Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Dienstag, 6. November

6. 11. 2018  •  6 Kommentare

Den Tag beim Kunden verbracht. In der Kantine gab’s zum Mittag Spaghetti Bollo, und ich habe mir nichts aufs Hemd gekleckert. Das ist eine Erwähnung wert.

Stautagebuch: rund 14 Kilometer.

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Ich habe einige neue Podcasts entdeckt. Werde sie auf den Autofahrten nun probehören und berichten, wenn mir etwas gefällt.

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GelesenThe Simplest Way to Drastically Improve Your Life: More Sleep. Sag ich seit 40 Jahren. Jetzt ist es offiziell. 

GelesenOne Legacy of Merkel? Angry East German Men Fueling the Far Right. Stück der New York Times über rechte Wähler im Osten Deutschlands: Wendeverlierer, denen die Frauen abhanden gekommen sind. Das Thema gab’s auch schon in der deutschen Berichterstattung (Blogbeitrag vom 25. Oktober). 

After the wall came down, the East lost more than 10 percent of its population. Two-thirds of those who left and did not come back were young women.

It was the most extreme case of female flight in Europe, said Reiner Klingholz, director of the Berlin Institute for Population and Development, who has studied the phenomenon. Only the Arctic Circle and a few islands off the coast of Turkey suffer comparable male-female imbalances.

Ebersbach in Sachsen, nahe der tschechischen Grenze, habe nach 1989 sieben von zehn Arbeitsplätzen verloren. Die Bevölkerung sei inzwischen halbiert. Geblieben seien vor allem Männer, denen die wirtschaftliche und persönliche Perspektive fehle. Auf drei Männer zwischen 22 und 35 Jahren, dem Alter der Familiengründung, kämen zwei Frauen. Ein Drittel bleibt also, rein rechnerisch, ohne Partnerin. In der Realität sind die restlichen zwei Drittel auch nicht alle Topf und Deckelchen.

Die Frauen, die bleiben, seien überdurchschnittlich präsent im täglichen Leben und oft auch erfolgreich. Auch auf Angela Merkel treffe dies zu. Sie sei weniger Feindbild wegen ihrer Politik, sondern weil sie denjenigen unter den ostdeutschen Männern, die wegen zahlreicher Niederlagen frustriert sind, ihr Versagen vor Augen führe.

The women who have stayed are prominent in public life. Not just the mayor is a woman. The pastor is a woman. One of the few bars open at night, the Brauerei, is run by a woman, too. […]

“The anger of eastern men also has something to do with the success of eastern women,” said Frank Richter, an eastern theologian and prominent thinker. If eastern men dislike Ms. Merkel so viscerally, it is not just because she let in a million asylum seekers, Mr. Richter said, “but because she is so utterly familiar to eastern men and a daily reminder of their own failure.”

Montag, 5. November

5. 11. 2018  •  23 Kommentare

Viel unterwegs gewesen in den vergangenen Tagen. Aus dem Bergischen Land erst nach Hannover, dann nach Hamburg, dann wieder zurück nach Hannover, dann nach Duisburg, dann zurück nach Dortmund. Es blieb keine Zeit zu bloggen, oder wenn ich hätte bloggen können, habe ich lieber anderes getan, zum Beispiel gemütlich zu Abend gegessen. Wie hier in Hannover:

Ein gemütlicher TIsch mit Sofa und Abendessen

In Hamburg war es schön, kurz und schön, ein Geschäftstermin, danach noch ein wenig umhergewandert, dann war ich auch schon wieder weg.

Ich hätte auf die Besucherterrasse der Elbphilharmonie gehen können. Dafür wäre Zeit gewesen. Aber diese Fülle von Menschen, die sich vor dem Eingang tummelten und die anstanden, um hinauf zu kommen, haben mich abgeschreckt. Wegen der Wartezeit und wegen … naja, Menschen. Ich finde Menschen total super, wenn sie in übersichtlicher Anzahl vorhanden sind, aber in Mengen – nee. Dafür muss ich in Stimmung sein. War ich nicht. Also Elbphi nur von außen.

Elbphilharmonie von unten

Stattdessen war ich bei meinem Klamottendealer für große Frauen und habe im Schlussverkauf zwei neue Hosenanzüge ergattert. Das war super. Außerdem habe ich mir gelbe Sneaker gekauft, die ich zum blauen Hosenazug tragen kann – Komplementärfarben, Sie wissen schon.

Ich trage inzwischen gerne Hosenanzüge. Seit es diese Marke für lange Frauen gibt, seit also die Ärmel lang genug sind und die Taille tatsächlich in der Taille sitzt und nicht auf Brusthöhe, kann ich gut den ganzen Tag im Hosenanzug rumlaufen und finde es sogar gemütlich. Wie angenehm es ist, wenn der schmalste Teil des Kleidungsstücks (Taille) sich nicht am breitesten Punkt des Körpers (Brüste) befindet! Halleluja. Menschen mit Normmaßen wissen das wahrscheinlich nicht zu schätzen.

Aber Schuhe! Die müssen auch gemütlich sein. Deshalb Sneaker. Mittlerweile darf man das ja: Sneaker zum Hosenanzug. Was die Männer können, kann ich auch.

Am Freitag Rückfahrt über die A2. Am Horizont das Ruhrgebiet, wo der Stahl gekocht wird.

A2 mit Abendrot

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Heute, das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, habe ich auf dem Rückweg von einem Geschäftsessen einen riesigen Kran gesehen, der so groß war, dass er etwas über ein Haus heben konnte.

Kran über einem Haus

Das schreibe ich auf, weil ich Sie daran teilhaben lassen möchte, wie groß der Kran war (wirklich groß!).

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Gehört: Den Briefcast von Journelle und Stoewhase, ein Podcast, in dem die Beiden sich Briefe schreiben und vorlesen. Die erste Folge fand ich gut: plauderiges und doch relevantes Thema („Kindheit in Ost und West“). Die Länge (30 Minuten) entspricht meiner Audio-Aufmerksamkeitsspanne für dererlei Formate, denn ich bin ein visueller Mensch und auditiv begrenzt. Alles, was Sie mir ohne visuelle Reize, ohne Dialog oder ohne übersteigerte Dramatik länger als, sagen wir, 30 Minuten akustisch mitteilen, können Sie auch Ihrem Basilikum erzählen.

Gespielt: Die Legenden von Andor. Wir haben die Zweite Legende geschafft, der neue Mann, die Jungs und ich, das war wirklich gut und hat Spaß gemacht. Man muss gemeinsam eine Burg verteidigen und Aufgaben erledigen. Man spielt miteinander – nicht gegeneinander – gegen Monster und Kreaturen; es ist ein kooperatives Spiel, in dem man sich eine gemeinsame Taktik überlegt und nachdenkt, welche Spielfigur mit welchen Kräften am besten welche Rolle übernimmt, so dass sie dem Team am meisten hilft. Wir sind jetzt ganz heiß auf Legende Drei. Das Spiel ist ab 10 Jahren, aber man muss auch mit 40 ganz schön viel nachdenken.

Gesehen: Seit langem mit „Der Mann, der lügt“ mal wieder einen richtig guten Tatort.

Dienstag, 30. Oktober

30. 10. 2018  •  6 Kommentare

Heute erster Auftakt in einer größeren Zusammenarbeit mit einem Kunden. Seien Sie in den nächsten Monaten live dabei, wie ich am NRW-Verkehr verzweifle.

Obwohl die Kilometerzahl pro Strecke deutlich unter 100 liegt, werde ich mir öfter ein Hotelzimmer nehmen. Alles andere ist an manchen Tagen weder gut für meine Arbeitsleistung noch für meine Gesundheit.

Heute zum Start rund 15 Kilometer Stau, die ich auf anderen, zusätzlichen 15 Kilometern umfahren habe. Aber das ist alles gar nichts! Es wird demnächst noch viel unterhaltsamer. Denn bald wird meine Autobahnauffahrt auf die A1 und damit zum Kunden gesperrt. Die Sperrung zu umfahren, wird total töfte: Ich kann weiter nördlich auf die A1 auffahren oder südwestlich über andere Autobahnen ausweichen.

Das heißt in der Praxis: Entweder ich fahre, obwohl ich nach Süden muss, erst nach Norden und danach über die wundervolle Staustrecke Kreuz Dortmund-Ost bis zum Westhofener Kreuz, um danach mit vielen weiteren Menschen in der Brückenbaustelle Volmarstein zu stehen, die regelmäßig zehn Kilometer Stau produziert – zusätzlich zu den Kilometern zwischen den Kreuzen.

Alternative: Ich gurke erstmal (mit vielen weiteren Menschen) durch den Dortmunder Süden, danach über eine Bundesstraße auf die A45, auf die A44, auf die A43 und schlussendlich auf die A1. Alles Autobahnen, die auch total dicht sind.

Hinzu kommt, dass die Zufahrt in mein Stadtviertel bald wegen Kanalbauarbeiten erschwert wird – ich also schon feststecke, bevor ich überhaupt einen Autobahnstau zu Gesicht bekomme.

Es ist alles Irrsinn und macht mich ungeheuer wütend: weil es keine Alternative zum Auto gibt, weil so ein massiver Sanierungsstau besteht und weil offenbar niemanden wirklich interessiert, wie viel Lebenszeit dabei draufgeht und wie viel volkswirtschaftlicher Schaden durch das alles entsteht.

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Koffer gepackt. Nach dem morgigen Kundentermin Fahrt nach Hannover. Donnerstag Hannover – Hamburg – Hannover, Freitag Hannover – Duisburg, Samstag Duisburg – Dortmund.

Man sagt mir nach, ich sei ein Checkerbunny in Sachen Kofferpacken. Ich verrate Ihnen den Trick: Die Kunst ist, erst gar nicht viel mitzunehmen. Und dann: Kleidung rollen, maximal ein zusätzliches Paar Schuhe einpacken – so passt alles in ein kleines Handgepäckstück. Für Urlaubsreisen greift die 5-5-2-Regel: 5 T-Shirts, 5 Hosen/Röcke, 2 Pullis. Zusammen mit zwei Paar Schuhen, Unterwäsche, Badesachen, Waschzeug und ein bisschen Klimbim landen Sie ungefähr bei 14 Kilo Gepäckgewicht. Da freut sich jede Airline, und Sie können sich problemlos etwas mitbringen, zum Beispiel drei Liter Olivenöl und eine Flasche von dem guten Roten.

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Gelesen, offline: Nichts, was uns passiert von Bettina Wilpert.

Leipzig, Sommer, eine Geburtstagsfeier, gute Freunde. Anna sagt, sie wurde vergewaltigt. Jonas sagt, es war einvernehmlicher Geschlechtsverkehr. Aussage steht gegen Aussage. Nach zwei Monaten nah an der Verzweiflung zeigt Anna Jonas schließlich an.

Die Frage „Hat er sie vergewaltigt?“ zieht sich durch das Buch. Es gibt keine Antwort, nur verschiedene Sichtweisen – und am Ende eine juristische Entscheidung. Sehr gute Annäherung an das Thema.

Montag, 29. Oktober

29. 10. 2018  •  3 Kommentare

Ein Tag am Schreibtisch und am Wäscheständer, mit einem Zwischenspiel beim Friseur.

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Morgen früh kommt mein Oktober-Newsletter.

Der Text aus dem September ist online: Das gute Ankommen. In meinem Arbeitsleben habe ich schon mehrmals neue Stellen angetreten und auch mehrmals Leute eingearbeitet. Ich gebe  Tipps zum guten Start im Job – für Unternehmen, die einstellen, und für Menschen, die neu beginnen.

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Weitere Fragen und Antworten aus 1000 (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7, Teil 8, Teil 9):

Bist du schon einmal irgendwo gewesen, wo du nur Sand und Wasser um dich herum gesehen hast?

Norderney, Ostende. Auf dem Rückweg vom Schiffswrack.

Sand und Wasser, Norderney, Ostende

Ein Ort, den man nur zu Fuß erreicht: Das Auto darf nur bis kurz hinter den Leuchtturm, Fahrräder auch. Der Pfad führt sieben Kilometer durch Marschland, dann kommt man ans Ende der Insel. Zurück laufe ich immer über den Strand. Zweimal bin ich den Weg schon gegangen. Beide Male war ich fast alleine unterwegs, zuletzt im vergangenen November. Wunderbar.

Ähnliche Orte gibt es in Skandivanien, auf Island und in Polen.

Wie sorgst du für Struktur in deinem Kopf?

Die bessere Frage wäre: Wie sorge ich für Struktur auf meinem Kopf, dort ist die Situation prekärer. Aber gut: Es geht soll ums Innere gehen.

Ich priorisiere konsequent nach „wichtig“ und „unwichtig“, nach „dringend“ und „nicht dringend“, darauf konzentriere ich mich, das arbeite ich ab. Priorisierung betrifft nicht nur das Berufliche, auch Privates kann dringend und wichtig sein, auch wichtiger als Berufliches – Freunde treffen zum Beispiel. Oder schlafen.

Ich bin ein Mensch, der gut prozessural denken kann: Wenn D, dann vorher A, B und C, in dieser Reihenfolge. Das mache ich dann.

Ich organisiere Dinge in meinem Kopf nach Farben, denn Wörter haben Farben, Zahlen auch, und auf Basis dieser Eigenschaft sortiere ich das Zeug in meinem Gehirn.

Ich nutze Mnemotechniken wie Loci-Routen-Methodik, wenn ich mir viel merken muss. Ich schreibe mir Dinge auf Zettel. Ich habe einen digitalen Kalender. Ich nutze die Notizen-App auf dem Handy. Ich nutze Kanban-Boards.

Ich entscheide auf Basis von „Fühlt es sich gut an?“, „Was ist das Ziel?“ und „Bringt es was?“

Auf welchen Platz setzt du dich in der Achterbahn?

Ich fahre nur Marienkäferbahn – dort aber ganz vorne. Danger Seeker!

Liest du Horoskope?

Nein. Ich habe aber schonmal Horoskope geschrieben. Als der Horoskoplieferdienst der Redaktion* ausgefallen war, habe ich mir welche ausgedacht. Ungefähr so:

Löwe
Ihre Offenheit wird belohnt: Sie werden eine Begegnung haben, die etwas bewegt.

Jungfrau
Vorsicht in Geldangelegenheiten: Es warten Verlockungen auf Sie.

Waage
Sie können Weichen für Ihre Zukunft stellen. Achten Sie dabei auf Ihre Gesundheit.

Noch Wünsche offen? Wer will noch sein Horoskop wissen?

Welches Unterrichtsfach in der Schule war für dich schrecklich?

Fast alle. Ich war gut in der Schule und fand sie trotzdem fürchterlich. Der Schulunterricht war uninspiriert und weckte wenig Freude daran, etwas zu lernen – von Ausnahmen abgesehen. Die Ausnahmen waren abhängig vom Lehrer/der Lehrerin, nicht vom Fach und ob ich gut darin war.

Ist Neues immer besser?

Neues ist dann besser, wenn es mehr Nutzen bringt als das Alte, wobei Nutzen immer subjektiv und keinesfalls nur materiell ist. Meistens geht es um immaterielle Bedürfnisse.

Neues ist dann besser, wenn es Bewegung bringt, ohne selbst besser zu sein als das Alte; wenn es Veränderung braucht, vielleicht gar zunächst zum Schlechteren, um Größeres zu bewegen – dann ist Neues besser als das Alte.

Neues ist dann besser, wenn es hilft, etwas Altes loszulassen; wenn es also um die Trennung von dem geht, was ist, und nicht um das Neue als solches geht – es könnte also auch etwas anderes Neues sein als dieses spezielle Neue.

[*uninteressant, welche genau]

Wochenende, 27. und 28. Oktober

29. 10. 2018  •  9 Kommentare

Ich werde alt. In der Theorie ist mir das klar, selten wurde es mir jedoch so offenkundig vor Augen geführt wie in diesem Moment am Samstag, als ich an der Dortmunder Phoenixhalle vorbeiging.

Die Phoenixhalle ist eine Veranstaltungshalle im Dortmunder Süden – Backsteingebäude im Schatten eines Hochofens. Es war 16 Uhr. Eine Menschenmenge schlängelte sich im Gegenlicht der Herbstsonne, vor der Kulisse zerfallender Industriekultur, über zerklüftete Betonplatten.

Modus Mio: Menschenschlange vor Industriekultur und untergehender Sonne

Ich ging an der Schlange vorbei, denn ich wollte nach Hause, und schaute mir die Menschen an, die in der Schlange standen. Niemand war älter als 25, eher jünger, deutlich jünger, aber wer kann das schon so genau sagen. In den Gesichtern der Jungen wuchs jedenfalls kein Haar, die Mädchen kicherten aufgekratzt. In den Händen hielten sie Zigaretten, und sie tranken Wodka aus Flaschen.

Es war wirklich eine beträchtliche Anzahl junger Menschen, die anstand. Die Schlange ging um das Gebäude herum. Aus der Ferne kamen immer mehr Gruppen, größer und kleiner, alle mit Flaschen in der Hand, zu Fuß über das Brachland angeschlurft. Es musste ein wahrhaft denkwürdiges Ereignis sein, das in dieser Halle stattfand; ein berühmter Künstler, jemand von der Kategorie Robbie Williams, die Älteren von uns erinnern sich an ihn. Wieso hatte ich von diesem Ereignis nichts mitgekriegt?

Während ich weiter meines Weges ging, schlug ich im Internet nach und erfuhr den Namen der Veranstaltung: Modus Mio Live. Nie gehört.

Ich las die Beschreibung des Ereignisses:

Mit über 800.000 Fans ist Modus Mio die meistgestreamte Playlist Deutschlands. Genug Grund für uns, sie mit 5 der erfolgreichsten Künstler […] zum Leben zu erwecken. Kein Live-Stream, sondern Live on Stage. Konzert-Modus: ON!

Aha. Eine Playlist tritt auf. Das ist, uhmm, interessant.

RIN ist der größte Shooting-Star der Deutschrap-Szene. Innerhalb der letzten 18 Monaten hat er nicht nur zwei erfolgreiche Alben veröffentlicht und dabei etliche Hymnen und Hits gedroppt, sondern auch auf allen wichtigen Festivals komplett abgerissen.

Ich habe mich daraufhin belesen. Rin ist Renato aus Bietigheim-Bissingen und einer der Hits, die er gedroppt hat, ist der hier. Die Wartenden spielten ihn auf ihren Handys.

Es ist 3 Uhr nachts in der Stadt / ich bin 18 und ich mach, was ich mach / Zehn Packungen Marlboro Gold und einen Gin / alle machen Scheiß / ich mach, was ich will.

Das sangen die Leute laut mit. Das scheint eine der Hymnen zu sein.

Mit Trettmann haben wir einen echten Elder Statesman im Lineup, dessen Karriere in jüngster Zeit komplett abgehoben ist: Seine „Kitschkrieg“-EPs und das „DIY“-Album haben ihm eine komplett neue Fanbase erschlossen, zu seinen erklärten Fans gehören Rapper von Cro bis 187 Strassenbande.

Den „Kitschkrieg“ können Sie hier nachhören.

Als Pragmatikerin finde ich es erdend, Gangsta-Rapper singen zu hören und zu wissen, dass sie am Ende des Tages ebenso wie ich an ihrem Schreibtisch sitzen und ihre Umsatzsteuervoranmeldung machen.

All hail the queen! Nura kennt man natürlich längst als eine Hälfte von SXTN (mit Juju), aber auch wegen ihrer Solo-Hits und Kollaborationen: Als ultrakredibile Rapperin, Social-Media-Influencerin, Allzweck-Abrissbirne und Style-Ikone der Straße ist Nura zur Zeit eine der gefragtesten Künstler_Innen im Deutschrap.

Nura war Mitglied der Band The toten Crackhuren im Kofferraum. Ich empfehle dieses Interview zur Einarbeitung in das Thema „Deutschrap mit Nura“.

Eine Parallelwelt. Verblüffend.

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Um Reiseempfehlungen auszusprechen, habe ich meinen Tallinn-Estland-Beitrag rausgekramt. Außerdem meinen Ausflug nach Riga. Und die Danziger Bemerknisse. Hach. <3

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Eine Freundin glücklich gemacht, die einige Jahre in China gelebt hat und zum Teigtaschenehepaar wollte, um alte Chinagefühle aufleben zu lassen. Hat funktioniert.

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Buchhaltung erledigt (vgl. Gangsta-Rap). Außerdem Kontowechselbriefe geschickt und SEPA-Lastschriftmandate bestätigt, trotz Nutzung des Kontowechselservice. Es hatte schon Gründe, warum ich den Kontowechsel immer wieder hinausgezögert habe.

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Darf ich vorstellen? Der Nachbarskater Moritz.

Der schwarz-weiße Nachbarskater Moritz auf Augenhöhe

Moritz kommt regelmäßig vorbei und sieht nach den Vögeln im Garten. Er wirkt auf dem Bild zielstrebig und gefährlich. Das ist irreführend. Soweit ich das als Katzenlaie beurteilen kann, ist sein Jagdverhalten, nun ja, ausbaufähig. Es sei denn, es gehört zu einer ausgeklügelten, undurchsichtigen Ablenkungstaktik, dass er beim Auflauern von der Mauer stolpert und seine Hechtsprünge die Dynamik von Kartoffelbrei haben. Wahrscheinlich ist das alles nur Understatement.

Donnerstag, 25. Oktober

25. 10. 2018  •  8 Kommentare

Aufregung im Sauerland: Bald ist Allerheiligen, das kommt immer ganz unvorhergesehen, und die Gräber sind noch nicht winterschön. Das ist beunruhigend, spirituell wie kardiologisch, denn wo ich herkomme, gilt es als geradezu gottlos, am 1. November noch keine Heide auf den Gräbern zu haben.

Deshalb: schnelle Familienkonferenz – was muss gemacht werden? Wir projektieren, ein Backlog wird eingerichtet, Vatta wird Product Owner.

Das Sprint Planning sieht nun vor: Morgen Kick Off bei Blumen Risse – Blumenerde und Winterbepflanzung kaufen, Grabkonzeption. Samstag Hands-on-Umsetzung. Auf dem Friedhof gibt’s neuerdings nicht nur Gießkannen zu leihen, sondern auch Schubkarren, das vermindert den Aufwand, damit sind wir in weniger als drei Stunden durch. Anschließend kurzes Review mit der Tante. Nach Weihnachten ausgiebige Retrospektive bei Kaffee und Gewürzspekulatius.

Ich sag’s ungern, aber: Agil, Scrum – alles Firlefanz. Das ist keine Erfindung aus den USA. Das machen wir aufm Berg seit Jahrzehnten so, dazu Mettbrötchen und’n Kurzen.

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Die Nachbarn sind im Urlaub. Ich muss die Blumen gießen. Richten Sie sich auf eine Hitzewelle ein. Immer, wenn ich dort oben unterm Dach Blumen gießen muss, herrscht maximales Gießwetter – jahreszeitenunabhängig. Da hilft es auch nichts, dass die Nachbarin auf Kakteen umstellt, die „Mr. Easycare“ heißen.

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Der Landkreis Schmalkalden-Meinungen wirbt auf dem Hintern junger Volleyballerinnen mit dem Claim „Prachtregion“. So ein feiner Gag! Da haben sich die Herren Landräte bestimmt auf die Schenkel geklopft. Super Werbung! Dafür zahlt der deutsche Michel gern. Das fällt auf und wirft ein gutes Licht auf den hügeligen Thüringer Wald! Und an alle humorlosen, ungebumsten Feministinnen: Die Mädels sollen sich mal nicht so haben, ist doch lustig!

Findet die Juristin Nina Katrin Straßner auch. 

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Im November findet in Essen der Digital Future Congress statt – eine Veranstaltung, die mit dem Claim „Digitalisierung trifft Mittelstand“ wirbt. Speakerliste: 34 Vortragende, davon zwei Frauen (aufgerundet sechs Prozent, #serviceblog).

Ich wurde gefragt, ob ich sprechen wolle, und habe gesagt: Klar! Mache ich! Der Veranstalter wollte allerdings, dass ich Geld bezahle, um sprechen zu dürfen. Ich habe erwidert, dass umgekehrt ein Schuh daraus wird, dass ich nämlich gerne Geld nehme, wenn Veranstalter mich buchen. Wir sind dann nicht zusammengekommen.

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Ich bin ja Mitglied im Dortmunder Ladies‘ Circle. Das ist eine Organisation von Frauen, die Spenden für wohltätige Zwecke sammeln. Nebenbei klönen wir und treffen uns zum Dattel-Dip-Essen; natürlich klönen wir ganz selten, wir sind sehr diszipliniert und zielorientiert. Sie können sich das vorstellen.

Aktuell machen wir beim Weihnachtspäckchenkonvoi mit. Bei der Aktion packen Kinder Päckchen für Kinder. Der Ladies‘ Circle fährt die Päckchen gemeinsam mit Männern vom Round Table – das ist die männliche Partnerorganisation – nach Osteuropa und verteilt sie dort.

Zwei Ladies aus Dortmund, Melanie und Katharina, fahren mit nach Rumänien und übergeben die Päckchen persönlich. Das haben sie auch 2017 schon gemacht und die Jahre zuvor. Wer mehr davon sehen oder hören will, findet auf der Facebookseite Bilder, und es gibt ein Interview mit Katharina beim Dortmunder Radio 91.2.

Wenn Sie in Dortmund oder Umgebung wohnen, ein Päckchen packen wollen oder sogar Lehrer oder Lehrerin, Erzieher oder Erzieherin sind und mit vielen Kindern mitmachen wollen, freuen wir uns. Mehr Infos, wie man mitmacht und was am besten in so ein Päckchen kommt: hier und auch in einem Flyer [pdf]. Oder bei mir.

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Ergänzung noch zum Thema „Klönen und Dattel-Dip“: Gestern gab es beim Circle-Abend Keksteig zum Löffeln, dieses „Höhle der Löwen“-Ding. Ich kannte das nicht, ich gucke im Fernsehen ja nur die Lindenstraße.

Seltsames Produkt. Auf künstliche Aromastoff-Weise irgendwie lecker. Liegt allerdings schwer im Magen.

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Gelesen: Hase, du bleibst hier – über den Männerüberschuss in ländlichen Regionen, vor allem im Osten Deutschlands, aber auch in Süddeutschland.

In Parchim in Mecklenburg-Vorpommern kommen auf vier junge Männer nur noch drei junge Frauen. In der Gemeinde Weißkessel im Landkreis Görlitz stehen 100 Männer nur noch 56 Frauen gegenüber. Das größte Frauendefizit hatte 2009 die Gemeinde Schönbeck in Mecklenburg-Strelitz mit 17 Männern und keiner einzigen Frau im Alter von 20 bis 24 Jahren.

Die Folgen für die Gesellschaft sind gravierend. Denn vergleicht man die Landstriche mit den Wahlergebnissen rechter Parteien, so zeigt sich: Wo die Frauen fehlen, werden mehr Nazis gewählt. Es gibt mehr Rassismus, mehr Fortschrittsfeindlichkeit und mehr Rückwärtsgewandtheit. Das ist kein ursächlicher Zusammenhang. Aber es ist ein Zusammenhang.

Warum die Frauen fehlen, ist offensichtlich: Sie sind besser gebildet als die Männer.

In Löbau-Zittau stellen Frauen nur 35 Prozent der Schulabgänger mit Hauptschulabschluss, aber 61 Prozent der Abiturientinnen.

Wer sich entwickeln will, wandert in die Städte ab. Das ist überall so. Das war auch bei mir so: Ich habe nach dem Abi das Sauerland verlassen und bin nicht zurückgekehrt. Ich wohne seither in Großstädten, denn dort gibt es Arbeit, Perspektive und einen offeneren Geist.

Was in den Regionen wegbricht, wenn Frauen in großer Zahl gehen und nicht zurückkehren, ist die soziale Infrastruktur, sind der Dienstleistungssektor, die sozialen Ehrenämter und das Engagement für die Gesellschaft.

In Gegenden mit eklatantem Frauenmangel breche bürgerschaftliches Engagement teils gänzlich zusammen, so Gabler: „In Regionen mit Männerüberschuss hält die soziale Kälte Einzug.“

Die AfD liefert das passende Programm dazu: Die Frau soll gefälligst am Herd bleiben, die Hetero-Familie ehren, sich „um die Keimzelle der Gesellschaft“ kümmern.

Die Krux an der Sache: In den Landkreisen entsteht ein Teufelskreis. Die Frauen, die noch da sind oder die dort aufwachsen, möchten umso weniger in diesem Umfeld bleiben, je männerdominierter es wird.

Mittwoch, 24. Oktober

25. 10. 2018  •  Keine Kommentare

Draußen Herbststurm mit Fieselregen, Wind und zwischendurch Sonnenschein. Drinnen Vortrag für den Deutschen Krankenhaustag fertig gemacht.

Dort bin ich am 15. November mit dem Thema „Crossmediales Storytelling“. Der Vortrag ist kurz, 20 Minuten mit anschließender Diskussion – was nicht heißt, dass die Vorbereitung kurz ist. Es ist vielmehr so, dass ich an 20 Minuten  Vortrag genauso lange feile wie an einem ganzen Tag Workshop. Es muss halt alles passen und sitzen; bei so einer knappen Nummer habe ich keine Stichworte, das läuft alles frei. Die Folien müssen aufs gesprochene Wort passen und enthalten kaum Text, ich habe fast nur mit Bilder, lediglich am Ende gibt’s ein paar handfeste Hinweise, je zwei Zeilen pro Blatt. Ergänzend habe ich deshalb ein Handout fertiggestellt, in dem noch ein bisschen was drinsteht, also das, was ich erzähle, und der Moderator kriegt Infos für die Anmoderation. Das ist alles am Mittag weggegangen.

Danach habe ich mich um einen weiteren Vortrag gekümmert: Unternehmerclub der Networker.NRW. Thema ist agile Führung und neue Führungskultur. Da habe ich etwas mehr Zeit, die ich allerdings auch etwas interaktiver gestalte. Es wird darum gehen, warum Menschen kündigen und was das mit der Unternehmenskultur zu tun hat, warum in komplexer Umwelt und Marktsituation die klassischen Hierarchien und Abteilungen nicht gut funktionieren und wie ein anderes Führungsverständnis da helfen kann.

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Ich habe nach buddenbohmschen Vorbild einen Wirtschaftsteil für die GLS-Bank verfasst. Thema: Nachhaltige Teamarbeit. Es geht um mehr Mut, Quereinsteiger einzustellen, ums Agilisieren und Verscrummen und ums Streiten.

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In unserer neuen Podcastfolge unterhalten Christian und ich unterhalten uns über Bewerbungen, übers Bedrängtwerden und übers Starksein.

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4:0 gegen Atlético. Ich bin entzückt.

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Gelesen: „Ich bin der Papa“ [€] – über den Job des Schulleiters in Dortmund und über die Frage, warum so wenige Lehrer und Lehrerin eine solche Stelle haben wollen.

Dienstag, 23. Oktober

23. 10. 2018  •  Keine Kommentare

Heizperiode. Wärmflaschenjahreszeit.

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Über die Startnext-Kampagne fürs Buch bin ich auf Proud to be Sensibelchen gestoßen und habe in den Podcast reingehört. Was ich an den beiden Podcastfolgen, die ich hörte, schön fand, war die Haltung, Sensibilität zu begegnen: dass sie eben kein Defizit, sondern eine Bereicherung ist.

Etwas schade finde ich, dass so wenige Männer zu Wort kommen. Vielleicht kommt das noch.

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Christian war hier und wir haben eine zweite Podcastfolge zum Thema „Gleichberechtigung“ aufgenommen. Die erste war im Mai, und es sind noch so viele Themen offen geblieben, dass wir weitergemacht haben. Am Ende der Aufnahme haben wir allerdings festgestellt, dass wir sehr mäandert sind. Ob das gut oder schlecht ist, müsst Ihr selbst feststellen.

Passend dazu schrieb der andere Christian heute zu einem verwandten Thema:

Die Liebste und ich sprachen letztens darüber, wie Männergruppen funktionieren und dass man fast immer die gleiche Struktur erkennen kann: Es gibt ein Oberarschloch, der die Macht hat. Darum gruppieren sich einige Speichellecker, die gerne auch Macht hätten und die beste Chance darin sehen, dem Oberarschloch zu folgen. Drittens gibt es dann noch Mitläufer, die – oft aus äußeren Anlässen gezwungen – mit in der Gruppe sind.

Auf die stillen Mitläufer, die vielleicht gar nicht mitlaufen wollen, es aber doch tun, gehe ich auch im Podcast ein, ungefähr nach einer halben Stunde, und da werde ich leicht energisch. Oder, um es mit den Worten einer nicht näher genannten Person aus meinem Umfeld zu sagen: Da rege ich mich dann „ganz süß auf“.

Ich möchte an dieser Stelle festhalten: Wenn ich mich aufrege, ist das KEINESFALLS SÜSS!!

Zurück zu Christian (dem anderen). Er endet mit einem …

Aufruf an die Mitläufer: Sei nicht so feige, mach Dein Maul auf, rette Dich selbst.

Du bist dafür allein verantwortlich. Ja, das ist schwer, ich weiß wovon ich spreche.

Aber dass Du durch Schweigen und einfaches Mitlaufen ganz gut überleben kannst, das ist exakt eines dieser Privilegien als Mann von denen alle immer reden.

Falls Du Dich aber manchmal auch schämst und unwohl fühlst in solchen Runden: Dann zeig doch mal Haltung und mach Deinen Mund auf.

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Heute gesehen, wie das Eichhörnchen an der Wand des Nachbarhauses bis aufs Dach hinaufkletterte, dort offensichtlich vergessen hatte, was es wollte, ratlos in die Gegend guckte, die Wand hinabschaute, ob der Höhe erschauderte, zaudernd auf dem Giebel hockte, hinabschaute, wieder in die Gegend guckte, wieder hinabschaute und dann über die Dachschindeln weghoppelte. Ob es nun immer noch auf der anderen Seite des Hauses sitzt, kann ich von meinem Balkon aus nicht sehen.

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Je kürzer und prägnanter ein Vortrag sein soll, desto länger braucht die Vorbereitung. Heute für Sie getestet.

Montag, 22. Oktober

23. 10. 2018  •  4 Kommentare

Beim Frühstück „Anything is possible“ von Elizabeth Strout zu Ende gelesen. Ein Buch, in dem jedes Kapitel eine Geschichte über einen Menschen in einer Kleinstadt erzählt. Die Charaktere sind lose verbunden, sie sind Nachbarn, Geschwister, Kunden, Cousins und Cousinen oder sie kennen sich vom Sehen.

Müslischale, Kaffebecher und das Buch von Elizabeth Strout

Zusammen ergeben die Geschichten das Bild der Stadt und das Bild von Menschen, die sich nach Glück sehnen; sie fühlen Liebe und Neid, Wut und Einsamkeit, sie sind verletzt oder zuversichtlich. Eine schöne Lektüre.

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Der November wird voll. Sehr voll – was natürlich wunderbar ist, geschäftlich gesehen. Deshalb ist das hier keinesfalls eine Beschwerde, lediglich die Erkenntnis im zweiten Jahr meiner Selbstständigkeit, dass meine Tätigkeit saisonalen Charakter hat.

Für die geringer ausgelasteten Sommermonate könnte ich mir also noch Businessoptionen suchen. Eisverkauf zum Beispiel. Oder besser: Aufträge als Eistesterin. Ich verfüge über hervorragende Referenzen im Segment „Spaghettieis“, bin örtlich nicht gebunden und offen für zeitgenössische Sorten angesagter Großstädte. Engagements als Reisebloggerin würden mich auch reizen; das ließe sich ja auch verbinden. Jemand Interesse?

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Am 1. November bin ich in Hamburg und habe dort vormittags einen Termin und nachmittags Zeit für einen Kaffee.

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Gelesen: Was wäre, wenn auf deutschen Autobahnen ein generelles Tempolimit von 120 km/h gälte? Weniger Staus und weniger Unfälle wäre.

GelesenBayern gibt eine Lehrstunde im modernen Fußball. Sie haben die Berichterstattung so gewollt – zwar weniger ironisch, aber nun.

Gelesen: Afghanistan: Vom Wandel zerrissen. Die Geschichten von Marwa, Roya und Hussein, die zur jüngeren Generation Afghanen gehören, und die eine Identität suchen in einem Land, das irgendwie zwischen Tradition und Moderne lebt.

GelesenDie Öko-Lüge – Wie Deutschland seine Vorreiterrolle beim Klimaschutz verspielt. Gelernt, dass in der Windenergiebranche 160.000 Menschen arbeiten, im Braunkohletagebau 21.000. So viel zum Thema Arbeitsplätze. Außerdem gelernt, dass  dass CO2-Einsparungen in den zurückliegenden Jahrzehnten einfach waren, nun aber schwieriger werden, weshalb es auch schwieriger wird, politische Klimaziele zu erreichen.

Ich denke, wir brauchen alle viel mehr Fantasie, um klimafreundlicher zu leben. Es ist ja nicht so, dass die Leute ihr Auto aus Hass gegen die Welt benutzen. Ich zum Beispiel benutze es, weil es schneller und komfortabler ist – und zwar deutlich schneller und komfortabler als der ÖPNV hier im Ruhrgebiet.

Lassen wir aber mal etwas Fantasie zu. Gäbe es zum Beispiel eine Gondelbahn von mir daheim über den Phoenixsee zur U-Bahn, würde ich viel mehr ÖPNV fahren. Führe die Gondelbahn bis in die Innenstadt – vorbei an alter Industriekultur -, würde ich nur noch Gondelbahn fahren.

Sie halten das für eine idiotische Idee? Ich nicht – und andere auch nicht. 

Sonntag, 21. Oktober

21. 10. 2018  •  4 Kommentare

Alles begann am Donnerstagmorgen am Dortmunder Hauptbahnhof, als der InterCity 2212 Verspätung hatte. Erst 90 Minuten, dann 110 Minuten, dann 140 Minuten.

IC nach Hamburg, 110 Minuten Verspätung

Eigentlich wollte ich in diesen IC einsteigen und nach Hamburg fahren. Ich hatte in Hamburg einen Termin um 12 Uhr. Stattdessen kam der Zug nicht, und es kam auch kein anderer Zug in Richtung Norden, zwei Stunden lang.

Die Verspätung brachte es mit sich, dass ich auf dem Sockel eines Ritter-Sport-Denkmals hockte, ein vier Meter hoher Werbestapel mit Schokoladenattrappen. Neben mit saß ein Ehepaar, graue Haare, adrette Kleidung, das, wie es erzählte,  normalerweise in Kanada wohnt, an diesem Donnerstagmorgen aber von Düsseldorf aus an einen Schokoladenstapel in den Dortmunder Hauptbahnhof gespült worden war und nicht wusste, wohin nun. Beziehungsweise: Es wusste schon, wohin, nämlich nach Hamburg, so wie ich, nur halt nicht, wie und wann.

Wir unterhielten uns, es ging um Freiheit und Verantwortung, um Deutschland und Kanada, ums Arbeiten und ums Verändern. Wir unterhielten uns so gut, dass ich danach in einem Café einen Newsletter schrieb, in dem es um diese Begegnung geht und den Sie in der kommenden Woche lesen können (hier abonnieren), und wir unterhielten uns so gut, dass die Zeit schnell verging.

Mein Termin in Hamburg platzte; mein Gesprächspartner konnte nicht später und auch nicht am  nächsten Tag; wir machen einen neuen aus. So entschloss ich mich, von meinem Schokostapel aus nach Hannover zu fahren, denn ich wäre von Hamburg aus ohnehin nach Hannover gefahren, zwar erst am Abend, aber nun. Ich ließ also meine Zugbindung aufheben und fuhr nach Hannover, wo ich am frühen Nachmittag, also viel zu früh, ankam. Ich setzte mich in ein Café und schrieb meinen Newsletter.

Ich finde es faszinierend, wie wenig es im Jahr 2018 braucht, um zu arbeiten: Es genügt ein Platz zum Sitzen und WLAN, und nicht einmal WLAN brauche ich. (Fast) Alles ist digital verfügbar; ich kann jederzeit losarbeiten, in einem Café in Hannover oder auf einem Schokoladenstapel am Hauptbahnhof. Wenn ich an meine beruflichen Anfänge zurückdenke … schon irre, welche Entwicklung sich seither vollzogen hat.

Nach rund zwei Stunden schob ich mich und meinen Koffer nach Hannover-Linden, kaufte unterwegs ein Geburtstagsgeschenk, arbeitete nochmal zwei Stunden im Marktcafé und war dann verabredet, aß in einem kleinen Restaurant Bibimbap und trank lokales Bier.

Mashsee

Die lokale Braukunst erwacht ja seit einigen Jahren wieder zum Leben; das finde ich prima, da probiere ich mich gerne durch.

Das tat ich auch am Samstag, allerdings nicht in Hannover, sondern in Dortmund, mit Karl Hoesch, einem Pils aus dem Hause „Hörder Fackel“. Die Hörder Fackel ist ein Dortmunder Craft Beer und nach einer 100 Meter hohen Konvertergasfackel eines Oxygenstahlwerks benannt. Karl Hoesch hat es selbst nie gegeben, jedenfalls nicht als reale Person.

Pils "Karl Hoesch"

Das Bier ist allerdings sehr real, wenngleich nicht sehr pilsig. Es geht leicht ins Süßliche und ist recht süffig.

Zurück nach Hannover, wo ich am Donnerstag in einer WG in Linden schlief – fragen Sie nicht, mein Leben ist komplex geworden -, und wo ich am Freitagmorgen durch den Von-Alten-Garten lief, ein hübscher Park. Es ist nun unübersehbar Herbst, trotz hoher Temperaturen und ausbleibender Herbststürme.

Von-Alten-Garten: bunter Herbstwald mit Laub

Für eine weitere Arbeitseinheit quartierte ich mich bei Fräulein Schlicht ein, ein kleines Café mit Frühstück von 10 bis 18 Uhr – mein Laden! Es gab selbst gebackene Brötchen und später eine Buttermilchwaffel.

Frühstück bei Fräulein Schlicht

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Die Möbelberatung hier im Kännchenblog war erfolgreich. Ich war bei rs möbel in Bochum und habe einen Tisch gekauft. Frau der Tat!

Tisch Eiche mit Stuhl

In sechs Wochen zieht nun Maßtisch Pablo bei mir ein, 80 x 160 Zentimeter, also eher klein für den Alltag und mit Ansteckplatte und acht Stühlen für größere Gelage.

Ich hätte ungefähr ein Drittel der Einrichtung kaufen können – toller Laden. Sollte ich  irgendwann mal in die Verlegenheit kommen, ein Schloss zu besitzen und moblieren zu müssen, komme ich dorthin zurück.

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Was sonst noch geschah:

Der BVB hat 4:0 in Stuttgart gewonnen. Schöne Tore.

Duisburger Bäcker nehmen sich die Friseurtradition zum Vorbild und geben ihren Broten nun Wortspielnamen: Vollkornbrot Vollker.

Vollker, das Vollkornbrot

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Zwischenstand im Buchprojekt „Käthe Paulus“:

//40.725 Wörter, 253.668 Zeichen, 1.119 Absätze, 4070 Zeilen

Mittendrin in der Biographie, mittendrin im Ballonfahrtbusiness und mittendrin in einer Liebesgeschichte. Ich möchte bitte eine Selbsthilfegruppe „Sexszenen schreiben in öffentlichen Cafés“.



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