Die Bücher des vergangenen Monats:
Thommie Bayer. Vier Arten, die Liebe zu vergessen
Emmi, eine Lehrerin, ist tot. Vier ihrer Schüler, alle in den Vierzigern, finden sich an ihrem Grab ein. Thomas ist ein desillusionierter Geschäftsmann mit einem Alkoholproblem, Bernd ein peinlicher Schürzenjäger, Wagner ein verbitterter Linker. Michael, der vierte von ihnen, lädt sie zu sich nach Venedig ein, wo die Männer, die nach ihrem Wiedersehen wenig miteinander anfangen können, einige Tage verbringen. Ein netter Roman – eine kurzweilige Urlaubslektüre mit kleinem Spannungsbogen. Jedoch nicht so tiefgreifend, wie ich es erwartet habe. Aber das liegt vielleicht an mir.
Alexander Gorkow. Mona
Blum ist ein Spezialist für Kühlkettensysteme und fliegt für einen Auftrag nach Bukarest. Er soll sicherstellen, dass der Transport von Schlachttieren, der kreuz und quer durch Rumänien führt, kühlungstechnisch einwandfrei vonstatten geht. Die Verhandlungen mit den Geschäftspartnern verlaufen zunächst zufriedenstellend. Doch Mona, eine rumänische Prostituierte, bricht wie eine Naturgewalt in Blums Leben herein. Wieder zu Hause, häufen sich dann die Probleme: Blum ist nicht nur verliebt, er hat auch die rumänische Gesamtstromlage nicht ausreichend berücksichtigt. Ein Roman, in der ersten Hälfte grandios schräg. Leider lässt er in der zweiten deutlich nach.
Jan Guillou. Die Brückenbauer
(Deutsch von Lotta Rüegger und Holger Wolandt)
Lauritz, Oscar und ihr Bruder Sverre sind norwegische Fischerjungen. Als ihr Vater stirbt, bekommen sie die Gelegenheit, ein Ingenieurstudium aufzunehmen. Fortan arbeiten sie als Brückenbauer: Oscar in der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Lauritz baut in Norwegen die Bergenbahn. Ein historischer Roman, ganz okay, im ersten Teil sehr unterhaltsam, im zweiten mit deutlichen Längen – die 800 Seiten zogen sich am Ende. Die Geschichte um Oscar setzt für meinen Geschmack zu viel auf Exotik. Kann man lesen, muss man nicht.
Andrea Maria Schenkel. Finsterau
Bayerischer Wald, 1944: Die junge Afra kehrt zurück in ihr Elternhaus. Sie ist schwanger und nicht verheiratet, eine Schande. Einige Zeit später ist sie tot. Der Vater soll es gewesen sein. Doch war er es tatsächlich? Ein kleiner, feiner Krimi, nur 160 Seiten stark.
Martin Suter. Allmen und die Libellen
Allmen, ein eleganter Lebemann und Feingeist, ist über die Jahre finanziell in die Bredouille geraten. Zwar pflegt er noch seine kostspieligen Routinen und hält sich auch noch einen Assistenten, steht dafür aber bei diversen Leuten in der Kreide. Nach einer Nacht mit einer gealterten Schönen findet er hinter ihrem Schlafzimmer fünf Jugendstil-Schalen, die ihn auf eine Idee bringen. Das Buch ist kein Geniestreich, aber ausgesprochen angenehm zu lesen, mit eigenem Stil und toller Atmosphäre. Mein erster Suter, aber gewiss nicht mein letzter. Zumal die Geschichte der Auftakt für ein Ermittlerduo und der Start einer Krimiserie ist.
Fabio Volo. Il giorno in piú
(Deutsch: Noch ein Tag und eine Nacht)
Giacomo ist Ende 30 und ohne feste Beziehung, ein Romantiker mit wechselnden Frauengeschichten. Auf der täglichen Fahrt in der Straßenbahn verliebt er sich in eine Frau, die er sich lange nicht traut anzusprechen, und als er es dann doch tut – nun, ich möchte nicht zu viel verraten.
Die Handlung ist eine klassische Schnulzenhandlung, aber lassen Sie sich davon nicht abschrecken. Volo versteht es, ihr Tiefsinn zu verleihen. Vielleicht liegt es an den unterschiedlichen Zeitebenen, mit denen er erzählt, vielleicht auch an seiner Fähigkeit, alltägliche Dinge und Gefühle so zu beschreiben, dass ich fortwährend nicken möchte. Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass Volos Figuren nicht – wie in so vielen anderen Romanen – Anfang 20, sondern Ende 30 sind. Ihre Erfahrung bereichert die Geschichte.
Die Geschichte wurde in Italien verfilmt – mit dem Autor in der Hauptrolle. Wenn Sie nichts verstehen, ist es nicht so schlimm. Für die Atmosphäre:
Trivia:
Julia Bähr über eines meiner Lieblingsbücher, „Die Frau des Zeitreisenden“:
Romantiker! Lest das Buch, klappt es in der Mitte zu, denkt euch irgendwas von „Happily ever after“ und geht einen Tee trinken. Lest nicht weiter. Ehrlich jetzt, hört auf meinen Rat, ich meine es nur gut.
Und für jene von euch, die eine Axt suchen für das gefrorene Meer in sich: Dieses Buch ist aber so was von eine Axt. Tretet beiseite, wenn die Späne fliegen.
Kommentare
8 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓
Liebe Nessy,
ich musste bei Mona an ein anderes Buch denken : „Die Großrussin“ vom großartigen Stefan Schwarz. Ein sehr kurzweiliger Roman(manchmal auch absurder ,aber egal) ,bei dem ich immer wieder laut kichern musste,da ich den Humor von Stefan Schwarz so unfassbar gut finde
Ist notiert!
Ha!!!! Ich finde endlich ein Buch bei dir, das ich auch gelesen habe :-)))) das ist ja mal ein Erlebnis! „Vier Arten, die Liebe zu vergessen“ hab ich im Urlaub vor bestimmt schon 4 Jahren gelesen.
Und, wie war’s? Ich fand es ja so lala, für den Urlaub wär’s aber passend gewesen – so von der Stimmung und vom Tiefgang her. Das schnallt man auch noch mit Jetlag.
Hallo Nessy,
ich war ja erschüttert, dass Du noch nichts von SUTTER gelesen hast. Lies mal „Zeit, die Zeit“ und Montecristo – echte Empfehlungen von mir.
Ich habe Martin Suter immer, fragen Sie mich nicht, warum, für hochtrabendes, schwieriges Zeug gehalten. Vielleicht hatte ich die Assoziation zu Martin Walser, vielleicht ist es der Verlag Diogenes – jedenfalls saß ich auf dem falschen Pferd.
hihi…Martin Walser …und aufs falsche Pferd gesetzt…hihihi-ich mag diesen Humor :)
brr Martin Walser, schrecklich dieses fliehende Pferd…sich durch das Buch zu kämpfen war harte Arbeit…
Finde es es aber immer faszinierend wie viel du in einem Monat liest..oder hat dein Tag mehr Stunden als meiner? hihi