Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

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Die Schweine sind eingezogen – und andere Ereignisse aus den Osterferien

15. 04. 2023  •  6 Kommentare

Schweine-Content | Die Meerschweine sind da. Allerdings nicht wie geplant die Haremsdamen des verstorbenen Romeo, sondern Lüdinghauser Zuchtschweine. Das ist ihre Anführerin:

Meerschwein stolziert in ausladendem Scritt zu einer Futterschale

Sie hat einen Kameraden und eine Kameradin; zusammen sind sie zu dritt. Sie stammen aus einer privaten Zucht in der Nachbarstadt, sind drei und ein Jahr alt. Die Kinder haben die Schweine mehrmals umbenannt, sie tragen Namen aus dem angloamerikanischen Raum, die mir fortwährend entfallen. Ich nenne die drei Spezialitäten deshalb „Frühstück“, „Mittagessen“ und „Abendessen“. Das Bilddokument oben zeigt Mittagessen. Mittagessen ist die mutigste der drei Schweine; sie wagt sich stets als erste vor und frisst bereits mit großer Lässigkeit Erbsenflocken aus der Hand.

Ihr Kumpel ist Frühstück. Er ist schüchterner, würde das aber niemals zugeben. Nachdem Mittagessen aus der Hand fraß, tat er es auch, argwöhnisch und mit Augenrollen. Seine Körpersprache sagt: Eigentlich habe ich Angst es nicht nötig, aus der Hand zu fressen; aber wenn es Erbsenflocken nur auf diese Weise gibt, dann bitteschön.

Abendessen hält sich noch zurück und versteckt sich im Häuschen, sobald ein Mensch die Szene betritt. Deshalb ist sie auch nicht auf diesem Foto vom gemeinsamen, ja nun, Abendessen:

Zwei Meerschweine am Futternapf

Das Bilddokument zeigt ihren Blick, wenn sie sich gerade das sechste Stück Möhre reingehauen haben und es ihnen ein bisschen unangenehm ist, dass jemand zuschaut. Lege ich etwas in den Napf, das sie nicht gerne mögen – Blumenkohlblätter -, schauen sie erst die Schale an, dann mich, dann die Schale, dann wieder mich und in ihrem Blick mischen sich auf eindrückliche Weise Verachtung und eine tiefe, von Weltschmerz gezeichnete Enttäuschung.

Es kann sein, dass ich die Tiere schon sehr liebe.

Wir haben ihnen einen All-inclusive-Ferienclub mit zwei Ausläufen gebaut.

Doppelstöckiger Stall, daneben und davor jeweils ein Auslauf. In dem Auslauf Häuschen und Höhlen zum Verstecken.

Zeitgeschichtliches | Die Kathedralen einer technologischen Weltanschauung jetzt als Delfter Porzellan: Atomteller.


Ostern | Die Feiertage verbrachten wir entspannt mit einem Tantenbesuch und einem Ausflug an den Niederrhein.

Der Tantenbesuch verlief heiter. Die Tante buk einen Kuchen. Vattern holte sie und den Streuselkuchen aus dem Sauerland ab und stürzte den Kuchen, bevor er den Kaffeetisch erreichte, über unser Gartentor. Er wurde dadurch noch streuseliger, meine Tante bekam einen wilden Lachanfall. Wir sammelten alles auf, was noch essbar war, drappierten es zurück aufs Tablett und aßen den Klumpen mit Sahne und großem Appetit. Der Geschmack war einwandfrei.

Anschließend flanierten wir durch den Schlossgarten in der Nachbarschaft. Das Schloss ist kein richtiges Schloss, sondern nur ein Herrenhaus, aber man nimmt hier in Sythen, was man hat, und benennt es öffentlichkeitswirksam.

Nicht nur Sythen, das größte Dorf der Stadt Haltern, auch Haltern selbst neigt zu gutem Marketing. 2001 benannte die Stadt sich in „Haltern am See“ um, und das halbe Ruhrgebiet flaniert am Wochenende um ein Wasserloch, das der Gelsenwasser AG gehört.

(Als Sorpesee-sozialisierte Zugezogene empfinde ich den See als deutlich überschätzt, aber wahrscheinlich habe ich nur noch nicht genug Verbundenheit zum neuen Wohnort ausgebildet.)

Abends Osterfeuer:

Feuer in der Dunkelheit, vor der Schatten einer Person

Es gab Limonade und Stockbrot, Bier und Würstchen und war ausgesprochen kurzweilig. Wir blieben, bis es dunkel und das Feuer schwach wurde, verdrängten das Thema Feinstaub, genossen die Atmosphäre, warfen unsere rauchgeschwängerte Kleidung zu Hause direkt vor die Waschmaschine und fielen müde sind Bett.

Der Frühstückstisch am Ostermontag:

Gedeckter Küchentisch mit Osterstrauß, dahinter eine antike Flügeltür und eine Anrichte.

Wir frühstückten ausgiebig und fuhren nach Rees, wo es windig war. Ich verschluckte mich so sehr an Spezi, dass ich für einen Moment dachte, ich stürbe; am nächsten Tag hatte ich Muskelkater zwischen den Rippen vom Husten. Während eines Spaziergangs ritt ich auf einem wippenden Holzschwein. Das war auch schon das Aufregendste, was geschah.


Ferienaktivität |  Die Physikanten gastierten in der VHS in Waltrop. Die Kinder waren erst skeptisch und dann begeistert. Sie wissen jetzt, wie man mit dem Sodastream selbst Trockeneis herstellt und damit Nebel macht.

Physikant Marcus Weber haucht Trockeneis-Nebel in den Saal. Judith Weber steht daneben.

Außerdem lernten wir Wirbelringe kennen. Als wir zwei Tage später im Schwimmbad waren, taten wir, wie der Physiker gesagt hatte: Wir hängten uns rückwärts vom Beckenrand, hielten uns die Nase zu und ließen mit einem kräftigen „Puh!“ Luft aus unseren Mündern. Und tatsächlich! Wunderbar runde Luftringe stiegen an die Wasseroberfläche! Toll!

Wer auch Experimente mit seinen Kindern machen möchte – hier sind die Anleitungen.


Gelesen | So, und jetzt kommst Du von Arno Frank. Autoverkäufer Jürgen und seine Frau Jutta haben drei Kinder, sind verschuldet, aber glücklich. Als auf einmal das große Geld da ist, packt die Familie das Auto und macht sich fluchtartig nach Südfrankreich auf. Dort mietet der Vater eine Villa mit Pool. Für einige Monate lebt die Familie wie im Paradies. Doch die Eltern benehmen sich immer seltsamer – bis herauskommt, dass der Vater ein Hochstapler ist und von Interpol gesucht wird. Eine Roadstory beginnt, die vom Lustig-Skurrilen ins Tragisch-Dramatische kippt. Die Geschichte ist autobiographisch und aus Sicht des jugendlichen Sohnes erzählt. Ich mochte den Erzählstil sehr, ein Ton zwischen Naivität, jugendlicher Relaxtheit und heranwachsender Beobachtung.


Und sonst | Die Hochbeete stehen und sind befüllt. Ich habe Kräuter, Erdbeeren und Salat eingepflanzt, Radieschen, Spinat und Möhren eingesät.

NIedrige Pflanzbeete

Am Staketenzaun habe ich Dahlien, Lavendel, Echinacea und Kapuzinerkresse gepflanzt. In die restlichen Beete kommen Tomaten und Freilandgurken, Kürbis, Zucchini und Mangold.

Romeo, das verstorbene Gebrauchtmeerschwein, und ein Ausflug nach Wetzlar

4. 04. 2023  •  12 Kommentare

Schweine-Einzug | Bevor ich zu den Meerschweinen komme, speziell zu einem Schwein namens Romeo, möchte ich die Management-Beraterin Theresia Volk zitieren:

Der Stratege agiert diskret und gestaltet die Situation allmählich so, dass sie sich neigt, sich zu seinen Gunsten verändert und sich letztlich wie ein Abhang auftut, den hinab die Auswirkungen ihren Lauf nehmen. […] Je wirksamer das Verhalten, desto weniger ist es sichtbar, desto mehr vereint es sich mit der Prozesshaftigkeit.

in: Theresia Volk (2019): Spielen, um zu gewinnen. Macht und Wirksamkeit in Organisationen

Noch vor Ostern werden Meerschweine in unseren Garten einziehen, und ich kann rückblickend nicht sagen, wie es dazu kam. Ich denke, dass es so war, wie Theresia Volk es beschreibt: Das Vorgehen der Strategen, die Überredungskünste der Kinder und die Bekräftigungen des Reiseleiters waren nahtlos anschlussfähig an die Prozesse des Umzugs und des Einrichtens, an die Pläne der Gartengestaltung und das Wir-Gefühl, das sich eingestellt hat. Anders kann ich mir nicht erklären, wie ich der Sache sonst zugestimmt habe – wie es dazu kommt, dass der Reiseleiter und sein Vater morgen an den Niederrhein fahren und dort Schweine, einen Stall und ein Außengehege ins Auto laden und in unseren Garten fahren. Schließlich war ich nie ein Mensch mit Haustieren.

