Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Allgemein«

Gurkiperium. Unorthodox. Jahreszeitengefühl.

19. 07. 2020  •  19 Kommentare

Wochenende | Nix passiert. Auch schön.

Geschwommen. Wocheneinkauf gemacht. Getränke geschleppt. Ein bisschen den Garten umgeräumt. Aus dem Vogelfutter sind Sonnenblumen gewachsen, eine ist zwei Meter groß geworden und blüht nun. Ich habe sie vors Gewächshaus getragen. Dort kann ihren Anblick ausführlicher genießen.

Garten, Steinmauer, dahinter gewächshaus. Davor einige Töpfe, einer mit Sonneblumen

Das Gemüse kommt. Wenn die Gurkenblüten allesamt zu Gurken werden, werde ich die Herrscherin über ein Gurkenimperium, quasi ein Gurkiperium.

Balkon aufgeräumt, Vertrocknetes weggeschnitten, Grünzeug aus den Fugen gezupft, gefegt.

Die Echinacea vor dem Fenster ist eine Wonne. Auch die Bienen freuen sich.

Sonnenhut-Blüte aus der Nähe. Eine BIene sitzt drauf, eine weitere fliegt gerade heran, mit Nektar am Bein.

Die Bienen und Hummeln feiern weiter Party im Lavendel und im Allium. Das Eisenkraut, das ich mir aus den Ippenburger Gärten mitgebracht habe, kommt bei den Schmetterlingen gut an.

Eisenkraut mit violetten Blüten und weißem Schmetterling

Ich habe übrigens Menschen zum Ippenburg-Besuch inspiriert. Ich fühle mich ja immer wie eine VIP-Influencerin, wenn Leute irgendwohin fahren, weil ich darüber gebloggt habe.

Ich habe eine Fruchtfliegenfalle in der Küche und das Gefühl, der Apfelessig betört mich mehr als die Fliegen. Ich fühle mich völlig zugekifft von dem beißenden Geruch, während die Fruchtfliegen mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf, deutlich größer als sie selbst, durch meine Küche schwirren.


Jahreszeitengefühl | Neulich im Feld. Der Sommer schreitet sichtbar voran.

Im vergangenen Jahr hatte ich kaum ein Gespür für die Jahreszeiten, weil ich immer gearbeitet habe, unterwegs war, gearbeitet habe, zwischen Duisburg, Dortmund und Hannover gependelt bin, zwischendurch mal im Freibad war, aber kaum im Garten gesessen habe. Das ist das Gute an diesem Sommer: Mit jeder Woche verändert sich die Natur, und ich habe die Muße, daran teilzuhaben.


Käthe | Den Prolog geschrieben. Er wird noch Überarbeitung brauchen. Aber es gibt ihn schonmal.


Gelesen | Unorthodox von Deboarah Feldman. Klappentext:

In der chassidischen Satmar-Gemeinde in Williamsburg, New York, herrschen die strengsten Regeln einer ultraorthodoxen jüdischen Gruppe weltweit. Deborah Feldman führt uns bis an die Grenzen des Erträglichen, wenn sie von der strikten Unterwerfung unter die strengen Lebensgesetze erzählt, von Ausgrenzung, Armut, von der Unterdrückung der Frau, von ihrer Zwangsehe. Und von der alltäglichen Angst, bei Verbotenem entdeckt und bestraft zu werden. Sie erzählt, wie sie den beispiellosen Mut und die ungeheure Kraft zum Verlassen der Gemeinde findet – um ihrem Sohn ein Leben in Freiheit zu ermöglichen. Noch nie hat eine Autorin ihre Befreiung aus den Fesseln religiöser Extremisten so lebensnah, so ehrlich, so analytisch klug und dabei literarisch so anspruchsvoll erzählt.

Randomhouse

Die Satmarer fühlen sich schuldig, dass sie den Holocaust überlebt haben – und sehen es als ihre Aufgabe, alles zu tun, damit es keinen zweiten Holocaust gibt. Das geht nur mit einem Leben nach strengsten religiösen Regeln. Die Schuld, nicht fromm genug zu sein, begleitet Devoireh, die Ich-Erzählerin, durch ihre Kindheit. Im Erwachsenenalter setzt sie sich fort, denn der Körper einer Frau ist schmutzig und schamhaft. Sie wird zwangsverheiratet, bekommt eine Panikstörung. Die Familie nimmt intensiv Anteil am erfolglosen Vollzug der Ehe – ein Albtraum. Als Devoireh schließlich schwanger wird, gelangt sie wieder zu einer Einheit von Körper und Geist und schafft es nach und nach, sich von Schuldgefühlen und religiösen Zwänge zu lösen.

Buch "Unorthodox" auf Gartenstuhl

Ich habe das Buch innerhalb weniger Tage durchgelesen. Packend. Besonders gut gefällt mir, wie wenig anklagend es ist: Deborah Feldman erzählt sehr neutral, sehr sachlich. Insbesondere in der Beschreibung ihrer Ehe wird deutlich, wie sehr auch der Ehemann in den Zwängen der Religion und der Erwartungen der Familie verhaftet ist. Auch wenn er schlimmen psychischen Druck auf Devoireh ausübt und sie wöchentlich – nach den Riten Freitags – zum Sex nötigt, wird doch klar, dass auch er ein Opfer ein.

Netflix hat eine Miniserie gleichen Namens gemacht (Trailer) – mit einer Hauptfigur namens Esty. Ich werde sie mir demnächst mal anschauen, denn sie scheint anders zu sein als das Buch: Das Buch spielt ausschließlich in New York und endet mit der Scheidung Deborahs, die in der Ich-Form erzählt. Der Umzug nach Berlin wird nur im Epilog thematisiert.

Interview mit Deborah Feldmann bei der Deutschen Welle.

