentierte. Ich kannte Lee Miller vorher nicht. Erhellend und beeindruckend.

Gelesen | Frau Herzbruch wollte ihre Heizung klimafreundlich sanieren und außerdem Wohnraum schaffen – und scheiterte. Jetzt gibt es erstmal eine neue Gastherme.

Gehört | Geschichten aus der Geschichte: Die Erfindung der Lochkarte, die Anfänge der automatisierten Datenverarbeitung und die Gründung von IBM.

Gelesen | Ulrich Stock schreibt darüber, wie seine Tochter erwachsen und selbstständig wird [€] – auf eine Art und Weise, die ihm einiges abverlangt. Habe mich gut amüsiert.

Gelesen | Herr Giardino urlaubt auf der Isle of Mull.


Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie wichtig sind Nachbarinnen und Nachbarn?“

Ich kenne keine Studien dazu, deshalb kann ich die Frage nicht grundsätzlich, sondern nur für mich persönlich beantworten. Ich habe gerne Nachbar’innen. Ich hatte schon viele sehr sympathische Menschen neben, unter und über mir wohnen, alte und junge Menschen, Menschen vieler Nationen, darunter auch freundliche Deutsche – Leute, mit denen ich Fußball geschaut habe, die mir geholfen haben, denen ich helfen konnte.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Man muss nicht dick Freunde werden, aber es ist doch wunderbar, wenn man mal eben anklingeln kann, weil Sonntag ist und man ein Päckchen Backpulver braucht oder weil man jemanden sucht, der im Urlaub den Briefkasten leert; jemand, der eventuell weiß, warum auf dem Feld nebenan letztens Vermessungsgeräte standen; jemand, zu dem man rüberlaufen kann, wenn ein Notfall eintritt – und der’die vielleicht sogar so sympathisch ist, dass man zweimal im Jahr eine Limo miteinander trinken mag.

Nachbar’innen zu haben, gibt mir das Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit.


Schweine | Während der Reiseleiter und ich in den Niederlanden weilten, waren die Schweine in der Obhut meines Vaters und meiner 82-jährigen Tante. Sie – also der Vater und die Tante – hüteten Haus und Stall und nutzten die Zeit, um dem lokalen Handel und der örtlichen Gastronomie Gutes zu tun.

Die Schweine, sie hängen nicht an Personen. Ihre Liebe gilt einzig der Nahrung, nicht der Quelle.

Schwein reckt sich nach oben und hangelt mit geöffnetem Maul nach Kräutern im Topf.

Die letzten Tage in Skagen, Rückreise mit royalen Eierbechern, nun Akklimatisierung

31. 07. 2024  •  8 Kommentare

Die Zeit, ein sanfter Fluss | Ich bin zu Hause und habe noch Urlaub. Das ist ein wunderbarer Zustand. Ich lebe in den Tag hinein, schwimme, fahre Rad, pruschele im Garten herum oder liege auf der Terasse und lese.

Terasse mit vielen Blumen in Töpfen, darüber ein großer Sonnenschirm und ein Liegesofa

Dazu Olympia! Ich liebe die Kombination Sommer plus Olympische Spiele plus frei haben. Das perfekte Entspannungsprogramm.

Ich schaue mir Randsportarten an. Judo und Skateboard zum Beispiel, sehr interessant. Oder Wasserspringen; bei den Synchronwettbewerben kann man auch als Laie gut erkennen, wie gelungen das Dargebotene ist, dazu die Drehungen und Überschläge – famos! Am besten einnicken kann ich beim Reiten; das Hufgetrappel, Wahnsinn, ein Blutdrucksenker. Auch Tennis und Tischtennis – *plok plok plok plok plok … *plick plick plick plick plick …

Nach einer Woche reinen Müßiggangs beginne ich außerdem langsam mit meiner Wiedereingliederung: Gestern habe ich eine Stunde E-Mails beantwortet, morgen werde ich zwei Stunden arbeiten, Freitag drei Stunden. Nächste Woche nähere ich mich irgendwann der Vollzeit, werde das aber vom Wetter abhängig machen. Nichts überstürzen.

Es ist nun außerdem Zeit, entspannt die Dinge zu tun, die ich sonst irgendwie dazwischenquetschen müsste: Gesundheits-Check-up, Hautkrebs-Screening, Impfstatus optimieren, Friseur, Steuererklärung, Winterwolldecken durchwaschen.


Kaltakquise | Seit ich wieder zu Hause bin, fuhr ich zweimal mit dem Rad in die Stadt. Beide Male nahm mir an derselben Stelle ein Leichenwagen die Vorfahrt. Man könnte ein Geschäftsmodell vermuten.


Die letzten Reisetage | Lassen Sie mich noch von den letzten Tagen in Dänemark berichten. Nachdem wir in Skagen angekommen waren, verbrachten wir noch drei Tage dort und einen Tag in Süddänemark, in Kolding.

Der erste Weg in Skagen führte an die Nordspitze nach Grenen – dorthin, wo Nord- und Ostsee aufeinandertreffen. Wie schon beim ersten Besuch finde ich es faszinierend, wie deutlich man das sieht.

