Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Traugott auf großer Fahrt

3. 6. 2015 31 Kommentare Aus der Kategorie »Expeditionen«

Seit dem vergangenen Sommer habe ich einen treuen Begleiter. Er heißt Traugott und fährt mit mir Auto.

Traugott-Simon-Kasten im Kofferraum

Traugott war mit mir im Rheinland und in Niedersachsen. Er war im Sauerland und wird, so das Schicksal es möchte, noch ins Ausland reisen. Vielleicht in die Niederlande oder nach Belgien. Es gibt noch keinen Plan, aber wir halten aneinander fest.

Traugott freut sich besonders, wenn er nicht im Kofferraum fahren muss. Ab und an, wenn es im Heck zu eng wird, zieht er auf die Rückbank. Dann sieht er beim Fahren den Himmel und die Bäume, er kann das Licht spüren und die Wärme der Sonne.

Er wirkt dort glücklicher, nicht wahr?

Traugott-Simon-Kasten auf der Rückbank

Traugott kam vor knapp einem Jahr zu mir, damals randvoll. Jemand brachte ihn mit, ich weiß nicht mehr, wer. Die Handballerinnen tranken ihn aus, ich durfte ihn behalten und versuchte, ihn wegzubringen. Doch niemand wollte ihn haben.

Ich reiste zum Getränkecenter, zum Supermarkt, zum nächsten Getränkecenter. Überall sagten sie: „Den nehmen wir nicht.“ Also kassierte ich für sein Innenleben und lud ihn ansonsten wieder ein.

Einmal, vor einigen Wochen, unternahm ich wieder einen Versuch, Traugott auszusetzen. Als ich erneut eine Absage bekam, versammelten sich Rentner um uns. Es war morgens um 11 an einem Donnerstag.

„Den kannste nur im Edeka abgeben, in Körne.“
„Kennste, Mädken, woll? Körne!“
„Sonst führt den keiner.“
„Wundert mich nich! Der schmeckt auch nich!“
„Nur inne Not.“
„Inne Not schmeckt d’e Wurst auch ohne Brot.“

Ich komme selten in Körne vorbei. Es liegt nicht auf meinen Wegen.

So fährt er – der Kasten, den niemand haben möchte – weiter mit mir. Manchmal beherbergt er Kleidung, manchmal Werkzeuge. Manchmal transportiere ich Blumen in ihm, für den Balkon. Ich kann mich auf ihn stellen und auf ihm sitzen. Er ist mir ans Herz gewachsen.

Wenn unsere Zeit gekommen ist, werde ich nach Körne fahren und ihn gehen lassen. Doch noch fühle ich sie nicht – die Kraft loszulassen.

Kommentare

31 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓

  1. Sanna sagt:

    Ich fahre seit geraumer Zeit mit einer Handvoll Mehrwegflaschen im Kofferraum durch die Lande. Die möchte auch kein Automat oder Händler annehmen, weil „…diese Marke ist nicht im Marktsortiment….“.
    Ob meine Flaschen und Traugott wohl füreinander geeignet sind? Sollte man sie zusammenführen?? Weil… – was ist schon ein Traugott ohne passenden Inhalt?!

    1. Frau Nessy sagt:

      An sich eine gute Idee. Doch Traugott ist nun schon sehr lange Single. Wir sollten also behutsam anfangen. Flasche für Flasche.

  2. ANNA sagt:

    Mein „Traugott“ist eine Bademantel und fährt seit 1,5 Jahren bei mir im Kofferraum mit.

    1. Frau Nessy sagt:

      Mmmmh. Ob ich ich fragen soll, warum man einen Bademantel spazieren fährt?
      //*überlegt

  3. dat Birgit sagt:

    Den kannze auch bei Trinkgut abgeben. Die ham dat.

    1. Frau Nessy sagt:

      Trinkgut is auch jott-we-de, wonnich.
      Aber ich kuck mal.

  4. Jd sagt:

    ich empfehle den nächsten TrinkGut anzusteuern – da ist es im Sortiment und wird angenommen.

    Und im Rewe sollte es eigentlich auch funktionieren …. Nur als Idee falls die Trennung ansteht.

    1. Frau Nessy sagt:

      Rewe möchte Traugott nicht. Nichts zu machen.

  5. Ponder sagt:

    Ich habe auch einen Traugott: Eine Kiste Apfelweinflaschen einer kleinen hessischen Kelterei. Die nimmt hier in Bayern auch kein Getränkedealer an. Allerdings habe ich meinen Traugott im Keller unter der Treppe geparkt und fahre ihn nicht (mehr) im Auto durch die Lande.

    Ich finde ja, jeder sollte einen Traugott haben.

    Viele Grüße,

    der Ponder

    1. Frau Nessy sagt:

      Gibt es schon Studien darüber, warum wir Pfand, das wir mit überschaubarem Aufwand nicht loswerden, nicht wegwerfen können? Hat das etwas mit frühkindlicher Bindungserfahrung zu tun?

    2. Ponder sagt:

      Ich weiss auch nicht … weder der Pfand- noch der Materialwert der Kiste rechtfertigen größere Fahrten durch die Gegend.