Spaziergang über den Ostfriedhof mit #serviceblog-Wissen, das Sie verblüffen wird

14. 06. 2020  •  9 Kommentare

Eigentlich nur ein Eis essen | Am Samstag latschte ich einfach mal los. Ich wollte gar nicht weit gehen, nur ein Eis essen und ein bisschen die Füße vertreten. Also marschierte ich durch die Kleingartenanlage ums Eck und durchs Feld, und weil das noch nicht weit war, ging ich mal schauen, was auf der anderen Seite der Bundesstaße los ist.

#serviceblog: Falls Sie Mitglied im ADAC sind und sich fragen, wohin Ihre Mitgliedsbeiträge fließen – hier das Gebäude des ADAC Westfalen.

ADAC Hauptverwaltung, Blick die Stufen hoch auf ein Gebäude

Mehr dazu bei Baukunst NRW.

Wie ich schon einmal auf der anderen Seite der Bundesstraße war, erinnerte ich mich daran, dass mir eine Leserin hier im Blog den Dortmunder Ostfriedhof ans Herz gelegt hatte.

Ich lief ein wenig durch das Wohnviertel jenseits der Bundesstraße, das zog sich etwas. Die Straße war erstaunlich lang. Doch dann kam ich an den Friedhof und stellte fest: Der Weg war jeden Schritt wert.

Auf dem Ostfriedhof liegen sehr viele Industrielle, es gibt monumentale Grabmale – außerdem den alten jüdischen Friedhof.

Unter anderem entdeckte ich das Grab der Familie Hoesch und das Grab der Familie Jucho. („Und es ist köstlich gewesen“).

Außerdem findet sich Bergbaugeschichte auf dem Friedhof – unter anderem das Grabmal von Otto Taeglichsbeck, Berghauptmann und Direktor des Königlichen Oberbergamts Dortmund, und zwei Gedenkstätten für Schlagwetterexplosionen in Dortmund, 1893 und 1897 auf Zeche Kaiserstuhl. Damals kamen insgesamt 82 Bergleute ums Leben.

Achtung, jetzt wieder #serviceblog – wichtig für wenn man mal bei Jauch auf dem Stuhl sitzt: Auf dem Ostfriedhof ist auch das Grab von Henriette Davidis.

Grab von Henriette Davidis: Grabstein  und Grab mit Efeu

Henriette Davidis ist das Mastermind der deutschen Kochbuchliteratur, ihr erstes Kochbuch veröffentlichte sie 1845, als sie Rezepte Dortmunder Hausfrauen sammelte. Von ihr kommt die Formulierung „Man nehme …“, die sich in Rezepten findet. Mit ihr und ihrem Wirken wurde der Begriff „Bürgerliche Küche“ geboren, als Küche des bürgerlichen Mittelstandes während der Industrialisierung. Henriette Davidis lebte in bescheidenen Verhältnissen, während die Verleger viel Geld mit ihren Werken verdienten.

An den Ostfriedhof grenzt das Kaiserstraßenviertel. Das ist ein hübsches Altbauviertel (leider komplett zugeparkt).

Backsteinfassade mit bunten Stauden davor

Dort kehrte ich in ein Café ein. Das letzte Mal, dass ich in einem Café saß, war vor drei Monaten, Anfang März, in Heidelberg und Schriesheim.

Es war sehr schön im Café. Ich saß da, beobachtete die Menschen, schwatzte mit der Kellnerin, aß einen Salat mit köstlich gegrilltem, karamellisierten Schafskäse und trank einen Kaffee.

Auf dem Rückweg entdeckte ich in einer Kleingartenanlage das ultimative Hochbeet:

Hochbeet in Form eines Holzschiffes, sehr groß

Der Rest des Weges führte am See entlang.

Als ich zu Hause ankam, waren meine Füße ein bisschen plattgelatscht. Eigentlich wollte ich ja nur ein Eis essen – das ich nicht einmal hatte! Ein Projekt für den nächsten Spaziergang.

15 Kilometer: Schüren – Schürener Feld – Stadtkrone – Delfdahl – Ostfriedhof – Kaiserstraßenviertel – Ostenhellweg – Märkische Straße – Schrebergarten 06 – Phoenixsee – Schüren


Gelesen | Frau Novemberregen, der Oberchef (OC) und die Corona-Party  | Interview mit dem Soziologen Hartmut Rosa: Leiden wir an einem gemeinschaftlichen Burnout?Pillenknick – Schmerzmittelmissbrauch im Amateur- und Profifußball

Eigentlich

25. 05. 2020  •  2 Kommentare

Daheim bleiben | Eigentlich wäre ich am vergangenen langen Wochenende auf dem Schatöchen gewesen. Deshalb hier einige Bilder aus dem Archiv.

Wir fahren stattdessen nächstes Jahr. Termin steht schon.

Statt auf einem französischen Landschloss saß ich mit einige Reisefreunden im Garten eines Reihenhauses in Essen – mit Abstand, aber im Herzen zugetan. Wir speisten und redeten viele Stunden. Das war auch schön.

Ein mit Tapas gedeckter Tisch aus der Vogelperspektive. In der Mitte treffen sich zwei Arme und übergeben Käse.

Broterwerb | Ich hab‘ die Steuern 2019 schön. Was man halt so im Urlaub macht, wenn man nicht in Frankreich ist.

Außerdem können Sie etwas über Homeoffice und Remotearbeit lesen – Teil Eins einer kleinen Serie.


Dürre | Eigentlich sollte es kräftig regnen. Am Freitag gab es zwei, drei Schauer. Aber so, dass es unter den Bäumen nicht einmal nass wurde. Am Sonntag regnete es ebenfalls ein wenig. Gemessen an der Trockenheit war es aber quasi nichts.