(Als Kind hatte ich Wellensittiche, aber sie liebten mich nicht. Sie liebten nur den großen Zeh meines Vaters, den sie knutschten, während er die sportschau guckte.)

Nun ziehen also Meerschweinchen bei uns ein, Gebrauchtmeerschweinchen. Sie leben aktuell bei Menschen in Moers, die sie „nur in liebevolle Hände“ abgeben. Wir mussten uns mit Foto bewerben (unseres Gartens, nicht von uns), und es gab allerlei Korrespondenz zu unserer Eignung und unserer Ernsthaftigkeit, ehe man sich entschied. Dafür bekommen wir nun alles all inclusive: Schweine, Stall und Austattung, Streu und Außengehege.

Über die Korrespondenz verstarb eines der drei Meerschweine. Es hieß Romeo, und es ist ungeklärt, ob Romeo sich die drohende Umsiedelung so zu Herzen nahm, dass er kummervoll verschied, oder ob er wütend und aus Protest die Grätsche machte; er war auch schon sechs Jahre alt. Jedenfalls ziehen nun keine drei, sondern nur zwei Meerschweinchen bei uns ein. Ihnen gegenüber stehen drei Kinder, die die Schweine schon unter sich aufgeteilt hatten; Sie ahnen, was das bedeutet. Meine Erfahrung aus Beratung, Mediation und Change Management wird einfließen müssen, um die Situation bis zum Eintreffen eines neuen Drittschweins zu stabilisieren.

Damit sind wir auch schon beim Kern des Problems: Meerschweine sind das Perpetuum Mobile unter den Haustieren. Verstirbt eins, muss man eins nachfüllen; eine Einzelhaltung ist nicht statthaft, denn die Tiere sind sozial und leiden, wenn sie alleine leben. Wenn sie wie bei uns das ganze Jahr über draußen wohnen, brauchen sie überdies Kameraden, um sich im Winter gegenseitig zu wärmen. Es endet also niemals.

Außer, man veranstaltet ein Fest und grillt sie allesamt. Diese Option habe ich schon heute, vor Eintreffen der Tiere, als Zukunftsvision in den Raum geworfen; man muss solche Dinge frühzeitig anmoderieren. Meerschweinchen sind in Peru eine Delikatesse: 65 Millionen Tiere werden dort jährlich gegessen. Es wäre nur folgerichtig, wenn wir die Tiere irgendwann ihrer Bestimmung zuführen und mit Paprika füllen.

Die Kinder haben ihren Vater angewiesen, mich nie mit den Schweinen alleine zu lassen.


Auswärtsspiel | Während sich daheim in Haltern die Entscheidung bezüglich der Moerser Schweine vollzog, befand ich mich in Wetzlar. Dort moderierte ich einen Workshop des Hessen MICE Net. MICE steht für „Meetings, Incentives, Conventions und Events“; die Mitglieder des Netzwerks sind Menschen aus dem hessischen Geschäftstourismus, die daran interessiert sind, Tagungen und Events in ihre Städte zu holen.

Was mir bis dato völlig unbekannt war: Die Städte bieten umfangreiche (und kostenlose) Beratung, wenn es um die Planung von Veranstaltungen geht. Wenn ich als Firma also eine Tagung, ein Symposium oder ein Kundenevent plane, kann ich mich an die Kongresscenter und die Tourismusinformationen der Städte wenden: Sie helfen mir, eine passende Location zu finden und ein gutes Rahmenprogramm zu gestalten. Überdies kennen sie sich mit allen möglichen Begleiterscheinungen aus, zum Beispiel wie man eine nachhaltige Veranstaltung plant, welche Auflagen man wann erfüllen muss oder wie man welche Technik einsetzt.

Eineinhalb Tage lang beschäftigten wir uns mit der Entwicklung des Netzwerks, mit mehr Bekanntheit und mit einer besseren Kundenansprachen. Zwischendrin besuchten wir das Ernst-Leitz-Museum.

Zitat: Ich entscheide hiermit, es wird riskiert (Ernst Leitz II)

Ernst Leitz, Vater der Leica-Kamera, baute die optische Industrie in Wetzlar auf. Ein sehr interessanter Ausflug in die Geschichte – und beeindruckend, wie das Leica-Gelände sich in den vergangenen Jahren dank des Investors Andreas Kaufmann entwickelt hat – samt Hotel, Museum und Kongresszentrum.


Noch was zu ChatGPT | Im meinem letzten Blogbeitrag teilte ich meine Erfahrungen mit ChatGPT; es ging im Wesentlichen darum, dass das Programm alles auflistet, was da ist, und Übersichten schafft. Herr Buddenbohm hat das in seinem Blog kommentiert:

Das habe ich ähnlich und mit gleichem Ergebnis probiert, und ich finde, das ist gar nicht wenig. Man muss, wenn man das weiter so umsetzt, bei keinem Thema mehr bei Adam und Eva anfangen, man kann bei sämtlichen Standardproblemen und -prozessen (und die meisten Bürojobs sind voll davon) die Erfahrungen anderer einfach und bequem übernehmen und da aufsetzen. Das ist schon was. Es ist vielleicht nicht gerade eine Disruption, aber doch eine spürbare Änderung.

Währenddessen in den Blogs

Dem schließe ich mich an: Meine Arbeit besteht sehr stark daraus zu denken, nachzudenken, Probleme zu verstehen, Lösungen zu suchen, die richtigen Methoden zu finden, um andere zu Lösungen zu bringen. Es ist eine große Bereicherung, wenn ich nicht alles von vorn denken muss, sondern an manchen Stellen einfach eine Übersicht bekomme über das, was schon da ist. Das ist dann nicht das Ende meiner Arbeit, ganz im Gegenteil, danach fängt sie erst an. Aber sie fängt eben an einem späteren Punkt an; ich spare mir Energie und Recherche und Zeit – Zeit, in der ich dann im Garten bin, um wiederum Kraft zu sammeln für die kreativen Dinge, für die Dinge, mit denen ich Werte für andere schaffe, die ein Bot nicht erzielt.


Gelesen | Die heimliche Rückschrittslobby: Der Verband „Die Familienunternehmer“ bekämpft mit aggressiven Kampagnen die Energiewende und treibt die Politik vor sich her.

Gelesen | Die Unsterblichen von Ketil Bjørnstad, aus dem Norwegischen von Lothat Schneider. Handlung: Thomas Brenner ist Arzt und Ü50. Er möchte Verantwortung abgeben, doch stattdessen bekommt er immer mehr aufgebürdet. Auf der einen Seite sind da die beiden Töchter, die mit Mitte Zwanzig noch nicht auf eigenen Füßen stehen, auf der anderen Seite die alten Eltern, die pflegebedürftig werden. Ich habe den Roman im Bücherschrank hier im Stadtteil gefunden – ein lakonischer Roman, gut beobachtet. Hat mir gefallen.


Und sonst | Während ich in Wetzlar war, starteten die Zucchini durch:

Zucchinipflanzen auf der Fensterbank

Der Garten nimmt Formen an

27. 03. 2023  •  4 Kommentare

Garten | Der Garten sieht jetzt so aus:

Garten aus der Vogelperspektive, auf der rechten Seite ein langes, L-förmiges Beet mit Schildchen, dann Rasen und ganz links Erdfläche

Ich habe das Hochbett am Zaun entkrautet, Stauden gerettet, Erde aufgefüllt, Stauden neu eingepflanzt und weitere Stauden hinzugekauft. Ich möchte im Sommer gerne ein üppiges Staudenbeet haben – ein Disneyland für Hummeln, Bienen und Schmetterlinge.

Hier in Haltern bin ich ein bisschen planvoller vorgangen als seinerzeit in Dortmund. Dort war vieles try and error. Die Idee ist, dass das Beet bis in den Spätherbst hinein blüht. Hohe Stauden habe ich nach hinten gepflanzt, kleinere nach vorne, und auch die Farben sind einigermaßen aufeinander abgestimmt (abgesehen von den Pflanzen, die ich gefunden habe; deren Farbe kenne ich natürlich nicht). Außerdem dabei: ein Heidelbeerstrauch und Johannisbeeren.

Beet mit Pflanzen drin. An den Pflanzen sind Schilder.

Die Schilder lasse ich noch in der Erde, bis die Pflanzen soweit sind, dass ich erkenne, was ich gepflanzt habe. Mit von der Partie sind Eisenkraut, Lavendel, Storchschnabel, ein Hibiskus und eine Azalee, Disteln, Fette Henne und allerlei mehr, das ich jetzt nicht auswendig weiß.

