Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Dieses Wochenende war es soweit:
Ich habe meine neue Küche eingeweiht.

Ich habe sie eingeräumt – mit all dem Zeug, das ich besitze: mit Teller, Tassen, Pfannen, Backformen, Vorratsdosen und Lebensmitteln. Ich habe außerdem einen Nusskuchen gebacken – für die Handwerker, die morgen die Wohnzimmerwand einreißen. Und ich habe Nudeln gekocht.

Wenn ich den Raum nun fertig sehe, kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, wie er anfangs aussah. Dabei war’s schon schlimm:

Psychedelisches Küchenparadies

Die Schönheit der Tapeten kommt in dem Foto leider nur ein bisschen rüber. Es waren pinke und blaue Pinselstriche auf grauem … äh … Dings … so ähnlich wie Wischtechnik.

Die Handballhühner haben mich von diesen Tapeten befreit und auch gleich die Wandfliesen mit abgekloppt. Der Fliesenleger hat dann den Rest erledigt und innert zwei Stunden auch die Bodenfliesen entsorgt.

Die Küche, nackt

Der Fliesenleger hat nicht nur Altes rausgehauen, sondern auch Neues reingelegt. Er hat sich sehr gefreut, so schöne Fliesen legen zu dürfen – und ich habe mich gefreut, dass er das so hübsch und ordentlich macht. Ich habe ihm dann Glückscurry gekocht, und wir waren beseelt.

Danach kamen vier Männer, die mir eine neue Küche in die Wohnung  getragen haben. Zwei von ihnen sind geblieben. Ich habe sie mit Kuchen gefüttert, und sie haben meine Küche aufgebaut. Nun sieht es in dem Raum so aus:

Küche in schön

Das Beste ist: Ich weiß gar nicht, was das Beste ist. Vielleicht die Arbeitshöhe von einem Meter fünf. Oder dass mein Kühlschrank Wasser ausschenkt (und Eiswürfel und crushed Eis). Oder das Induktionskochfeld. Diese Technik ist wirklich fantastisch: Zack, ist das Wasser warm – nur ein Knopfdruck, und die ganze Hitze ist wieder weg. Heißer Scheiß. Rechts hinter dem Vorsprung geht es übrigens in den Garten. Das ist auch toll.

Jetzt brauche ich nur noch Barhocker, damit meine Gäste demnächst an meiner Kücheninsel sitzen und sich einen picheln können, während ich für sie koche.

In der bayerischen Provinz findet jedes Jahr ein Handball-Turnier für Dorfvereine statt. 2004 nimmt auch die Nationalmannschaft aus Sri Lanka teil. Die Freude im Dorf ist groß – bis die Gäste aus Asien spurlos verschwinden. Ein Webreportage, entstanden in der Deutschen Journalistenschule: Besuch aus Colombo. Sehr lachen musste ich bei dem Satz des Turnierleiters: „Habts ihr 23 Singalesen irgendwo gesehen, ja? Dunkle?“ Eine irre Geschichte.

Sebastian Mondial über Offshore-Leaks. Ein dreistündiger Podcast, in dem er erzählt, mit welchen Werkzeugen und Methoden er die 260 GB Daten gesichtet, sortiert und nach Geschichten durchsucht hat. Er erläutert, wie er die Kommunikation der über 80 Journalisten aus 46 Ländern in einem Web-Forum organisierte und am zweiten Tag mit der Festplatte aufwachte – und das Passwort zur Entschlüsselung vergessen hatte. Im letzten Drittel erklärt Sebastian Mondial, wie die Snowden-Enthüllungen die Arbeit von Journalisten verändern und was sie für den Informantenschutz bedeuten.

Ein Blick in die Welt der Kunst: Klassische Skulpturen, angezogen wie Hipster.

Frau Lobo beantwortet die Frage, ob ihr Buch schon fertig ist. Aus eigener Erfahrung kann ich sehr gut nachvollziehen, aus welchen Motiven heraus diese Webseite entstanden ist.

Der Supermarktblog über krumme Dinger im Gemüseregal und den Versuch, Verbrauchern Gurken und Karotten zu verkaufen, die völlig in Ordnung, aber eben ein bisschen krumm sind.

Ein Mann mit Vergangenheit.

Katrin Seddig macht sich Gedanken darüber, warum Männer Frauen nicht mehr helfen, den Koffer zu tragen oder irgendwo hochzuhieven.