Seit Beginn der Corona-Zeit hat es hier nur einmal erwähnenswert geregnet. Im April lag der Niederschlag das 25-Fache unter dem Durchschnitt. Vielleicht hätte ich keine Stauden pflanzen sollen, sondern Kakteen.


Update der Außengastronomie | Die Vögel haben eine neue Futterstation.

Futterstation zum Aufhängen im Kirschbaum, gefüllt mit Sonnenblumenkernen und Insekten

Zur Feier des Tages gibt es das Produkt „Protein Pur, „Insekten und Schalentiere ideal zum Beimixen“: Grillen, Mehlwürmer, Seidenraupen, Puppen und – edel speist die Meise – Shrimps. 56 Prozent Protein für den figurbewussten Dompfaff und die Atkins-diätende Blaumeise.

Das Feedback der kleinen Fettsäcke steht noch aus.


Urlaub | Ich habe mich mit verschiedenen Leuten über das Thema „Urlaub“ unterhalten und revidiere ein stückweit meine Meinung.

Die Sichtweisen des Wochenendes waren vorsichtig und moderat: „Hauptsache, wir kommen raus“ ging bei den meisten einher mit der Erwartung, einen deutlich reduzierten Urlaub zu verbringen – ohne Gruppenspiele für Kinder, kaum Restaurantbesuche, viel Fahrradfahren, Wandern oder Familienstrandtage. Oder Camping im Garten von Verwandten, Wohnungstausch mit Bekannten.

Wie ist das eigentlich? Mit dem Ferienflieger ins All-inclusive-Hotel – findet das statt?


Angeguckt | Tränen unterm Mikroskop – und warum sie vergossen wurden.

Gelesen | Herr Budddenbohm ist zart angenervt und hat eine Meinung zur Gestaltung der Home-School, insbesondere was die Bereitstellung von Material angeht.

Angeguckt | Astrid. Film über die frühen Erwachsenenjahre von Astrid Lindgren. Gut. Gern geschaut. Der Film basiert auf ihrer Biographie, die ebenfalls empfehlenswert ist.

Waffelsamstag, Geld für ein Verlagsangebot, Musik und andere Dinge vom Wochenende

1. 03. 2020  •  5 Kommentare

Nachbarschaftsbewaffelung | Das Jahr 2020 schenkte uns einen zusätzlichen Tag. Wie kann man ihn angemessener begehen als mit Waffeln?

Weil es so schön war, setzten wir das Gelage am Abend fort – mit ein paar Kleinigkeiten, Dips und frisch gebackenem Brot.


Alltagsfreude | Meine neuen Türen sind so schön, die Terrassentür fühlt sich so neu und schwer und toll an – ich könnte sie den ganzen Tag auf und zu machen. Hach. Gut, dass ich am Donnerstag und Freitag im Homeoffice war.

Heute habe ich für das Kfw-Zuschussportal die Rechnung eingereicht. Mal schauen, ob das tatsächlich so einfach klappt und ich die 20 Prozent Förderung bekomme.


Weniger ist mehr | Im Februar war ich Testnutzerin eines neuen Tagesspiegel-Angebots, dem „Background Gesundheit & E-Health“, einem täglichen Newsletter. Das Produkt ist für mich interessant, weil ich gerade für einen Kunden im Gesundheitssektor tätig bin. Da kann Hintergrund nicht schaden.

Der Newsletter enthält jeweils eine Presseschau und bis zu zehn zum Teil sehr lange Texte: Berichte, Hintergrund, auch mal ein Portrait. Nun endet die Testphase und wer den Newsletter weiter beziehen möchte, soll dafür zahlen, 179 Euro im Monat (Frühbucherpreis 139 Euro). Das Abo ist jährlich kündbar.

Das ist zu viel. Von allem. Zu viele Ausgaben, zu viel Inhalt, zu viel Geld, zu lange Vertragslaufzeit. Ich schaffe es nicht, täglich zehn lange Texte zu lesen, ich möchte das auch nicht. Das ist mir alles zu kleinteilig. Ich möchte diesen Newsletter nicht täglich bekommen: Einmal pro Woche Hintergründe und Zusammenhänge, das wäre prima. Außerdem möchte ich dafür nicht 180 Euro pro Monat (!) ausgeben – und das zwangsweise für ein Jahr. Das passt nicht zu meinen Projektlaufzeiten.

Weil ich mich der Verlagsbranche immer noch verbunden fühle, weil ich Testnutzerin bin und als Signal, dass ich durchaus an einem Angebot mit gesundheitspolitischen Beiträgen interessiert bin, schrieb ich all das an den Tagesspiegel – und auch, dass ich bis zu 50 Euro pro Monat für einen wöchentlichen Newsletter zahlen würde, also mehr als zehn Euro pro gut recherchierter Ausgabe, allerdings monatlich kündbar. Ich erhielt die Antwort, dass man mir zu dem vorgeschlagenen Preis leider kein Angebot machen könne; das Frühbucherangebot von 139 Euro sei schließlich schon um jährlich 480 Euro gegenüber dem Listenpreis vergünstigt.

Dabei wäre Dreisatz-Könnern direkt aufgefallen: Ich bin sogar bereit, mehr zu bezahlen als den Listenpreis – bezogen auf die einzelne Ausgabe. Die Verlagsbranche hat aber offenbar die Idee „Viel hilft viel“ verinnerlicht: tägliches Erscheinen bei langen Abolaufzeiten. Dabei ist es doch so: Wenn der Nutzen für mich ausreichend hoch ist – das heißt im besten Fall: wenn ich das Bezahlte selbst wieder monetarisieren kann -, bin ich bereit, eine verhältnismäßig hohe Summe für verhältnismäßig wenig zu zahlen. Wenig ist in dem Fall ein Plus! Wenn ich hingegen mehr bekomme, als ich benötige, fühle ich mich schlecht – weil ich nicht nutze, wofür ich bezahle.


