Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Broterwerb I| Heute hatte ich ein Date bei der Universität der Bundeswehr in Neubiberg, genauer an der Fakultät für Betriebswirtschaft, Studiengänge „Management und Medien“.

Das war spannend, denn zwischen 1999 und 2003 habe ich hier einen ordentlichen Batzen Zeit verbracht. Den Osteingang der Uni habe ich noch wiedererkannt, sonst hat sich alles rundherum verändert: Wo früher Felder waren, steht heute ein ausuferndes Wohngebiet. Es gibt Straßen, die es früher nicht gab. Die Wege sind nun anders. Auch auf dem Campus hat es rege Bautätigkeit gegeben. Wahnsinn. Die Stadt München hat sich über Felder und Wiesen bis nach Neubiberg ausgedehnt.

Und es wird weiter gebaut: Gegenüber der U-Bahn-Haltestelle Neuperlach-Süd, Enthaltestelle der U5 (Protipp: hier parken und in 15 Minuten bis in die Innenstadt zum Odeonsplatz fahren) ist schon lange ein riesiger Büropark. Nun bebauen sie auch den Park & Ride; wer pendeln möchte, muss nun weiter weg parken. Irre.

Broterwerb II | Ich habe eine Buchung für den Juli 2020 erhalten. Sehr cool.

Ich werde an der Medienakademie Ruhr ein zweitägiges Seminar zum Innovationsmanagement geben. Wenn Sie interessiert sind, schauen Sie im Herbst dort mal vorbei. Dann ist das Jahresprogramm 2020 online.

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Gesprächsfetzen I | In der Straßenwirtschaft hinter mir sitzen er und sie. Kein Paar, nur Freunde; man erkennt es schon nach wenigen Sätzen. Sie führen ein Gespräch über Dies und Das. Sie sind beide jung; sie ist gerade erst in den Job eingestiegen. Er kann nicht viel erfahrener sein, auch wenn er mehrfach betont, er sei „sowas wie der Geschäftsführer in dem Laden“, nicht wirklich, aber de facto mache er „all die Geschäftsführersachen, die wichtig sind“.

„Kein Mann will eine Frau, die mehr arbeitet als er“, sagt er. Sie sagt, sie sei noch in der Probezeit, außerdem gefalle ihr der Job. Deshalb arbeite sie gerne.

„Wenn ich zig scheißtausend Sachen zu tun habe, und es ist niemand da, wenn ich abends heim komme – dafür brauch‘ ich keine Freundin“, sagt er. Sie sagt, sie wolle sich erstmal im Arbeitsleben zurechtfinden.

Eine Freundin, die mehr verdiene, sei einfach ungeil, sagt er. „Wenn dein Freund dich irgendwann nicht mehr f\cken will, weißt du, woran es liegt.“

Gesprächsfetzen II | Auf dem Bahnsteig sitzt eine Frau und telefoniert. Sie telefoniert sehr laut. Sie brüllt fast. Jedes zweite Wort, das sie brüllt, ist „Arschloch“. Allerdings die liebevolle Art von Arschloch, sie sagt: „Du bist so ein Arschloch, ey, ich liebe dich, du Arschloch.“

Dann sagt das andere Ende etwas. Sie legt den Kopf schrägt, presst das Handy ans Ohr. Es ist ein sehr großes Handy in einer goldenen Schale. Sie sagt: „Du bist so eifersüchtig, Arschloch.“

Die U-Bahn kommt. Wir steigen ein. Sie setzt sich in einen Vierer. Es ist noch ein weiterer Vierer zwischen uns. Dennoch höre ich sie deutlich. „Du hörst mir nie zu, du Arschloch. Ich hab‘ dir gesagt, nie wieder. Aber du sagst, doch, und dann haben wir es gemacht und jetzt ist alles wie vorher, du Arschloch.“

Vielleicht reden sie übers Heiraten, vielleicht über die Anschaffung eines Haustiers, vielleicht über eine Anmeldung im Fitnessstudio.

„Wenn ich sowas noch einmal mit dir mache, dann machen wir es richtig, du Arschloch. Dann machen wir es ernst.“

Pause.

„Okay. Morgen um Acht.“ Sie legt auf. „Arschloch.“

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Gefangen in Heidelberg | Nachzutragen ist noch eine Begebenheit aus Heidelberg. Ich war gefangen.

Am Montag ging die Turnfreundin zur Arbeit. Ich blieb in ihrer Wohnung in Heidelberg, eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Ich früchstückte zunächst, genoss die Aussicht vom Balkon und arbeitete dann. Für den späten Nachmittag verabredeten wir uns in der Stadt.

Als es an der Zeit war, packte ich meine Siebensachen, zog die Wohnungstür hinter mir zu und ging zur Haustür. Die Haustür: abgeschlossen. Der Weg zurück in die Wohnung: versperrt; ich hatte keinen Schlüssel.

Mmmh.

Fenster: keine.
Fluchtwege: keine.
Wäschekeller: auch kein Fenster.

Mmmh.

Ich klingelte bei den Nachbarn: niemand da.

Mmmh.

Ich rief die Freundin an: „Ich befinde mich in einer misslichen Situation.“

Sie fing sofort an, in den Hörer zu schreien: „… habe ich ihnen extra noch gesagt!! … jedesmal!! … Rentner!!! … schließen immer ab!! … wir werden alle irgendwann verbrennen!! …“ Und: „Ich rufe sie an. Bleib, wo du bist!“

Wo sollte ich auch hin?

