Matratzenschoner | Regentage im Herbst verführen mich dazu, Dinge im Haushalt zu tun – solche Dinge, die, wendet man das Eisenhower-Prinzip an, weder dringend noch wichtig sind, die aber irgendwann dringend und wichtig werden: das Bett beziehen zum Beispiel.
Jedesmal, wenn ich mein Bett beziehe, denke ich über zwei Dinge nach: über meinen Matratzenschoner und und über meinen Matratzenschoner. Einer liegt unter, einer auf der Matratze. Beide habe ich mir vor nunmehr neun Jahren aufschwatzen lassen. Damals sagte die Verkäuferin zu mir, nachdem wir über die Matratze handelseinig waren: „Einen Matratzenschoner haben Sie sicherlich.“
Ich hatte bis anhin noch nie von Matratzenschonern gehört und beging einen Fehler, indem ich antwortete: „Uhm … weiß nicht. Nein?“
Sie sah mich an, als hätte ich ihr gestanden, jeden Morgen ein Katzenbaby im Schweineschmalzmantel zu verzehren. Sie verzog das Gesicht und sagte in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, dass ich seit Jahren etwas absolut Abartiges tat: „Dann nutzen Sie Ihre Matratze etwa so?“
Ich sah mich hilflos im Laden um, hoffte auf einen SEK-Einsatz, auf eine Kettenreaktion platzender Matratzenladen-Luftballons oder wenigstens auf einen zweiten Kunden. Doch nichts dergleichen. Stattdessen sagte die Verkäuferin: „Dann brauchen Sie auf jeden Fall die Grundausstattung.“
Seitdem besitze ich einen Matratzenschoner für auf die Matratze und einen Matratzenschoner für unter die Matratze, ich wasche die beiden regelmäßig, das ist alles wahnsinnig umständlich, ich lege sie danach stets wieder auf und bei jedem Bettenbeziehen frage ich mich, was der Quatsch soll, seit neun Jahren. Gleichzeitig traue ich mich nicht, meine Matratze, wie so ein Höhlenmensch, ohne diese beiden Auflagen zu benutzen. Ich stelle mir vor: Ich habe ein Date, das Date stellt sich als ein Matratzenverkäufer heraus, er ist sympathisch, ich nehme ihn mit nach Hause, habe keinen Matratzenschoner, er ist entsetzt, und unsere Zukunft endet, bevor sie beginnen konnte.
Backung | Foto eines Apfelkuchens an Herbstastern:
Gehört | Interview mit dem Soziologen Armin Nassehi über soziale Systeme, Wahlentscheidungen und darüber, dass wir große Streitthemen brauchen, damit sich Leute der Politik zuwenden.