Faber | Es passiert mir immer häufiger, dass ich durch die Kinder mir nahe stehender Menschen auf neue Musik stoße. Ich bin nun offensichtlich so alt, dass die Musikanten, die die Jugend hört, mir nicht mehr einfach so begegnen; ich muss sie mir zugänglich machen.

So wurde ich am Wochenende auf Faber aufmerksam, hörte mich durch diverse Playlisten und bin hocherfreut. Das ist ja ganz famos!


Serviceblog „Corona spezial“ | Ay, Corona! Ein guter Überblick zu allem, was man wissen muss. Corona-Podcast von NDR Info. Hotline für Kranke und Besorgte: 116117.

Ich hege in dem Zusammenhang einen Verdacht: Den vielen Menschen, die plötzlich Seife und Desinfektionsmittel kaufen, war das Prinzip „Händewaschen“ bislang offenbar fremd.


Gelesen | Deutschland richtet 2025 und 2027 Handball-Weltmeisterschaften aus: 2025 findet die Handball-WM der Frauen statt. Zwei Jahre später, 2027, die WM der Männer.

Gelesen | Einer der mächtigsten Gletscher der Antarktis, der Thwaites-Gletscher, droht ins Meet zu rutschen. Geschieht dies, könnte der Meeresspiegel massiv ansteigen. Größter Einflussfaktor ist die Temperatur der Meeresströmungen. Die Antarktis erlebte zuletzt einen der wärmsten Februartage, die es jemals gab: An einer Forschungsstation wurden 18,6 Grad gemessen.

Gelesen | Anke Gröner hat für ihre Disseration in Kunstgeschichte im Bundesarchiv recherchiert und ein paar Bundestränchen verdrückt.

Gelesen | Ein mutmaßlicher Mafia-Pate aus Montenegro wird in Hannover operiert. 2.456 Polizisten sind im Einsatz. [€] Rekonstruktion eines Thrillers.

Gelesen | Wer glücklich werden will, muss seine Eltern enttäuschen [€]. Ein Stück über die stillen Aufträge der Familie: unausgesprochene Erwartungen und emotionale Abhängigkeit.

Ebenso wirksam ist Schweigen. Wenn über etwas nicht geredet werden darf. Dass Mutter trinkt. Dass Opa in der SS war. Dass Vater eine heimliche Geliebte hat. Dass die Firma insolvent ist. In Familiengeheimnissen stecken mehrere Botschaften, inhaltliche und formelle. Das, worum es geht, ist oft schambehaftet, der Auftrag lautet: Erzähl niemandem davon! Und dass darüber nicht geredet werden darf, birgt in sich die Lehre, dass Offenheit nach außen schlecht ist und Kommunikation nach innen nicht gewünscht ist. So wird das Kind zum Hüter der Integrität seiner Familie und zu einem Geheimnisträger seinen Gefühlen gegenüber. Denn worüber nicht geredet werden darf, das muss auch im eigenen Inneren möglichst unangetastet bleiben.

Schneetreiben, Ehrenamt und die Trinkhalle am jenseitigen Ende des Stadtteils

28. 02. 2020  •  13 Kommentare

Ums Eck | Die Welt der DHL-Filialen wird stetig größer und bunter. Hier im Ruhrgebiet bieten immer mehr Kioske Paketannahme und -abholung an. Meine Pakete landen deshalb neuerdings in einer Trinkhalle am jenseitigen Ende des Stadtteils. Der Name des Besitzer ist sehr lang und liest sich wie eine bergige Eisenbahnstrecke. Das Internet sagt mir, dass es sich um einen tamilischen Namen handelt.

Der Ort des Tamilen ist ein wunderbarer. Rechts neben dem Eingang befinden sich, auf Regalbrettern aufgereiht, eine ganze Wand voller Gläsern mit Weingummi: Frösche und Colaflaschen, saure Fritten und süße Zungen, Münzen, Mäuse, Haie, Lakritzschnecken und -brezeln, Schlangen, Brausebonbons und viele Sorten mehr. Wäre ich ein Kind, würde ich berichten, es seien „Tausende! Tausend Gläser!“, was natürlich nicht stimmt, aber sich so anfühlt.

Der restlichen Laden weitere Schätze: Kaffee und Haargummis, belegte Brötchen und Rasierschaum, Zeitschriften und Wassereis. Links des Eingangs sind unter den Zeitschriften Regalbretter freigeräumt. Dort stapeln sich Pakete. Und hinter der Theke. Und neben der Theke.

Ich betrat dieses Wunderland und legte meinen Ausweis auf die Kassentheke. Der Mann hinter der Theke sprach in einer sehr fremden Sprache in ein Handy. Er hielt es sich wie eine Pizzaschnitte vor den Mund, die Worte flogen wie ein Tischtennisbälle durch den Raum. Wenn er Pause machte, redete jemand anderes schnell und knarzend aus dem Telefon.

Einhändig nahm er meinen Ausweis, machte sich auf die Suche nach dem Paket und sprach ununterbrochen weiter. Es handelte sich offenbar um ein wichtiges Gespräch, es wogte hin und her. Er nahm das Paket aus dem Regal, kam zurück, nahm ein zweites Handy, scannte und schob es mir rüber. „Name und „Vorname“ stand auf dem Display. Ich tippte beides ein. Er pantomimte mir, ich solle irgendwas drücken, und sprach jetzt ruhig, aber weiterhin schnell in seine Pizzaschnitte; die andere Seite lauschte erst und unterbrach ihn dann vehement. Ich drückte auf „Weiter“. Er pantomimte, ich solle unterschreiben, und ich unterschrieb mit dem Finger. Er hob den Daumen, nahm mir das Handy weg und winkte mir.