Eine geraume Zeit später, ich hatte mich auf der Treppe eingerichtet, tauchte eine verrentete Organistengattin in der Haustür auf. „Ich dachte, es wäre niemand im Haus. Da schließe ich lieber alles gründlich ab.“

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Besonderheit | Ich aß heute besonderes Eis: Lillet Berry und Milchschnitte. Außerdem hatte ich einen Probierlöffel „Augustiner Bräu“.

Lillet: 5 /10 Punkte
Milchschnitte: 9/10
Augustiner Bräu: 10/10

MUC | Heute fuhr ich von Heidelberg nach München, eine angenehme Fahrt, kaum Stau. Pause am Rasthof in Greding, dort einen Kaffee, dann Weiterfahrt.

In München arbeitete ich zunächst ein bisschen im Hotel: Terminvorbereitung für morgen; ein Rest war noch zu tun. Ich ruhte etwas. Danach fuhr ich in die Innenstadt zum Odeansplatz und ging von dort über den Viktualienmarkt ins Glockenbachviertel.

Dort traf ich auf den Alten Südlichen Friedhof.

Allee mit Bäumen, links und rechts große Grabsteine

Er entstand im 16. Jahrhundert, damals außerhalb der Stadttore, als Pestfriedhof. Im 19. Jahrhundert war er einige Zeit lang der einzige Münchener Friedhof. Deshalb gibt es dort einige prominente Namen, darunter den Maler und Apotheker Carl Spitzweg und die Brauerei-Ikone Joseph Pschorr (Hacker Pschorr).

Grab der Familie Pschorr

Die letzten Bestattungen auf dem Südfriedhof fanden 1944 statt. Das ganze Areal steht nu unter Denkmalschutz.

Grabsteine, Bäume, Farne, Lens Flares

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HD | Die eineinhalb Tage zuvor verbrachte ich in Heidelberg, Besuch bei der Turnschwester. Ankunft am Sonntagabend, Absacker auf dem Balkon mit Blick auf Ziegelhausen.

Mond, darunter Häuser in der Dämmerung in hügeliger Landschaft

Am gestrigen Montag zunächst Arbeit bis zum Nachmittag, danach der traditionelle Gang vom Köpfel über den bewaldeten Neckarhang und den Philosophenweg hinunter nach Heidelberg.

Blick durch Wald auf Heidelberg im Neckartal
Blick in Baumkronen, durch die Sonne scheint

Unten in der Altstadt: ein leichtes Getränk, danach ein indisches Essen mit der Turnschwester.

Fein.

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Dortmund bewirbt sich als iCapital 2019, als Europäische Innovationshauptstadt.

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Gelesen und angeguckt | Ein Multimedia-Stück der Hessenschau: Wie stressig ist pendeln?

Gelesen | Frauen bekommen weniger Geld von Investoren, wenn sie gründen. Ihre Ideen werden unterschätzt, abgetan, sie werden eher als unerfahren und ungeeignet eingestuft.

Während junge Frauen von den Investoren oft als unerfahren eingestuft wurden, galten junge Männer als erfolgshungrig und aufstrebend. Vorsicht wiederum wurde bei Gründerinnen als hemmende Angst ausgelegt, bei Männern dagegen als wünschenswerte Besonnenheit.

Angehört | Podcaster Malik spricht fast vier Stunden lang mit Patricia Cammarata (dasnuf.de) übers Bücherschreiben, über Kinder und Medien, über Geburten, über Männer und Frauen und über das Leben.

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Ausblick | Morgen noch ein Tag in München. Am Donnerstag Weiterfahrt. Lassen Sie sich überraschen.

Verknautschung | Letztens habe ich festgestellt, dass ich auf Fotos zunehmend älter aussehe.

Früher, zu Zeiten der Analog-Fotografie, als man nur alle Jubeljahre Bilder machte, haben Menschen den eigenen optischen Verfall wahrscheinlich nicht mitgekriegt; da kam lediglich irgendwann der Tag, an dem man plötzlich alt war – nach dem 80sten Geburtstag von Onkel Erich, auf dem die Familie nach langer Zeit mal wieder Fotos knipste, die sie Monate später, nachdem der Film voll war, entwickelt hat. Auf diese Fotos schaute man dann, nachdem man sich jahrelang nicht durch die Augen Dritter gesehen hatte, und dachte: „Himmelherrgott, was ist mit mir passiert?“

Ich werde irgendwie knautschig und knittrig, genauer kann ich das nicht beschreiben.

Letztens saß ich dabei, als zwei mir bekannte Frauen sich übers Liften unterhielten. Sie griffen sich an den Kiefer, schoben die Haut ihrer Wangen hoch und sagten: Hier, genau hier, müsse dringend etwas gemacht werden. Mir war bis anhin nicht aufgefallen, dass dort Bedarf besteht, ich sah mir die Wangen genau an und entdeckte nichts. Aber wenn sie es sagen, wird es wohl stimmen.

Bei mir müsste man Einiges tun: sowohl Einiges anheben als auch Einiges absaugen. Wenn es abgesaugt wäre, müsste man das Verbleibende zusammenraffen, und weil Gerafftes Falten wirft, müsste man danach mit einem Glätteisen drübergehen. Nachdem man mit dem Glätteisen drüber war, müsste man ein Serum hineinspritzen, damit es nicht sofort wieder knittert – und wer weiß, was danach nötig wäre. Eins zöge das andere nach sich, das wäre ein Fass ohne Boden. Ich habe schonmal eine 40 Jahre alte Wohnung saniert – da offenbarte jeder Handgriff weitere Handgriffe: Unter der Tapete war nochmal eine Tapete und nochmal eine Tapete und als die Tapete schließlich weg war, fiel der Putz ab. Am Ende war die ganze Bude entkernt; Heimwerker kennen das. So stelle ich mir das mit dem Liften vor. Also lasse ich das lieber, denn ich bezweifle, dass ich abgesaugt, angehoben, gerafft, geglättet und gespritzt glücklicher bin. Glück ist ja eher eine Sache des Innendrinn als des Außenrum; das steckt im Fundament, nicht in der Tapete.

