Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Donnerstag, 18. Januar

18. 1. 2018 9 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Ein Tag im Zeichen des Sturms.

Am Vormittag bin ich zu wenig gekommen, denn ich war sehr damit beschäftigt, umherfliegende Gegenstände einzusammeln, damit sie niemandem den Kopf abhacken. So gegen 11 Uhr fing es an, kräftig zu winden, und als ich um 12 Uhr vom Schreibtisch aufblickte, flog der Gartenstuhl meiner Nachbarin am Wohnzimmerfenster vorbei. Einige Zeit später liefen mir eine Sonnenliege und ein Insektenhotel zu. Ich lagerte alles im Wohnzimmer, enterte den Balkon der Nachbarin und verkeilte dort alles, was nicht niet- und nagelfest war.

Im Garten das Gleiche: Ich sicherte den umherfliegenden Deckel einer Regentonne, ein Vogelhäuschen, Blumentöpfe und eine Gießkanne, das meiste davon zugeflogen. Eine Dämmplatte entwischte mir in die Nachbarschaft. Außerdem holte ich dieses scharfkantige Teil rein, das der Wind mit Schwung in meinen Rasen gerammt hatte:

Windfundstück: scharfkantiges Blech

Das sind dann wohl die Gegenstände, deretwegen man zu Hause bleiben soll.

Später, und darauf bin ich ein bisschen stolz, fischte ich, auf dem Balkon stehend, mit ausgestrecktem Arm eine Weber-Grill-Abdeckung aus der Luft. Alle Gegenstände sind inzwischen wieder bei ihren Besitzern – mit Ausnahme des Blechteils. Von ihm weiß ich nicht, wo es herkommt.

Es war also ein ganz munterer Morgen, übrigens auch in meiner Heimatstadt.

*

Beim Frühstück hatte ich kurz Augenzucken wegen des aktuellen DAK-Gesundheitsmagazins:

Ich weiß gar nicht, was ich dazu schreiben soll.

Oder doch: Es geht nicht um diese eine Textpassage. Es geht um das Denken und die Strukturen, in denen solche Texte entstehen; um die Leute, die an einem Kundenmagazins beteiligt sind, und um ihre Haltung – Marketingleitung und verantwortliche*r Redakteur*in, umsetzende Agentur, Autor*in, Lektor*in, das ganze Konstrukt, beide Unternehmen. Ich weiß übrigens nicht, was ich gruseliger finde: das Frauenbild der dienenden Hausfrau oder das Männerbild des unselbstständigen Idioten.

Die DAK hat am Nachmittag auf Twitter geantwortet.

*

(Erneut) über das Interview mit Scheidungsanwältin Helene Klaar gestolpert, das gute Gedanken enthält, zum Beispiel:

Ich bin überzeugt, dass die 40-Stunden-Woche viel dazu beiträgt, dass die Menschen unzufrieden sind. Man kann nicht 40 Stunden arbeiten und daneben einen Haushalt führen und die Kinder unterhalten.

Außerdem nimmt Frau Klaar kein Blatt vor den Mund, wenn sie über den häufigsten Scheidungsgrund spricht: das zweite Kind.

Der häufigste Scheidungsgrund ist das zweite Kind. Mit einem Kind lässt sich der Status noch aufrechterhalten. Mit dem zweiten Kind tritt der permanente Ausnahmezustand ein. […] Ich habe ja selbst zwei Kinder. Das erste Kind war schwierig und anstrengend. Wenn Besuch kam, hat einer von uns das brüllende Kind herumgetragen, der andere hat die Gäste charmant unterhalten. Als wir zwei Kinder hatten, ist jeder in einem Zimmer verschwunden, und die Gäste haben nicht mehr gewusst, warum sie da sind. Nach kurzer Zeit hatten wir einen neuen Freundeskreis: Leute, die auch brüllende Bälger hatten. Mit anderen Menschen kann man nicht verkehren in dieser Phase.

Ich besuche viele Leute mit zwei kleinen Kindern. Die Beobachtung trifft zu: Ich sitze zwischendurch alleine da. Ich finde das aber nicht schlimm; eine gute Gelegenheit, um sich zu entspannen oder, wenn gewünscht, nützlich zu machen – zum Beispiel schonmal den Nachtisch oder die Käseplatte für die Erwachsenen vorbereiten oder den Tisch ab- und die Spülmaschine einräumen. Mit guten Freunden ist man ja entsprechend vertraut; zumindest in meinem engeren Freundeskreis sind wir, was Kühlschrank und Spülmaschine angeht, nicht genierlich. Freundschaften, die es nicht aushalten, dass man als Gast mal 15 oder 30 Minuten auf sich gestellt ist – was sind das bitte für Freundschaften?

