Wiegenfest | Es gab eine Geburtstagssituation. Ich bin nun 46 Jahre alt. Seit ich 42 bin, habe ich Schwierigkeiten, auf die Frage nach meinem Alter spontan und richtig zu antworten. Das Altersempfinden wird diffuser, verwischt irgendwie. Vielleicht wird das wieder besser, wenn ich 50 bin; vielleicht ist das dann wieder eine deutlichere Wegmarke.
Alter ist übrigens in keinster Weise etwas, über das ich nachdenke, ebenso wie dessen Begleiterscheinungen. Es ist sogar eine erfreuliche Angelegenheit, dass beides da ist – also das Alter, die Falten und so weiter -, denn die Alternative wäre ja, tot zu sein, und das ist eindeutig unerquicklicher. Überdies war ich nie eine Frau, deren Leben übermäßig von äußerer Attraktivität geprägt war. Möglicherweise haben es Frauen, die stets positive Rückmeldungen zu Ihrem Äußeren bekamen und sich daher stärker darüber definieren, schwerer. Ich hingegen finde ja, dass das, was in meinem Kopf stattfindet, viel interessanter ist als dass, was darauf stattfindet.
Ich feierte den Geburtstag im kleinen Kreis. Credits gehen raus an Kind Zwei, das die Hasenservietten gefaltet hat:
Nach Anfertigung des Fotos bemerkte der Reiseleiter, dass die Bilder über der Anrichte schief hängen. Es folgten Loriot-eske Szenen des Bild-Anstupsens, wobei das Anstupsen eines Bildes zu Anstupsnotwendigkeiten bei anderen Bildern führte. Letztlich, ich kürze das ab, endete die Unternehmung in Kapitulation: Die Bilder hängen immer noch schief, manche auch: wieder.
Ich stimme im Übrigen nicht mit allen Teilen der Antwort überein. So halte ich das Feedback der Mitarbeiter:innen für bedenkenswert. Allerdings – dahingehend bin ich bei Frau Novemberregen – sollten nicht Harmonie und Gefallen die Messgrößen darstellen. Vielmehr ist eine Kernaufgabe von Führung, dafür zu sorgen, dass Leute so gut arbeiten können, dass Erfolg zustande kommen kann. Insofern sind die Rückmeldungen zur Führungsleistung schon relevant.
Mitunter erlebe ich Führungskräfte in einer klagenden Haltung, solidarisiert mit ihrem Team – gerade wenn es darum geht, Veränderungen zu initiieren. Sie lamentieren über Strukturen, obwohl es ihre Aufgaben ist, diese Strukturen zu entwerfen, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, auf äußere Entwicklungen im Markt zu reagieren, Bürokratie zu begrenzen, funktionierende Werkzeuge für den Erfolg bereitzustellen, Aufgabenfülle und Personal in Einklang zu bringen und Aufgaben zu priorisieren – also Arbeit nicht einfach geschehen zu lassen, sie nicht einfach zu verwalten, sondern zu lenken und zu gestalten. Das ist nicht immer einfach, das ist klar. Jede Entscheidung, die ich als Führungskraft treffe, mutet Anderen die Folgen zu, provoziert Konflikte und Widerstand, benötigt Verhandlung und Durchsetzung. Aber wenn es einfach wäre, würde es eben auch von alleine geschehen, dann bräuchte es meine Führungsposition nicht.
(Den Satz „Es ist ja ein Arbeitsplatz, keine Tagespflege“ werde ich mir abspeichern. Den kann ich bestimmt noch gebrauchen.)
Feedback | Ab Mai werde ich einen Kunden in einem Transformationsprojekt begleiten, das bis mindestens Ende des Jahres dauert, vielleicht auch länger. Alles war schon in trockenen Tüchern: Wir hatten die Situation sondiert, wir hatten darüber gesprochen, wie wir beginnen, Termine gemacht, Leute ins Boot geholt. Vergangene Woche kam dann der Anruf, dass sich der Auftrag noch einmal ändert.
Ich bekam Lob, dass ich die Veränderung gelassen und positiv aufgenommen habe und wir direkt überlegt haben, welche Konsequenzen sie hat und was wir nun anders machen müssen. Die Rückmeldung freut mich. Gleichzeitig ist genau das mein Geschäft: Veränderung begleiten und führen – das nimmt den eigenen Auftrag, das eigene Projekt nicht aus. Es ist halt so, dass sich Perspektiven verändern können und dass sich Rahmenbedingungen verschieben. Vorhaben wandeln sich. Dann überlegen wir halt, wie wir damit umgehen.
Die kleinen Dinge | Mein Dorf hat die Blümchen schön.
Störche | In der Nachbarschaft ist ein Storchenpaar eingezogen, nur hundert Meter von unserem Haus entfernt. Dort steht ein Baum, und auf dem Baum ist ein Wagenrad angebracht.