Ich bin trotz fortschreitenden äußeren Verfalls weiterhin neugierig, werde sogar immer neugieriger. Je mehr ich sehe und lerne, desto mehr weiß ich, was ich nicht weiß. Ständig höre ich irgendwo etwas, lese mich dann ein, fahre irgendwo hin, jemand erzählt mir Sachen, und ich denke: Spannend, darüber musst du mehr erfahren. Gleichzeitig finde ich es wundervoll, schon das ein oder andere erlebt zu haben. Das lässt mich mit Gelassenheit auf Ereignisse blicken. Es ist sehr erfreulich, Dinge souverän einordnen zu können. Die schwankenden Aufregungskurven meiner 20er- und 30er-Jahre, diese grotesken Ausschläge auf der inneren Dramatikskala fehlen mir überhaupt nicht. „Ach ja, das hatten wir schonmal“, denke ich jetzt, ducke mich, lasse den Sturm über mich hinwegziehen, und schon ist wieder Sonnenschein.

Auch Menschen finde ich zunehmend spannend, fand ich immer schon spannend; aber jetzt, wo ich mehr und mehr in mir ruhe, kann ich viel besser Leute aushalten, die mich früher in Rage brachten. Das ermöglicht ganz neue Austausche.

Während also das Außen zunehmend verknautscht, wird das Innere immer aufgeräumter. Das gefällt mir; lieber so als umgekehrt.

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Broterwerb | Den Tag verbrachte ich im Home Office. Die Fahrt zum Kunden ersparte ich mir: Dort waren am heutigen Tage viele Ansprechpartner nicht da – was zu tun war, erledigte ich von daheim, per Telefon und Chat und GoTo-Meeting. Die moderne Technik macht ja vieles möglich. Das finde ich immer noch großartig.

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Gelesen | Wenn Jawls Frau verreist, wird sie gefragt, ob sie für ihn vorkocht. Im Jahr 2019. Das ist skurril.

Gelesen | Frau Novemberregen berichtet, wie sie Abteilungen in fernen Ländern steuert, indem sie immer die gleiche Tabelle weiterleitet.

Schauen Sie übrigens auch mal bei Frau Joriste vorbei. Sie tagebuchbloggt seit einiger Zeit ebenfalls.

Broterwerb | Mäßige Stausituation auf der Hinfahrt, nur auf dem Autobahnzubringer, kurz vor der Baustelle und auf dem Autobahnwegbringer. Also das Übliche und nicht erwähnenswert.

Ich habe den „Alles gesagt?“-Podcast mit Jutta Allmendinger gehört. Der Beginn ist hölzern, auch Frau Allmendinger wirkt sperrig, es wird dann besser und sogar sehr launig – dranbleiben! Ich finde es weiterhin unpassend, dass in dem Format standardmäßig zwei baugleiche Männer interviewen; die ZEIT vergibt damit Chancen. Eine weibliche Fragestellerin oder zumindest eine Kombination aus unterschiedlicheren Männern (alt/jung, mit/ohne Migrationshintergrund etc.) würde dem Format gut tun. Frau Allmendinger hält den Herren ein paarmal den Spiegel vor.

Unerfreuliches Staugeschehen auf der Rückfahrt. Zubringer zur A1, auf der A1, Bundesstraße nach Hause – alles unschön. Ich weiß, ich weiß, ich bin Teil des Problems. Nur: Was machen? Auf meiner Route funktioniert kein ÖPNV (2 Stunden für die einfache Strecke), fürs Fahrrad ist es zu weit (50 Kilometer hin und 50 zurück), mit dem Auto dauert es sowohl morgens als auch abends zwischen 45 Minuten (fast nie) und eineinhalb Stunden (ziemlich oft). Das Auto ist also immer noch die beste aller Lösungen, wenn man Zug- und Busfahren nicht zum Selbstzweck betreiben möchte.

Der Allmendinger-Podcast ist fünf Stunden lang; ich habe in den vergangenen zwei Tagen, während ich herumstand, jede Minute gehört. Danach, passend zur Situation: Mobilitätsforscher Andreas Knie im Interview bei Jörg Thadeusz.

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Lesungsfazit | Am Abend war Circleabend mit gemeinsamer Manöverkritik zur Lesung vom Wochenende: Wir sind zufrieden. Die Rückmeldungen waren positiv. Von 96 angemeldeten Gästen sind 85 gekommen – das ist sensationell für eine Veranstaltung an einem sonnigen Sommerabend, bei der man nicht vorher bezahlen muss. Danke an alle, die da waren!

Gleichzeitig haben wir Verbesserungsvorschläge eingesammelt: mehr Einstieg, besserer Getränke-Service, Hintergrundmusik nach der Lesung und ein paar weitere, kleine Dinge. Es gibt immer etwas zu optimieren.

Wie viel wir an das Kinderkrebsprojekt Fruchtalarm spenden können, steht noch nicht fest: Wir warten noch auf die Rechnung der Location. Erst dann können wir eine abschließende Summe nennen. Wir haben auf jeden Fall Überschuss, den wir weitergeben können.

Fazit und Beschluss: Auch im nächsten Jahr soll es wieder eine Lesung geben.

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Gelesen | „Die sind nicht mal mehr bereit, von Hamburg nach Frankfurt am Main zu ziehen“ – Ein Headhunter echauffiert sich, dass jüngere Generationen nicht mehr bis Mitternacht arbeiten wollen. Wie unverschämt aber auch.

Im wahren Leben erlebt die Generation ja oft Folgendes: Sie arbeitet für ein Unternehmen, engagiert sich, macht Überstunden, bringt Ideen ein, dann wird das Team aufgelöst, der befristete Vertrag endet sang- und klanglos – oder der Chef wechselt und will nichts mehr von vorherigen Vereinbarungen wissen: „Jetzt müssen Sie sich erstmal beweisen“. Als Frau darf man glücklich sein, nicht schwanger zu werden, denn dann ist die Perspektive eh im Eimer.

Wenn Wertschätzung, Bezahlung und die fachliche Herausforderung stimmen, wenn Job und Persönlichkeit gemeinsam betrachtet werden, habe ich nie Probleme mit dem Engagement von Leuten – egal welchen Alters. Mich alarmiert es, wenn Leute nur für ihren Job leben und keine Freizeit kennen; das bringt im Arbeitsumfeld meiner Erfahrung nach mehr Probleme mit sich, als es löst – auch bei Führungskräften.

Gelesen | Wieso die Flüchtlingssituation im Mittelmeer so kompliziert ist. Ich finde das gar nicht kompliziert: Man darf Menschen nicht ertrinken lassen. Was die privaten Seenotretter angeht, hat der Tagesspiegel einen differenzierten Kommentar.

Gelesen | The Gifts of Fatness. Es ist tatsächlich so: Körperfülle und die Reaktionen darauf lassen einen Charakterschweine leichter erkennen. In manchen Businesskontexten erledigt das bisweilen auch allein das Frausein.

Gelesen | Computerwissenschaftler Chris Boos über Digitalisierung in Deutschland: „Uns geht es viel zu gut“. Seiner These, dass ein gemeinsames Ziel für den Fortschritt braucht, schließe ich mich an. Er nennt das autonome Fahren. Ich würde das Ziel weiter fassen: eine Mobilität, die maximal angenehm und minimal zerstörerisch ist. Passend dazu: Wo Estland Deutschland abhängt.

Broterwerb | Ein Tag beim Kunden. Anreise mit mittlerem Staugeschehen. Abreise mit mäßigem Staugeschehen. Beim Kunden selbst kein Stau, nicht einmal in der Kantine, wo es Gnocchi mit Zucchini und Kirschtomaten gab.

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Bilder | Die sonstigen Ereignisse waren überschaubar. Deshalb Fotos aus dem Garten:

Wiese, in der Mitte ein kreisrundes Stück nicht gemäht, am Rand gemäht.

Ich lasse einen Teil des Rasens wachsen. Er verdient seinen Namen ohnehin nicht. Das ist Wiese, wilde Wiese, Klee und anderes Zeug. Also kann ich es auch wachsen lassen. Das freut die Bienen.

Klee in der Wiese

Schon nach zwei Wochen tummeln sich ein Haufen Bienen und Erdhummeln in dem Stück Wiese. Mal sehen, was noch kommt und wächst.

Die Thorsten erröten derweil in kurzer Folge: 40 Grad im Gewächshaus, dazu regelmäßig ein großer Schluck Wasser – das gefällt.

Rote und grüne TOmaten im Gewächshaus

Die Hummeln behummeln nicht nur die Wiese, sondern auch den Lavendel. Bienen, große Hummeln, kleine Hummeln, Schmetterlinge – keine andere Pflanze erbringt eine größere Integrationsleistung.

Hummeln an Lavendel, Großaufnahme

Blick von der Terrasse:

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Coach Reflection Day | Heute kam der 2019er-Termin für den Coach Reflection Day raus: Freitag, 18. Oktober. Weil der letztjährige CoRe-Day super war, habe ich mich sofort angemeldet.

Freitag | Ein Sommerabend in Oberhausen. Tief stehende Sonne, rote Asche, ein Fußballplatz des Betriebssportskreisverbandes.

Die BSG Dellerheide zu Gast bei der BSG Holzmann. Vor der Umkleide werden Würstchen gegrillt. Zwanzig Minuten vor Anpfiff bauen die Spieler ein Tor auf. Zehn Minuten später das zweite. Niemand läuft sich warm. Warmlaufen steht in keiner guten Tradition. Wer vor Anpfiff läuft, verschießt sein Pulver schon, bevor es losgeht.

Was mir die Kalendergirls waren, ist für C die BSG Dellerheide. Altherrenfußball auf dem Ascheplatz. Sechs Männer auf dem Kleinfeld. Diese Saison: eine verlorene Meisterschaft. Am Freitagabend: die letzte Chance auf einen Titel – das Pokalfinale.

Um 19:45 Uhr Anpfiff.

Es staubt. Die Sonne steht tief. Hier wird noch volle Möhre gegen den Ball getreten; kein Streicheln, kein Lupfen, kein Schnibbeln. Es wird gebolzt, was das Hüftgelenk hergibt.

Zur Halbzeit steht es 3:0 für Dellerheide. Die gegnerischen Fans murmeln etwas von „einfach nur Bewegung tut auch gut“. Zum Abpfiff steht es 9:0. Pokalsieg.

Was hängen bleibt, ist Fußballweisheit: „Du kannz nich‘ da spielen, wo andere stehen. Aber wenn’de da bis‘, wo keiner is‘, is‘ da auch keiner.“

Der junge Andi Möller hätte es nicht schöner formuliert.

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Samstag | Lesungstag! Vormittags lege ich letzte Hand an die Texte und lese Probe. Am Nachmittag holen Moderatorin Steffi und ich Herrn Buddenbohm vom Bahnhof ab.

Die Sache wird durch den Umstand erschwert, dass Dortmund am Wochenende ein Pokémon-Hotspot ist. 100.000 Gäste sind in der Stadt. Überall laufen Menschen mit Smartphones herum, also: noch mehr Menschen mit noch mehr Smartphones, außerdem mit Rucksäcken, an denen Plüschfiguren baumeln. Zeugnisse des Wahnsinns finden sich auch in der Bahnhofshalle, Anonymisierung von mir.

Maximilian hat nur ein Hotelzimmer jottwehdeh gefunden, kurz vor Castrop-Rauxel, in einem Stadtteil namens Bövinghausen. Der war mir vorher noch nicht untergekommen; man lernt nie aus.

Im Gegensatz zu Hamburg ist es warm in Dortmund. Es hat 25 Grad – das sind locker 15 Grad weniger als eine Woche zuvor, als ich auf weichem Asphalt in Frankfurt stand. Aber es ist deutlich wärmer als in Hamburg, wo er losfuhr.

https://twitter.com/Buddenbohm/status/1147522422125596673

Wir fahren zur Stehbierhalle für örtliche Folklore, für eine Apfelschorle und ein Alkoholfreies.

Danach siedeln wir zum Lesungsort um, bauen auf, warten und posieren für dokumentarische Zwecke.

Maximilian Buddenbohm, Vanessa und Steffi

Es kommen allerlei Leute aus dem Internet. Das ist sehr wundervoll.

Ich habe mich jeden einzelnen gefreut, deshalb sollte ich niemanden hervorheben; aufgrund seiner zurückgelegten Entfernung tue ich es dennoch: Die Anwesenheit von Herrn Giardino (Twitter) hat mein Herz besonders berührt.

Bei Joriste kann man ein bisschen was über die Lesung lesen. Gegen 22 Uhr wurden wir Zwei als Letzte aus der Halle gefegt. Das war super.

Fotos gibt’s beim Dortmunder Ladies‘ Circle auf Facebook.

Ein dickes Dankeschön nochmal an Maximilian, der extra aus Hamburg angereist ist – und an Moderatorin Stefanie Opitz, die gewohnt souverän durch den Abend führte.

Wer möchte, kann auf dem Buddenbohmschen Blog lesen, wie es am nächsten Morgen war, weit draußen, viertel vor Castrop-Rauxel.

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Sonntag | Den Sonntag verbringe ich inhäusig. Ich putze.

Vor einigen Wochen hat mich bedauerlicherweise meine Hausfee verlassen. Sie war die Erste ihrer Branche, die über eineinhalb Jahre hinweg konstant super war. Diese Qualität haben auch andere Menschen bemerkt, Menschen außerhalb der Branche; sie haben sie fest angestellt, in der Gastronomie. Deshalb putzt sie nicht mehr. Jetzt geht die Suche wieder von vorne los.

Bis ich jemanden Neues habe, muss ich selbst ran, habe allerdings wenig Zeit dazu. Deshalb fällt die Tätigkeit im Alltag ausgesprochen oberflächlich aus – bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich einen totalen Putzwahn bekomme, weil der sich sammelnde Mikrodreck zu äußerst unangenehmem Makrodreck geworden ist und Dinge plötzlich fies werden.

Zudem habe ich vor einigen Tagen den Fehler gemacht und auf den Küchenschrank gefasst. Ich erinnere nicht mehr, warum ich dort oben herumtastete; jedenfalls fühlte es sich nach einer zweiten Welt an. Einer klebrige Welt. In den vergangenen Tagen musste ich viel an diese Welt denken; es ließ mir keine Ruhe.

Ich steige also auf eine Leiter, um die Welt genauer zu betrachten, und sehe, dass die Klebrigkeit auch Vorteile hat: Nicht nur ich, sondern auch Fruchtfliegen bleiben auf meinen Schränken haften; meine Küche ist eine riesige Fruchtfliegenfalle. Das ist nicht schlecht – unterm Strich aber kein Argument, um die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Also sauge und wische, räume und feudele ich, steige auf die Leiter und schrubbe alle Küchenschränke von oben – und wenn ich schonmal dabei bin, auch die Vitrinen im Wohnzimmer, und wenn ich schonmal im Wohnzimmer bin, sortierte ich dort Bücher aus, viele Bücher. Danach ordne ich den Rest des Regalbestands um; der steht nämlich plötzlich uninspiriert und unkoordiniert auf den Brettern. Als ich dann sehe, dass auch der Kleiderschrank eingestaubt ist – von innen -, sortiere ich Kleidung aus. So kommt eins zum Anderen, ich rödele sechs Stunden lang.

Anschließend ist Abend, ich setze mich aufs Sofa, baue einen Lego-Roboter auseinander, damit die Bonusjungs ihn wieder zusammenbauen können, sortiere Unterlagen, hefte sie ab, falte Wäsche und gehe ins Bett.

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Montag | Noch in der Welle des gestrigen Aktionismus arbeite ich heute zwölf Punkte meiner nie leer werdenden To-Do-Liste ab:

  • Ich schreibe ein Angebot für eine sehr schöne Aufgabe.
  • Ich erstelle die Fotodokumentation des Storytelling-Seminars.
  • Ich trage mich als Veranstalterin mit einem Vortrag bei der #diwodo, der Digitalen Woche Dortmund, ein.
  • Ich hake bei einem Kunden zu einem offenen Angebot nach.
  • Ich erledige meine Umsatzsteuervoranmeldung fürs zweite Quartal.
  • Ich frage einen Termin bei einer Finanzberatung für Frauen an – zwecks Beratung zur Altersvorsorge für Selbstständige.
  • Ich telefoniere mit einer ehemaligen Studentin, die meinen Rat sucht.
  • Ich fahre ins Fitnessstudio und turne.
  • Ich bringe die aussortierte Kleidung zur Caritas-Sammelstelle in den Norden der Stadt – nicht Bövinghausen, aber genauso jottwehde.
  • Ich mähe Rasen.
  • Ich repariere die Jalousie an der Terassentür.
  • Ich buche eine Unterkunft für einen Besuch bei Freunden. Alleine passte ich dort bislang immer aufs Gästebett; jetzt bin ich zu Viert, da geht das nicht mehr.

Letztens habe ich darüber nachgedacht, wie Menschen es schaffen, Netflix und Serien und all dieses Zeug, Tanz- und Gesangswettbewerbe und so weiter, im Fernsehen zu schauen. Ich kann es mir nicht erkären. Und ich habe noch nicht einmal Kinder.

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Gelesen | Der Narkosedoc schreibt etwas über den Abschied auf der Intensivstation.

Gelesen | Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat Gesprächsstrategien gegen Rechts.

Gelesen | Die Fußballspielerin Kathrin Längert antwortet auf Leserkommentare zum Frauenfußball.

Gelesen | Catharina Bruns kritisiert, wie die Gesetzgebung Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit beurteilt.

Broterwerb | Zwei Tage Seminar im Haus Busch zur crossmedialen Planung und Konzeption von Geschichten.

Haus Busch, Herrenhaus

Die Leute kamen bunt gemischt aus der Privatwirtschaft, aus der Verwaltung und von Non-Profit-Organisationen, außerdem waren zwei Vertreter journalistischer Publikationen dabei. Ich habe verschiedene Methoden gezeigt, wie man Ideen für gute Geschichten findet – auch ohne selbst der kreativste Geist zu sein. Wir haben Kampagnen- und Inhalteplanung über verschiedene Kanäle gemacht, auf aktuelle Nutzungszahlen geguckt, es gab Games in Concert und allerlei Best-Practice-Beispiele.

Zum Glück hatte es sich von Sonntag auf Montag abgekühlt. Das machte das Arbeiten angenehm.

Grüße an die Blogleserin!

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Entwicklungen | Die Frau, die immer meine Gmail-Adresse benutzt, um sich irgendwo anzumelden, ist jetzt Mitglied in einem australischen Fitnessstudio. Bis anhin fuhr sie dort nur mit Uber rum. Es scheint, als plane sie, eine längere Zeit down under zu verbringen.

Auch in diesem Fall: Grüße!

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Gelesen | Anne-Kathrin Gerstlauer, ehemalige Studentin in meiner Lehrredaktion, über Personalpolitik beim Kölner Stadt-Anzeiger.

Gelesen | Kurzportrait der Sea-Watch-3-Kapitänin Carola Rackete. Beeindruckende Frau.

Angeguckt | Dayton, Ohio, war eine Vorzeigestadt der USA: boomende Wirtschaft, Wohlstand, Erfindergeist. Jetzt liegt die Stadt im Rust Belt am Boden. Eine ZDF-Doku über „Das vergessene Amerika“.

Fest | Dieses Wochenende war ich im Odenwald. Anlass war ein Fest. Ich besuchte jenen Ort, in dem einst der Postbote verschwand.

Wieder sind wir tief im Wald. Die Hinfahrt ist rasant. Die Straße windet sich am Fuß der Hügel entlang, die Bäume stehen dicht an dicht, Linkskurve, Rechtskurve, Linkskurve. Mutige Fahrer ziehen über die Fahrbahn und schneiden die Kurven. Weniger mutige nehmen jede Biegung mit. Wer hinten sitzt, spürt leichte Übelkeit. Als wir später, viel später, in der Nacht zurückfahren, treffen wir Füchse und Rehe. Wildschweine leben im Dickicht.

Eines der Schweine gibt es zu essen, am Spieß. Der Gastgeber hat es selbst geschossen. Wie Ötzis Mumie dreht es sich im Kreis, Füße unten, Füße oben, Füße unten, die Zähne spitz im Maul, die Haut ledern.

Als wir beginnen, steht noch die Sonne auf den Hügeln. Im Talabschnitt, in dessen Schützenheim wir feiern, ist es jedoch schattig. Hier hat sich der Tag bereits abgekühlt.

Wald und Hügel

Die Gäste sind erleichtert. Endlich ist sie fort, die Hitze des Tages, die die Beine schwer und den Körper klebrig machte, deretwegen wir uns am Nachmittag noch einmal hinlegten, um nun wach und geduscht an Bierbänken zu sitzen. Wir trinken und reden. Die ersten Gläser sind schnell leer und schnell wieder voll.

Für die Kinder gibt es Wasser und Stroh und Malkreide. Sie jagen sich um das Schützenheim.

Eine alte Mauer, dahinter ein großes Kreuz. Davor ein Planschbecken und Strohballen.

Ich treffe Vatta wieder. Nicht meinen Vatta, sondern den Vatta der Gastgeberin, den Geflügel-Landwirt aus Ostwestfalen, mit dem ich fünf Jahre zuvor eine Wohnung renovierte. Es war ein eindrückliches Erlebnis; ich bloggte einst darüber.

Vatta stellt sich mir als Willi vor und steigt direkt in medias res ein: „Das Putenmobil ist tot.“

Er meint damit den kleinen Transporter, der ihn und seine Ware viele Jahre lang zu Wochenmärkten brachte und auf dessen Heck eine gezeichnete Pute prangte, die in einer Sprechblase sagte: „Puten Tag!“ Auf den Seiten stand der Text: „Alles Gute von der Pute.“

Willi kennt meinen Blogtext zu unserer Renovierungsaktion. Seine Tochter hat ihn ihm nach Entstehen vorgelesen, woraufhin Willi minutenlang lachte und ihn ein weiteres Mal vorgelesen haben wollte. Der Text hängt seither gerahmt auf seinem Putenhof.

Wir reden also über das Putenmobil, das es nicht geschafft hat und unversehens verstarb. Willi ist gesprächig heute. Er ist alleine unterwegs, seine Frau konnte nicht mitkommen, und er sagt schon in den ersten fünf Minuten mehr als während des ganzen Renovierungstages.

Es ist ein guter Ort für eine Party, hier in diesem Häuschen oberhalb des Ortes. Die Nachbarn hinter der Mauer sind aus der Phase raus, in der sie sich beschweren.

Firedhof im Wald.

Die Nacht senkt sich über das Fest. Die Mücken kommen. Die Gesellschaft beginnt, sich zu besprühen. Überall riecht es nach ätherischen Ölen.

Die Kinder strolchen weiter umher. Es ist nicht nur ein Abend der Erwachsenen, auch ein Abend der Kinder, an dem sie tun und lassen können, was sie wollen.

Bierbänke, ein großer Sonnenschirm, dahinter eine Feuerschale

Kurz vor Mitternacht wird die Feuerschale entzündet, und wir setzen uns drumherum. Es sind weitere Leute hinzugekommen, niemand kennt sie. Sie gehören ins Dorf, Einem gehört der Grill, auf dem sich das Schwein dreht. Von dem Anderen weiß man nichts Genaues, man kann ihn aber auch nicht wegschicken, sonst heißt es im Dorf: „Der Fischer Andi, der ist so geizig, da kriegst du nicht mal ein Bier, nicht einen Tropfen hatte er übrig, und sein Madl, diese Zugezogene, die hat uns vom Hof gejagt wie Landstreicher.“ Wenn du das nächste Mal etwas von den Leuten willst, eine Leiter oder einen Grill für dein Schwein oder weil du mit deinem Auto im Graben liegst, dann kannst du dir das anhören; bis an dein Lebensende kannst du dir das anhören. Also lässt du sie dasitzen, und sie sind ja auch nett, wenngleich sehr betrunken.

Wunderkerze

Als wir am heutigen Sonntag noch einmal hinfahren, um Tschüss zu sagen, ist das Schützenheim bereits geputzt. Leute aus dem Dorf kamen früh herbei, einfach so, und packten mit an. In Nullkommanix war aufgeräumt.

Wir trinken noch eine Cola. Willi ist auch da. Wir reden noch etwas. Dann fahren wir heim. Es ist heiß heute. Ich bringe C mit dem Auto nach Frankfurt; von dort fährt er mit dem Zug nach Hannover. Vor dem Bahnof sind es 39 Grad. Unsere Umarmung fällt weniger innig aus als sonst. Über dem Asphalt flirrt die Luft.

Willi bleibt noch einen Tag im Wald bei seiner Tochter.

Metaebene | Tagebuchblogkulisse.

Balkon. Vordergrund: Laptop auf dem Schoss, Backend des Blogs. Im Hintergrund zwei Türme einer Kirche, Altstadt.

Von rechts schallen Geräusche eines Volksfestes herüber. Bässe, der Gemurmelteppich vieler, sehr vieler Menschen, herüberwehende Melodien. Im Vordergrund, ebenfalls von rechts, aber näher dran, das Bellen eines Hundes, ein hohes Bellen – ich stelle mir einen kleinen, nervösen Hund vor, ein Tier mit einer spitzen Schnauze und einem Hang zu Dramatik. Eine Frau weist ihn zurecht.

Von links Schlagermusik. Immer wieder wird der PUR-Hitmix angespielt.

In der Ferne das Rauschen eines fahrenden Zuges.

Auf dem Balkon neben mir wohnt ein Mann. Ich sah ihn, als er sein Zimmer betrat: Anzughose, weißes Hemd, eine Kofferkombination wie ein Smoking, schwarz und adrett. Er hört sehr laut einen englischen Fernsehsender, bis eben Nachrichten, nun eine Sendung, in der sich zwei Männer konstant anschreien.

Von irgendwoher Klavierspiel.

Teenager laufen plappernd durch die Straßen. Mädchen in kurzen Röcken, Jungs in engen Hosen und Shirts mit V-Aussschnitt, um die Schulter Taschen, die wir einst um die Hüften trugen.

Amorbach – eine Stadt mit vielen Geräuschen.

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Vor dem Aufbruch | Heute Morgen brach ich hierher auf. Nach dem Wochenende auf dem Schatöchen nun ein Wochenende im Odenwald. Es wird nicht langweilig.

Ich entschied mich, direkt am Vormittag zu fahren. Zuvor noch etwas Herumräumen zu Hause, den Garten gießen, nach dem Gewächshaus sehen.

Dort totale Eskalation.

Gurken im Gewächshaus

Die Gurken baumeln von der Decke. Die Thorstomaten hängen in üppigen Bündeln.

Tomaten, noch grün

Ich goß kräftig. Sonnenschein ist angekündigt – 33 Grad, 36 Grad.

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Expedition in den Odenwald | Ich bin hier anlässlich eines Geburtstags. Zwei Menschen werden 40 und feiern. Viele Menschen reisen aus allen Orten Deutschlands an.

Ich kam am frühen Nachmittag hier an, nach einer problemlosen Fahrt die A45 hinunter, auf der es weder Stau noch besondere Vorkommnisse gab.

Ich freue mich übrigens jeden Tag über das Geschenk von Sandra: einen Gummikummerbund für meinen Beifahrersitz. Er hält meinen Proviant fest.

Beifahrersitz mit Gummidings um. Darin stecken eine Birne, eine Brottüte und eine Trinkflasche.

In Amorbach bezog ich mein Hotelzimmer. Das Hotel ist neu. In den Fluren riecht es nach frisch verlegtem Teppich, das Parkett ist jungfräulich, die Möbel sind noch möbelhausig.

Amorbach hat keine 4.000 Einwohner. Nach acht Stunden in der Stadt meine ich, alles gesehen zu haben. Natürlich täusche ich mich. Es gibt bestimmt noch viel mehr zu entdecken.

Gesehen habe ich bereits das Templerhaus, das zweitälteste erhaltene Fachwerkaus Deutschlands. Es stammt aus dem Jahr 1291.

Fachwerkhaus, das auf einem Steinsockel steht. Davor Zaun und ein Nutzgarten.

Es war einst ein burgartiger Adelssitz, bevor die Besitzer in eine wirkliche Burg umzogen.

Es ist beschaulich hier. Ich begegnete nur wenigen Menschen, und auch in den Geschäften schien niemand. Nur vor der Eisdiele standen die Leute ein: Eiscafé Dolomiti,laut Werbeschild seit Jahrzehnten im Familienbesitz, ist der heimliche Star des Ortes.

Flüsschen mit bunden Häusern dran.

Es war heiß heute, allerdings angenehm heiß. Ich freute mich über die Sonne auf der Haut und auf den Beinen. Wegen Bürositz, Pendelei und allerlei zu tun habe ich mich diesen Sommer noch nicht viel in die Sonne gehalten. Das war sehr schön heute.

Die Kirchengemeinde nutzt die Temperaturen für Werbung in eigener Sache. Der Unique Selling Point des Sonntagsgottesdienstes ist dieser Tage nicht die Predigt.

Ich war auf der Suche nach einer Einkehrmöglichkeit: ein Wirtshaus oder ein Bistro – irgendwas mit Herzhaft für über den Tag. Doch die Lokale hatten noch geschlossen.

in der Bäckerei erwarb ich ohne Fastenabsicht eine Fastenwähe, außerdem eine Sesambrezel und aß sie auf der Bank vor der Abtei des Ortes.

Es gibt hier eine Fürstliche Abtei; sie ist vielfach ausgeschildert. Bei jedem Schild lese ich „Fürchterliche Abtei“; es setzt auch beim fünften Mal kein Lerneffekt ein.

In der Nähe der Bäckerei gibt es zudem eine Metzgerei. Sie bietet eine besondere Attraktion: einen Selbstbedienungsautomaten für Wurst. Man kennt solche Maschinen aus Foyers und Büros: Spiralen drehen gegen Einwurf kleiner Münzen Snickers heraus. Hier sind es vakuumierte Würste.

Ich gehe weiter durch den Ort. Es ist alles sehr hübsch hier.

Blaues Haus mit Fensterläden, bewachsen von blühendem Zeug. Eine Holzbank steht davor.

Allerdings begegnet mir auch Seltsames: ein Hause mit einer Treppe wie an Peter Lustigs Bauwagen, dazu Skelette. Es klärt sich nicht auf, warum das alles.

Ein Haus, teils rosa gestrichen. Holzstühle sind an der Fassade angebracht. Sie bilden eine Treppe. Vor der Haustür liegen Plastikskelette.

Nach meinem Rundgang kehre ich zurück ins Hotel. Im Hotel arbeite ich für den Rest des Nachmittags.

Hotelzimer: Tisch mit MacBook und iPad. Eine Lampe mit rotem Schirm steht daneben. Davor ein rosa Hocker.

Am Montag und Dienstag ist Storytellingseminar im Haus Busch. Das Seminar ist diesmal ausgebucht; die Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben mir ihre Projekte und Fragestellungen geschickt. Ich arbeite sie in mein Seminarkonzept ein.

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Angeschaut | Dolmetscherin Verena Laouari zeigt, wie es in einer Dolmetscherkabine aussieht und welche Technik es beim Simultandolmetschen gibt.

Gelesen | Kolumnist Karl-Markus Gauß schreibt in launigen Worten übers Bahnfahren: Deutschland, Du armes Land der Reichen

Angeschaut | Junge Geflüchtete überwinden ihre Angst vor dem Wasser und lernen schwimmen. Berührende Fotokollektion mit dem Titel „The Big Sea“ – und ein Interview mit der Fotografin.

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Bemerkt | Als ich gerade Google befragte, was das wohl für eine Veranstaltung zu meiner Rechten ist, bemerkte ich zum ersten Mal, dass die Suche Veranstaltungskalender kann.

Das haben Lokalzeitungen ja auch nie wirklich hingekriegt. Brauchen sie nun auch nicht mehr.

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Mchmchchchchchh | Nebenan nun kein Fernsehton mehr. Stattdessen Schnarchen; ein Rachenreiben, wie es entsteht, wenn der Mund geschlossen ist, das Gaumensegel aber dennoch flattert. Die Atemzüge mal länger, mal kürzer, auch sehr kurz. Dann wieder sehr lang, energisch, beinahe wütend. Bisweilen, in der Mitte eines Atemzugs, klemmt das Segel; dann bleibt der Schnarcher dumpf stecken. Von rechts weiterhin die Bässe des Volksfests.



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