Ich schaute noch einmal auf die tausend Gläser und überlegte mir, ob ich mir noch eine süße Tüte zusammenstellen sollte. Aber das erschien mir angesichts der Umstände zu kompliziert. Ich nahm mir jedoch vor, zu meinem Geburtstag dort hinzugehen und mir die beste süße Tüte seit 1988 zu schenken.

Im Paket war übrigens Kaffee vom Dealer aus Hannover:

Vier Pakete gemahlener Kaffee. Aufschriften: "Hausmischung No 1" und "Malabar".

Schneetreiben | Am Dienstag fiel Schnee. Viel Schnee. Nasser, schwerer Schnee. Straßen glatt, Lkws stellten sich quer, Staus. Fahrzeit zum Kunden: 1 Stunde 45 Minuten.

Straße, verschneit, umrahmt von verschneiten Bäumen, Autos in einer Schlange.

Für den Rückweg brauchte ich allerdings nur rekordverdächtige 40 Minuten. Offenbar waren alle Leute, die morgens auf der Straßen waren, früh aufgebrochen. Gegen 18:30 Uhr hatte ich jedenfalls freie Straßen.

Heute, zwei Tage später, schien nach dem Aufwachen die Sonne, und es sah schon fast aus wie Frühling. Das hat mich sehr gefreut.

Der Regen – und noch schlimmer: das Grau – machen wir fürchterlich schlechte Laune. Noch zwei Monate und zwei Tage bis Freibaderöffnung.


Ehrenamt | Diese Woche habe ich mit dem Dortmunder Ladies‘ Circle die Jahresplanung für unsere Serviceaktionen gemacht, also die Events, mit denen wir Spenden sammeln möchten.

Wer in der Gegend von Dortmund wohnt, kann sich schonmal notieren:

  • Samstag, 5. Juli 2020: Wir veranstalten ein Tennisturnier in Unna. Der Erlös kommt zwei Zwecken zugute: dem Kinderhospiz Unna. Außerdem möchten wir Tennispatenschaften für Kinder finanzieren, die sich den Sport nicht leisten können. Die Patenschaft soll ein Jahr Unterricht und die Erstatsstattung umfassen (Schuhe, Kleidung, Schläger). Wir werden dazu voraussichtlich mit einer Unnaer Schule zusammenarbeiten.
  • Samstag, 22. August 2020: Physik ist, wenn’s knallt. Judith und Marcus Weber lesen aus ihrem Familien-Physik-Buch und machen kleine Experimente, die man zuhause nachmachen kann. Zielgruppe: Familien mit Kindern im Alter 6+. Wohin der Erlös aus Eintrittskarten und Speisenverkauf geht, entscheiden wir noch.
  • Sonntag, 22. November 2020: Charity-Frühstück – im Seepavillon im Dortmunder Westfalenpark laden wir zu einem Familienfrühstück. Im vergangenen Jahr konnten wir danach fast 1.200 Euro an die Neven-Subotic-Stiftung spenden.

Außerdem machen wir noch einige kleinere Dinge und begleiten im Winter wieder das Päckchensammeln für den Weihnachtspäckchenkonvoi. Wir haben das jetzt alles mal durchgeplant und Teams gebildet. Die Termine sind zwar noch eine Weile hin, aber mit Location-Suchen und der ganzen Organisation drumherum haben wir auch schon jetzt zu tun.

Nach intensiven Arbeitstagen, Schneefahrten und zwei langen Ehrenamtsabenden war ich etwas platt.


Ausflug | Ich habe ein Zimmer in Karlsruhe reserviert. Dort bin ich nächste Woche. Bin gespannt: Ich war noch nie in Karlsruhe. Danach geht’s nach Heidelberg. Danach zurück nach Dortmund.


Gelesen | Zwei Handvoll Leben von Katharina Fuchs. Begonnen im Urlaub, zu Ende gelesen heute Morgen, als ich vor dem Wecker erwachte. Das Buch wird beworben mit dem Text:

Zwei starke Frauen – zwei deutsche Schicksale. Und die Geschichte des Berliner Kaufhauses KaDeWe in einem anrührend authentischen historischen Roman

Droemer Knaur

Leider hat die Geschichte wenig Tiefe. Ich kam den Figuren nicht wirklich nah – und die historischen Ereignisse, vor deren Hintergrund die Handlung spielte, blieben Kulisse. Alles in allem aber eine völlig okaye Geschichte für eine Urlaubs- und Strandlektüre. Der Wechsel zwischen den Figuren hält die Spannung aufrecht, und der KaDeWe-Glamour ist auch fein.

Rosenmontag

24. 02. 2020  •  17 Kommentare

Weichgezeichnet | Heute blieb ich in Dortmund. Meine Termine absolvierte ich per Telefon und Videokonferenz. Dabei arbeitete ich erstmals mit Microsoft Teams.

Erwähnenswertes Feature in diesem Zusammenhang: Man kann in der Viko seinen Hintergrund weichzeichnen, was sehr praktisch ist, wenn man im Homeoffice weilt und nicht aufgeräumt hat.

In meinem Fall war der Vordergrund nicht aufgeräumt, ich war nicht auf Viko eingerichtet und wohnte der Besprechung entsprechend strubbelig bei. Um Haltung zu bewahren, redete ich mir ein, dass Strubbeligkeit ja durchaus Zeichen eines gewissen Genius sei – und der Hoodie Beweis digitaler Kompetenz.

Mein Gegenüber nutzte das Hintergrund-Feature und weichzeichnete sein Homeoffice, was ihm eine religiöse Anmutung gab, ein gottgleiches Aus-der-Wolke-Sprechen. Das muss ich mir für gebührende Anlässe merken.


