Kundenservice zum Liebhaben, Maskenball und eine Physik-Show für Familien
Kundenservice zum Liebhaben | Gestern erreichte mich eine Mahnung, die zweite. Vor etlichen Wochen hatte ich bei einem Online-Bekleidungshaus sechs Artikel bestellt, einen hatte ich retourniert. Für die behaltenen Artikel habe ich das Geld überwiesen.
Das Bekleidungshaus ist nicht das best organisierte. Es neigt regelmäßig dazu, retournierte Artikel nicht zu verbuchen. Es verschickt dann sehr schnell und sehr engagiert Mahnungen, ohne bei sich unters Sofa zu schauen. Nervig.
Weil es bei der letzten Bestellung auch schon so war und ich so langsam den Kaffee auf habe von dem Mist, rief ich heute Morgen mit richtig doll Brass beim Kundenservice an und trug mein Anliegen vor.
Ich: „Guten Tag. Ich rufe an wegen einer zweiten Mahnung, die Sie mir zu einem Artikel schicken, den ich bereits vor mehr als vier Wochen retourniert habe.“
„Haben Sie die Bestellnummer zur Hand?“
[Nenne Bestellnummer]
[Änderung im Tonfall] „Ach, aus Dortmund kommste? Mensch, ich auch, ey. Meine Familie is‘ aus Soest. Und getz hock‘ ich hier in London im Call Center und komm‘ nich‘ mehr wech.“
Da ging mir das Herz auf. Sie sagte:
„Also, mit den Retouren, datt klappt hier ja schon ohne Corona nich‘, kennze ja, und getz auch noch mit Virus, also … ich schreib‘ dir dat gut. Ruf’se demnächst immer direkt an, wenn da wieder was von unserer Rechnungsabteilung kommt.“
Wir plauderten noch drei Minuten über Dortmund, London, Einreise, Ausreise, Boris Johnson, Angela Merkel und Aldi-Besuche in Corona-Zeiten. Ich schreibe extra nicht, welches Bekleidungshaus das war, denn Call-Center-Agents bekommen ja Ärger, wenn sie zu lange reden. Ich kann aber sagen: Das waren gut investierte drei Minuten. Denn vor dem Anruf hatte ich mir vorgenommen, nie wieder etwas bei diesem Saftladen zu kaufen. Nach dem Anruf hatte ich Lust, mir einen Ersatz für die Sommerhose zu bestellen, die letztens kaputt gegangen ist – einfach, weil es so nett war. Werde ich auch machen.
Maskenball | Danke an zwei liebe Menschen, die mich mit Masken versorgt haben. Auch von Vattern, der nun Trendsetter unter den 70-Jährigen in seinem Kiez ist.
Physik-Show für Familien | Die Physikanten sind eine Truppe von Wissenschaftlern, Wissenschaftlerinnen und Künstlern. Sie treten mit Wissenschaftsshows auf. Dafür haben sie schon zahlreiche Preise gewonnen.
Zwei Köpfe hinter den Physikanten sind Marcus und Judith Weber. Marcus Weber tritt auch in TV-Shows auf, zum Beispiel bei „Wer weiß denn sowas“. Mit Judith habe ich an der TU Dortmund zusammengearbeitet.
Die Physikanten sind auch von Corona betroffen: keine Buchungen, keine Auftritte, keine Shows, keine Einnahmen.
Dafür machen Sie nun ein Experimente-Quiz: Auf ihrem Facebook- und Instagram-Kanal gibt es jetzt immer montags und donnerstags um 14 Uhr einen physikalischen Film mit einer Rätselfrage – und einen Tag später die Antwort. Nachgucken kann man das auch auf Youtube-Kanal der Physikanten.
Fazit der Woche | Montag Ostern, Dienstag Rückenschmerzen des Todes, Mittwoch Rückenschmerzen nicht mehr des Todes, dennoch weitgehend arbeitsunfähig, Donnerstag und heute reichlich Arbeit.
Gestern und heute gab ich dreimal mein Webinar zum Homeoffice. Ich werde das Wesentliche mal in einem Newsletter zusammenschreiben. Keine Sorge: Es stehen keine Plattitüden über Jogginghosen und Dresscode drin. Vielmehr lerne ich auch von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Wie eigentlich immer, wenn ich Seminare oder Workshops gebe.
Überraschend in dieser Zeit und deshalb noch schöner, als es ohnehin immer ist: Ich bekam diese Woche Anfragen, traf mit einem Vorschlag einen Nerv und darf drei Angebote schreiben.
Nun ist Wochenende, und ich hätte noch für gut zwei Tage zu tun, bevor es am Montag weitergeht. Ich gehe jetzt also noch ein paar Stunden was arbeiten.
Gelesen | Bahnen ziehen von Leanne Shapton. Leanne Shapton war Leistungsschwimmerin und schreibt ihre Liebe zum Schwimmen auf – und mal dazu. Ein schönes, wertiges Buch in kleinen Episoden aus Gegenwart und Vergangenheit. Gut zu lesen. Dennoch hat mir das Gefühlige gefehlt – das, was Leannes Leidenschaft fürs Schwimmen ausmacht. Nur selten kommt es in Sätzen wie diesen durch:
Als ich zwölf war, bemerkte einer meiner Trainer, dass ich ein „Gefühl“ für das Wasser habe. Ich sonnte mich einen Moment in der Aufmerksamkeit, doch ich verstand auch genau, was er meinte. Ich habe es immer noch. Es ist ein Wissen über den Raum unter Wasser, ein Gespür, wo genau meiner Körper ist und was er bewirkt, das animalische Erfühlen eines anderen Elements – wie das zitternde Schaudern einer Katze, wenn man ihren Rücken berührt. Auf dem Trockenen rempele ich ständig gegen Dinge, schlage mir Zehen an, verfehle Stühle. In der Horizontalen fühle ich mich wohler, die Füße oben, den Kopf seitlich auf dem Ellbogen.
Leanne Shapton, Bahnen ziehen, S. 216
Geguckt | Bennos Project und das Satirevideo von der Bundespressekonferenz kennen Sie, oder? Es stammt vom Synchronsprecher Benno Lehmann. Der Vorgänger: Drosten und Wodarg – die ganze Wahrheit.