Meine Freunde kriegen übrigens nur sympathische Kinder, mit denen ich gerne Zeit verbringe. Ich verstehe nicht, warum Kinder per se als Zumutung verstanden werden. Es ist schön, wenn sie da sind, und klar – es ist auch schön, wenn sie im Bett sind. Alle Teile des Abends sind aber doch in Ordnung so, wie sie sind.

*

Abends Jahreshauptversammlung der Handballabteilung. Wesentliche News:

  • Der Sportplatz kriegt eine Tartanbahn. Das hat zur Folge, dass die Spielfelder beim alljährlichen Handballfest weiter vom Bierwagen weg rücken. Raunen unter den Versammlungsteilnehmern.
  • Das vereinsälteste Mitglied der Abteilung hat sich seinerzeit erst mit 73 Jahren, nach 60-jähriger Sportlerkarriere, aus dem aktiven Handballsport verabschiedet. Ich muss sagen, das setzt mich ein bisschen unter Druck.
Kommentare

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  1. Cathrin sagt:

    Ich liebe dich. Ich liebe, was du schreibst und wie du schreibst.
    Und das ich weiß, das du das, was du schreibst, auch wirklich so meinst, macht mich noch etwas glücklicher seitdem ich die kennengelernt habe.

    1. Vanessa sagt:

      Ach herrje .. das … also …
      //*errötet und stammelnd ab

      <3

  2. flyhigher sagt:

    Ich habe keine Kinder, und zwar ganz bewusst. Die Textpassage oben „Man kann nicht einen 40-Stunden-Job, Kinder und Haushalt schaffen“ habe ich gerade vorgestern mit einem Mann diskutiert, der 2 Kinder hat, dessen Frau das alles locker gemacht hat und noch immer macht. Ich frage mich immer, wo diese Wunderfrauen her kommen, und wie sie das machen, und wie es ihnen dann nach ein paar Jahren geht.

    1. Vanessa sagt:

      Vielleicht geht’s mit Koks. Ein Gläschen Hausfrauengold soll ja auch immer helfen.

    2. Johanna sagt:

      Ich hab einige Wunderfrauen zusammenbrechen sehen.
      Vieles ist auch nur dargestellt, Kulisse.
      Und wer weiß, was bei dem Mann wirklichzu Hause los ist.

  3. ths sagt:

    Das geht schon so mit zwei Kindern, aber nur, wenn man Hilfe hat. Ich bin fest angestellt, kann aber nahezu 100% von zu Hause aus arbeiten und meine Zeit selbst einteilen. Meine Frau ist selbständige Tierärztin und hat die Praxiszeiten rund um die Kinder organisiert. Meine Schwiegermutter lebt bei uns, und bevor sie in Rente gegangen ist, hatten wir für vormittags eine Tagesmutter, bis beide Kinder im Alter für Kindergarten bzw. Schule waren.

    1. Vanessa sagt:

      Also:
      ein Partner im Homeoffice +
      der andere selbstständig mit Flexibilität +
      Schwiegermutter

      Eine tolle Sache, dass Sie das so wuppen konnten. Das meine ich ganz unironisch.

      In meiner Umgebung nehme ich wahr: Sobald keine Unterstützung durch Großeltern da ist, weil sie weiter weg wohnen oder erkrankt sind oder schon verstorben sind, wird es sofort sehr, sehr anstrengend für die Eltern. Und leider insbesondere für die Frau.

  4. Johanna sagt:

    Liebe Nessy,
    es spricht für Dich und Deine Freunde, dass Du nur sympathische Kinder erlebst. Ich finde das schön.

  5. Pess sagt:

    Liebe Nessi,

    wir haben auch 2 Kinder und gehen beide arbeiten (37+30h). Wir haben ein Haus und extra noch einen Garten. Trotzdem klappt es bei einigermaßen Organisation mit 2 Kindern und arbeiten sehr gut. Wenn für Notfälle Großeltern in der Hinterhand sind, ist das gut, sie sind manchmal Stütze und manchmal Last (aber sie lösen ja nur den Kredit ein, den sie uns in unseren Kindertagen gegeben haben). Guckt mal nach Holland, viele Kinder, viele glückliche Leute – das muss sich nicht ausschließen!

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