Der Reiseleiter war tapfer und hat jenseits der Terrasse den Rasen abgeschachtet und eine Sandfläche eingeebnet, auf der die Hausbesitzer (und jetzt unsere Vermieter) einen Spielturm hatten. Hier entsteht ein Küchengarten mit hohen und niedrigen Beeten, in denen ich Gemüse ziehe. Die restliche Fläche füllen wir mit Rindenmulch auf.

Garten von unten: Vorne Erdfläche, im Hintergrund Rasen und die Beete.

Ich schickte Vattern ein Foto vom schwitzenden Schwiegersohn. Er antwortete, der Reiseleiter sehe nicht sehr glücklich aus, ob er nun begreife, worauf er sich mit mir eingelassen habe. Ich antwortete, dass er es noch als Abenteuer empfinde, und dass ich versuchte, diese Gefühl so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.

Zwischen Küchengarten und Spielgarten kommt ein Staketenzaun (mit Durchgang), so dass beide Gartenteile optisch und praktisch voneinander getrennt sind.

Das Ganze war eine schöne Matschschlacht. Oder wie die Frau im Gartencenter sagte: „Feuchte Erde und Regen sind bestes Pflanzwetter!“

Jeans und Regenjacke voll mit Matsch

Broterwerb | Weiterhin hohe Termindichte. Diese Woche habe ich wieder ein Auswärtsspiel: Ich fahre nach Wetzlar. Mal schauen, wie das morgen klappt mit der Deutschen Bahn, einen Tag nach dem großen Streik. Der Regionalexpress, der mich zum IC nach Münster bringt, fällt schonmal aus – allerdings nicht streikbedingt. Der fällt auch ohne Streik mehr aus, als dass er fährt, wegen Personalmangel und Dings.

(In diesen Momenten möchte ich stets der FDP zuwinken, die, wenn sie von eFuels und Autobahnen und Freiheit redet, an Leute wie mich denkt, selbstständige Unternehmensberaterin mit Rollköfferchen. Ich möchte ihr zurufen: „Meine Freiheit ist, wenn der Regionalexpress fährt und mich zum Intercity bringt! Und wenn der Incerity dann auch fährt!“ Aber das will ja niemand von denen hören.)

Vergangene Woche war ich einen halben Tag lang in Dortmund und habe einen Kunden bei der Organisation seiner Projekte unterstützt.

Sonst war ich nur remote unterwegs – ein Grund, warum es im Garten vorangeht. Außerdem war ich schwimmen, auf dem Ruder-Ergometer und habe wieder angefangen, regelmäßig Gitarre zu spielen. Sehr schön.


Gelesen | Bambam

Gelesen | „Wenn niemand sagt, dass du schwierig bist, machst du etwas falsch“ – Karrieretipps für Frauen

Gelesen | Kassenloses Einkaufen bei Aldi in Utrecht

Fünf Herren im dunklen Anzug, die in einem Lebensmittelladen unter einer „FUTURE“-Leuchtreklame stehen und gemeinsam für ein Pressefoto auf eine Packung Eigenmarken-Jaffa-Cake deuten, sind und waren zu jeder Zeit in der Geschichte des modernen Lebensmitteleinzelhandels ein Alarmzeichen.

Weil sich besagte Herrschaften (und vornehmlich sind es Herrschaften) aus Konzernzentralen zu Neueröffnungen vor allem in den Märkten blicken lassen, um einander dort gegenseitig zu versichern, wie gut alles geworden ist – und die meisten längst wieder in den Dienstwagen gestiegen und weggefahren sind, wenn die harte Realität des Kund:innenalltags einschlägt.


ChatGPT | Ich habe ChatGPT ausprobiert und ihm Aufgaben aus meinem Arbeitsumfeld gestellt. Unter anderem sollte es einen Change-Workshop designen, in dem es um die Implementierung einer IT-Service-Organisation geht, es sollte ein Training für Selbstführung und Zeitmanagement planen, einen Leadership-Workshop designen und ein Training für agile Arbeitmethoden. Ich wollte wissen, was ChatGPT vorschlägt, wenn es um mehr geht als Glückwunschkarten oder einen Schüler-Aufsatz über Johann Wolfgang von Goethe zu schreiben.

Was ChatGPT gut macht: Alles auflisten und in eine Agenda packen, was zum Thema gehört. Das ist durchaus prima. Damit kann ich in Zukunft überprüfen, ob ich alle Aspekte eines Themas berücksichtigt habe – und welche ich in den Fokus rücken möchte. Neue inhaltlichen Impulse habe ich nicht bekommen, aber nochmal den ein oder anderen kleinen Hinweis.

Was ChatGPT überhaupt nicht kann: Didaktische Planung und zwischenmenschliche Interaktion. Ich habe zwar eine Agenda mit Inhalten bekommen, aber keine Methodik, diese Agenda zu vermitteln. Auch eine Nachfrage nach Methoden führte zu keinen befriedigenden Ergebnissen.

Was nett ist: ChatGPT schreibt prima Ankündigungstexte für Standard-Seminare. Wenn mich eine Weiterbildungsagentur demnächst bittet, einen Ankündigungstext für ein Seminar zu schreiben, werde ich nicht mehr vor einem weißen Blatt Papier starten, sondern ChatGPT fragen und den Text dann anpassen.


Und sonst | Die Lego-Blumen sind fast zusammengebaut. Es fehlen nur noch die Gerbera.

45 und: Mein Sauerteig und ich auf dem Weg durch die Nacht

20. 03. 2023  •  10 Kommentare

Auf dem Heimweg mit Herrmann | Ich erzähle jetzt die Geschichte, wie der Reiseleiter und ich nachts durch Feld und Wald nach Hause liefen.

Die Sache begann am Morgen. Wir wollten nach Mülheim, Einladung zu einem Geburtstagsfrühstück mit angeschlossenem Kaffee und Abendessen (ja, alles). Von Haltern-Sythen aus – dort, wo ich jetzt wohne – gibt es eine Direktverbindung mit dem Regionalexpress 42 nach Mülheim/Ruhr, 51 Minuten. Sie ist sehr kommod: genauso schnell wie das Auto, aber ohne Parkprobleme, eine super Sache. Wir entschieden uns also für die Bahn, kauften ein Schöner-Tag-Ticket, 32 Euro für zwei Personen, 24 Stunden freie Fahrt im Tarifgebiet, und gingen zum Bahnhof.

Wir standen gerade am Gleis, als wir erfuhren: Stellwerksstörung in Duisburg, der Zug fährt nur bis nach Essen, von dort geht es ausschließlich mit der S-Bahn weiter. Gut, dachten wir, das ist kein großes Ungemach. Also stiegen wir in den Regionalexpress. Was die Bahn nicht sagte, ist, dass der Zug statt der üblichen 40 Minuten fast eineinviertel Stunden nach Essen brauchen würde wegen – tja, was? Ab Gelsenkirchen zuckelte er jedenfalls nur noch über die Strecke und blieb immer wieder stehen.

In Essen war mir leicht schlecht: Ich hatte noch nichts gegessen, wir waren schließlich zum Frühstück eingeladen, und ich war nicht darauf eingerichtet, eine längere Reise zu tun. Der Bahnhof dann voller Volk, die Kioske an den Gleisen waren geschlossen, die Bahnsteige voller Müll und Taubendreck. Irgendwas ging hier den Bach runter. An einem Automaten gab es immerhin eine Saftschorle. Auf dem Bahnsteig gegenüber sollte die Regionalbahn 33 nach Mülheim fahren, um 16 nach. Wir warteten also. Und warteten. Es wurde 20 nach, dann 25. Eine S-Bahn kam. Dann lange nichts. Die RB 33 verschwand kommentarlos von der Anzeigentafel. Dann war sie wieder da, auf der Anzeige, nicht real. Wir nahmen eine S-Bahn, die zwischenzeitlich eintrudelte und erreichten irgendwann Mülheim – nach fast zwei Stunden.

Am Abend wollten wir wieder retour. Die Stellwerksstörung bestand weiterhin. Zudem fiel der RE42 Richtung Norden vollständig aus, Richtung Süden sporadisch, Grund: Personalmangel. Einzig mögliche Verbindung, um an diesem Abend nach Hause zu kommen: Mit dem RE2 um 21:30 Uhr bis nach Dülmen, von dort aus wieder eine Station zurück nach Haltern-Sythen, Umsteigezeit acht Minuten. Wir gingen zum Bahnhof.

Gleis mit Graffit-Wand in Mülheim, erleuchtet von Scheinwerfern

Der Zug kam zehn Minuten zu spät. In Gelsenkirchen stiegen etwa einhundert Schalke-Fans mit Döner und Dosenbier ein. Nach Wanne-Eickel nur noch Schneckentempo. Der Zug fuhr mit jedem Halt weitere Verspätung ein. Der Reiseleiter telefonierte nach einem Anrufsammeltaxi in Haltern und erreichte es nach acht Versuchen, denn den Anschluss in Dülmen würden wir nicht mehr erreichen. Der Zug zuckelte nach Recklinghausen. Als wir in Haltern ankamen, hatte er fast vierzig Minuten Verspätung. Es war 22:40 Uhr. Das Anschlusssammeltaxi war weg. Die Schalke-Fans enterten die verbleibenden Taxen.

Aber da war doch was mit Mobilitätsgarantie! Allerdings gilt die nur unter der Bedingung:

Das gewünschte Nahverkehrsmittel verspätet sich an der Abfahrtshaltestelle um mindestens 20 Minuten […] Die Verspätung tritt nicht während der Fahrt auf.

Mobil NRW

Wir hatten also keinen Anspruch auf Mobilitätsgarantie, denn zum Einen entstand die Verspätung während der Fahrt und zum Anderen hätten wir irgendwann nach 0 Uhr doch noch mit dem RE42 weiterfahren können, der wieder in der Bahn-App auftauchte … egal, wir hatten die Schnauze voll, überließen den Schalke-Fans die Taxen (Pick your battles wisely!) und latschten eine Stunde lang durch Feld und Wald nach Hause.

Dunkler Weg, in Bewegungsunschärfe eine Person im Vordergrund

Das Schöne: Wir hatten einen Kameraden! Hermann, der Sauerteig:

Sauerteig vor Laterne in der Dunkelheit

Wir unterhielten uns gut, und der Weg war gar nicht so lang wie gedacht. Nur die Arme wurden etwas lang, denn wir hatten über Tag noch eingekauft, und die Taschen und Beutel waren unhandlich. Gegen Mitternacht waren die dann zuhause und rechtschaffend müde.


Microsoft 365 | Die Ein oder Andere erinnert sich an meine Schmerzen mit Microsoft 365 – und meine bescheidenen Versuche, auf das Business-Standard-Paket umzusteigen, DNS-Einträge bei meinem Mailprovider vorzunehmen und meine Mails und Kalendereinträge zu migrieren. Ich suchte einen IT-Dienstleister, bekam von Christian einen Tipp, das Selbstbildnis auf der Website sprach mich an, und ich beauftragte. So jemanden brauchte ich! Mit Hammer und Meißel im den DNS-Flöz! Mich tröstete, dass die Einrichtung auch für den IT-Dienstleister nicht trivial war; die Apple- und die Microsoft-Welt mag sich nicht, und überraschenderweise (für den Dienstleister, nicht für mich) habe ich viele Kalendereinträge und auch viele E-Mails. Aber jetzt funzt alles, und ich bin glücklich.

Ein Nebeneffekt: Meine Online-Terminbuchung ist gepimpt. Wer sich jetzt in meinen Kalender einbucht, bekommt direkt einen MS-Teams– oder einen Zoom-Link.


Broterwerb | Große Themenvielfalt aktuell: Neben IT – dort bin ich ja immer unterwegs, seit ich selbstständig bin – über Tourismus, Wissenschaft und Pflege. Überall geht es um Veränderung, ums Vorankommen und darum, gemeinsam zu gestalten.

Falls jemand von Ihnen mir übrigens einen Einblick in die Folgen des Personalbemessungsverfahrens in der Altenpflege geben möchte, das mittelfristig in Kraft tritt: Gerne in den Kommentaren melden. Es geht mir um organisatorische Gedanken, die die Häuser sich machen, und um die Sorgen der Mitarbeiter:innen. (Ich berate dahingehend nicht, es geht allgemein um Umgang mit Veränderungen, um Stress und Belastung und um das Führen durch Veränderungen. Aber ich habe gerne Kontext und Hintergrundwissen.)


<Party-Emoji> | Es gab eine Geburtstagssituation.

Eine prima Zahl, oder? Dafür, dass die Natur pausenlos damit beschäftigt ist, den Menschen umzubringen, habe ich es schon einigermaßen weit gebracht. Zwar werde ich langsam knittrig, aber ansonsten bin ich sehr zufrieden mit meinem Dasein.


Gesellschaftsspiele | Neben am auf dem Ponyhof haben wir kürzlich Gesellschaftsspiele erstanden: Eine mir bis dato völlig unbekannte „Mensch ärgere dich nicht“-Version und die Big Box von Alhambra mit fünf Erweiterungen.

Beides eine sehr gute Wahl. Die „Mensch ärgere dich nicht“-Version ist nicht so ärgerlich wie das Original und auch deutlich kürzer. Sehr gut zu spielen, eine Empfehlung! Von Alhambra spielten wir erstmal nur das Basisspiel. Erfordert taktisches Geschick, hat mir viel Freude gemacht.


Gelesen | Kaiserstuhl von Brigitte Glaser. Klappentext:

Am Kaiserstuhl kreuzen sich kurz nach Kriegsende die Wege von Henny Köpfer und Paul Duringer. Die Tochter eines Weinhändlers und der elsässische Soldat leben auf dem Hof der alten Bäuerin Kätter. Mit ihr und dem kleinen Kaspar wachsen sie zu einer Familie zusammen. Doch es sind keine einfachen Zeiten. So leicht die Liebe entstand, zerbricht sie auch wieder. Paul verschwindet ganz plötzlich, und auch Henny kehrt dem Kaiserstuhl den Rücken.

Erst 1962 stehen sich Henny und Paul wieder gegenüber. Sofort brechen alte Wunden auf, und am liebsten würden beide noch einmal davonlaufen. Doch das können sie nicht. Denn Henny ist im Besitz einer alten Champagnerflasche, die Paul im Auftrag des französischen Sicherheitsdienstes sucht. Sie ist an Symbolkraft kaum zu überbieten, sie steht für die Plünderungen der Deutschen in Frankreich und soll Adenauer und de Gaulle bei einem Festakt überreicht werden.

Ullstein

Nach meinem Empfinden ist es das schwächste der Glaser-Bücher. Rheinblick fand ich am besten, Bühlerhöhe war prima. Der Kaiserstuhl-Geschichte fehlt nach meinem Empfinden lange die Rechtfertigung: Der Grund, weshalb alle Protagonist:innen der Champagnerflasche nachjagen kommt erst spät heraus; das ist wohl Teil des Spannungsbogens sein. Mir fehlte dadurch allerdings die Schlüssigkeit der Handlung. Ich bin dennoch gespannt auf das nächste Buch von Brigitter Glaser, denn wie immer gibt sie auch mit Kaiserstuhl einen interessanten Einblick in die deutsche Nachkriegsgeschichte. Die kam in meinem Geschichteunterricht nicht vor – er endete seinerzeit im Jahr 1945.

Ein Ausflug zur Maus, Paul Spinat und litauischer Baumkuchen

10. 03. 2023  •  10 Kommentare

So (einleitend) | Eine fordernde und schöne Zeit! Erst war ich viel unterwegs. Dann war ich vier Tage daheim. Die Daheimtage waren nach den vergangene Wochen dringend nötig – hauptsächlich fürs Gemüt. Denn ich bin zwar gerne auf Reisen. Aber ich bin auch gerne zu Hause.

Ich erzähle einfach mal chronologisch.


Ein Besuch in Köln | In der vergangenen Woche war ich für drei Tage in Köln beim WDR. Symbolbilder:

Ich habe ein Seminar für Programmvolontärinnen (m/w/d) gegeben. Wir haben die Grundlagen des agilen Projekt- und Redaktionsmanagements erarbeitet. Es ging um:

  • gemeinsam in einen guten Arbeitstakt kommen
  • gemeinsam Ziele verfolgen
  • sich effizient organisieren
  • Überlast und Unterlast vermeiden
  • nah am Kunden beziehungsweise am Publikum Inhalte und Produkte entwickeln.

Außerdem haben wir aktuelle Rechercheprojekte geplant, bei denen stetig neue Erkenntnisse hinzukommen – zum Beispiel für Monitor oder Westpol -, bei denen man täglich als Team schauen muss, wie es weitergeht, und die die Volontär:innen neben dem Tagesgeschäft wuppen.

Das Seminar war ein schneller Ritt durch wesentliche Elemente von Design Thinking, Scrum, Kanban und auch klassischer Wasserfall-Projektplanung. Ich habe im Seminar viel mit Simulationen gearbeitet, damit die Leute spielerisch erfahren, was es heißt, wenn sie gemeinsam dazulernen, wenn sie Feedbackschleifen einbauen oder wenn sie im Produktionsprozess unterschiedliche Aufgaben in unterschiedlichen Geschwindigkeiten erledigen.

Simulationen sind immer gut, am besten in einer Wettbewerbssituation mit zwei Teams, die gegeneinander antreten, oder indem die Gruppe einem Ziel immer näher kommt und dabei richtig Ehrgeiz entwickelt. Dann spüren die Leute den Stress, die Anspannung, die Kraft guter Abläufe und einer guten Miteinanders sehr direkt. Zum Beispiel habe ich die Volontäre Pizza backen lassen. Im Produktionsprozess waren Flaschenhälse eingebaut, in denen sich die Produktion staute (zum Beispiel vor dem Ofen, in den nur drei Stücke passten, die relativ lange backen mussten) oder beim Belegen (Schinken und Ananas schneiden und aufkleben hielt auf). Die Flaschenhälse mussten sie durch das Gestalten des Arbeitsflusses auflösen. In einer anderen Simulation waren sie mit einer unbekannten Aufgabe konfrontiert, die sie nur gemeinsam lösen konnten – je schneller, desto besser.

Wir hatten viel Spaß, das Feedback am Ende war richtig gut. Das hat mich mega gefreut, zumal die Vorbereitung Einiges an Aufwand war. Ich hatte das Seminar schon zweimal digital gehalten. In Präsenz habe ich es nun methodisch ganz anders aufgezogen.


Ein Besuch in Bonn | Am Freitagabend fuhr ich aus Köln heim nach Haltern, am Samstagmorgen fuhr ich von Haltern nach Bonn. Das war etwas unökonomisch, was allerdings nicht an mir, sondern an den Rahmenbedingungen lag: Die Bonn-Tour geschah gemeinsam mit dem Dortmunder Ladies‘ Circle . Wir fuhren auf ein Arbeitswochenende („Arbeits-„ … höhö … *zwinkizwonki). Das Arbeitswochenende (AWO) wird traditionell einmal im Jahr von der aktuellen Präsidentin organisiert und diese gibt das Ziel erst 24 Stunden vor Arbeise bekannt, so will es die Tradition. Ich konnte mich also vorab nicht so organisieren, dass ich direkt von Köln nach Bonn fuhr. Es war auch viel schöner, so wie es war. Wir fuhren in Fahrgemeinschaften, meine Fahrerin und ich sehen uns nicht oft und wir hatten entsprechend viel zu erzählen.

In Bonn habe ich gelernt:

  • Die Häuser in der Altstadt sind so schmal, dass die Wohnungen über den Geschäften praktisch nicht bewohnt werden können. Denn: Sie haben keinen separaten Eingang. Wer dort wohnt und hinauf in seine Räumlichkeiten möchte, muss durch Geschäft im Erdgeschoss hindurch. Ebenso sein Besuch, sein Postbote, alle Möbel, die Einkäufe – und was man so in der Wohnung haben möchte (oder wieder draußen).
  • Beethoven (Bonner Stadtkind) war genervt vom Standesdünkel: Man wollte ihn am Hof haben, er war ein anerkannter Komponist, aber auf der Straße grüßte man ihn nicht, weil er nicht von Stand war. Er hatte außerdem eine Menge Gespielinnen, aber keine von ihnen durfte er heiraten – aus gleichem Grund.
  • Bonn hat durch den Regierungsumzug keine Einwohner verloren, sondern – im Gegenteil -, welche hinzugewonnen. Das kam durch die gezielte Ansiedlung von Unternehmenszentralen (Post/DHL, Telekom). Dadurch hat sich auch der Altersdurchschnitt der Bevölkerung gesenkt. Bonn war zuvor ziemlich alt.
  • Das schöne Hauptgebäude der Uni Bonn wird komplett saniert – und es wird mindestens zehn Jahre dauern. Uff.
  • Das Schloss Drachenburg in Königwinter, das wir bequem per Zahnradbahn erklommen, wurde seinerzeit in nur zwei Jahren erbaut. Chapeau! Beauftragt wurde der Bau vom Börsenanalysten Stephan von Sarter, der, nachdem man ihn in den Adelsstand erhoben hatte, eine standesgemäße Unterkunft brauchte. Der Bumms kostete ihn 1,7 Millionen Mark. Geht eigentlich.
  • Sarter wohnte dort allerdings nie, Dienstboten unterhielten das Gebäude. Das Schloss unterlag nach seinem Tod mehreren Besitzerwechseln, war erst Katholische Heimschule, dann Nazi-Ausbildungsstätte, beherbergte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Eisenbahnerschule der Deutschen Reichsbahn und stand dann lange leer und verfiel. 1971 rettete der Unternehmer, Lebemann und Exzentriker Paul Spinat (sic!) das Gebäude vor dem Verfall. Er kaufte das Schloss für eine halbe Million Mark, die er mit einem Bausparvertrag finanzierte. Als Spinat pleite war, kaufte das Land NRW das Schloss für acht Millionen Mark zurück. Chapeau!

Zartes Downton-Abbey-Gefühl beim Blick in die Dienstbotenräume von Schloss Drachenburg: Eine Tafel zeigt an, in welchem Raum die Herrschaft geklingelt hat und Service wünscht.

Die Kostenvoranschläge für Möbel und Einbauten waren damals etwas aufwändiger als heute. Man malte sie in Öl – wie den Schrank und die Vertäfelung des Frühstückszimmer mit den umgebenden Wandmalereien:

Die Buntglasfenster im Schloss sind zum Teil schon rekonstruiert, nachdem sie erst dem Krieg, dann Vandalismus zum Opfer gefallen sind. Krasse Dinger sind das, die eine sagenhafte Atmosphäre machen. Die Rekonstruktion erfolgt durch die Mayer’sche Hofkunstanstalt in München. Auf deren Website kann man sehen, welche Projekte sie darüber hinaus macht. Ich lebe ja nun in einer völlig anderen, digitaleren Arbeitswelt. Solch eine Handwerkskunst beeindruckt mich sehr. Instagram: @mayerofmunich.


Wieder daheim | Diese Woche war ich ausschließlich zuhause – und zwar tatsächlich fast ohne Unterbrechungen, denn das Wetter war grauselig. Schneeregen bei ein Grad – wer will das?! Ich ging nur einmal hinaus, um (in dieser Abfolge, als Gesamtprozess) ein Paket abzuholen, Tomaten einzukaufen und im Hallenbad zu schwimmen. Ansonsten beschränkte sich mein Kontakt mit der Außenwelt aufs Fensteraufmachen. Das war auch mal schön.

Das Schwimmen im Hallenbad war prima. Ich sagte ja schon, dass das Hallenbad hier in Haltern sehr kommode Öffnungszeiten hat. Man kann quasi immer hingehen außer Freitags und Samstags. Freitags ist Vereinsschwimmen und Samstags Familienschwimmen. Zum Familienschwimmen kann man natürlich hingehen, das ist offen für alle, ein Besuch empfiehlt sich aber nur, wenn man Lust hat, sich mit Poolnudeln gegenseitig eins überzuziehen oder von einer Hüpfburg aus ins Wasser zu rutschen. Am Dienstag war, während ich schwamm, eine Gruppe von Leuten mit geistiger Behinderung dort und bekam Schwimmunterricht. Das war laut und munter; die Leute schwammen mit Begeisterung, klatschten sich ab. Es war eine Freude zuzusehen. Überhaupt ist in diesem Schwimmbad ein gutes Miteinander, egal ob Jung, Alt, Sportschwimmer oder Blümchenbadekappe.

Am Montagabend gaben meine Kollegin Andrea Schmitt und ich ein kostenloses Webinar. Wir erzählten aus unseren Erfahrungen, wie man Meetings souverän moderiert. Es ging einserseits um die Haltung, mit der man einer Gruppe begegnet, andererseits um Methoden für mehr Beteiligung und den Umgang mit herausfordernden Teilnehmern. Backstage:

Ein Monitor mit offener Zoom-Konferenz, im Bild Andrea und ich, daneben ein Alaufplan und die Folien.

Den Rest der Woche arbeitete ich für Kunden, moderierte digital und arbeitete jede Menge E-Mails mit Organisatorischem ab.


Grmpf | Ich möchte bitte in den Garten. Es soll Frühling werden.


Und sonst | Um mich herum haben wieder viele Leute Corona. Ich hatte schweren Männerschnupfen ohne zweiten Strich und aß scharfes Thai-Curry. Das trug wesentlich zur Genesung bei.

Der Reiseleiter war in Litauen, er musste dort beruflich Dinge tun und brachte Šakotis, litauischen Baumkuchen, mit.

Normalerweise verwendet man etwa 30–50 Eier pro Kilogramm Mehl. Hinzu kommen noch Margarine oder ButterZucker oder Honig und Schmand

Wikipedia

//*brummt vergnüglich

Ein fantastisches Gebäck. Ist schon weg.


Gehört | Fachkräftemangel und Antragsstau – Ausländerbehörden am Limit

Gelesen | Please blog (via Herrn Buddenbohm)

Personal blogs educate, advocate, and entertain. They are, more than any microblog can ever be, humans behind keyboards, firmly anchored in the realities and complexities of life. […] Don’t wait for the Pulitzer piece. Tell me about your ride to work, about your food, what flavor ice cream you like. Let me be part of happiness and sadness. Show me, that there is a human being out there that, agree or not, I can relate to.

Gartenarbeiten bei Sonnenschein, Besuch auf dem Ponyhof, ein Fahrrad auf dem Küchentisch und „Alles ist erleuchtet“

27. 02. 2023  •  7 Kommentare

Sonntägliches Tun | Gestern roch es nach Frühling. Die Sonne stand im Garten. Ich verspürte den unbedingten Drang, dort tätig zu werden.

Zunächst gingen wir aber zum Ponyhof in der Nachbarschaft. Dort fand ein Flohmarkt zugunsten von Ärzte ohne Grenzen statt. Außerdem war es eine gute Gelegenheit, einige der Nachbarn zu treffen (wir trafen immerhin einen) und ins Gespräch zu kommen.

Es war rappelvoll. Die Leute kamen mit Fahrrädern und Lastenrädern, mit Autos, Kinderwägen und zu Fuß. Wir kauften zwei Gesellschaftspiele, ein Buch und zwei Waffeln. Auf Ponyreiten verzichteten wir zugunsten der Ponys.

Am Nachmittag verkündete die Veranstalterin, dass mehr als 4.500 Euro zusammengekommen sind. Super Sache.

Im Anschluss gingen wir eine Runde durch den nahe gelegenen Wald, den Sandbach entlang.

Winterlich kahler Wald, ein Trampelpfad an einem Bach entlang

Wieder daheim pruschelte ich im Garten und räumte das Bikeport auf. Wir haben kein Carport, sondern ein Bikeport. Darunter lagern wir die Fahrräder, den Komposter und einen Terrassentisch, den ich als Pflanztisch nutze. Bis gestern war es dort ziemlich unordentlich. Wir hatten beim Umzug nämlich alles, was nicht ins Haus gehört, erstmal dort untergestellt. Es gab kein Durchkommen.

Ich sortierte also Blumentöpfe, Rindenmulch, Sand und Erde, Gartenschlauch, Werkzeuge, Hoverboards, Eimer, Deko, Folien, Pflanzendünger, Bälle und Frisbeescheiben, Schubkarre, Samen und Anzuchttöpfe, verstaute Dinge im Schuppen oder unter dem Pflanztisch. Wir können nun erstmalig ohne Stolperfallen durch das Bikeport hindurchgehen, kommen gut an unsere Fahrräder, und ich muss nicht mehr über sieben Sachen steigen, um meine Küchenabfälle im Komposter zu entsorgen.

Wenn mich nämlich eine Sache wirklich nervt, dann ist das Ineffizienz im Alltag, verursacht durch Im-Weg-Stehendes, Sachen-suchen-Müssen und ungenügende Struktur in der Aufbewahrung.

Danach grub ich Narzissen und Wildtulpen ein, klaubte Laub zusammen, beschnitt Verwelktes und begann, das Hochbeet, das den Garten an zwei Seiten umrahmt, von Unkraut zu befreien und aufzuharken. Erst, als die Sonne unterging, hörte ich auf. Das war sehr befriedigend.

Ins Hochbeet werde ich Stauden pflanzen. Mir wurde ein Händler empfohlen, der abgestimmte MIschungen verkauft, die gut miteinander harmonieren und von Frühjahr bis in den Herbst hinein blühen. Ich habe inzwischen drei angefragt, Preise stehen nämlich nicht dabei. Darüber hinaus werde ich natürlich noch in der örtlichen Gärtnerei einkaufen. Mein Garten braucht auf jeden Fall Hortensien, Eisenkraut und auch ein paar Rosen – und natürlich Kräuter und Gemüse.

Der Reiseleiter baute derweil einen Basketballkorb für K1 auf. Eine fummelige Angelegenheit, besonders das Befüllen des Fußteils mit Sand.

Freistehender Basketballkorb in der Einfahrt

(Wir werden ihn nochmal umpositionieren. Die Außenbeleuchtung scheint mir sonst arg gefährdet.)


Kultur | Nachdem wir am vergangene Wochenende schon im Konzerthaus waren, gingen wir diese Woche ins Theater. Wir schauten uns „Alles ist erleuchtet“ im Theater Marl an, nach dem Roman von Jonathan Safran Foer.

Theater Marl von außen in gelb-blauer Beleuchtung.

Der Tag des Theaterbesuchs war der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine – der Abend hätte nicht passender sein können für das Stück, in dem um Verbrechen am ukrainischen Volk geht. Ankündigungstext:

Jonathan, ein junger amerikanischer Jude reist in die Ukraine, um Augustine zu finden, die Frau, die in den 1940er Jahren seinen Großvater vor der nationalsozialistischen Verfolgung gerettet hat. Begleitet von einem Fahrer und dessen Enkel, dem USA-begeisterten Alex, geht es von Lwow aus los in die ukrainische Provinz. Als Anhaltspunkte hat das Trio allerdings nur ein altes Foto von Augustine und den Ortsnamen Trachimbrod, von dem niemand je etwas gehört zu haben scheint.

Erzählt wird eine aberwitzige Irrfahrt, die als unterhaltsames Roadmovie voller Missverständnisse und absurder Situationskomik beginnt und sich allmählich als Reise zu den Schrecken und grauenerregenden Verbrechen der Vergangenheit entpuppt. 

Theater Marl

Trailer der Burghofbühne Dinslaken, die das Stück inszenierte:

Bedauerlicherweise waren nur wenige Zuschauer da. Ich zählte 39 Besucher und Besucherinnen. Der Theaterleiter bat uns vor Beginn des Stückes, im Saal vorzurücken, damit wenigstens die Reihen vor der Bühne einigermaßen gefüllt und die Schauspieler nicht so alleine waren. „Das passt dann auch besser mit meinem Gleitsichtfeld“, sagte der Reiseleiter pragmatisch, und wir setzten uns in die dritte Reihe mit direktem Blick aufs Geschehen.

Die Schauspieler spielten sehr gut. Das Bühnenbild hielt Überraschungen bereit und verpackte die drei Zeitebenen des Stücks hervorragend. Besonders die Arbeit mit einer Handkamera, die die Schauspieler einsetzten und deren Bild live auf eine Leinwand übertragen wurde, gefiel mir. Unsichtbares wurde sichtbar, Mimik und Gestik kamen den Zuschauern nah, Momente wurden intim.

Bühnenbild im Theater Marl: Sessel und Lichtkugeln, dahinter eine Leinwand

Der Wechsel vom skurrilem Roadmovie zur Grausamkeit des Krieges war fließend und unmerklich. Eine gelungene Inszenierung, ein guter Abend.


Und sonst |  Fahrradinspektion auf dem Küchentisch. Der Reiseleiter hat ein neues Rennrad.

Rennrad steht auf dem Küchentisch auf dem Kopf.

Außerdem übergab ich meine Wohnung an die Mieter. Sie haben sich einen schönen Zeitpunkt ausgesucht: Der Garten steht in den Startlöchern. Überall schauen schon die Knospen aus der Erde.


Gelesen | Frau Herzbruch fasst die Argumentationslage zu Waffenlieferungen in die Ukraine zusammen, unter besonderer Berücksichtigung der Damen Schwarzer und Wagenknecht sowie Lebensmittelmotten.

Gelesen | Nicht genug. [€] Eine ZEIT-Recherche zu Lieferengpässen bei Medikamenten. Es geht um Preise und Produktionskosten, um Kassenbeiträge und Rabattverträge. Was der Artikel allerdings nicht erhellt: Mir scheint, dass durchaus eine erkleckliche und vor allem ausreichende Summe Geld im Gesundheitssystem kreist. Nur werde ich den Verdacht nicht los, dass das Geld nicht für das ausgegeben wird, was die Bevölkerung benötigt.

Teambuilding und ein Sumo-Ringer in Karlsruhe

24. 02. 2023  •  8 Kommentare

Auswärtsspiel | Diese Woche war ich wieder auf einem Auswärtsspiel – noch einmal in Karlsruhe. Gemeinsam mit Katja Waldhauer war ich für ein Teambuilding engagiert. Wir erarbeiteten mit den Teilnehmern grundsätzliche Mechanismen in Teams, die Leute erlebten sich in der Zusammenarbeit, wir experimentierten mit Rollenzuschreibungen und besprachen Themen aus dem Arbeitsalltag.

Am Tag darauf war ich für ein Führungskräfteseminar engagiert, doch es waren so viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen erkrankt, dass ich vorschlug zu verschieben. Klar, man kann das durchziehen. Aber zum Einen lebt ein Seminar auch stark von der Diskussion und der Dynamik der Teilnehmer, zum Anderen ist es für den Kunden wirtschaftlich irgendwann keine tolle Investition mehr – spätestens wenn nur noch die Hälfte der vorgesehenen Mitarbeiter:innen profitiert. Weil ich Anfang Mai ohnehin für einen Tag in Baden-Württemberg bin, schlug ich vor, den Seminartag organisatorisch dort dranzuhängen. So passt es dann für beide Seiten. Ich fuhr also zeitiger aus Karlsruhe ab als geplant. Reiseleiter und Kinder freuten sich.


Asia Fusion | In Karlsruhe traf ich außerdem Ellen von der Klimaschutz- und Energie-Agentur Baden-Württemberg, die mich als Preis für die Gewinner Ihrer Landesauszeichnung eingekauft hat. Wir tauschten uns über die anstehende Beratung aus, teilten unsere gegenseitige Verzweiflung über die Autozentriertheit der Verkehrspolitik und konsumierten Unmengen hervorragenden, asiatischen Essens.

Uding-Nudeln in einer Schale, die ein Sumo-Ringer hält.

Für den Mai habe ich schonmal die Reisemöglichkeiten auf der Schiene recherhiert. Die Fahrt von Haltern nach Karlsruhe, 420 Kilometer, würde mich bei heutiger Buchung 27 Euro kosten – in der 1. Klasse, BahnCard 25. Ein unschlagbares Angebot! Die Fahrt am nächsten Tag von Karlsruhe nach Renningen, 65 Kilometer, kostet mich dann 33 Euro. Für die 33 Euro fahre ich 20 Minuten ICE (Karlsruhe – Pforzheim); von Pforzheim aus juckele ich danach eine Stunde mit dem Bus bis nach Renningen. Komplette Entkoppelung von Preis und Leistung.


Gehört | In dieser Woche fuhr ich mit dem Auto und hörte dabei Hörbuch:

  • Stay away from Gretchen von Susanne Abel, gelesen von Vera Teltz. Susanne Abel erzählt die Geschichten von Greta Monderath, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg in einem schwarzen amerikanischen Soldaten verliebte. Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen: der Gegenwart, in der ihr Sohn immer mehr Geheimnisse seiner dementen Mutter entdeckt, und die Vergangenheit. Gerne gehört: kurzweilig, nicht zu flach und nicht zu anspruchsvoll, glaubwürdige (und nicht zu viele) Charaktere, gut gelesen.
  • Das glückliche Geheimnis von Arno Geiger. Der Schriftsteller Arno Geiger erzählt autobiographisch aus seinem Leben – und davon, wie er über viele Jahre Papiermüllcontainer durchwühlt. Das Gefundene, darunter viele Briefe, inspiriert ihn schriftstellerisch, hemmt ihn aber auch. Anfangs tat ich mir schwer mit dem Buch: selbstverliebtes, intellektuelles Geschwurbel. Ab der Hälfte ändert sich allerdings der Ton, und es stellt sich eine gewisse Handlung ein, die zwar zur Hälfte aus Sexgeschichten und Problemen in der Partnerschaft besteht, zur anderen Hälfte aus Selbstzweifeln und Überforderung, aber immerhin! Außerdem gibt’s ein paar durchaus hübsche philosophische Überlegungen, so dass ich zu Ende hörte.

Brot und Salz, Reisen nach Düsseldorf und Karlsruhe – und Rudern durchs Obergeschoss

20. 02. 2023  •  11 Kommentare

Was geschehen ist | Eine Sache fällt die ganze Zeit hintenüber: das Bloggen. Das liegt daran, dass in meinem Leben nun immer Menschen sind, dass ein gedeckter Abendbrottisch auf mich wartet, dass jemand noch spazieren gehen oder etwas spielen möchte – oder eine Frage hat, eine grundlegende, lebenserklärende und nicht aufzuschiebende; dass in der Schwimm-WhatsApp-Gruppe jemand „Heute Abend noch ein paar Bahnen ziehen?“ fragt und ich denke: „Warum nicht?“; und dass immer etwas im Haus zu tun ist: Hier kann man noch ein Bild aufhängen, dort eine Pflanze umräumen, der zweite Schreibtisch ist gekommen, und Wäsche muss auch gemacht werden.

Überdies ist es gerade eine arbeitsreiche Zeit. Ich würde vermuten: ein typischer Februar. Genau kann ich das allerdings nicht sagen, weil die vergangenen drei Februare entweder explizit oder implizit im Lockdown stattfanden; vor dieser Zeit war ich für eine solide Mustererkennung noch nicht lange genug selbstständig. Aber nehmen wir einfach mal an, dass der Februar immer so ist – es spricht einiges dafür, dass das Jahr von hinten ebenso ist wie von vorne: Der November fühlt sich ähnlich an. Der Arbeitsreichtum ergibt sich aus dem Zusammentreffen von Aufträgen, Reisen und eingehenden Anfragen, vom Durchführen und gleichzeitigen Angebotschreiben für die kommenden Monate. Bis in den Sommer hinein habe ich schon gut zu tun, und auch für die zweite Jahreshälfte gibt es bereits Aufträge.

Der Umstand, dass der Lebensunterhalt wohl gesichert ist, motiviert vor der Kulisse grauvernieselter Wintertage zur Urlaubsplanung. So kam es, dass der Reiseleiter seinem Namen und seiner Funktion gerecht wurde, zehn Tage Südtirol für uns buchte und drei Kilo Wanderführer in der örtlichen Buchhandlung bestellte. Mit hochgelegten Beinen studierte er Abende lang Route um Route, eine Turnierpackung Klebezettel neben sich. In der Bücherei lieh er sich Merian-Magazine und fasst mir die Inhalte nun immer, wenn er einen neuen Beitrag gelesen hat, in einer Management Summary zusammen. Auch wenn die Reise erst im Herbst stattfindet, ist bereits alles durchdacht; nur die Züge sind noch nicht gebucht, ansonsten können wir morgen los.

Einige Gäste waren inzwischen auch hier: aus Dortmund, aus Mülheim, aus Essen im Ruhrgebiet und aus Bad Essen im Osnabrücker Land, aus Hagen, Marl und aus Recklinghausen. Wir bekamen Brot geschenkt und noch mehr Salz – einige schöne Vormittage, Abende und Nachmittage.


Auswärtsspiele | Die Arbeit führte mich nach Düsseldorf und nach Karlsruhe. Ich hatte große Freude, einen Kunden bei der Tagung seiner rund 45 Führungskräfte zu begleiten und einen Teil der Moderation zu übernehmen. Bei einem anderen Kunden führte ich Seminare durch. Für die Vorbereitung meines Seminars „Führen, motivieren und Veränderung gestalten“ habe ich in mein Sozialpsychologie-Studium gegriffen; es war auch für mich bereichernd, diese Inhalte nochmal aufzubereiten und in einen neuen Kontext zu setzen. Diese Woche geht’s für weitere Themen erneut in den Süden.


Käte als Hörbuch und als Taschenbuch | Mein Buch Die Frau, die den Himmel eroberte gibt es schon länger als Hörbuch – nun ist es auch bei Audible in der Auswahl. Und auch das Taschenbuch ist es inzwischen erhältlich.


Und sonst | Ein Besuch im Dortmunder Konzerthaus: Augustin Hadelich und die Bergener Philharmoniker spielten Ravel und Sibelius. Ein außerordentlich schöner Abend. Ich war sehr entspannt danach; Musik macht was mit dem Gehirn. Lediglich die halbe Stunde nach der Pause – das Orchester spielte Strawinsky -, war halbwegs schauderhaft; das erratische Durcheinander holte mich nicht ab; ich mag lieber fließende Melodien. Ich beschloss, dieses Jahr noch mindestens einmal in ein Philharmoniekonzert zu gehen.

Erzählte ich schon, dass der Reiseleiter und ich uns ein Rudergerät gekauft haben? Von dem Geld, das wir mit dem Verkauf zahlreicher Dinge er-ebay-t haben, haben wir ein gebrauchtes Concept2 erworben. Zwei- bis dreimal in der Woche rudern wird nun sechs bis neun Kilometer durch unser Obergeschoss. Nach dem ersten Mal musste ich zwanzig Minuten warten, bis ich es wagen konnte, die Treppe ins Erdgeschoss hinunterzusteigen – so weich waren meine Beine. Inzwischen habe ich das Pensum fast verdoppelt und kann danach umgehend hinabsteigen.


Gelesen | Über den Erfolg der namenlosen Kaubonbons, die alle kennen: „Jeder Marketingprofessor würde die Stirn runzeln“. Als ich ein Kind war, bekam ich die Bonbons in der Heißmangel, einem winzigen, schwül-heißen Ladenlokal, in dem Frauen in weißen Kitteln Tischdecken und Bettwäsche walzten. Und ich bekam sie in der Bäckerei an der Straßenecke, in die ich mit meiner Oma ging; in einem gläsernen Rondell drehte sich dort der Bienenstich, und die Butterhörnchen waren köstlich.

Im Kampf mit m365

25. 01. 2023  •  16 Kommentare

Drinnen und draußen | Nachdem ich die ersten zehn Tage nach dem Umzug vor allem im Haus verbrachte, dort verräumte, Strukturen schuf und dem Regen vor dem Fenster zusah, kommt nun der ein oder andere Anlass, zu dem ich rausgehe, wenngleich verhalten. Besorgungen, Spaziergänge, Besuche, Schwimmen gehen – der Alltag spielt sich ein.

Insgesamt kann ich für mich jedoch festhalten, dass ein Umzug im Januar eher den Blick aufs Inhäusige wendet. Hätten wir Frühjahr oder Sommer, würde ich jeden Tag eine Runde Fahrrad fahren, würde ich stets eine andere Strecke nehmen, die Nase in den Wind halten und irgendwann jeden Kilometer dieser Stadt kennen. Ich wäre im Garten und würde mit Nachbarn schwätzen. Doch bei wolkenverhangenen zwei Grad mit gelegentlichem Nieselregen bleibt das alles aus.

Arbeitstechnisch bin ich aktuell nur im Homeoffice; die Reisen beginnen Mitte Februar. Das ist einerseits monoton, andererseits ganz angenehm. Ich habe momentan Zeit, all das vorzubereiten, was später Schlag auf Schlag kommen wird.


m365 | Außerdem kann ich mich mit so fürchterlichen Dingen wie Microsoft 365 befassen. Bislang hatte ich eine Microsoft365-Single-Lizenz. Sie reicht allerdings nicht aus, um mit m365 auch geschäftlich zu arbeiten. Seit Monaten schiebe ich es vor mir her, einen Business-Standard-Plan zu erwerben und ihn für mein Unternehmen einzurichten.

Alle Gründe für die Aufschieberei bestätigten sich heute. Ich habe mich nämlich fünf Stunden lang damit befasst, m365 Business Standard zu kaufen und einzurichten – mit lediglich dürren Erfolgen.

Zunächst einnmal war es augesprochen schwierig, das Produkt zu erwerben; es ist, als wolle Microsoft mit aller Kraft verhindern, dass man eines seiner Produkte kauft. Irgendwann hatte ich dann mein m365 Business Standard, konnte es auch bezahlen. Und dann begann der Driss: Verknüpfung mit meiner Domain, DNS-Einträge. Es war die Hölle. Die Erklärungen für den Laien sind dünn; irgendwie habe ich mich mit Hilfeseiten bei Microsoft und bei meinem Hoster durchgewurschtelt, so dass ich nun die E-Mails meines Geschäfts-Accounts in Outlook habe. Allerdings nur in der Desktop-Version; die Web-Version ist weiterhin jungfräulich. Warum zur Hölle?!

Es ist mir überdies schleierhaft, wie ich mir einen Kalender einrichte. Wie, verdammte Axt, komme ich dahin, dass ich via Outlook Termine machen kann? Auch das Teams-Add-on, mit dem man MS-Teams-Besprechungen versenden kann, erscheint dort nicht. Die Option in der MS-Teams-App, die man dazu anhakeln soll, gibt es bei mir nicht. Ständig komme ich auf irgendwelche Administrationsseiten, die ich vorher noch nie gesehen habe – oder die sich immer wieder auftun, aber nicht die Optionen bieten, die ich erwarten würde.

Es ist alles ein Rätsel und weit entfernt von selbsterklärend, die Unterstützung für Mac-User ist dürftig, ich habe keinen blassen Schimmer, was ich da tue, und habe null Bock, mich weiter damit zu befassen. Muss aber.


Ich bin ein Preis | In Baden-Württemberg wurden Menschen ausgezeichnet, die eine klimafreundliche Mobilitätsprojekte auf den Weg bringen. Es ist ein Preis des Ministeriums für Verkehr und der KEA Klimaschutz- und Energieagentur. Die Preisträger sind ziemlich unterschiedlich; es sind tolle Projekte darunter.

Jeder Preisträger kann aus Beratungsangeboten wählen, was er braucht. Ich bin eines der Angebote, und gestern hat sich ein erster Preisträger bei mir gemeldet. Gemeinsam mit mir möchte er schauen, wie er strategischer mit Entscheidern kommunizieren und seine Position stärken kann. Ich freue mich darauf!

Die Glück-auf-Schranke

19. 01. 2023  •  3 Kommentare

Broterwerb | So, wie es auschaut, werden der Februar und März arbeitsreich – mit einigen Auswärtsspielen bei Kunden. Das ist erfreulich. Ich empfinde Geschäftsreisen immer als anregend: Man lernt Menschen, Unternehmen und Städte kennen. Das ist super.

Überdies mag ich das Reisen an sich. Ich habe ein wenig gebraucht, um eine Haltung zu entwickeln, mit der sich Geschäftsreisen nicht nach Stress anfühlen. Irgendwann habe ich beschlossen, dass die eigentliche Reisezeit meine Zeit ist, in der ich mich entspanne und nicht arbeite: Während die Vorbereitungen und die Termine vor Ort meist intensiv und anstrengend sind, habe ich die An- und Abreise für mich reserviert. Wenn ich mit dem Auto fahre, habe ich in aller Regel keine Termine, auch nicht telefonisch. Ich höre Hörbuch, nehme mir ausreichend Zeit für die Fahrt, mache Pausen und gönne mir schöne Getränke. Wenn ich mit dem Zug anreise, klappe ich weder meinen Laptop auf noch arbeite ich auf andere Weise. Stattdessen lese ich, höre Musik, Hörbuch oder schlafe.


Schwimmen | Ein Vorteil des neuen Domizils in Haltern ist, dass die Stadt ein Hallenbad unterhält, das von Montags bis Donnerstags für das öffentliche Schwimmen geöffnet hat, von früh morgens bis spät abends. Es gibt keinen Bahnenbelegungsplan, keine ausschließlichen Vereinszeiten (nur Freitags), und man muss nicht Verwaltungswissenschaften studiert haben, um festzustellen, in welchem homöopathischen Zeitslot man möglicherweise auf welcher Bahn schwimmen darf. Nein, man packt einfach seine Tasche, fährt hin und schwimmt. Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sogar bis 21:30 Uhr.


Fortschritt | Die Bilder im Flur im Obergeschoss hängen. Erinnerungen an den Urlaub in Garmisch.

Zwei gerahmte Retro-Poster aus Garmisch-Partenkichen: ein Motiv mit gelb eingefärbten Bergen, Überschrift "Eckbauerbahn", und eine Gondel mit der Überschrift "Kreuzeck"

Dorfcheck | Ich habe einen Dorfrundgang gemacht und gelernt:

  • Das Dorf liegt an der Bahnstrecke Essen – Münster und hat einen eigenen Bahnhof, also eine gute Anbindung (das wusste ich schon vorher). Weil es eine Bahnanbindung besitzt, gibt es auch eine Bahnschranke. Diese Schranke ist immer unten, wenn ich dort vorbeikomme, auf dem Hin-, auf dem Rückweg, einfach immer (das wusste ich nicht). Entweder kommt die S-Bahn, die Regionalbahn, der Regionalexpress, ein Fernzug fährt durch oder eine Lok brummt über die Gleise. Viel Zeit zur Kontemplation. Will man den Zug auf der Gegenseite erhalten, muss man mindestens eine Schrankenschließzeit einplanen.
  • Es gibt ein Leben diesseits und jenseits der Schranke. Jedenfalls bildet die Schranke offenbar die Grenze der Müllabfuhrbezirke.
  • Jedes zweite Haus hier hat Holz eingelagert. Mitunter ganze Berge von Holz. Es wird angefeuert.
  • Direkt ums Eck ist ein Friedwald.
  • Das Dorfschloss wird von einem Verein betrieben, der die Anlage instand hält und vermietet. Es gibt interessante Räumlichkeiten, auch für Seminare. Ein Hotel ist direkt gegenüber. Mit der guten Bahnanbindung sehe ich Möglichkeiten.
  • Das Freibad wird ebenfalls von einem Verein betrieben. Ich bin bereits seit zwei Saisons Mitglied. Man zahlt einen Jahresbeitrag und kann so viel schwimmen gehen, wie man will. Ich fühle mich konzeptionell abgeholt.

Im örtlichen Pizza-Imbiss aß ich während der Einzugszeit übrigens die zweitschlechteste Pizza aller Zeiten – ein hartes, schwarzes, dünnes Ding. Der pizzabäcker wird nochmal eine zweite Chance bekommen (aber keine dritte).

(Die schlechteste Pizza brachte einst ein Lieferdienst nach Klejtrup, nachdem ich 81 Kilometer Rad gefahren war. Sie ahnen vielleicht, was das emotional bedeutet.)


Gelesen | Frau Herzbruch über den Pascha aus dem Sauerland (Formulierung geklaut bei Herrn Buddenbohm):

Wie kann es denn sein, dass diese Positionen immer wieder eine Bühne geboten bekommen? Ich bin ja recht kurz davor, auch mal irgendeinen Satz mit „meine Gebühren“ zu sagen, da ich wirklich nicht gerne Formate finanzieren möchte, in denen sich alte weiße Männer mit Privatflugzeugen hinsetzen und weniger privilegierte Grundschulkinder beleidigen, und das sogar, ohne dass das mal signifikant eingeordnet wird. 

Gelesen | Frau Novemberregen übers Nicht-Ankommen. Ich unterschreibe vom ersten bis zum letzten Satz.


Credits | Den Titel habe ich mir bei Rosa Bänkchen geliehen.



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