10 von 10 Sterne | Über den Mittag waren die jüngst beauftragten Tür- und Fensterbauer da und bauten mir neue Beschläge in die Balkon- und Terrassentür. Die Beschläge der Terrassentür waren hinüber und damit Anlass, Maßnahmen einzuleiten; in dem Zuge ließ ich eine bessere Einbruchssicherung einbauen. Die Herren des Fensterservices waren freundlich, zügig, pünktlich und kompetent; ein 10-von-10 Sterne-Kundenerlebnis [Werbung, unbeauftragt, ausschließlich aus Begeisterung].


Audiogedöns | Während die Fensterbauer arbeiteten (und auch danach), erstellte ich Intro und Outro für ein kleines Audioprojekt. Allerdings bemerkte ich, dass die verwendete kosten- und lizenzfreie Musik aus der Youtube-Audiothek nur solange kosten- und lizenzfrei ist, wie man sie in Youtube-Videos verwendet. Also nochmal von vorn. Ich wurde dann bei musopen.org fündig.


Glückscurry | Weil es so schön gelb ausschaut, hier mein Glückscurry vom Wochenende: Pak Choi, Paprika, Zucchini, Knoblauch, Garnelen.

Schale mit gelbem, Curry, Reis und Gemüse

Endlich habe ich wieder die richtige, asiatische Currypaste! Die hatte ich nämlich vor einiger Zeit aufgebracht. Weil der asiatische Supermarkt meines Vertrauens dicht gemacht hat und es in Dortmund nur wenige Asiamärkte gibt, die aber allesamt nicht ansatzweise in meinem Einzugsbereich liegen, hatte ich mit Zeugs aus dem Rewe überbrückt. Das war aber nicht wirklich lecker.

Vergangene Woche entdeckte ich in Essen einen Asiamarkt im Untergeschoss des Warenhauses und schlug sofort zu.


Gelesen | Winterurlaub in Sibirien: Andrea Diener war am Baikalsee, erzählt wunderschön von ihrer Reise und den Begegnungen dort.

Angeguckt | Ermutigung, Ausdauer und Stärke und einem einminütigen Video

Gelesen | Alltagsrassismus an praktischen Beispielen aus Potsdam, könnte aber auch überall sonst sein.

Gefreut | Es gibt jetzt Sesamstraßen-Briefmarken.

Tag Drei auf La Gomera: Gute Aussicht

6. 01. 2020  •  2 Kommentare

Wetter I | Heute Nacht hat es geregnet. Am Morgen hingen die Wolken tief in den Bergen. Ich musste Socken anziehen wegen fußkalt.


Zu Fuß | Am Vormittag verließ ich mein Eremitenhäuschen für eine Unternehmung. Ich machte eine kleine, dreizehnkilometrige Akklimatisierungswanderung. Ich ging zur Kirche Santa Clara und von dort über einen Bergkamm, bis ich an einen Mirador kam – und wieder zurück.

Der Aussichtspunkt bot wirklich eine großartige Aussicht. Ich konnte ins 600 Meter tiefe Tal gucken – und auf Teneriffa mit dem Teide.

In der Ferne Teneriffa, rechts von viele Berge und ein tiefer Taleinschitt, alles bewaldet. Die Sonne scheint.

Auf dem Weg sah ich tolle Sachen: eine blaue Libelle, die hubschrauberähnliche Ausmaße hatte. Ein blaues, kleines Schneckenhaus. Aeonium, groß wie ein Männerkopf. Farn, der sich entrollt. Bunte Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne.

Spannend war auch: Auf der einen Seite des Berges, dort wo ich losging, war Mützenwetter mit Schatten, kühlem Wind, Wald, Flechten und Pfützen. Je weiter ich um den Berg herum ging, desto mehr änderten sich Klima und Pflanzen hin zu Wüstenbewuchs. Ich legte die Mütze ab, wechselte Shirt und Hose auf kurz und holte Sonnenbrille und Bandana aus dem Rucksack.

Panoramabild: links Lehmpfad und ein Hügel, in der Mitte das Meer.

An der Kirche Santa Clara wohnten Katzen und Hühner. Soweit ich das beurteilen kann, gehen die Hühner dort keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie lungern vielmehr am Kirchlein herum und warten darauf, dass Touristen Krümel fallen lassen. Kaum saß ich, um meine Hosenbeine abzuschrauben, kamen sie. Sie versuchten, diskret zu wirken, näherten sich aber so auffällig unbeteiligt, dass kein Zweifel darin bestand, welche Hoffnung sie hegten.

Erstaunlich war, dass die Hühner die Oberhand über die Katzen hatten. Kam eine Katze angeschlichen, machte der Hahn den Dicken, marschierte auf die Katze zu, und die Katze trollte sich.


Happy Bloggeburtstag | Vergessen: Vor zwei Tagen hatte das Kännchenblog Geburtstag. Es ist nun 14 und schwer pubertär.


Lange Leitung | Das Internet ist heute schlecht in Tazo. M sagt, das sei so, weil Feiertag ist – Heilige Drei Könige. Alle Leute seien in ihren Häusern und guckten Youtube.

Alles in allem ist das Internet aber sehr gut. Ich habe hier im Nirgendwo drei Balken LTE, das WLAN kann leidlich Video, und auch auf der heutigen Wanderung, weit jenseits jeder Zivilisation, hinter den sieben Bergen, hatte ich durchgehend LTE oder 3G.


Wetter II | Heute Abend zog es sich wieder zu.

Im Vordergrund, dahinter Berge mit Wolken

Während ich diesen Beitrag schreibe, pfeift der Wind ums Haus, es zieht durch die Ritzen, und die Palmen rascheln wild.