Während wir im Oktober 2021, als wir erstmalig mit dem Rad nach Skagen fuhren, fast allein an dieser Stelle standen, waren wir diesmal Teil einer großen Bewegung. Menschen in Schuhen und Schlappen, barfuß, mit Kindern und ohne Kinder, mit Hunden, manche in T-Shirts, andere in Schals und Steppjacken – alle marschierten sie zur Nordspitze Dänemarks, um dort mit den Füßen im Wasser zu stehen und Fotos zu machen.

Gleichzeitig fuhr ein Trecker mit einem Planwagen diejenigen, die nicht laufen konnten oder laufen wollten, durch den Sand. Er spuckte sie aus, es war Zeit für ein Foto, dann stiegen die Leute wieder ein.

Wir waren an diesem Tag also Mitglieder einer Völkerwanderung, Teil des touristischen Overkills. Denn natürlich standen auch wir mit den Füßen in beiden Meeren und machten Fotos.

Der Grund, warum in Skagen so viel los war, war nicht nur, weil es dort schön ist, sondern weil wir die Kalenderwoche 29 hatten.

If you’re someone who enjoys a calm and peaceful atmosphere, it’s best to steer clear of visiting Skagen during week 29.

The Soul of Denmark

In Kalenderwoche 29 fallen reiche Leute aus Kopenhagen in Skagen ein, vor allem junge Menschen. Sie fahren in teuren Autos durch die Stadt, trinken Alkohol und haben, nun ja, Spaß. Sie nennen es „Hellerup“. Wir wussten von alldem nichts, bis wir dort ankamen.

During Week 29, otherwise called Hellerup week, wealthy youngsters all flock to Skagen in their million kroner cars and expensive boats for a week of fun, loud music, and heavy drinking – there is not much tranquility during this time. On the other hand, if you like looking at super fancy cars, this is a perfect time to visit. Why is it called Hellerup Week? Hellerup is an upscale area in Copenhagen, home to embassies and luxurious houses. Young people living there picked a week to go to summer houses together to have fun. Not coincidentally, the zip code to this area is 2900. Hence, week 29 became Hellerup week.

The Soul of Denmark

Unsere Gastgeberin in Mitteljütland hatte das Phänomen schon mit den Worten „Porsche, Polo-Shirt, Pullover über den Schultern“ anmoderiert. Das traf es ganz gut. Ich beobachtete außerdem, dass mindestens ein Kleidungsstück weiß sein musste, entweder die Hose (bei den Herren) oder die Bluse (bei den Damen), wenn man nicht gleich ganz in Weiß ging, die Damen in äußerst knappen Kleidern.

Wir wohnten im Danhostel Skagen. Mit uns auch Hellerup-Reisende. Das Danhostel war so vorausschauend, Familien und Party-Jugend getrennt voneinander unterzubringen, die Familien im Erdgeschoss, die Partyjugend im Obergeschoss und in einem Nebengebäude. Dennoch waren die Hellerupper:innen allgegenwärtig. Allabendlich durchzogen Parfum- und Deodorant-Wolken das Haus. In den Bädern, auf den Fluren und in der Küche wurden Zähne geputzt, Haare gerichtet und Nägel lackiert. Vorglühen im Hof, in der Gemeinschaftsküche, in den Gängen. Dann ging es hinaus in die Nacht. Ich beobachtete das Treiben mit einer gewissen Reminiszenz und war gleichzeitig froh, nicht mehr Teil dieser Unternehmung sein zu müssen. Ach, was war das damals alles anstrengend.

Wir erlebten Skagen vor allem tagsüber, badeten am Strand, besuchten die versandete Kirche, das Bunkermuseum und das Skagen Museum. Letzteres stellt Werke der Skagen-Maler und -Malerinnen aus.

Faszinierend an den Gemälden: Die Skagen-Maler malten oft Menschen, die es wirklich gab. Deren Namen standen dann neben dem Bild. Nahbare Kunst.

Besonders beeindruckend: Die Männer von der Kopenhagener Börse.

Ölgemälde mit fünfzig Männern in schwarzen Anzügen in Zylindern. Sie stehen in Gruppen beieinander in einem herrschaftlichen Raum.

Im Jahr 1892 kam der dänische Ingenieur und Geschäftsmann Gustav Adolph Hagemann auf die Idee, die einflussreichsten dänischen Geschäftsmänner auf einem Gemälde zu vereinen. Es sollte öffentlichkeitswirksam in der Kopenhagener Börse hängen. Hagemann brachte direkt eine Finanzierungsidee mit: Wer auf dem Bild repräsentiert sein wollte, bekam für 500 Kronen einen Platz in der vorderste Reihe und für 300 Kronen einen Platz in der Mitte. Für 100 Kronen landete man im Bildhintergrund.