Das „Project Unbreakable“ hat Frauen fotografiert, die sexuell missbraucht wurden. Mit im Bild: Was die Täter vorher oder währenddessen zu ihnen sagten.  Hier auch männliche Opfer.

Makro-Aufnahmen von Insekten.

Im Moment beschäftige ich mich ja viel mit Inneneinrichtung – deshalb hier 33 Ideen, wie man sein Heim schöner machen kann. Am besten gefällt mir der Tisch mit den schaukelnden Stühle. Und der Pool zum Nach-Draußen-Schwimmen.

Warum Leute auf alten Fotos nicht lächeln (via @thorstensterk).

Benjamin Ames singt mit seiner Tochter. Sie kann nicht schlafen, weil sie meint, ein Feuerwerk zu hören:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=Bpu0TIXzI1w&w=480&h=360]

Hier im Kännchencafé passiert gerade nicht viel.

Im Hintergrund hingegen passiert eine ganze Menge. Denn ich habe Urlaub. In diesem Urlaub renoviere ich entweder – oder schlafe.

Sie denken nun bestimmt: „Oh je, in welch eine Bruchbude will Frau Nessy eigentlich einziehen! Sie renoviert doch schon seit Wochen!“ Das stimmt so nicht ganz, denn zwar renoviere ich tatsächlich seit Wochen, die Wohnung ist aber keine Bruchbude. Vielmehr ist es so: Je weiter man in die Tiefen einer Sache vordringt, desto mehr Details entdeckt man, die man verbessern kann. Und Sie kennen bestimmt die alte Renoviererweisheit: „Was du jetzt nicht machst, machst du hinterher niemals mehr.“

Oder würden Sie, wenn Sie einmal eingezogen sind, die Heizkörper abnehmen?

abgenommener RadiatorSehen Sie. Ich auch nicht.

Dabei kann man mit abgenommenen Heizkörpern so viel machen. Man kann zum Beispiel Dämmplatten in die Nische hinter dem Radiator kleben und so dafür sorgen, dass die Heizung demnächst nicht mehr den Garten mitheizt. Man kann die Heizkörper reinigen und von Spinnweben befreien. Und man kann die kackbraune Farbe weiß überlackieren.

Servicetipp #1: 
Polystyrol-Hartschaumplatten mit Waffelstruktur zur Dämmung. Die lassen sich nachher auch gut streichen.

Das Ganze ist eine elende Plackerei – nicht so sehr das Lackieren, sondern das Abnehmen. Deshalb haben das auch zwei kräftige Herren für mich getan, denen es nichts ausmacht, 40 Kilo Heizkörper mit 60 Liter Wasser drin zu heben.

Nun ja, fast nichts. Deshalb:

Servicetipp #2:
Gutes Catering hilft, die Motivation starker Männer hoch zu halten.

Nachdem die starken Männer Ihnen die Heizkörper aus der Wohnung getragen haben, nachdem die Heizkörper im Garten ausgelaufen sind (an dieser Stelle werde ich nächstes Jahr dreiköpfige, sprechende Tomaten ernten) und die Herren die Dinger auf einen Bock gehoben haben, können Sie sich an die dekorative Feinarbeit machen und die Heizkörper lackieren.

Heizkörper lackieren

Servicetipp #3:
Meine Wagner-W-550-Sprühpistole hat ca. 70 Euro gekostet und war ihr Geld wert. Das Lackieren geht zigfach schneller als mit dem Pinsel und spart Farbe. Außerdem fühlt man sich wahnsinnig professionell. Achtung: Es gibt Sprühdinger für Lacke und Sprühdinger für Wandfarben.

So sieht dann hinterher das Ergebnis aus:

Vier lackierte Heizkörper

Nach dem Lackieren müssen die Heizkörper natürlich wieder ran an die Wand (vgl. Servicetipp #2). Wenn Sie in einem Nachkriegshaus wohnen, so wie ich es demnächst tun werde, kann es sein, dass Sie ganz komische Anschlüsse haben. Also nicht Halbzoll-Gewinde oder Viertelzoll, sondern 7/16, angesichts derer sich selbst der anwesende Heizungsbaugeselle rätselnd am Kinn kratzte. Der Baumarkt hatte passende Kappen und Stopfen natürlich nicht vorrätig, denn 7/16 : „Wer verbaut denn sowatt? Hamwa nich!“ Aber wir sind ja Checker:

Servicetipp #4:
Wenn Sie 7/16-Anschlüsse haben, dichtet ein 10-Cent-Stück, eingelegt in die Ventilkappe, passgenau ab.

Als die Heizkörper wieder dran waren, habe ich mich unten im Heizungskeller gefühlt wie in Wolfgang Petersens „Das Boot“:

Heizungskeller

Es fehlten nur die Echolot-Geräusche.

Servicetipp #5:
Wenn die Heizkörper wieder dran sind: Wasser nachfüllen und entlüften.

Als ich dann so herumstand und Wasser nachlaufen ließ und mich ein wenig umsah, denn das Ganze braucht reichlich Zeit und im Heizungskeller ist es schön warm und muckelig, habe ich mich sehr ruhrgebietlich gefühlt:

Aufkleber: IG Bergbau und Energie

Wenn Sie also demnächst Zeit und Muße haben, nehmen Sie doch einfach mal Ihre Heizkörper ab. Ich garantiere Ihnen viele schöne Stunden, ein nachhaltiges Ganzkörpertraining und mindestens ein kniffliges Rätsel.

Heute, auf einem Marktplatz im Sauerland, habe ich meinen Lebensplan geändert.

Marktplatz mit KirchturmEin Ausflug trug mich ins Sauerland, in die Heimat, auf den Marktplatz, an einem Dienstag. An einem Dienstag stellen die Menschen hier nicht nur ihre Mülltonnen an die Straße, an einem Dienstag ist hier auch Wochenmarkt, direkt unter dem Kirchturm. Zehn, zwölf Wagen parken dann dort, mit Fisch, Käse und Gemüse, mit Pflanzenzwiebeln und Reibeplätzchen.

Unter dem Kirchturm befindet sich ein Café, ein Eiscafé mit Draußensitz. Gegen 11 Uhr kommt die Sonne herum, scheint durch die nahe Gasse auf die Tische und Stühle. Die Kundschaft sitzt dann nicht nur mit besten Blick auf den Marktplatz, sie sitzt an einem Tag wie diesem, einem wunderbaren Alterweibersommertag, auch hell und warm.

Ich gehe nur fünf Schritte über den Markt, schon ruft es mir aus dem Eiscafé zu. So ist das hier an einem Dienstag, da sind alle auf dem Markt, da trifft man jeden, der sich irgendwie erübrigen kann: Rentner, Spätschichtler, Mütter in Elternzeit, hungrige Angestellte auf dem Weg zum Reibeplätzchenwagen. Wer hier geboren ist, trifft hier dienstags nicht nur jemanden, er trifft meist sogar alle.

Er sitzt an einem der Tische in der Sonne, und ich setze mich zu ihm. Er ist nun Rentner, ein Freund der Familie. Wir plauschen ein wenig. Kaum habe ich meine Latte M bestellt, schlendert der Nächste vorbei, auch Rentner, auch bekannt, der Erste ruft, der Zweite tritt zu uns an den Tisch:

„Wo kommste weg?“ Der Erste.
„Vom Arzt. Wegen meinen Venen.“ Der Zweite.
„Die beste Krankheit taugt nix.“
„Wem sagste das.“
„Setz dich.“
„Aber nur fünf Minuten.“

Er rückt sich einen Stuhl in die Sonne und setzt sich zu uns. Sogleich kommt meine Latte von rechts – und mit ihr der dritte Rentner von links.

„Moin Jupp! Setz dich bei!“
„Keine Zeit!“
„Erzähl keinen Quatsch!“
„Na gut, überredet!“

Nun sind wir schon zu Viert. Bald stoßen Rentner Vier und Fünf hinzu, kurz danach auch Sechs und Sieben, binnen 30 Minuten sitzen wir zu Neunt am Tisch. Nur Nummer Zehn lehnt den Kaffee ab:

„Hab’n nervösen Magen! Vertrage nur Getränke mit Schaum.“ Er meint nicht den Milchschaum und strebt in Richtung Fischbude davon.

Die Runde ist nun gesellig. Es geht um Krankheiten und Urlaube. Der Eine muss in die Röhre, der Andere war an der See, auf Tour mit dem Elektrofahrrad. Der Dritte fuhr am Wochenende mit dem Kegelclub nach Willingen – für Weib, Bier und Tanz.

„Da sagte der Türsteher zu mir, sein Etablismeng, das wär nix für mich, aber da vorne, da gäb’s auch was für die gehobene Kundschaft.“
„Gehoben im Stil?“
„Nee, gehoben im Alter.“

So sitzen sie da, trinken Cappuccino mit Sahne und noch einen Capuccino mit Sahne, so geht die Zeit dahin. Die Sonne wärmt uns den Rücken, ich blicke über den Marktplatz, grüße hier, grüße da, lausche dem Plausch und verwerfe meinen Plan, später einmal Fensterrentner zu werden. Nein, ich werde nicht Fensterrentner. Ich werde Eisdielenrentner.

Lieblingstweets 09/2013

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Seit drei Wochen besuche ich einen Russischkurs.

Meine zarten Kenntnisse der russischen Sprache beschränken sich, wie Sie wissen, auf zentrale Begriffe der russischen Kindererziehung, die Zahlen von 1 bis 100 und auf Körperteile des Huhns. Das ist für den Alltag nicht ausreichend. Um bald auch mit Erwachsenen auf angemessene Weise zu kommunizieren, mache ich nun einen Kurs.

Der Kurs besteht nur aus einer Handvoll Leuten, was ihn sehr effizient macht. Unter ihnen: ein Ehepaar mittleren Alters, das gerne russische Volksweisen hört und erfahren möchte, worum es darin geht, ein spanischer Ingenieur, der wegen der  Wirtschaftskrise nach Deutschland gekommen ist, hier aber mit russischen Kunden zu tun hat, und eine Ukrainerin, die  jung nach Deutschland immigrierte und die Sprache ihrer Familie lernen möchte. Unsere Lehrerin heißt, sagen wir, Oxana.

Oxana ist eine rundliche Frau um die 50 mit blondem, kurzen Haar, das, je weiter die Kursstunde fortschreitet, immer wilder auf ihrem Kopf liegt. Sie macht überschwänglich Mimik („Sie müssen lächeln! Machen Sie breit, den Mund! Das Russische ist eine fröhliche Sprache!“), sie gestikuliert wie auf dem Jahrmarkt („Machen Sie mit! So können Sie es besser merken!“), und manchmal singt sie auch, und wir müssen einstimmen. Oxana liebt die russische Sprache. Es vergeht keine Stunde, indem sie nicht die Vorteile es Russischen aufzählt („So viele Buchstaben! Jeder Laut hat einen eigenen! Ist das nicht praktisch?“). Die eineinhalb Stunden, die der Kurs dauert, vergehen mit nur einem Wimpernschlag.

Heute haben wir zur Melodie von „Bruder Jakob“ die 1. Person Singular gelernt. Sie können sich den Text in der Übersetzung etwa so vorstellen:

Ich weiß nicht,
Ich weiß nicht,
ga-har nix,
ga-har nix,

Ich verstehe nicht,
Ich verstehe nicht,
ga-har nix,
ga-har nix.

Wir haben das einstimmig und im Kanon gesungen – bei weit geöffnetem Fenster. Es hörte sich sehr schön an. Ich möchte allerdings nicht wissen, was zufällig vorbeiflanierende Russen gedacht haben.

In ihrem Projekt „4th Trimester“ hat die Fotografin Ashlee Wells Jackson Frauen sechs Wochen nach der Geburt fotografiert. Ihr Ziel: ein realistisches Bild von einem Körper zeichnen, der bis vor Kurzem ein Baby in sich trug. Die Kommentare unter dem Artikel zeigen direkt den Grund, warum es dieses Projekt gibt (via Mellcolms Facebook).

Globale Temperaturveränderungen zwischen 1900 und 2013 in einer interaktiven Grafik: Ich habe ungefähr eine Viertelstunde Regler hin- und hergeschoben. Man muss natürlich immer die verschiedenen Monate miteinander vergleichen und nicht den Januar 1902 mit dem Juni 2013. Sehr interessant.

Die Geschichte liegt nun schon eineinhalb Monate im Internet, trotzdem hier nochmal der Link vom bürokratischen Irrsinn, der entsteht, wenn man vor einem deutschen Amt nachweisen muss, dass man eine bestimmte Staatsbürgerschaft nicht hat: Katarina am Rande des Wahnsinns.

Die Illustratorin Mica Angela Hendricks arbeitet mit ihrer vierjährigen Tochter zusammen – das Ergebnis ist ziemlich prima und sieht gar nicht nach Gekrakel aus (via Sue).

Menschen am Meer: Sandra Smilla Dankert hat sich an eine Promenade gesetzt und Menschen fotografiert, die vorbeikommen oder sich ans Geländer stellen und auf die See gucken. Ich sitze ja auch gerne im Café und schaue einfach dem zu, was um mich herum passiert.

Lena Reinhard reist entlang der Seidenstraße von Berlin nach Astrachan: Teil Eins und Teil zwei mit einem Dankeschön und einem Fazit (via Johannes). Wunderschöne Bilder, wunderschöne Eindrücke. Man möchte sofort losfahren und es ihr nachtun.

Der geschätzte Herr Buddenbohm hat den „Klack“ entdeckt und sehnt sich nun danach, auch bei anderen Tätigkeiten als beim Playmobil-Zusammenbau ein entsprechendes Geräusch zu hören:

“Schatz, komm doch ins Bett. Die Kinder schlafen und wir haben ja auch schon unfassbar lange nicht mehr…”
KLACK

Sie ahnen vielleicht, dass ich ihn ähnlichen Situation nun immer unauffällig „Klack“ denken werde.

Jetzt noch 65 Jahre in fünf Minuten: Das Portrait eines alternden Kindes (via wirres).

[vimeo http://vimeo.com/74033442]

Es geht einem wie im Leben: Man guckt einen Menschen Tag für Tag an, guckt ihn an und guckt ihn an – aber erst eines Morgens fällt einem auf, wie alt er plötzlich geworden ist. Oder man selbst. Je nachdem.

Zum Schluss ein bisschen Musik:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=eXqPYte8tvc&w=480&h=270]

Lektüre im Juni, Juli und August:

Bücher 3 - 2013

Catrin Bernsteiner. Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung.
Die Geschichte von Fred Eisenbogen und Sandra Schläpple: Sie ist eine chaotische Gärtnerin, er ein überkorrekter Finanzbeamter. Sandra hat einen Vater, der gerne bescheißt, Fred soll eine Steuerprüfung bei ihr im Hause machen. Natürlich steht Fred auf Sandra, und es kommt zu Verwicklungen. – Meine liebe Kollegin hat das Buch auch gelesen und fand es „schrecklich“, weil „furchtbar, furchtbar seicht“. Dem kann ich mich nicht anschließen: Es ist zwar furchtbar seicht, aber nicht furchtbar schrecklich. Halt etwas Vorhersehbares, bei dem man nicht nachzudenken braucht. Aber manchmal will man ja genau das. Eine Lektüre für Strand, Bus oder Bahn.

Mark Haddon. Der wunde Punkt.
George Hall ist Familienvater jenseits der 50. Die Kinder sind aus dem Haus: Die Tochter heiratet zum zweiten Mal, der Sohn ist schwul und hat endlich einen festen Partner. Seine Frau geht fremd. Eines Tages entdeckt er an seiner Hüfte einen dunklen Fleck. Eine hypochondrisches Drama beginnt. – Die Idee ist prima, die Geschichte hat Humor und schwankt zwischen Kömödie und Tragödie. Die Idee trägt allerdings nicht immer, das Buch hat ein paar Längen. Deshalb auch hier: ein hübsches Buch für Bus, Bahn und Strand.

Dr. med. Kinderdok. Babyrotz & Elternschiss.
Der liebe Herr Kinderdok hat sein Blog zu einem Buch ausgeweitet – das ist ja jetzt in. Das Buch enthält aber nicht einfach nur die Blogbeiträge, sondern behandelt, thematisch geordnet und ausführlicher einzelne Themen aus der Praxis: Filofax-Eltern, Väter, Helferinnen, Pharma-Vertreter, impfen, Homöopathie. Der Kinderdok macht das gut: Er plaudert munter dahin, man erfährt etwas über die Organisation einer Kinderarztpraxis und über die verschiedenen Elterntypen, die dort auflaufen. Wie auch das Blog lebt das Buch von den Extremen und der Zuspitzung, das heißt: Die normalen, vernünftigen Eltern kommen nicht so oft vor, dafür die unterschiedlichen Spezialtypen. Insgesamt eine nette (wirklich und im Wortsinne nette) Lektüre. Bus, Bahn, Strand.