      Vielleicht ist es der Gedanke „Das gehört nicht mir“, der da als Antrieb wirkt?

      Viele Grüße,

      der Ponder

  6. Jule sagt:

    Edeka??? In Körne??
    Ich glaub‘ da gibs nur REEWE . Körner Hellweg und Im Defdahl.
    Das war jedenfalls neulich so, als ich bei den Altvorderen war, Sie erninnern sich? Ach ja und Hellweg-Baumarkt gut sortiert!
    Vorher nochmal checken, sonst fahrense umsonst und Traugott muss für immer im Auto bleiben!
    L.G. Jule

    1. Frau Nessy sagt:

      Eine gut unterrichtete Quelle aus Brackel behauptet, den Edeka zu kennen. Ich weiß aber nichts Genaues!

  7. reikoMeier sagt:

    Traugott Simon ist eine Handelsmarke von trinkgut. Das wird niemand anders annehmen.

    Auch keine edeka in Körne.

    http://www.trinkgut.de/

    1. Frau Nessy sagt:

      Sehen Sie: Das ist es, was mich auch ein stückweit traurig macht und wo ich solidarisch werde. Weil ihn niemand sonst akzeptiert.

    2. Ela sagt:

      „Mein“ Edeka hier am Niederrhein hat ihn auch, den Traugott.
      Zumindest wird er dort abgegeben, ob er da allerdings auch wieder zurück genommen wird? *grübel*

  8. reikoMeier sagt:

    Vielleicht gibt es ja eine andere Verwendung für den Kasten. Gerade Sie mit Ihren erworbenen handwerklichen Fähigkeiten können bestimmt etwas sinnvollen aus Traugott machen.

    Ich hab mal geschaut. Man kann aus Bierkästen und Teichfolie einen Pool machen, die warmen Tage stehen ja noch bevor.

    Sie müssten dazu nur zu einem trinkgut fahren und 60 weitere …

    ich bemerke gerade den Logikfehler.

    1. Frau Nessy sagt:

      Ich lade einfach Leute ein, die 60 weitere Traugotts mitbringen. Kein Problem. Wir können dann auch gleich die Poolparty starten.

  9. SusiB sagt:

    Der Laden im Defdahl hat sich kürzlich von einem Rewe in einen Edeka verwandelt (ware Geschichte) aber Traugotts Verwandte sind mir da noch nicht aufgefallen.

    1. Frau Nessy sagt:

      Traugott ist ja auch ein unscheinbarer Typ. Die Mauerblume unter den Bieren.

  10. SusiB sagt:

    Wahre Geschichte, meinte ich.

  11. schnecke sagt:

    In der alten Heimat :-)))

  12. jule sagt:

    Echt gez???

    1. Frau Nessy sagt:

      Klaro. Wat denn sonst???

  13. Studierte Schwester sagt:

    Ist vielleicht auch nicht gerade auf dem Weg – aber der Edeka in Bövinghausen hat Traugott im Laden stehen… Heute gesehen!

  14. Erika sagt:

    Ich kenne eine, die ist mit ihrem Weihnachtsbaum im Kofferraum ihres Passat-Kombi 8 Monate durch die Gegend gedüst. Er wurde zu einem stillen, nadelnden Begleiter. Loslassen ist eine Kunst, die stets aufs Neue zur Herausforderung wird. Wünsche euch viel Spaß zusammen! Gruss Erika

  15. opatios sagt:

    Ich wusste schon, warum ich seinerzeit 20 Flaschen Hachenburger Pils (sehr beliebt im Westerwald, da wohlschmeckend, und leider auch weitgehend nur dort erhältlich) noch im Getränkemarkt in einen Licher-Kasten umpackte- den wurde ich wenigstens hinterher problemlos im örtlichen Lebensmittelmarkt los…

    Irgendwo in meinem Keller fristet auch noch ein 10er Kasten von „Kandi-Malz“ ein einsames Dasein…

  16. Alwin sagt:

    Mein Traugott stammt von einer kleinen Privatbrauerei und hat seinen Wohnsitz bei mir im Keller. Irgendwie habe ich vor Jahrzehnten den Zeitpunkt verpasst, als die Brauerei auf die moderne Standard-Kastengröße (EU-Norm?) umstellte; jedenfalls wollte den niemand mehr annehmen. Gelegentlich dient er mir als Trittleiter-Ersatz für Stellen, an die man sonst nicht rankommt, für die die echte Leiter aber eindeutig Overkill wäre. Und mit Kissen drin nimmt ihn die Katze auch gerne mal als Schlafplatz.

  17. Iris sagt:

    Ein Name für den plötzlich aufgetauchten zweiten Feuerlöscher im Auto. Ich frage mich immernoch wie der ins Auto kam…

  18. 24 KW 2015 sagt:

    […] Traugott auf großer Fahrt […]

  19. Bine sagt:

    Na dann mal fix nen Besuch im wunderschönen Bielefeld anstreben: Hier wird Traugott angenommen – ist ne „Billigmarke“ der Herforder Brauerei *örgs*

    Liebe Grüße aus der Stadt, die es doch gibt – Bine

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