Hagemann wandte sich an den Maler Peder Severin Krøyer. Krøyer hatte es bei der Anfertigung des Bildes nicht leicht: 50 Herren griffen in ihre Schatullen, darunter – um nur ein Beispiel zu nennen – der rotbärtige Herr vorne rechts; das ist Philip Heyman, der Gründer der Tuborg-Brauerei (die übrigens im Hafen von Hellerup, siehe oben, gegründet wurde). Der Maler musste also 50 Männer platzieren, abhängig von dem Preis, den sie gezahlt hatten, und unter Berücksichtigung ihrer Befindlichkeiten. Gleichzeitig sollte das Bild die Beziehungen, Allianzen und Konflikte der Geschäftsmänner zeigen. Dünnes Eis! Krøyer vollendete das Werk nach nur drei Jahren, 1895. Es hing lange in der Kopenhagener Börse, bis es ins Skagen Museum kam.

Panoramabild des Strandes, die Sonne ist untergegangen, ein Haus steht im Sand

Am letzten Abend: Sonnenuntergang an der Westküste.

Nicht auf dem Bild: die Mückenschwärme, die uns auf unserem Weg zurück durch die Dünen begleitete. Nur, wenn wir uns im Stechschritt (haha, Wortspiel!) bewegten, hatten wir eine Chance.

Am Tag darauf machten wir uns auf dem Heimweg. Wir fuhren nicht in einem Rutsch nach Hause, sondern zunächst mit dem Zug nach Kolding, in Süddänemark. Dort übernachteten wir noch einmal. Mit fünf Fahrrädern, drei Kindern und zehn Gepäcktaschen wollten wir beim großen Bahn-Bingo das Risiko gering halten.

In Kolding besuchten wir noch das Koldinghus, ein dänisches Königsschloss. Mir war sofort sehr royal zumute.

Im Museumsshop kaufte ich königliche Spültücher. Ich werde mich bei der Hausarbeit nun sehr hoheitsvoll fühlen (und der Reiseleiter auch, es durchdringt ihn nur noch nicht so wie mich).

Noch eine Anmerkung für die Abteilung #bildungsblog: Ein Herr Oeder, seine Zeichens Arzt und Botaniker, begann Ende des 18. Jahrhunderts damit, die dänische Pflanzenwelt zu dokumentieren und malte Pflanzen auf Karten. Er nannte die Dokumentation Flora Danica. Dem dänischen Kronprinz und späteren König Friedrich VI. gefiel die Sammlung. Er bestellte ein Speiseservice mit den Motiven der Flora Danica: Teller, Tassen und Servischüsseln, auf denen Pilze, Stauden, Blumen, Gräser und Gestrüpp zu sehen sind.

Zum Service gehören auch Eierbecher, und hier möchte ich auf ein Kuriosum hinweisen, das Ihnen, sollten Sie mal bei „Wer wird Millionär?“ auf dem Stuhl sitzen, möglicherweise zu Reichtum verhilft: Die Deutschen – oder das, was damals deutsch war – aßen ihr Ei gerne liegend (das Ei lag, nicht der Esser), während Franzosen (und sicherlich auch Französinnen) ihr Ei lieber verzehrten, wenn es stand (Begründungen gab es dazu keine). Die königlich-dänischen Eierbecher waren deshalb so gestaltet, dass sowohl dem deutschen als auch dem französischen Gast genüge getan war.

Zwei königliche Eierbecher mit je einem Ei: einmal liegt es, einmal steht es.

Mit diesem Wissen setzten wir uns in Kolding in den Zug und fuhren nach Hause.


Gelesen | Mario Giordano: Die Frauen der Familie Carbonaro. Die weibliche Sicht auf Terra Sicilia, das mir gut gefallen hat. Die ersten 200 der über 500 Seiten begeisterten mich zunächst nicht. Die Handlung doppelte sich sehr mit dem ersten Buch, die Sicht der Frauen brachte keine neuen Erkenntnisse und schien mir eher halbherzig umgesetzt. In der zweiten Hälfte des Buches kam dann Schwung rein: Die Charaktere gewannen an Tiefe, die erzählte Zeit geht über Terra Sicilia hinaus. Insgesamt also ein durchwachsenes Fazit; dem Autor scheint die männliche Perspektive besser zu liegen.

Gelesen | Carmen Korn: Zeiten des Aufbruchs. Der zweite Teil der Trilogie; er beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg und umspannt die Jahre 1949 bis 1969. Wie auch im ersten Teil wechseln die Perspektiven flott; die Handlung fließt zügig. Mitunter wirkt das Unterbringen historischer Ereignisse oder zeitgenössischer Kultur etwas gewollt: Das Fernsehen hält Einzug, Bücher und Musik erleben eine neue Blüte, Titel und Sendungen werden heruntergebetet. Insgesamt aber eine gefällige Urlaubslektüre.


Schweine | Die Schweine sind wohlauf.

Drei Meerschweine in einer Blumenwiese

Eine Radreise durch Dänemark: Von Bonderup bis an die Nordspitze nach Skagen

25. 07. 2024  •  2 Kommentare

Bonderup – Uggerby | Ich erwachte mit einem seltsamen Gefühl. Lichtschein drang durchs Fenster, draußen Vogelgezwitscher und … nichts. Kein Rauschen, kein Prasseln oder Brausen – nicht einmal ein Tröpfeln. Auch kein Fieseln, kein stummes Nieseln. Sondern: Sonnenschein.

Eine Wiese mit zwei Bäumen. Eine Rose rankt an einem hölzernen Tor empor. Rechts ein Stall aus Backsteinen. Sonne, blauer Himmel.

Küche und Badezimmer rochen leicht nach nassem Hund. Überall trockneten Wäsche, Schuhe und Helme. Gleichzeitig roch es nach Kaffee und frischen Brötchen: Der Reiseleiter war schon tätig geworden.

Als wir das Haus verließen, war es, als seien die Heuschrecken über unseren Gastgeber hereingefallen. Denn wir hatten sein Angebot angenommen, gut gefrühstückt und uns Brote für die Fahrt geschmiert, schließlich gab es weit und breit – in Fahrradentfernung gemessen – keinen Supermarkt.

Die nachfolgende Fahrt nach Aalborg ging so schnell, dass wir es alle kaum glauben konnten. In zwei Stunden und vierzig Minuten glitten wir bei Sonnenschein und Rückenwind durch Korn- und Kartoffelfelder, ohne Hügel, nur geradeaus, 47 Kilometer. Es war eine Wonne.

Für dieselbe Distanz hatten wir tags zuvor das Doppelte an Zeit gebraucht, und jetzt war alles ganz leicht.

Die Klappbrücken von Aalborg begrüßten uns mit offenen Armen. Wir segelten in die Stadt hinein, frei von Regenhosen und Kükenponcho und beflügelt davon, nach Tagen der Landpartie eine große Stadt zu sehen. Wir saßen am Limfjord und schauten uns die Menschen an. Wir schoben die Räder durch die Stadt, durchwanderten Altstadtgassen und eine Drogeriekette.

Dann fuhren wir zum Bahnhof. Die Etappe wäre sonst zu lang geworden: 90 Kilometer hätten wir als Erwachsene vielleicht noch gemacht, mit den Kindern nicht. Wir versorgen uns mit Matilde-Milchshakes und Faxe Kondi und ließen uns nach Hirtshals fahren. Mit uns im Zug waren eine Menge Leute, die von Hirtshals aus nach Norwegen übersetzen; die Fähre nach Kristiansand fährt nur zweieinhalb Stunden, die Fahrt nach Bergen dauert sechzehneinhalb Stunden. Wir unterhielten uns mit einem jungen Mann, der sich zu uns in den Vierersitz gesellte; er und sein Bruder, der eine noch Schüler, der andere schon etwas älter, starteten an diesem Tag eine dreiwöchige Radreise durch Norwegen – mit Zelt und Campingkocher, seine erste Radreise überhaupt.

Von Hirtshals aus radelten wir nach Uggerby raus zu unserer Unterkunft. Unterwegs plünderten wir noch einen Supermarkt. Die Brote vom Morgen waren längst weggefuttert, und in Aalborg hatten wir nichts gegessen.

Nach dem Abendessen spazierten der Reiseleiter und ich noch durchs Dorf. Die Kinder chillten vor ihren Geräten.

Ferrtislev-Bonderup – Hirtshals über Aalborg
Radkilometer: 59
Höhenmeter: 123
Radfahrzeit: 3 Stunden 30
plus eine Stunde Zugfahrt von Aalborg nach Hirtshals


Uggerby – Skagen | Die letzte Etappe, das große Finale! Wir beluden ein letztes Mal die Räder.

Mein Taschen-in-Taschen-System hat sich herausragend bewährt. Ich musste zu keinem Zeitpunkt etwas suchen und war auch in den Unterkünften hervorragend sortiert. Auch für den großen Regen erwiesen sich die Kompressionstaschen als praktikabel. Meine Packtaschen, eine grünen Fahrradtaschen, sind gut dicht, vor allem mit zusätzlichem Überzug; Schwachstelle war das Spritzwasser von unten. Dadurch, dass die Kompressionstaschen jedoch aufrecht in den Fahrradtaschen stehen, war das kein Problem; alles blieb trocken. Der Reiseleiter hingegen steckte mehrmals bis zur Brust in seinen Packtaschen und kramte nach Badehose, Werkzeug und Schwimmbrille, unter Flüchen flogen Dinge auf die Erde.

Schon beim ersten Zieleinlauf fand ich, dass sich die Nordspitze Jütlands hervorragend als Schlusspunkt einer Reise eignet. Plötzlich wandelt sich die Landschaft, öffnet sich, Bäume und Wiesen werden zu Dünen, und es sind nur noch wenige Kilometer bis nach Skagen. Seinerzeit kamen wir von Süden, von der Ostseeseite. Diesmal kamen wir von Westen, der Nordseeseite. Der eindeutige Vorteil: Wir hatten auf der ganzen Strecke Rückenwind.

Wir erreichten die Kirche von Råbjerg; eine gute Gelegenheit, das erste Mal anzuhalten.

Ein Gebäude aus dem 13. Jahrhundert, danach nochmal angebaut und umgebaut, mit einem hölzernen Schiff unter der Decke. Vor der Tür wie überall der Friedhof mit Grabsteinen bis zurück ins 18. Jahrhundert: Familienväter, Mütter, Seefahrer, Soldaten, Gereiste, Ausgezeichnete, Verdiente und ganz Gewöhnliche.

Nach der Kirche folgt Råbjerg Mile, Dänemarks größte Wanderdüne. Jedes Jahr bewegt sie sich fünfzehn Meter Richtung Kattegat. In 130 Jahren wird sie im Meer verschwunden sein.

Wir erklommen die vierzig Meter hohen Sandberge, was leichter erzählt ist, als es getan war. Die Düne ist steil; wir taten einen Schritt und rutschten einen halben wieder hinunter. Ein hervorragendes Herz-Kreislauf-Training, eine gute mentale Übung.

Oben stürmte es geradezu absurd. Der Wind riss an den Haaren, trieb den Sand gegen Beine, Arme und ins Gesicht. Es prickelte und prasselte, es knirschte und knisterte. Böen tragen in jeder Minute Millimeter für Millimeter ab und wehen die Körner unbeirrbar gen Osten. Ein beeindruckendes Schauspiel.

Wir blieben eine ganze Weile auf der Düne und genossen die Weite. Die Kinder übten Weitsprung und bauten Häuser, die direkt wieder verweht wurden.

Dann waren es noch zwölf Kilometer, die letzten zwölf Kilometer der Reise. Sonnenschein, Rückenwind, der Geruch von Salz und Meer.

In Skagen gab es das ebenso obligatorische wie notwendige Begrüßungssofteis.

Insgesamt sind wir 410 Kilometer durch Dänemark gefahren. Die letzte Etappe war mit 42 Kilometern die kürzeste. Die längste hatte 72 Kilometer. Die zeitlich längste war begleitet von Dauerregen und Gegenwind.

In den darauffolgenden drei Tagen blieben wir in Skagen. Wir fuhren sogar Fahrrad. Davon erzähle ich später noch – ebenso wie von den Damen und Herren mit, Zitat unserer Gastgeberin in Mitteljütland, Porsche, Polohemd und Pullover über der Schultern. Denn ausgerechnet während wir dort waren, war Hellerup-Woche.

Panoramabild: rechts Meer, links ein Weg, auf dem ein Mann geht. In der Ferne gelbe Häuser.

Uggerby – Skagen
Entfernung: 42 Kilometer
Höhenmeter: 48
Reine Fahrzeit: 2 Stunden 21


Gehört | Daniela Krien: Der Brand. Eine Geschichte, bei der im Außen wenig passiert, wohl aber im Innen. Rahel und Peter sind seit 30 Jahren verheiratet, hatten Höhen und Tiefen in ihrer Ehe. Was sich währenddessen verabschiedet hat, ist die gegenseitige Liebe. In einem Sommerurlaub begegnen sie sich wieder. Ein Buch, das Geschmackssache ist; ich mochte die Geschichte gern, ihre langsame Entwicklung und ihre ostdeutsche Perspektive.

Eine Radreise durch Dänemark: Die Wasserschlacht von Nordjütland

22. 07. 2024  •  3 Kommentare

Nykøbing Mors – Bonderup | Der Reiseleiter weckte mich zuversichtlich: Der dänische Wetterdienst habe seine gestrige Prognose korrigiert. Es werde nur ganz leicht regnen und erst ab 15 Uhr. Außerdem habe er die Etappe um zehn Kilometer gekürzt: Wir müssten nicht siebzig, sondern nur sechzig Kilometer fahren. Er strahlte.

Tatsache war jedoch, dass es regnete, als wir aus der Tür traten. Es regnete mit einem leisen Rauschen, ein Regen, der frei war von der Energie eines kurzen Schauers. Mit kraftvoller Ausdauer umarmte er das Land, während ein freundlicher Wind die Tropfen verwirbelte, so dass sie uns nass und liebevoll zudeckten.

Wir beluden die Räder, wickelten uns in Regenkleidung, Kükenponcho und Mülltüten und machten uns auf den Weg. Der Wirbelwind sorgte dafür, dass wir von allen Seiten gleichmäßig nass wurden. Es war, als führen wir Fahrrad und nähmen gleichzeitig ein Bad – ein Erlebnis, das man selten hat. Deshalb würdigten wir es mit zärtlichen Flüchen.

Nach etwa 25 Kilometern erreichten wir einen Ort. Der Ort hatte einen Spielplatz, und auf dem Spielplatz stand eine überdachte Picknickhütte. Wir aßen Zimtschnecken. Derweil veränderte sich der Regen. Er ließ seine Bindfädigkeit hinter sich; stattdessen prasselte er dick und dicht auf das Dach und auf den Reiseleiter, der einen Platten flickte. Denn den hatten wir auch.

Um die Insel Mors zu verlassen, nahmen wir die Fähre über den Feggesund. Am Fähranleger blies der Wind. Auf dem Wind hielten übermütige Schwalben die Stellung. Sie schwebten auf der wilden Luft wie ein Kolibri, nur ohne Flügelschlag, bevor es sie ein ums andere Mal fortriss aufs Meer. Sie kamen wieder, legten sich erneut auf den unsichtbaren Strom, stießen hinab bis kurz über den Asphalt, stiegen wieder auf, wurden wieder fortgerissen.

Nach der Fähre führte unser Weg nach Osten, dem Ostwind entgegen. Der Reiseleiter fuhr voran, die Kinder im Windschatten, ich hinterdrein. Wir trampelten mit würdevollem Trotz, während wir kaum geradeaus gucken konnten: Es regnete uns waagerecht in die Augen.

Die Kinder hatten sich schon mit Beginn der Fahrt in ihr Schicksal ergeben. Schweigsam und unerschütterlich trieben sie ihre Räder durch Sturm und Wind, ohne Beschwerde, ohne Gejammer. Das hier musste schlichtweg erledigt werden.

Hinter Amtoft dann plötzlich: nichts. Kein Prasseln der Regens mehr auf die Kapuzen, keine Windböen.

Wir hielten an einer Picknickbank und packten aus, was wir hatten. Doch kaum saßen wir, begann der Regen von Neuem. Erst tröpfelte er leicht, dann wurde er wild und ausgelassen. Wir suchten Schutz hinter einer Hütte, und ich entdeckte, dass mein Küken-Poncho weit genug war, um zwei durchweichte Elfjährige unter die Fittiche zu nehmen.

Als der Regen wieder sanft und bindfädig wurde, fuhren wir weiter, die Elfjährigen neu verpackt. Denn jetzt kam der kniffligste Teil der Reise: die Fahrt über einen viel befahrenen, etwa sechs Kilometer langen Damm im Vejlerne Naturreservat – der Preis dafür, dass wir zehn Kilometer abkürzen konnten. Eigentlich wäre unser Weg in einem großen Schwung über Nebenstraßen durch das Reservat gegangen.

„Du fährst am besten hinten“, meinte der Reiseleiter, „dich sieht man am besten.“ So radelte ich als großes, gelbes Warnküken am Ende des Trecks – links von der weißen Begrenzungslinie, damit die Autos mehr Abstand hielten, die Kinder rechts, im Windschatten des Reiseleiters. Ich war nicht nur Warnküken, sondern auch eine radelnde Pilone und hätte nicht wenigen Wagen den Seitenspiegel einklappen können, so eng überholten sie mich.

Nach dem Damm machten wir noch einmal Pause und teilten die letzten Zimtschnecken auf.

Bushaltestelle an der Straße. Zu sehen sind herausschauende Beine, davor Fahrräder. Es regnet.

„Es wird besser“, sagte der Reiseleiter, während wir kauten und deutete auf helle Linien am Horizont. Er behielt recht: Als wir weiterfuhren, klarte es auf und tröpfelte bald nur noch.

Dafür ging es jetzt absurd bergauf. In Norddänemark! Das muss man sich einmal vorstellen. Wir ächzten die Hügel hinauf, die Kinder schoben oder wurden geschoben. Dann endlich, auf einer Hügelkuppe das Schild: Bonderup zwei Kilometer.

Fahrrad vor genanntem Schild

In Bonderup wartete als Entschädigung eine Unterkunft voller Pralinen auf uns – und ein Gastgeber, der alles tat, um unseren Tag versöhnlich enden zu lassen. „Ich habe euch den Kühlschrank voller Essen gepackt“, sagte er und zog an der Tür, die sich schmatzend öffnete und einen halben Supermarkt offenbarte. „Hier“, er deutete auf die Waschmaschine, „könnt ihr waschen und dort“, er deutete in die übrigen Räume, „habe ich euch die Betten bezogen. Die Süßigkeiten auf den Tischen könnt ihr nehmen und das“, er hielt eine kleine Rolle hoch, „sind Tüten. Morgen früh könnt ihr euch Brote schmieren und sie mitnehmen.“ Wir wahrten die Contenance, bis er sich verabschiedet hatte, dann brachen wir in Jubel aus.

Route und Daten zur Etappe - siehe Info unter dem Bild

Nykøbing Mors – Fjerritslev-Bonderup
Entfernung: 61 Kilometer
Höhenmeter: 240
Reine Fahrzeit: 4 Stunden 42
Dauerregen und lebhafter Gegenwind

Eine Radreise durch Dänemark: Von Herning nach Humlum an den Limfjord und weiter nach Nykøbing Mors

21. 07. 2024  •  2 Kommentare

Herning – Humlum | Der Reiseleiter wacht immer früh auf. Er richtet dann erst sich und anschließend den Tag her. Die Tagherrichtung beinhaltet das Herstellen eines Frühstücks, ein wunderbarer Service. Ich liege noch im Bett, rieche Kaffee und Brötchen und denke mir: Noch ein bisschen, dann stehe ich auf.

An diesem Tag wurde der Reiseleiter Kunde seines sonst eigenen Services: Wir hatten Bed & Breakfast gebucht und lagen beide noch im Bett, als ein betörender Frühstücksduft zu uns in Obergeschoss zog. Alsdann brachte Maria auch schon frische Brötchen, Müsli, Joghurt, Milch und …. //*dramaturgische Pause … Waffeln die Treppe hinauf. Wir waren verzückt.

Wir schlugen uns die Bäuche voll. Was nicht mehr reinpasste, durften wir mitnehmen. Welch Geschenk!

Während wir frühstückten, holte der Hausherr im Garten den dänischen Wimpel vom Fahnenmast und hisste die große Nationalflagge. In der Nachbarschaft, erklärte er später, hätten an diesem Wochenende einige Menschen Geburtstag. Da sei es Tradition, die Flagge zur Gratulation zu hissen.

„Übrigens“, sagte Maria, „wenn ihr bis nach Skagen hoch wollt, solltet ihr euch auf etwas gefasst machen.“ In dieser Zeit des Jahres seien eine Menge neureiche Kopenhagener dort – Porsche, Polo-Shirt, Pullover über den Schultern, dazu Aperol Spritz. Wir nahmen das zunächst so zur Kenntnis. Ich werde in einem späteren Beitrag darauf zurückkommen.

Der Tag sollte uns an den Limfjord führen. Wir radelten durch Felder, über Landstraßen und Wirtschaftswege, bis wir Holstebro erreichten. Über das Radfahren durch Dänemark lässt sich wenig erzählen, weil schlichtweg wenig passiert. Stellen Sie sich eine wellige Landschaft aus Korn- und Kartoffelfeldern vor, ab und zu ein Waldsaum, nach einigen Kilometern fahren Sie an ein paar Bauernhöfe vorbei, ab und an kommt eine Kirche. Schwalben kreuzen den Himmel. Raubvögel schweben über den Feldern. Sie hören Ihre Reifen auf dem Asphalt, das Surren der Kette und ein leises Knacken, wenn Sie einen Gang hoch- oder runterschalten. Sie befinden sich in einem Zustand unfokussierter Konzentration; Sie sehen eine einzelne Mohnblume inmitten eines Kornfeldes, ein winziger Frosch hüpft vor Ihnen über den Asphalt. Auf dem Briefkasten eines Bauernhauses sind sieben Figuren abgebildet: Mutter, Vater und fünf Kinder. In der Ferne dunkle Wolken.

Landstraße mit breitem Radstreifen neben einem Feld

In Holstebro begann es zu regnen. Für derartige Ereignisse hatten wir Regenkleidung eingepackt: Kinder und Reiseleiter besitzen Regenjacken und -hosen, ich einen Radponcho. Der Poncho ist gelb, ich sehe in ihm aus wie ein riesiges Küken. Er hat Schlaufen für den Leib, damit er nicht hochweht, und Schlaufen für die Arme, damit er sich wie ein Zelt vom Kopf zum Lenkrad spannt und die Beine trocken hält.

Als es in Holstebro zu regnen begann, just als wir aus der Stadt hinausfuhren und an einem McDonald’s vorbeikamen, waren es bis zu unserem Etappenziel in Humlum noch 24 Kilometer. Auf 24 Kilometern Strecke kann es auf unterschiedliche Arten regnen. Am Anfang regnete es leicht von oben. Dann regnete es fest von oben. Dann regnete es heftig von vorne. Irgendwann regnete es von unten nach oben. Unerfreulicherweise windete es auch; zudem ging es bergauf. Die Hälfte der Strecke schob ich KindDrei gegen den Wind die Hügel hinauf. Irgendwann, wir warfen schon fast am Ziel, hielt sie mir ihre Hand hin und sagte: Schau mal, meine Hand sieht aus wie nach der Badewanne.

Es gibt ein Foto von uns, wie wir auf dem Campingplatz im Humlum ankommen, an unserer gemieteten Hütte. Man nennt diese Art des Wohnens wohl Glamping. Auf dem Foto ist allerdings wenig Glam zu sehen. Wir stehen gut durchgeweicht vor der Hütte, während das Wasser von uns hinab tropft, und gucken bedröppelt.

Der Reiseleiter fuhr noch einmal heldenhaft los, kaufte Abendessen und Aufbackbrötchen. Die Kinder duschten. Ich suchte die Waschmaschine, und wusch alles, was nass geworden war, einmal durch.

Der Tag endete mit Leinen voller Wäsche in einer sehr kleinen Hütte, Nudeln mit Soße und gutem Schlaf.

Herning – Humlum
Entfernung: 60 Kilometer
Höhenmeter: 242
Reine Fahrzeit: 3 Stunden 38


Ein Tag in Humlum | Die Hütte war klein, aber solange sich niemand bewegte, war sie gemütlich. Eigentlich hatten wir keine Wäscheleinen dabei – aber drei Turnbeutel, aus denen der Reiseleiter die Kordeln zog und zu einer Leine spannte.

Als wir am nächsten Tag erwachten, regnete es immer noch. Der Reiseleiter präparierte sich und den Tag, Frühstücksduft zog durch die Hütte. Wir setzten uns zwischen die Leinen und die Wäsche, frühstückten und beschlossen, danach noch einmal ins Bett zu gehen. Die Kinder bekamen das iPad, der Reiseleiter las ein Buch. Mir fielen nach zehn Seiten die Augen zu, und ich nickte noch einmal ein. Als ich erwachte, regnete es immer noch und es roch nach feuchtem Hund. Der Reiseleiter hatte begonnen, unsere Schuhe im Backofen zu trocknen.