Ich kann die Störche klappern hören und sie aus dem Schlafzimmerfenster sehen. Im vergangenen Jahr waren sie um diese Jahreszeit auch dort, waren später aber wieder weg.
Laut Internet fresse Störche Kleinsäuger wie Ratten und Maulwürfe. Ob sie auch Meerschweine fressen, ist nicht überliefert, allerdings auch nicht ausgeschlossen. Ich warte also auf den Tag, an dem ich in den Garten gucke, ein Storch auf unserem Rasen steht und gerade das Dramaschwein herunterwürgt, das in diesem Moment in allen seinen Ängsten und Vorurteilen bestätigt wird.
Schweine | Fensterrentner.
Kommentare
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So schiefe Bilder kann ich auch nicht ertragen!
Und als 48-Jähriger kann ich bestätigen, dass man in diesen Jahren oft nachdenken muss, wie alt man denn nun eigentlich ist. Manchmal sage ich einfach „fast 50“, was mich jetzt daran erinnert, dass ich dafür irgendetwas Besonderes planen muss. Trampen nach Timbuktu oder eine Zugfahrt nach Zanzibar oder so.
Ich sage im Zweifel: „Mitte 40“. Aber „fast 50“ scheint mir alsbald passender.
Vielleicht liegt es auch daran, dass das tatsächliche Alter unwichtiger wird. Wir kommen von der Zählung in Tagen und Wochen, sind dann bei x 3/4 und irgendwann ist es unwichtig.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.
… und irgendwann wird es vielleicht wieder wichtig? Wenn ich irgendwann 105 bin, werde ich es täglich erwähnen.
Glückwunsch und noch viele gute Jahre!
Dankeschön!
Dann mal alles Gute nachträglich, Sie junger Hüpfer! :-)
Ich würd´s ja nicht provozieren … mit Storch und Meerschweinchen …
Ich sende ganz herzliche Geburtstagsgrüße! Eigentlich lese ich hier nur ganz still und leise, aber regelmäßig und mit großer Freude. Aber zum Geburtstag viele gute Wünsche! Ich freu mich schon auf die kommenden Beiträge und Beobachtungen. Ich liebs.
Oh, herzlichen Dank! Die Outings der stillen Mitleeser:innen liebe ich!
Das Alter spielt eigentlich keine Rolle. Viel wichtiger ist, wie man sich fühlt und was man daraus macht.
Danke für das Teilhaben lassen.
Herzlichen Glückwunsch.
Mein Körper fühlt sich manchmal wie 90.
herzlichen glückwunsch und ein gutes neues lebensjahr wünsche ich. mich begeistert was über führungskräfte hier steht. wenn doch nur die verantwortlichen in der politik das auch so sehen würden. manchmal mag ich nicht mehr zuhören, wenn ständig absichtserklärungen verkündet werden, statt beanstandetes zu ändern: bürokratieabbau klappt, wenn entsprechende vorgaben da sind. das braucht vielleicht mut. der fehlt bei den menschen, die vorgaben veranlassen könnten leider häufig.
alles gute, auch für die meerschweinchen.
Bürokratie ist ja nicht per se schlecht; sie bietet Transparenz und Gerechtigkeit. Allerdings … ja, das Überbordende. Und die Sprache, die niemand versteht. Vor allem die Sprache! Und dass man mitunter nicht versteht, wofür der Aufwand gut ist.
Bin ich die einzige, die den Spruch mit dem Arbeitsplatz und der Tagespflege unpassend und abwertend findet? So wie oft Sprüche über Kindergärten abwertend gemeint sind?
Eine Tagespflege ist ja für einen Teil der Menschen dort der Arbeitsplatz, und keiner zum Däumchen drehen… Und wiederum werden andere Menschen aus einer Not heraus zur Tagespflege gebracht. Ich finde es unpassend, auch wenn mir völlig klar ist, was der Satz meint und ich das total verstehe. Ich sage manchmal auch auf der Arbeit, dass wir eben auf der Arbeit sind und nicht beim Kaffeeklatsch.
Ich bitte das zu überdenken, Lg Nadine
Danke für den Hinweis. Das habe ich tatsächlich nicht so wahrgenommen, sondern nur den Gegensatz zwischen „Arbeit“ (mit manchmal Auseinandersetzungen auf der Sachebene) und „gut behütet“ (in der Tagespflege) gesehen.
Nachträglich auch von mir alles Gute zum Geburtstag!
Ich bin im gleichen Alter und bin vor allem oft erstaunt darüber, dass ich jetzt so (nicht soooo, einfach soundso) alt bin. Das kann doch nicht schon 15 Jahre her sein, dass ich diese „neue“ Freundin gefunden habe?! Ansonsten bin auch ich nicht böse ums älter werden.