Ein Postkartenzyklus für die Namensvetterin

18. 09. 2019  •  4 Kommentare

Stichworte | Auto gefahren. Beim Kunden gearbeitet. An einem Unfall vorbeigefahren, der grad passiert ist. Helfer waren schon da. Im Fitnessstudio gewesen. Belege schön gemacht. Wäsche gebügelt. Fußball geguckt.


Neues aus Australien | Meine Namensvetterin, die überall meine Mailadresse angibt, ist jüngst nach Australien gezogen. Jetzt hat soe dort einen Telefonanschluss bestellt. Die Bestätigungsmail habe natürlich ich bekommen. Darin: ihre Adresse. Ich kann ihr jetzt Briefe und Postkarten schreiben.

Das eröffnet großartige Möglichkeiten. Ich kann ihr nun jede ihrer Registrierungs- und Bestellbestätigungen ausdrucken, mit kleinen Zeichnungen verzieren, eintüten und nach Australien schicken.

Mich treiben auch andere Ideen um. Zum Beispiel ein Postkartenzyklus – zwölf Monate, zwölf Postkarten. In den ersten sechs Monaten lasse ich unsere Beziehung Revue passieren, vom zarten Pflänzchen ihrer ersten Amazon-Bestellung über die Uni-Lerngruppe bis zu ihrer letzten Uber-Fahrt. In den zweiten sechs Monaten blicke ich nach vorn auf das, was für uns kommen mag: auf ihre Erfolge im Fitnessstudio, in dem sie sich angemeldet hat, auf das Leben und auf die Liebe, die ihren Anfang in ihrer McDonald’s App nehmen wird.


Gelesen | Die Pädagogin Esther Wojcicki arbeitet seit 36 Jahren als Lehrerin an einer staatlichen Highschool im kalifornischen Palo Alto. Ihre drei Töchter sind beruflich sehr erfolgreich. Ihre Erziehungsmethoden, sagt sie, hätten dazu beigetragen.

Die meisten Menschen blockiert oder hemmt, was andere Leute über sie denken. Dass es vielleicht nicht erfolgreich ist oder lächerlich, was sie tun. Meine Töchter durften ihren Leidenschaften nachgehen. Ich unterstützte sie dabei, völlig egal, was es war.

Esther Wojcicki: „Wenn keiner an dich glaubt, bist du immer ängstlich“

Das Wichtigste für ein Kind sei, dass ihm vertraut werde. Dann vertraue es auch sich selbst. Trifft auch auf Erwachsene zu, finde ich.

Gelesen | Warum Schulheftekauf einen um den Verstand bringt

Sonntag, 3. März

4. 03. 2019  •  11 Kommentare

Expedition | Das Wochenende verbrachte ich in Düsseldorf. Mit den Damen vom Ladies‘ Circle trafen wir uns zum „Arbeitswochenende“. Die Anführungszeichen haben Gründe, obwohl, nun ja, wir betrieben Wellnessarbeit. Und Bildungsarbeit. Wir hatten nämlich auch eine Stadtführung durch Kaiserswerth.

Ich lernte etwas über Theodor Fliedner, der im 19. Jahrhundert die Krankenpflege entscheidend voranbrachte und sowohl durch diese Arbeit als auch durch Bildung, Anstellung und Förderung die Lebensumstände von Frauen entscheidend verbesserte. Sein Wirken war unter anderem Vorbild für Florence Nightingale.

Außerdem stand ich an der Kaiserpfalz von Kaiserwerth. Vor gut einem Jahr stand ich zur gleichen Zeit in Canossa – und es gibt eine Verbindung zwischen diesen beiden Ort: Heinrich IV. Sein Bußgang nach Canossa resultierte aus einem lebenslangen schwierigen Verhältnis zur katholischen Kirche, das Kaiserswerth seinen Anfang nahm. Von dort entführten ihn die katholischen Bischöfe gegen seinen Willen, weil sie ihren Einfluss auf Reichsgeschäfte wiederherstellen wollten. Heinrich hatte danach lebenslang schlechte Laune, wenn er an die Kirche dachte, und geriet immer wieder in Streit mit ihr.

Anderer Ort: das Altenheim von Kaiserswerth. Hübsch.

Blick in einen Innenhof, über dem Lampenschirme hingen. Die Architektur ist freundlich und verbindet Ales mit Neuem.

Ich würde allerdings nie in ein Düsseldorfer Altenheim ziehen, denn ich habe Angst, ein Papphütchen aufgesetzt zu bekommen und gegen meinen Willen in den Speisesaal geschoben zu werden, um dort, fahrig mit Luftschlangen behangen, zu Karnevalsschlagern schunkeln zu müssen. Überhaupt: Ich möchte später bitte in ein Heim, in dem ich keine Spiele machen, nicht basteln und nicht schunkeln muss und in das keine Musikantengruppen kommen, es sei denn, es handelt sich um Ska-Bands.

Nach der Stadtführung bezogen wir Quartier im Medienhafen, wo wir upgegradet wurden. Deshalb hatten wir Zimmer mit Panoramablick.

Zwei Betten, in einem Zimmer, bei dem zwei von vier Händen verglast sind. Man kann in den Hafen hinabschauen.

Den gleichen Panoramablick hatte man übrigens vom Klo, denn dort sitzt man hinter der gleichen Panoramascheibe und kann während der Verrichtung der Betriebsamkeit des Hafens zuschauen.

Am späten Abend schaute ich, mit den Lichtern der Stadt im Hintergrund, vom Bett aus sportstudio und schlief dabei ein. Wer braucht schon Party.

Heute schauten wir dann von noch weiter oben auf den Hafen hinab: vom Rheinturm.

Blick vom Rheinturm in den Medienhafen hinab

*

Gelesen | Die meisten Produkte werden nach männlichen Maßstäben entwickelt – und zwar ganz wörtlich, nämlich was ihre Abmessungen und physischen Eigenschaften angeht.