Sue Reindke. Spam.
Auch die liebe Sue ist unter die Buchautorinnen gegangen: Sie hat mit bewundernswerter Akribie Spam gesammelt, katalogisiert und stellt ihn nun in seiner ganzen Pracht aus. Das Buch hat fast schon kulturhistorischen Wert: Während der Lektüre kam mir immer mal wieder der Gedanke, das Spam-Autoren (genauso wie die Autoren von Heftchenromanen) eine grob unterschätzte Spezies sind. Mein liebsten Stellen im Buch sind die, in denen Sue den Spammern antwortet und in eine Korrespondenz mit ihnen tritt. Leider macht sie das nur ein paarmal (oder hat nur ein maarmal Antwort erhalten). Das hätte gerne auch noch häufiger passieren können.

Sarah Stricker. Fünf Kopeken.
„Meine Mutter war sehr hässlich. Alles andere hätte mein Großvater ihr nie erlaubt.“ Das sind die ersten beiden Sätze des Buches. Großartige erste Sätze, wie ich finde. Die Geschichte: Eine Erzählerin erzählt das Leben ihrer Mutter. „Doofsein kannst du dir mit dem Gesicht wenigstens nicht erlauben“, hat deren Vater ihr einst gesagt. Daraufhin wurde die Mutter ein Wunderkind, machte alle stolz, in der Schule, musikalisch, bei der Berufswahl. Die Familie führt ein Geschäft. Die Mutter steigt ein. Zieht nach der Wende mit nach Berlin. Lernt einen Mann kennen – und eine große Liebe, allerdings in Person eines Nachbarn. Die Geschichte ist behutsam und poetisch erzählt, sehr schön. Bisweilen allerdings hätte ich mir etwas mehr Handlung und etwas weniger Geschwafel gewünscht.

Julia Stuart. The Matchmaker of the Perigord. (Der Liebeszauber des Monsieur Ladoucette)
Guillaume Ladoucette ist Friseur in einem 33-Seelen-Dorf. Als das Geschäfts nicht mehr läuft, sattelt er um und eröffnet eine Partnervermittlung. Er beginnt, die Singles unter den 33 Einwohnern miteinander zu verkuppeln. Gleichzeitig kehrt seine Jugendliebe ins Dorf zurück – und möchte auch Kundin werden. Die ganze Geschichte ist äußerst charmant und sehr liebevoll erzählt. Ich bin nur ab und an mit den Namen durcheinander gekommen.

*

Auf dem Kindle:

Linda Castillo. Pray for silence. (Blutige Stille)
Die gesamte Familie Plank wurde ermordet. Die zwei Töchter der Familie wurden übel zugerichtet. Die Familie gehört zur amischen Gemeinde in Painters Mill, Ohio. Dort ermittelt Polizeichefin Kate Burkholder nun in ihrem zweiten Fall und macht sich auf die Suche nach dem Motiv und dem Mörder. Solider Thriller – wie auch schon Band 1 der Kate-Burkholder-Reihe. Macht man nichts falsch mit.

Ken Follet. Winter of the World. (Winter der Welt)
Zweiter Teil der Jahrhundert-Saga. Es geht um die Kinder derer, die im „Sturz der Titanen“ auftraten. Die nächste Generation erlebt die Machtergreifung durch Hitler und den nächsten Krieg. Die Geschichte wirkt, im Gegensatz zum ersten Band, ein wenig bemüht: Jede Figur hat ihre Rolle, schließlich muss es Widerständler, Kommunisten, Juden, stramme Nazis, Gut und Böse geben. Das ist alles ziemlich stereotyp. Nichtsdestotrotz ist „Winter der Welt“ eine gute, unterhaltsame und auch lehrreiche Erzählung. Entsprechend werde ich auch den dritten Teil lesen.

Susann Pásztor. Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts.
Mila, eine hibbelige Frau in mittleren Jahren, besucht ein buddhistisches Schweigeseminar, muss drei Tage lang den Mund halten und meditieren. Sie erfährt etwas über das, was ihr so schwerfällt: das Loslassen. Im Anschluss an das Seminar nimmt sie Simon mit, fährt ihn in sein Hotel in der Stadt – und bleibt bei ihm. Die beiden verleben drei überraschende, leidenschaftliche Tage miteinander. Dann gehen sie auseinander – das Buch aber geht weiter. Die Geschichte ist ein typisches Frauenbuch, aber nicht schlecht. Eine hübsche Lektüre.



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