Später am Tag klarte es für eine Stunde auf, und wir machten uns auf den Weg zum Limfjord – einmal das Wasser sehen und den Kopf lüften. Während ich anschließend zum Supermarkt fuhr, um fürs Abendessen einzukaufen, gingen der Reiseleiter und die Kinder noch einmal los, baden. Wenn kein Badewetter ist, muss man sich welches vorstellen, dann wird es auch warm.

Panorama-Aufnahme: links Meer, rechts Sand mit Steinen und ein grüner Hügel

Am Abend dann EM-Finale. Wir saßen zwischen weiterhin herabhängenden Hosen und Pullovern, mampften Chips, tranken Limo und feuerten die Spanier (Reiseleiter) und die Engländer an (die Kinder). Mir war es wurscht. Nachdem Schlusspfiff krochen wir in unsere Betten und hörten dem Regen zu, der wieder eingesetzt hatte.


Humlum – Nykøbing Mors | Ein neuer Tag, ein neuer Einsatz für den Kükenponcho. Wir fuhren los, und es regnete. Erst regnete es nur leicht von oben. Dann fuhren wir auf eine Brücke, der Wind peitschte uns die Tropfen ins Gesicht, es regnete wild in die Augen. Ein Moment, in dem man gewöhnlich schlechte Laune bekommt, aber ich hatte keine Gelegenheit, schlechte Laune zu haben, denn ich musste gegen den Wind anfahren – und überhaupt war die Situation ziemlich absurd. Ich meine: Wer fährt bitteschön bei solch einem Wetter Fahrrad?

Als ich am Tag zuvor einkaufen war, hatte ich Mülltüten gekauft, um sie mir um die Schuhe zu wickeln. Man gewinnt keinen Schönheitswettbewerb. Aber ich wollte auch nicht wieder Flossen bekommen und meine Schuhe im Backofen trocknen müssen.

Mülltüten um die Füße

So fuhr ich im wehenden Küken-Poncho, mit flatternden Mülltüten um den Füßen, über den Limfjord in Richtung Uglev.

Als wir die Fähre zur Insel Mors erreichten, nickte der Fährmann uns zu und sagte: „Shitty veijr til cykling“, scheiß Wetter fürs Fahrradfahren. Wie wahr. Und dennoch: Auf der Fähre konnte ich mir die Mülltüten von den Füßen ziehen. Es klarte auf.

Zehn Kilometer vor dem Ziel machten wir noch einmal Halt. Wir saßen auf dem Kies eines Parkplatzes – mit Zimtschnecken, Salzcrackern und Brötchen. Ein Hund kam vorbei, ein schwarzer, wohlgenährter Schnauzer. Er setzte sich zu uns und betrachtete unsere Brötchen. Wir kraulten ihn, er starrte weiter auf die Brötchen. Als wir auf unsere Räder stiegen und wegfuhren, stand er am Rande des Parkplatzes, sah uns nach und trottete dann davon.

Am Abend erreichten wir das Danhostel in Nykøbing Mors.

Die Kinder liefen sofort zum Fjord, der Reiseleiter und ich kochten.

Das war die längste Etappe unserer Reise: 72 Kilometer. Ich werde oft gefragt, wie alt die Kinder sind und wie sie das mitmachen. Die Kinder sind 11, 11 und 14 Jahre alt. Vor zwei Jahren sind wir mit ihnen knapp 50 Kilometer am Tag gefahren. Im vergangenen Jahr fuhren wir mit ihnen vom Münsterland in die Niederlande mit Etappen von 60 bis 65 Kilometern. Damals sagten sie, sie wollten das mal länger machen. Nun sind sie wieder in Jahr älter, die 72 Kilometer haben sie gut geschafft. Wir machen auf unseren Wegen zwei bis drei längere Trink- und Essenspausen, je nach Anstrengung und Umständen. Schön ist natürlich, wenn sich dort ein Spielplatz, ein See oder etwas anderes befindet, das Freude macht. Auf Flachetappen fahren sie bis zu 30 Kilometer durch.

In einer der Packtaschen befindet sich zur Hälfte Essen. Auf einer Etappe essen wir zu Fünft 20 Brötchen, außerdem eine erkleckliche Anzahl Zimtschnecken und Cracker.

Humlum – Nykøbing Mors
Entfernung: 72 Kilometer
Höhenmeter: 403
Reine Fahrzeit: 4 Stunden 53


Cliffhanger | Am Abend saßen der Reiseleiter und ich zusammen und starrten auf verschiedene Wetter-Apps. Die App des dänischen Wetterdienstes war recht zuversichtlich, sagte Regen am Morgen und Regen ab 14 Uhr voraus, dazwischen trocken. Wetter Online zeigte minütlich etwas anderes. Herr Kachelmann sagte Regen voraus – aber keine Regenfelder wie am heutigen Tag, sondern eine tiefblaue Regendecke. Etappenlänge: 71 Kilometer – und keine Möglichkeit, mit einem Zug abzukürzen.



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