Maßstab für die Größe von Smartphones ist eine durchschnittliche männliche Hand, Maßstab für eine Sprachsteuerung ist die männliche Stimme. Googles Spracherkennung erkennt deshalb männliche Stimmen zu 70 Prozent besser. Das gleiche gilt für die Sprachsteuerung im Auto – was die Nutzung für Frauen gefährlicher macht, weil sie ihr mehr Aufmerksamkeit widmen müssen und oft mehrere Versuche brauchen, bis die Technik sie versteht.

Frauen leben im Auto ohnehin gefährlicher, denn die Sicherheitsarchitektur ist der männlichen Norm angepasst. Frauen sitzen, weil sie meist kleiner sind, sowohl weiter vorne als auch höher, der Winkel ihrer Beine ist ein anderer, weshalb weibliche Unfallopfer ein 17 Prozent höheres Todesrisiko haben und häufiger schwerer verletzt sind. Crashtest-Dummies sind dem männlichen Körper nachempfunden, was Größe, Nachbildung von Muskelmasse und Skelett angeht. Es gibt zwar einen kleineren Dummy, der eine Frau imitieren soll – er ist aber lediglich eine kleinere Version des männlichen, ohne Berücksichtigung der Physiognomie, etwa der geringeren Knochendichte.

Einrichtungen, die der Arbeitssicherheit dienen, wie Schutzbrillen oder die Anbringung von Knöpfen sind am männlichen Körper und seiner Spannweite orientiert. Grenzwerte für den Umgang mit Chemikalien sind ebenfalls am männlichen Körper getestet; auch hier ist beispielsweise die Hautdicke von Bedeutung.

Der gut recherchierte und unaufgeregt geschriebene Artikel des Guardian listet weitere Beispiele auf, und es ist erstaunlich, wie fünfzig Prozent der Bevölkerung bei gleichem Produktpreis eine geringere Leistung erhalten. Lesenswert auch die Kommentare, die den Artikel ergänzen.

Montag, 25. Februar, und die Tage zuvor

25. 02. 2019  •  10 Kommentare

Zustand | Rückfall. Nachdem es am Freitag und Samstag aufwärts ging, fühle ich mich seit gestern wieder wie frisch erkältet. Nase zu, Ohren zu, Kopfweh, röchelnder Schlaf. Entweder ist es der bestehende Virenstamm, der sich noch einmal aufbäumt, oder es sind neue Viren.

*

Wochenende | Das Wochenende verbrachte ich in Hannover – allerdings mit nichts, was eine erneute Erkrankung forciert hätte. Ich schlief, spazierte durch die Sonne, trank Kaffee, arbeitete moderat. Maschsee:

Zwischenzeitlich saß ich in einem Café, das Tante Käthe heißt, und korrigierte an meiner Käthe – dem Roman über Käthe Paulus. Erst eine Dame vom Nebentisch machte mich auf diese Metaebene aufmerksam. Sie fragte, was ich denn da lese. Ich antwortete, dass ich den ersten Teil meines Buches gegenlese, und wir kamen ins Gespräch.

Am Samstagabend fand die Charterfeier des Ladies‘ Circle 127 statt – die Gründungsfeier eines Ortszirkels.

Ich selbst bin im Dortmunder Circle Mitglied. Wir organisieren Spenden für wohltätige Zwecke und pflegen Freundschaften – auch über die eigene Stadt hinaus, weshalb ich an der Charterfeier in Hannover teilnahm.

Auf der Veranstaltung spielte eine sensationell gute Band: Forward aus der Wesermark – sechs junge Männer, alle Anfang Zwanzig. Ich bin mir sicher, dass sie es noch zu mehr bringen werden als zu Charterfeiern von Ladies‘ Circles. Großartig.

*

Irrsinn | Auf der Rückfahrt von Hannover stand ich in Beckum im Stau. Ein Lkw war die Böschung neben der Leitplanke hinab gefahren und musste geborgen werden – mit riesigem Kran und allerlei Großgerät. Faszinierend.

Die A2 war zu diesem Zeitpunkt voller Frachtverkehr, Lkw reihte sich an Lkw. So ist das auch täglich auf der A1, die ich regelmäßig befahre. In Bereichen ohne Lkw-Überholverbot sind teilweise zwei Spuren von Lkws belegt; die Pkw überholen auf der dritten Spur.

Ich nahm dies zum Anlass, mir einmal Zahlen des Statistischen Bundesamtes [pdf] zum Güterverkehr anzusehen. Zwischen 1991 und 2017 hat der Güterverkehr auf der Straße von 2.900 Millionen Tonnen auf 3.600 Millionen Tonnen zugenommen. Die Kilometerleistung nahm von 246 Milliarden Kilometer auf 479 Milliarden Kilometer zu. Die Menge der Güter, die mit der Bahn transportiert wurden, nahm im gleichen Zeitraum um etwa 70 Millionen Tonnen ab. Politischer, ökologischer und logistischer Irrsinn.

*

Blümkes | Wieder zu Hause, komme ich nicht umhin, Gartenbilder zu machen. Früüüüühling!

*

Gelesen | Je kürzer wir schlafen, desto kürzer ist unser Leben im Schnitt. Denn Schlaf ist die beste Droge, die wir unserem Körper zuführen können. Je weniger Schlaf, desto mehr steigt das Risiko für Alzheimer, Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes – und das schon ab wenigen fehlenden Stunden pro Woche. (via Franzis Newsletter)



In diesem Kaffeehaus werden anonym Daten verarbeitet. Indem Sie auf „Ja, ich bin einverstanden“ klicken, bestätigen Sie, dass Sie mit dem Datenschutz dieser Website glücklich sind. Dieser Hinweis kommt dann nicht mehr wieder. Datenschutzerklärung

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen