Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Klugscheißen mit Bienenstich und Erhellendes aus der Soziologie

7. 07. 2023  •  11 Kommentare

Erhellend | Ich habe ein sehr gutes Buch gelesen. Ein optimistisches Buch. Ich habe jetzt wirklich gute Laune. Denn das Buch hat mir geholfen, Einiges zu verstehen.

Das Buch heißt Das Intergrations-Paradox und ist von Aladin El-Mafaalani. Aladin El-Mafaalani ist Soziologe, hat Wirtschaftswissenschaft, Politikwissenschaft, Pädagogik und Arbeitswissenschaft studiert und ist jetzt Professor für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft. Also ein wirklich schlauer Mensch, was man allerdings weniger an seinen Titeln erkennt, sondern daran, dass er das, was er erforscht, gut erklären kann. Denn es ist wirklich komplex.

Die Hauptthese im Intergrationspradox ist: Weil die Integration in Deutschland so gut gelungen ist, gibt es mehr Konflikte. Aladin El-Mafaalani nimmt dafür das Bild eines Tisches. Die ersten Gastarbeiter saßen noch am Katzentisch. Die zweite Generation saß mit am Tisch und durfte auch vom Kuchen essen. Die dritte Generation möchte nun nicht nur den gleichen Kuchen essen, sondern sie möchten auch mitbestimmen, was gebacken wird und welche Regeln bei Tisch gelten.

An den gemeinsamen Tisch haben sich im Laufe der Zeit nicht nur für Migrantinnen und Migranten gesetzt, sondern auch für Frauen, schwule und lesbische Menschen, Transpersonen und Menschen mit Behinderung.

Im Gespräch mit Thilo Jung von „Jung & Naiv“ sagt Aladin El-Mafaalani: Dies sei der Grund, warum sich in allen europäischen Ländern die Sozialdemokratie so schwer tue, warum also die SPD seit vielen Jahren eine solch schlechte politische Leistung abliefert. Es gehe nicht mehr um Verteilungsfragen – eine Frage, die zum Gründungsmythos der SPD gehört und auf die ihre ganze Story aufbaut; es gehe nicht darum, wie der Kuchen aufgeteilt wird, sondern darum, was wir backen. Deshalb wirkt die SPD so strategielos und paralysiert.

Aber zurück zur Integration. El-Mafaalani sagt: Wir haben in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten so viel geschafft wie kaum eine andere Nation. Die Entwicklung in Sachen Geschlechtergerechtigkeit, Integration von Migrant:innen unterschiedlichster Herkunft – Deutschland ist nach den USA das beliebteste Einwanderungsland – , Beteiligung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, Ehe für alle, Rechte für Transmenschen, Inklusion von Menschen mit Behinderung – und eine Wiedervereinigung. Natürlich: Überall gibt es noch Luft nach oben. Aber wenn man sich allein die Zeit seit 1978 anschaut, meines und El-Mafaalanis Geburtsjahr, hat sich unheimlich viel getan. Ich selbst bin in einer westdeutschen Kleinstadt-Wirklichkeit aufgwachsen, in der die Frauen mehrheitlich zu Hause waren, ich bin in eine Halbtagsschule gegangen, in meiner Gynmasialklasse gab es keine Ausländer, Homosexualität war in meiner Kindheit und Jugend nicht existent, Transsexualität schon gar nicht, und wenn man eine Behinderung hatte, ging man auf die Sonderschule. Wir vergessen zu sehr, was wir alles schon erreicht haben, wenn wir auf die heutigen Defizite schauen.

Die Gesellschaft ist also offener geworden, viel offener. Gleichzeitig wird es enger und kuscheliger: Mehr Leute wollen mit an den Tisch. Deshalb ändert sich auch die Sprache, die wir sprechen, denn die Regeln bei Tisch werden neu verhandelt.

Man kann ja mal überlegen, ob es möglich wäre, sich zu Tisch mit „Krüppel“, „Schlitzauge“, „Weib“, „Schwuchtel“, „Ausländer“ oder „Neger“ auf Augenhöhe anzusprechen. An einem Tisch teilen die Menschen eine gemeinsame Sprache, und durch Teilhabe verändert sich die Sprache.

El-Mafaalani, Aladin (2020): Das Integrationsparadox. Warum gelingene Integration zu mehr Konflikten führt. S. 237

Wenn sich nun Leute beschweren, dass man nichts mehr sagen dürfe, liegt das nicht daran, dass die Sprache komplexer geworden ist, sondern daran, dass die ganze Gesellschaft komplexer geworden ist. Tatsächlich darf man sogar viel mehr sagen als früher; es gibt aber auch mehr Widerspruch, weil die Gesellschaft vielfältiger geworden ist.

Viele Menschen sagen, es gäbe keine Meinungsfreiheit mehr, meinen aber eigentlich, dass sie kaum noch etwas sagen können, ohne dass ihnen jemand widerspricht. Meinungsfreiheit meint aber, dass man unendlich vieles sagen darf und damit unendlich Gelegenheiten für Widerspruch entstehen. Die Tatsache, dass heute widersprochen wird, wo dies in der Vergangenheit nicht der Fall war, ist ein starkes Indiz für mehr Meinungsfreiheit – und zugleich anstrengend für jene Menschen, die damals das Privileg hatten unwidersprochen zu bleiben.

El-Mafaalani, Aladin (2020): Das Integrationsparadox. Warum gelingene Integration zu mehr Konflikten führt. S. 114

Die Leute, die sich beschweren, seien im Übrigen nicht nur Konservative, sondern auch ehemalige Wähler linker Parteien – Intellektuelle alten Schlages, Menschen aus der Mittel- und Oberschicht, aus Kultur und Journalismus, denen das Leben die Deutungshoheit entzogen hat. Das erklärt für mich die vielfältigen Wählerwanderungen zur AfD.

El-Mafaalani sagt im Interview bei Thilo Jung übrigens, dass die AfD und die Grünen die einzigen Parteien seien, die eine Antwort darauf haben, was gebacken werden soll – die also eine Antwort haben auf Offenheit oder Schließung. Deshalb seien es auch die einzigen Parteien, die in den vergangenen Jahren Wachstum zu verzeichnen hatten: All Leute, die „in between“ stehen, die sowohl die guten als auch die kritischen Seiten der offenen Gesellschaft sehen, entscheiden sich bei Wahlen, ob sie mehr Zukunft in der Schließung oder in der Offenheit sehen und wählen vermehrt Grüne oder AfD (während die SPD den Kuchen sucht).

Sie merken, ich lege Ihnen das Buch unbedingt ans Herz, ebenso wie die Folge Jung & Naiv – und auch die El-Mafaalani-Folge beim FAZ-Podcast „Am Tresen“. In allen Publikationen wird noch viel mehr Schlaues gesagt, als ich hier zusammengefasst habe. Leider weiß Aladin El-Mafaalani auch nicht, wie man die Menschen, die unser Land lieber wieder abschließen und unsere Gesellschaft zurück in die Vergangenheit führen möchten, davon überzeugt, dass das zum einen gar nicht mehr geht und zum anderen auch nicht hilfreich und vorteilhaft für unsere Gesellschaft ist.


Rundreise | In den vergangenen zwei Tagen las ich nicht nur, ich bin auch Fahrrad gefahren und war im Freibad. Radfahren, Freibad und lesen ist eine wirklich gute Kombination für einen Urlaub daheim; ich möchte an dieser Stelle eine Empfehlung aussprechen.

Fürs Radfahren habe ich mir meinen Vater geschnappt und habe mit ihm eine Sightseeing-Tour durch Haltern gemacht. Fünfunddreißig Kilometer in verschiedene Stadtteile, durch Felder, durch Wald, am See entlang, durch die Stadt, vorbei an Bauernhöfen und Hofcafés, mit Besuch im Biergarten und abschließender Pizza. Das gefiel uns beiden gut.

Am besten gefiel es uns im Biergarten, als wir ein Stückchen Bienenstich aßen und Kaffee und Cola tranken. Direkt neben dem Biergarten war ein Kletterwald, und in dem Kletterwald waren jede Menge Leute. Wir hatten direkten Blick auf eine knifflige Passage. In beträchtlicher Höhe lag eine Leiter horizontal in der Luft: Wer zum nächsten Baum wollte, musste sich von Sprosse zu Sprosse hangeln. Alternativ konnten man sich sofort in den Gurt fallen lassen und sich an einem Seil zur nächsten Plattform ziehen – eine Vorstellung, die für Mehrzahl der Teilnehmer offensichtlich entwürdigend war, denn alle versuchten sich im Hangeln.

Wir saßen also am Boden, schauten in die Höhe, stopften Gabel für Gabel Bienenstich in unsere Körper und kommentierten die Versuche der Probanden. Mit anderen Worten: Wir waren die Könige des Klugscheißens.

Ein Tisch unter Bäumen, mit Blick auf den Klettewald, im Vordergrund ein Tablett mit Kaffee, Cola und Bienenstich, im Hintergrund weitere Tische

Die Fahrt endete im Freibad, wo wir eine Pizza aßen und ich noch eineinhalb Kilometer schwamm. Ein erfrischender Tagesabschluss.


Und sonst | Und dann gab es da noch die Elterngelddiskussion. Sie wissen schon: Ein Paar, das mehr als 150.000 Euro zu versteuerndes Einkommen hat, soll keines mehr bekommen. Ich versuchte, mir dazu eine Meinung zu bilden. Es gibt Argumente dafür (wer 150.000 € versteuern muss, hat so viel Geld , dass man ihn nicht noch alimentieren muss) und Argumente dagegen (Care-Arbeit hat einen Wert, egal wer sie tut; Frauen werden noch abhängiger von ihren gut verdienen Männern). Ich bin dann zu dem Schluss gekommen, dass „Dafür oder Dagegen?“ die falsche Fragestellung ist.

In Deutschland kann man am besten von den wirklich wichtigen Fragestellungen ablenken, indem man entweder eine Nebelkerze zündet oder bei einem Thema in absurdeste Details geht und es zerredet.

Die eigentliche Frage ist doch: Warum pochen wir auf die Einhaltung einer Schuldenbremse, während es wichtig wäre zu investieren, unser Land energiepolitisch unabhängig zu machen, klimaneutral zu werden und in die Zukunft unserer Kinder zu investieren? Wir haben einen solchen Investitionsstau! Es ist völlig egal, ob für ein paar Wohlhabende das Elterngeld wegfällt. Das ist, gemessen am Gesamthaushalt, absolut wurscht. Was nicht wurscht ist, sind Kindergrundsicherung, massiv (!) notwendige Investitionen in Schulen und Bildung, in Forschung und Entwicklung, wichtig ist die Stärkung des BAFöG, um auch damit Zugang zu Bildung zu ermöglichen, wichtig sind Gesundheit und Pflege. Über all das diskutieren wir jetzt nicht.


Schweine | Die Herrschaften bei der Tea-Time.

Drei Meerschweine vor einem Napf mit Gras und Salat

Start in die Sommerpause

5. 07. 2023  •  10 Kommentare

Sommerpause | Seit ich am Samstag die letzten Handgriffe gearbeitet, meine Buchhaltung gemacht und meinen Abwesenheitsassistenten aktiviert habe, lebe ich in den Tag hinein. Urlaub!

Dies ist mein erster Sommer am neuen Wohnort, deshalb brauche ich nicht wegfahren. Ich kenne meinen Garten noch nicht im Sommer, habe noch nicht über Stunden im Hängesessel gesessen und gelesen. Ich kenne das Dorf noch nicht bei Hitze, bin noch nicht fünfzigmal den Weg zum Freibad gefahren. Ich weiß noch nicht, wie das Feld im Juli riecht, wie der See, wenn ein Gewitter naht. Ich habe noch nicht alle Sorten Eis in der Dorf-Eisdiele probiert, und war bislang nur selten auf dem Wochenmarkt.

Am Sonntag bin ich mit dem Reiseleiter gewandert, danach waren wir im Freibad. Am Freibad gibt es eine Pizzeria mit direktem Blick auf den Sprungturm. Wir beobachteten die Bauchklatscher und Arschbomber, während wir die erste Freibadpizza der Saison aßen.

Zwei Pizzen, im Hintergrund ein Sprungturm

Am Montag traf ich eine Freundin, die gerade in Elternzeit ist; wir haben gebruncht und geredet.

Am Dienstag war ich beim Arzt und habe mir eine 4-fach-Impfung abgeholt; nach zehn Jahren war es Zeit für eine Auffrischung. Ich war auf dem Wochenmarkt, habe Erdbeeren eingekauft und war beim Friseur. Der Friseur hier im Dorf ist bestens. Nicht nur, dass das Ergebnis erquicklich ist. Er braucht auch nur eineinhalb Stunden, dieses Ergebnis herzustellen – in Dortmund waren es immer mindestens zweieinhalb Stunden (wegen besonderer Strähnchenfarbe, dies und das, so genau weiß man das nicht). Die Friseurin hier im Dorf möchte sich bei der Arbeit nicht unterhalten. Das ist gut: Ich möchte mich nämlich auch nicht unterhalten. Ich hatte also eineinhalb Stunden, in denen ich lesen konnte.

Ich las I’m Glad My Mom Died von Jenette McCurdy. Sie erzählt, wie ihre Mutter sie als Kinderdarstellerin zu Nickelodeon brachte. Damit sie sich nicht zur Frau entwickelte und möglichst lange Kinderrollen spielen konnte, motivierte die Mutter sie, Diäten halten. Die Folge: erst Magersucht, dann Bulimie. Es ist Biographie eines Missbrauchs; Jenette braucht viele Jahre, um das so klar zu sehen. Ein eindrückliches Buch.

Heute habe ich dann Erdbeermarmelade eingekocht. Sie ist etwas flüssig geworden. Aber ich denke, dass man das auf dem Butterbrot gut in den Griff kriegen kann – zum Beispiel mit einem Wall aus Frischkäse.


Broterwerb | Vor meiner Sommerpause war ich in Karlsruhe und in Wuppertal. Ich fuhr mit dem Zug. Wieder hatte ich entspannte Fahrten. Auf dem Rückweg durchs Rheintal saß ich in einem Panoramawagen der Schweizer Bahn und war umgeben von britischen Rentnerpärchen. Die Damen trugen Handschuhe ohne Finger, die Herren Strohhut. „It’s lovely, isn’t it, dear?“

In Karlsruhe beriet ich die Geschäftsführung eines Unternehmens; in Wuppertal war ich ein einer Dreifachrolle: Moderatorin, eines Workshops, aber auch Teilnehmerin und Beraterin. In beiden Fällen ging es, wenn auch ganz unterschiedlich, um Verantwortung für die Mitarbeitenden.

Beim Kunden lernte ich Chamäleon Karl kennen. Karl war auf dem Weg ins Reptilienhotel und schon in Ferienstimmung (innerlich).

Chamäleon Karl

Garten | Die Sommerpause kommt günstig. Im Garten wird nun vieles reif und will verarbeitet werden. Der Reiseleiter ist währenddessen im Homeoffice. Er sieht goldenen Zeiten entgegen, was die Versorgung angeht.


Aufgabe | Nach einer Impfung, so las ich jünst, soll man viel schlafen. Im Schlaf optimiere sich das Immunsystem; Leute, die nach einer Impfung nicht ausreichend schlafen, bilden nicht so viele Antikörper wie ausgeruhte Menschen. Da ich nicht weiß, wie viel „ausreichend“ ist und wie lange man ausreichend viel schlafen soll, gehe ich konservativ an die Sache ran. Ich möchte auf keinen Fall ein Risiko eingehen.


Schweine | Fensterrentner:

Meerschwein sitzt in der Käfigtür, die Pfoten aufgestützt, und guckt umher

Samson, ein tanzendes Orchester, ein Wolkenbruch und Zug reisende Kreuzfahrer

28. 06. 2023  •  6 Kommentare

Expedition nach Hamburg | Das erste Mal Elbphilharmonie, und es war super – um das gleich vorwegzunehmen. Ich meine, schauen Sie sich dieses Gebäude an!

Elbphilharmonie - großer Saal

Sehr beeindruckend.

Wir hörten das Baltic Sea Philharmonic Orchestra, das auf seiner Website mit dem Slogan wirbt: „A New Dimension in Concert Experience“ – und ja, das kann man so sagen. Die Musiker und Musikerinnen spielen ohne Noten. Sie sitzen nicht, sondern stehen (es sei denn, dass Instrument erfordert einen Stuhl). Sie laufen während des Musizierens umher. Der Dirigent hat keinen Taktstock, sondern schlägt ein Tamburin. Dudelsack und Maultrommel sind zentrale Instrumente. Die Klänge sind ethnisch. Neben Sibelius und Strawinski spielte das Orchester Selbstkomponiertes. Die Musik fließt. Es gibt keine Pause, die Stücke gehen ineinander über. Eine Erfahrung von „interessant“ über „oh, wow!“ bis „äh … seltsam.“ Am Ende tanzte der ganze Saal, der Dirigent lief ins Publikum und holte Menschen auf die Bühne. Ich war ein bisschen froh, oben auf dem Rang zu sitzen.

Das Gebäude und die Aussicht:

Auf dem Heimweg goss es aus Kübeln. Wir bekamen richtig die Hucke voll, die Kleidung klebte uns an den Körpern, der Regen lief uns den Rücken hinunter, in die Unterhose hinein, die Schuhe standen komplett unter Wasser. Vielleicht der Wolkenbruch, von dem Herr Buddenbohm berichtet; allerdings sprangen wir nicht, wir rannten auch nicht, wir gingen einfach durch diese herbfallenden Wassermassen; es war ein Regen, bei dem nach fünfzehn Sekunden schon alles egal ist.


Der, die, das | Bevor wir wieder abreisten, besuchten wir die Sesamstraßen-Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe. Dort sahen wir die Sesamstraßen-Puppen – alte und neue -, betraten Kulisse und lernten, wie die Geschichten und die Puppen entstehen, we sie gespielt werden und welche Idee hinter den Figuren steckt.

Ernie war leider nicht zuhause, sondern musste arbeiten.


Kreuzfahrt nach Hause | Auf dem Heimweg, also dem Weg von Hamburg nach Haltern, trafen wir am Bahnhof viele Mitreisende. Sehr viele. Unter ihnen: Kreuzfahrer. Man erkennt Kreuzfahrer, so lernte ich, an taillenhohen Hartschalenkoffern, sportivem Chic mit kräftigen Farbakzenten und dem Geruch der Verunsicherung, der sie umweht, während sie den einfahrenden Zug beobachten.

Die Koffer sind monumental. Es passt problemlos eine erwachsene Leiche hinein, unzerstückelt, nur leidlich gefaltet. Es sind Hartschalensärge mit Outfits fürs Captain’s Dinner und den Landausflug auf dem Quad, die wattierte Weste neben den Sportschuhen fürs Fitnessstudio, die Badeschlappen unter dem leichten Wollpullover zum Über-die-Schulter-legen, die Ärmel vor dem Brust im Sylter Schlupp verschlungen. Die Kreuzfahrer schieben ihre Hartschalensärge durch den Gang des Zuges, treffen auf entgegenkommende Kreuzfahrer mit Hartschalensärgen und stecken fest. Zwei Koffer passen nicht aneinander vorbei, sind aber auch zu schwer, um sie übereinander zu heben. Es geht nicht vor und nicht zurück. „Wir kommen aus Spitzbergen.“ – „Wir aus dem Mittelmeer.“ Man macht sich bekannt. Man ist verschwitzt.

Wir werden alle noch verschwitzter, als südlich von Hamburg die Klimaanlage ausfällt. Die Metalllkiste erwärmt sich auf dreißig Grad, vielleicht auch nur achtundzwanzig, das Hirn wird jedenfalls ganz weich. Der Zugbegleiter murmelt etwas von „Letzte Woche kollabierte mir eine Schulklasse“ und fummelt an einer Art Sicherugskasten herum, vergeblich. Der Waggon steht vor der Evakuierung, aber dann geht es doch irgendwie. Man stellt fest, dass die Passagiere immerhin ausreichend Sauerstoff haben.

Zwischen Bremen und Osnabrück evakuiere ich mich in den Nachbarwaggon vors Klo. Es fühlt sich an wie ein Umzug ans Nordkap, so kühl ist es im Vergleich zum kochenden Heimatwaggon. „Als ich letztes Jahr Zug fuhr, hatten wir eine Stunde Verspätung“, sagt ein Kreuzfahrer, der pinkeln muss, „und jetzt das.“ Und jetzt das.


Fahrrad-Ergonomie | Am Sonntag unternehmen wir eine Fahrradtour. 74 Kilometer von Haltern zum Dorfpark Osterwick und zurück. Bekannte hatten zu einem Sommerfest eingeladen. Wir brachten Brot und Obst mit und reisten deshalb mit ein wenig Gepäck.

Die erhöhte Lenkerposition half: Der Schritt trat nicht so weh wie sonst, der Druck ist nun wieder hinten. Das ist immer noch nicht optimal, aber auf jeden Fall schonmal besser.

Fahrrad vor einem Feld. Die Sonne steht schon tief.

Während Hinfahrt und Ankunft trank ich drei Liter. Es war mehr als dreißig Grad warm. Die Hitze flirrte über den Feldern. Solange ich zügig fuhr, ging es; der Fahrtwind war zwar heiß, aber half. Bei den Anstiegen rund um den Coesfelder Berg brezelte die Sonne allerdings gehörig.


Schweine-Insight | Neues Feature: Mittagessen steht nun immer mit den Pfoten auf dem Rand des Fressnapfes und wippt mit dem Kopf, wenn sie andeuten möchte, dass es (dringend!) Zeit wird nachzufüllen.

Zwei Meerschweine, eins steckt neugierig den Kopf aus dem Häuschen

Die Geschehnisse in chronologischer Reihenfolge  

20. 06. 2023  •  28 Kommentare

Abends im Abklingbecken | Mit dem Bloggen ist es derzeit so: Entweder bin ich unterwegs, in Städten oder in Zügen, oder ich bin zu Hause. Wenn ich zu Hause bin, kann ich mich abends entscheiden, ob ich mich nach einem Tag am Schreibtisch nochmal an den Rechner setze oder ob ich das Haus verlasse und etwas passieren lasse.

Meistens möchte ich lieber etwas erleben, fahre ich ins Freibad, dusche mich eiskalt ab, steige ins Becken und ziehe Bahnen, bis ich ordentlich runtergekühlt bin und mich ausreichend bewegt fühle. Danach lege ich mich auf die Wiese und trockne. Das Trocknen ist eine sehr aktive Sache, man darf diesen Teil des Freibadbesuches nicht unterschätzen. Ich lese und wende mich dabei mehrfach, verliere aber auch nicht die Springer aus den Augen, die auf dem Dreier stehen und Salti und Schrauben ins Becken machen. Ab und an rollt mir ein Ball gegen den Körper oder ein Federball fliegt mir ins Buch; es ist viel zu tun.


Die Geschehnisse in chronologischer Reihenfolge | So kam es, dass ich Ende Mai zum letzten Mal etwas hier ins Kännchencafé schrieb. Um Sie nicht zu sehr zu langweilen, aber doch auch mitzunehmen, fasse ich die Erlebnisse der vergangenen drei Wochen kurz zusammen – mit vereinzelten Abstechern in die ein oder andere Begebenheit.

In der Reihenfolge der Ereignisse war ich erst in einem schönen Garten und habe Waffeln gefrühstückt. Es war Amtsübergabe beim Ladies‘ Circle, der Serviceorgnisation, in der ich sechs Jahre Mitglied war und aus der ich nun altersbedingt ausscheide. Mit 45 Lebensjahren muss man dort die Segel streichen; eine Konstruktion, die ich durchaus gut finde: Die Organisation überaltert nicht, und man kann sich vor dem Ausscheiden überlegen, ob man nochmal Gas geben oder die Sache ausklingen lassen will.

Garten mit Bäumen. Auf dem Rasen steht eine lange Tafel.

Danach steht man nicht auf der Straße: Es gibt einen Club für alte Schachteln wie mich. Er heißt Agora Club Tangent Club. Dort kann man dann mitmachen bis zum Tod. Ich habe mich beworben.

Zwei Tage später fuhr ich nach Duisburg und gab ein Seminar: Moderation für Fortgeschrittene. Qua Amtes war ich für kurze Zeit im Besitz des Keksschrankschlüssels; das gab mir ein sehr gutes Gefühl.

Schlüsselanhänger mit der Beschriftung "Raum 508 und Keksschrank"

Gemeinsam mit Freunden wanderte ich an Fronleichnam 16 Kilometer durch die Haard. Anschließend grillierten wir. Walk haard, grill haard. Haha.

Am Tag darauf, dem Brückentag, hatte Herr Grönemeyer zu einem Liederabend in die Arena auf Schalke eingeladen. Ein fantastisches Konzert: Mehr als 3,5 Stunden Programm ohne Pause – ich hatte den Eindruck, dass Herbert nicht aufhören und das Publikum ihn auch nicht gehen lassen wollte. Es war das letzte Konzert der Tour.

Arena auf Schalke, proppenvoll mit Menschen, auch im Innenraum, im Hintergrund eine Bühne. Das Konzert ist im Gange.

ZDF und 3sat haben das Konzert aufgenommen; in ein paar Wochen können Sie es im Fernsehen anschauen. Eine wirklich großartige Stimmung.

Herr Grönemeyers Singfreude zog allerdings Schwierigkeiten nach sich: Wir kamen nicht mehr nach Hause. 50.000 Menschen verließen gegen 23:30 Uhr gleichzeitig das Stadion, ein Teil von ihnen in Richtung Stadtbahn, die heillos überfordert war, die Menschen zum Gelsenkirchener Hauptbahnhof zu bringen. Wir kamen nicht einmal auf den Bahnsteig. Während wir mit hunderten anderen auf einer Brücke standen, und es weder vor noch zurück ging, erfuhren wir, dass die Deutsche Bahn mit Beginn des Konzerts auch Bauarbeiten begonnen hatte und wir – außer mit irgendeinem nächtlichen Schienenersatzverkehr – gar nicht zurück nach Haltern kommen würden. Wir schlugen uns daraufhin nach Gelsenkirchen-Buer durch.Von dort hätte es noch einen Nachtbus nach Recklinghausen gegeben, von Recklinghausen aus wären wir wiederum nach Hause nach Haltern gekommen. Doch einer Dame wurde schwummrig, die Rettung kam, der Weg nach Buer war blockiert, und wir verpassten den letzten Bus. Am Ende fuhren wir für 70 Euro mit dem Taxi heim.

Am Tag nach dem Grönemeyer-Konzert feierten wir dann Kindergeburtstag: Jungs, Muffins, Freibad, Filmabend, Pizza, Übernachtungsparty. Ich denke, dass Sie mit diesen Stichpunkten eine ziemlich realistische Vorstellung der Veranstaltung haben.

Am Mittag nach der Übernachtungsparty fuhr ich nach Duisburg, wohnte dem Rhein-Ruhr-Marathon bei und feuerte an. Es war heiß, und es bleibt festzuhalten, dass ein Marathon nicht nur für die Athleten, sondern auch für die Zuschauer eine langwierige Angelegenheit ist, insbesondere wenn der zu beklatschende Athlet ein wenig …. uhm … später ins Ziel kommt. Zum Glück gibt es überall im Ruhrgebiet Büdchen.

Zieleinlauf im Duisburger Wedau-Stadion: Tartanbahn mit Zeitanzeige und bunten Fähnchen

Die Sicht des Athleten können Sie hier nachlesen.

Am Morgen nach dem Marathon fuhr ich nach Berlin, traf nette Menschen und lernte, Kanban-Systeme zu entwerfen. Kanban ist eine Methodik, um Arbeit so zu steuern, dass sie fließt – also dass Aufgaben ohne Unterbrechungen erledigt werden und ohne, dass sie sich an Schnittstellen stauen. Das wird insbesondere dann spannend, wenn es unterschiedliche Arten von Aufgaben gibt, sowohl was den Inhalt der Tätigkeit angeht als auch ihre Dringlichkeit. Wir simulierten das Ganze an einer Art Brettspiel und übertrugen bestimmte Werte in Charts, die wir wiederum nutzten, um zu steuern, wie viele Leute welcher Qualifikation wir wo brauchen und welche Arbeit als nächstes erledigt werden kann. Ich kannte die Methodik schon vorher, allerdings noch nicht in dieser Tiefe und nicht mit den Messmethodiken. Insofern hat sich die Weiterbildung gelohnt.

In Berlin aß ich Dinge, die ich hier in der Kleinstadt nicht bekomme: Sommerrollen und Reisnudelsalat, ukranischen Borschtsch und Wareniki mit Kartoffelfüllung. Das ist das Unerfreuliche an dem Umzug in die Kleinstadt: Die kulinarische Vielfalt ist äußerst überschaubar, es gibt im Wesentlichen deutsches und italienisches Essen. Jede halbwegs solide Lokalität, die etwas Kreativeres anbietet, würde hier überrannt. Kommen Sie also gerne nach Haltern am See und füllen Sie diese Lücke im Markt.

Ich besuchte das Kulturkaufhaus Dussmann, erwarb Gitarrennoten und freute mich, dass mein Buch im Regal stand. Außerdem besuchte ich den Birkenstock-Laden an der Friedrichstraße mit der Erwartung: Dort haben sie alles, was das internationale Publikum kaufen will, ein Showroom, ich suche mir etwas aus und kaufe die Schlappen, die ich brauche. Das war leider nicht Fall: Die Auswahl an Farben, Formen und Größen war überschaubar, der Laden vollgestopft mit Kartons, das Verkauspersonal mürrisch. So fuhr ich nach Hause und kaufte online.

Kaum aus Berlin zurück, genauer gesagt am darauffolgenden Tag, reiste ich weiter nach Olpe: Die Weiterbildungsagentur Beyer und Wilmer, für die ich gelegentlich arbeite, hatte zu einem Trainiertreffen eingeladen. 48 Trainerinnen und Trainer aus ganz Deutschland kamen nach Olpe-Sondern in ein Wellnesshotel. Wir wurden verköstigt, durften zusehen, wie die Köche bei Ommi Kese unser Abendessen zauberten, und am nächsten Tag gab es Methodik und Wissen – zum Beispiel Ideen, wie ChatGPT mir das berufliche Leben erleichtern kann. Das war spannend, und ich war ganz ergriffen angesichts dieser Großzügigkeit.

Anlässlich all dieser Geschehnisse fuhr ich viel Zug, weitgehend ereignislos. Bis auf kleine Verspätungen waren die Verbindungen pünktlich, die Klimaanlagen funktionierten, die Toiletten waren geöffnet und sauber, und es gab etwas zu trinken. Nur die Rückfahrt aus Olpe war quasi unmöglich: Den Hinweg legte ich komfortabel mit dem IC Münster – Frankfurt und einer Regionalbahn zurück; der IC fuhr aber nicht, als ich den Rückweg antreten wollte, warum auch immer. Die Alternative war abenteuerlich: von Olpe nach Finnentrop, dann von Finnentrop nach Letmathe, von Letmathe nach Iserlohn, von Hagen nach Dortmund, von Dortmund nach Wanne-Eickel, von Wanne-Eickel nach Haltern. Ich hätte das auch alles so gemacht, hätte es nicht einerseits eine Weichenstörung auf der Strecke gegeben und andererseits einen Personalausfall. Ein freundlicher Kollege, Sprechtrainer, nahm mich bis nach Schwerte mit. Von dort aus kam ich dann gut weg.

Wenn ich das jetzt so zusammenfasse, fällt mir auf, dass ich ganz schön viele Dinge erlebt habe.


Bemerknis | Ich bin ja nun Laie, was die Verkehrsberuhigung der Berliner Friedrichstraße angeht. Aber ich muss sagen: Sie gefällt mir außerordentlich gut. Während sich andernorts die Menschen aufs Trottoir quetschen – die einen wollen nach Osten, die anderen nach Westen, man weicht sich aus und rempelt sich doch an -, läuft es sich auf der gesperrten Friedrichstraße wunderbar. Es ist Platz fürs Flanieren und für Gedanken, fürs Hinsetzen und Ausruhen, fürs Kaffeetrinken und Eisessen.

Unter den Linden beginnt jedoch plötzlich wieder der Lärm, ein matt lackierter Mercedes lässt den Motor aufheulen, die Menschen weichen zurück auf die Bürgersteige und laufen sich dort wieder über die Haufen. Das sollte so nicht sein.


Serviceblog Gestank | Über mehrere Tage entwickelte sich in unserer Küche ein immer penetranterer Gestank. Eine undefinierbare Wolke waberte durch den Raum, war mal hier und mal dort. Erst roch sie käsig, als ich aus Olpe wiederkam immer unerträglicher nach Kotze. Der Reiseleiter und ich schnupperten in Schränke hinein, rückten Möbel ab, legten uns auf die Erde, guckten unter Schränke, rochen an den Dielen und räumten den Kühlschrank aus, ohne etwas zu finden. Dann kamen wir drauf: Vor einiger Zeit war im Kühlschrank eine Milchpackung ausgelaufen. Die Milch hatte sich auf dem Weg durch den Kondenswasserablauf hinein in die Abtropfschale des Kühlschranks gemacht und wurde durch das Wetter und den Kompressor unerbittlich erwärmt.

Wir schraubten die Rückseite des Kühlschranks ab, fanden die Abtropfschale, operierten sie heraus und hatten die Quelle des Gestanks in der Hand. Falls Sie also irgendwann mal eine wabernde Käse-Kotze-Wolke in der Küche haben: Denken Sie an diesen Blogbeitrag.

Serviceblog Fahrradergonomie | Vor knapp zwei Jahren war ich bei Juliane und ließ mein Fahrrad umbauen. Das war eine super Sache: Ich habe seither keine Rückenschmerzen mehr nach langen Touren, und die Kraftübertragung ist super. Ein Beschwernis gibt es allerdings und es bereitet mir zunehmend Schmwerzen: das Sitzen. Allerdings tut mir mitnichten der Hintern weh, sondern die Weichteile vorne: Ich reite auf meiner Klitoris. Das ist nicht annähernd so freudvoll, wie Sie sich das vorstellen.

(Ich habe überlegt, ob ich das hier so deutlich und intim schreibe, aber es gibt zig Fachbeiträge und Foren, die Männerprobleme beim Radfahren besprechen – jedoch nur wenige, die sich mit Frauenfragen beschäftigen. Man muss die Dinge beim Namen nennen, sonst ändern sie sich nicht.)

Fahrrad vor See

Achtzig Kilometer Druck und Reibung auf einer Stelle zu ertragen, an der 10.000 Nervenenden zusammenfinden und die 50-mal sensibler ist als die männliche Eichel, ist extrem unerfreulich. Da hilft auch die beste Radfahrhose nichts, zumal die Polsterung in diesen Hosen für dieses Problem zu weit hinten ist.

Ich probiere nun herum, was hilft. Als erste Maßnahme habe ich den Lenker leicht erhöht. Damit ist mein Oberkörper aufgerichteter und mein Becken weniger nach vorne gekippt. Auf den ersten Metern wirkt das ganz gut. Mal sehen, wie es sich auf der Langstrecke anfühlt.


Meerschwein-Insight | Den Schweinen ist es warm, aber sie halten sich wacker. Wir haben den Park erweitert. Sie nutzen ihn ausgiebig und werden immer zutraulicher. Die Gang beim abendlichen Flanieren:

Drei Meerschweine beim Spaziergang auf der Wiese

Das Leben der Schweine ist deutlich aufregender geworden: Der Ahornbaum, der über ihrem Stall steht und Schatten spendet, leidet unter der Trockenheit. Er verliert Blätter. Immer, wenn ein Blatt herunterfällt und es im Gehege landet, rennen die Schweine hin und fressen es mit Wonne. Landet es hingegen außerhalb des Geheges, stehen sie leidend am Gitter und schmachten es an. Glück und Unglück liegen hier nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, und jedes Mal, wenn sich ein Blatt hernieder senkt, kommt Spannung auf.


Gelesen | Niemand fliegt hier in den Urlaub

Gelesen | Frau Novemberregen erklärt den Kapitalmarkt: Das dunkle Herz des Kapitalismus – Teil I, Teil II und Teil III.

Gelesen | 22 Bahnen von Caroline Wahl ist die Geschichte von Tilda, die in einer Kleinstadt wohnt und in einer Großstadt studiert. Sie zieht dort nicht hin, weil ihre Mutter Alkoholikerin ist und sie auf ihre kleine Schwester aufpassen muss. Das Buch erzählt die Geschichte der Selbstermächtigung der beiden Schwestern, wie man mit einer suchtkranken, allerinerziehenden Mutter klar kommt und wie verstrickt doch alles ist. Denn als Leserin möchte man hier zurufen: Such dir Hilfe! Warum suchst du dir keine Hilfe?! Gute Lektüre.


Garten | Während ich auf Reisen war, hat sich die Biomasse im Garten vervielfacht.


Und sonst | Ein Video, wie man die Rollwende beim Schwimmen lernt. Ich poste das hier für mich, damit ich den Link wiederfinde und das irgendwann üben kann.

Garten-Update, Kinderviren und eine Textaufgabe

30. 05. 2023  •  8 Kommentare

Garten | Ich mag den Mai. Und noch mehr liebe ich den Juni, die Zeit, in der der Garten am schönsten ist. Zurzeit ist vieles noch auf dem Weg dahin: Tomaten, Gurken, Kürbis und Zucchini haben sich in der Erde festgewachsen und kümmern sich nun um Blätter und Blüten. Die Tomaten sind mir Ende April fast erfroren, aus Ungeduld, weil ich die Eisheiligen nicht abwarten konnte.

Küchengarten mit mehreren flachen Hochbeeten, in denen Gemüse wächst

Jedes Jahr finde ich es aufs Neue erstaunlich, wie aus dem Nichts eine wuchernde Welt entsteht; wie aus einem millimeterwinzigen Samen eine mannsgroße Pflanze wird, die nur dazu da ist, möglichst viele Früchte zu produzieren, um dann wieder zu sterben.

Neu ist das Experiment Pflanzsack: Die Kartoffeln habe ich diesmal in drei Säcken gepflanzt und, sobald sich Grün blicken ließ, immer Erde angehäufelt – nun wächst alles oben raus, und ich werde hoffentlich eine Schubkarre voller Kartoffeln essen. Außerdem: Spinat! Super Sache.


Nase voll | Der Garten war über Pfingsten mein bevorzugter Ort, siechend. Die Kinder hatten Viren angeschleppt. Die Viren haben mir die Nase, die Ohren, den Kopf und die Bronchien verstopft, ich litt fürchterlich.

So wohnte ich dem BVB-Desaster auch nicht in Dortmund bei, sondern in meinem Garten, mit Radio und Bundesligakonferenz, im schwarz-gelben Shirt. Mein Schädel war groß wie der Mittelkreis, meine Augen tränten, mein Hirn war weich wie Butter, der ganze Nachmittag ein Niesanfall. Und dann verspielte der BVB auch noch die Meisterschaft. Sie machen sich keine Vorstellung davon, wie schlecht meine Laune war.


Ein Hoch auf Homeoffice | Während die Kinder wieder fit sind, leide ich weiterhin beträchtlich. Eigentlich wäre ich heute zum Kunden gefahren. Was wir besprechen wollten, ging aber auch remote. Schön, dass im Jahr 2023 niemand mehr jemanden vollhusten muss, um zu Ergebnissen zu kommen. Zumindest in der Wissensarbeit.


Schweine-Insight | Die Herrschaften beim Dinner.

Drei Meerschweine fressen Salat. Das linke guckt dämlich, das in der Mitte posiert, das rechte guckt ertappt.

Gelesen | Eine Wärmepumpe fürs ganze Viertel: Wärmepumpen, die tausende von Haushalten heizen – das gibt es bereits in Dänemark, in der Stadt Esbjerg, oder in Schweden, in Gothenburg Göteborg. Der Hersteller: MAN Energy Solutions. In Wien ist ein entsprechendes System in Arbeit.

The system will lift temperatures from 6C to 90C and the heat will go on to supply 56,000 households. In 2027, Wien Energie plans to double the system’s capacity with three more heat pumps, reaching 110MW in total.

The ‚exploding‘ demand for giant heat pumps

Derweil in Deutschland: Die FDP und das Heizungsgesetz – Wenn Politik zur großen PR-Show verkommt. Derweil in den Ozeanen: Schmelzendes antarktisches Eis führt nicht nur zu einem ansteigenden Meeresspiegel, sondern beeinflusst die gesamte Zirkulation mit, Sie ahnen es, unschönen Folgen.


Textaufgabe | Eine Ergänzung zu Letzten Generation; ich echauffierte mich jüngst über das Vorgehen von Polizei und Justiz.

In Essen-Borbeck hat sich die Polizei vor einigen Wochen Zutritt zu einer Wohnung verschafft. Zielperson: ein 16-Jähriger. Gefunden haben sie eine „selbstgebaute Schusswaffe, eine Armbrust mit Pfeilen, 16 Rohrkörper, die teilweise mit Uhren und Nägeln präpariert waren sowie zusammengemischte Explosivstoffe“. Außerdem: „SS-Runen sowie zahlreiche rechtsextreme, antisemitische und antimuslimische Schriftstücke“. Insgesamt eine Beweislage, bei der man sagen würde: Es handelt sich bei dem Mann um einen gewaltbereiten Rechtsterroristen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sieht in den gefundenen Materialien hingegen den „dringenden Hilferuf eines verzweifelten jungen Mannes“, der „massive psychische Probleme und Suizidgedanken hatte“ (ebd.).

Textaufgabe:

  1. Erschließen Sie die Position Reuls unter Berücksichtigung politischer Zuschreibungen seiner Partei.
  2. Erörtern Sie die Position Reuls in Hinblick auf die gleichzeitige Verortung von Klimaaktivisten als kriminelle Vereinigung. Berücksichtigen Sie die jeweiligen Gewaltpotentiale.
  3. Ordnen Sie in diesem Zusammenhang die Tatsache ein, inwiefern der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU) bis zu seiner Selbstenttarnung nie im Verdacht stand, eine kriminelle Vereinigung zu sein.
  4. Erörtern Sie die Chancen und Risiken eines utopischen Szenarios, in dem konservative Parteien klimaaktivistische statt rechtsextremistische Handlungen als „dringenden Hilferuf junger Menschen“ einordnen.

Und sonst | Arbeitszimmer umgeräumt.

Blick durch die Tür ins Arbeitszimmer. Ein bodentiefes Fenster, dazu im 90-Grad-Winkel ein Schrank, gegenüber ein Biedermeier-Sofa.

Demnächst mehr, wenn auch das Whiteboard und die Gardinen hängen.

Die Duldsamkeit des Vinyls

25. 05. 2023  •  9 Kommentare

Vinyl-Abende | Eine Sache vergaß ich über Belgien zu erzählen, nämlich das Vinyl. Im Landhaus stand ein Plattenspieler, neben dem Plattenspieler lag ein Stapel mit Schallplatten, und später am Abend entdeckten wir, neben dem Kamin und hinter einem schweren Polstersessel, einen Schrank voll mit weiteren Platten.

Plattenspieler, daneben eine Plattenhülle von Pinkfloyd

Das Knistern einer anlaufenden Schallplatte – ich hatte dieses Geräusch fast vergessen. Ist es nicht unglaublich heimelig? Und ist es nicht wunderbar entschleunigend, dass es nicht sofort losgeht, wenn man „Play“ drückt, wenn man den Tonabnehmer auflegt? Vielmehr ist es so, dass es losgeht, wenn die Platte meint, dass es losgehen solle, wenn wir uns dem Lied genähert haben, wenn man schon zurückgekehrt ist an den Tisch und wieder Platz genommen hat.

Es überraschte uns die Häufigkeit des Aufstehenmüssens. Obwohl die Mitglieder der Reisegruppe allesamt schallplattensozialisiert ist, sind wir seit vielen Jahren Playlisten gewohnt – Endlosschleifen, die niemals aufhören, bei denen es keine A- und keine B-Seite gibt; Playlisten, die so lang sind, dass sie für fünf Abende reichen. Bei den Schallplatten aber hebt sich nach zwanzig Minuten der Tonarm, und die Musik verstummt. Diejenigen, die auf der Bank saßen und nicht aufstehen konnten, ohne dass andere aufstehen mussten, bedeuteten mit einer Geste, dass die Musik alle sei. „DJ!“, riefen sie, und jemand stand auf und legte eine neue Platte auf.

Das regelmäßige Neuauflegen bedeutete gleichzeitig Endlichkeit. Gefiel ein Lied nicht, gefiel eine ganze Platte nicht, war das kein Grund aufzuspringen, sondern lediglich ein Grund auszuhalten. In zwanzig Minuten erreichte die Musik ohnehin ihr natürliches Ende; in zwanzig Minuten stand sowieso jemand auf, würde auf die B-Seite verzichten und eine neue Platte vom Stapel nehmen. Die Endlichkeit machte uns duldsamer. Je betrunkener wir wurden, desto mehr erschien uns das Schallplattenauflegen als eine Metapher des Lebens: Es ist, wie es ist und endet unabwendbar – und selbst von der schlimmsten A-Seite hebt sich der irgendwann der Tonarm, und das Grauen weicht neuen Möglichkeiten.


Gelesen | „Wenn er einen Bonus bekommt, überweist er mir einen Batzen Geld“ – zwei Hausfrauen und ein Hausmann erzählen, wie sie mit der Abhängigkeit vom Geld des Partners umgehen.


Letzte Generation | Das Vorgehen gegen die Letzte Generation schockiert mich und widert mich an – und ich bin sicher, dass es Teile der Aktivisten radikalisieren wird. Wie soll es das auch nicht? Während diejenigen, die den Klimawandel leugnen, die ihn verursacht haben, die um des eigenen Vorteils willen lobbyieren und lobbyiert werden, die mit dem Verfehlen der Klimaziele Rechtsbruch begehen – während diese Menschen kraft ihrer Macht und auf Kosten bereits der jetzigen, vor allem aber aller nachfolgendenen Generationen von Konsequenzen verschont bleiben, kriminalisiert der Staat mit dieser Aktion das Anliegen des Klimaschutzes. Es steht außer Frage, dass nicht alle Aktionen der Letzten Generation angemessen sind und mitunter auch einer rechtlichen Betrachtung bedürfen; es steht jedoch nicht außer Frage, dass ihr Anliegen legitim ist. Wenn wir den Klimaschutz mit der gleichen Konsequenz verfolgen würden wie wir die Klimaaktivisten verfolgen, gäbe es im Zentrum Berlins keinen Autoverkehr mehr, den sie blockieren könnten.


Gelesen | In Frankreich bereitet sich nach den klimatischen Erfahrungen der vergangenen Jahre und der weiterhin massiven Trockenheit auf einen Worst Case vor:

Minister Béchu erklärte, es gehe darum, „mit dem Leugnen aufzuhören“. Die bisherige Annahme von zwei Grad Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts sei nur realistisch, wenn die Vorgaben im Pariser Abkommen von 2015 eingehalten würden. Das werde höchstwahrscheinlich nicht der Fall sein. […] Hitzewellen könnten im Sommer zwei Monate und mehr dauern […] Da es fast nirgends mehr schneien dürfte, würde der gesamte Wasserzyklus gestört. Trockenphasen ohne jeden Regen könnten neun Monate von Frühling bis Herbst dauern. Die Waldbrandgefahr stiege in gefährdeten Regionen von 40 auf 97 Prozent. Dazwischen wäre mit sintflutartigen Niederschlägen zu rechnen. […] Das französische Umweltministerium schätzt die öffentlichen Mehrausgaben für die Vorbereitung auf das Vier-Grad-Szenario auf 45 Milliarden Euro – und zwar nicht als einmalige Ausgabe, sondern jedes Jahr. 

Vier Grad mehr – Paris bereitet sich auf schleichende Katastrophe vor

Schweine | Aktuelles Insight:

Zwei Meerschweine fressen Löwenzahnblätter. Meerschwein Eins hat ein vom Kauen zerknautsches Gesicht, Meerschwein Zwei guckt ertappt.

Und sonst | Ich habe eine Führungskräftetagung moderiert – ein harter Ritt durchs Zeitmanagement. Nachdem wir am Vormittag 45 Minuten in der Zeit hingen – es gab relevanten Informations- und Diskussionsbedarf bei den fast 50 Teilnehmer:innen -, und ich dann noch erfuhr, dass wir am Nachmittag früher fertig werden müssen, erreichte ich mit Kniffen und Kooperationen eine Punktlandung um 16:55 Uhr (und das inhaltliche Tagesziel). Ich war ein bisschen stolz auf mich – und danach auch ein bisschen erschöpft.

Eine Reise nach Belgien. Die Schlacht von Waterloo. Ehrlich Brothers. Lektüre. Und eine Blindschleiche.

22. 05. 2023  •  10 Kommentare

Nicht das Schatöchen | Langjährige Follower erinnern sich: Einmal im Jahr fahre ich gemeinsam mit Freunden auf ein französisches Landschloss – hier die Erzählung aus dem vergangenen Jahr. Ein verlängertes Wochenende lang gibt es kein Programm. Jeder tut, was er möchte. Wer Auflüge machen möchte, tut dies; wer nicht, der nicht. Wir kochen gemeinsam, trinken gemeinsamen, plaudern – und wer grad keine Lust hat, zieht sich in sein Schlafzimmer oder zu einem Spaziergang zurück. Ein gutes Arrangement.

Das Schatöchen zeigte im vergangenen Jahr deutliche Spuren eines Renovierungsstaus. Nach einem Besitzerwechsel haben die neuen Schlossherren den Mietpreis überdies um sechzig Prozent erhöht. Das war uns Anlass zu sagen: Andernorts ist es auch schön!

Das Ergebnis: ein Landhaus in der Wallonie.

Landhaus aus Backstein mit geöffneten Fensterläden, davor bunte Blumen.

Besondere Kriterien zur Auswahl des Ortes gab es nicht: Es musste hübsch sein, ausreichend Schlafzimmer für die Reisegruppe haben und preislich passen. So landeten wir in der Nähe von Rebecq, dreißig Kilometer südlich von Brüssel. Wir fühlten uns sofort heimisch, denn es roch genauso wie auf dem Schatöchen: zart angestaubt, nach alten Dielen und schweren Polstern.

Rebecq, so lasen wir, habe zehntausend Einwohner. Wir sahen uns um, blickten über die Felder, und fragten uns, wo. Wir flanierten durch unsere Nachbarschaft, die Gegend wirkte zersiedelt: Entlang kleiner Straßen und Wirtschaftswege reihten sich Häuser, neue und renovierte Backsteinhäuser, große Anwesen. Wir fragten uns, ob man hier wohnt, wenn man in Brüssel arbeitet.

Beim Abendessen entdeckten wir, dass wir in der Nähe von Waterloo sind; jenes Waterloo, an dem die Napoleon in die Schlacht zog; weniger Geschichtsaffinen aus dem gleichnamigen ABBA-Song bekannt. Ich zog sämtliche Schubladen in meinem Gedächtnis auf, fand dort allerdings keine Erinnerung an Unterrichtsstunden, weder in Musik noch in Geschichte, und stimmte dafür, diesen Ort am nächsten Tag zu besichtigen.

Seit ich keine Schule mehr besuche, interessiere ich mich für alle Dinge, die ich dort langweilig fand. Physik zum Beispiel – oder eben Geschichte. Beides wurde mir von Lehrer:innen dargebracht, die zwar nett waren, die sich didaktisch aber eher am unteren Ende der Skala aufhielten.

Waterloo hatte ich bislang immer mit Großbritannien assoziiert, aus unbekannten Gründen auch mit einer Seeschlacht. Als wir jedoch dort ankamen, sah ich weder Meer noch Schiffe, sondern eine wellige Landschaft und einen hohen Hügel.

Auf den Hügel kann man hochsteigen: Es sind vierzig Höhenmeter, 226 Stufen, und wer dort nicht täglich hochstapft, muss zwischendurch mal anhalten. Von oben hat man dann eine wunderbare Aussicht über das Schlachtfeld.

Blick über eine wlelige Landschaft mit Feldern und Wiesen, im Vorgergrund ein rundes Gebäude.

In dem runden Ding unten befindet sich ein Panoarama der Schlacht, handgemalt aus den 1920er Jahren. Es roch dort genauso wie im Landhaus.

Die Schlacht selbst ist inzwischen besser dargestellt, museumsdidaktisch einwandfrei. Neben dem Gebäude gibt es eine unterirdische Ausstellung. Deren Herzstück ist ein 3D-Film der Schlacht. Ich stand inmitten der kämpfenden Truppen, die Kavallerie rannte auf mich zu, Napoleon piekte mir mit seinem Fernglas in den Körper. Sehr eindrücklich.

Auch der Rest der Ausstellung ist prima. Ich habe viel verstanden und mich gefragt, wie wir wohl leben würden, wenn Napoleon in Waterloo gewonnen hätte. Wahrscheinlich hätten wir besser Croissants.

Lebensgroße Soldatenpuppen in einem Schaukasten

Neben dem Löwenhügel gibt es eine Brassiere Brasserie, und in der Brasserie gibt es einen Burger, benannt nach General Wellington, der die englischen Truppen anführte. Wir bestellten einige Generäle, um uns ganz den geschichtlichen Ereignissen hinzugeben.


Ehrlich Brothers | Gemeinsam mit dem Reiseleiter musste ich einen Tag früher aus Belgien abreisen. Aufgrund nicht mehr nachvollziehbarer Planungsmängel gab es eine Terminkollision: Wir hatten Karten für die Ehrlich Brothers, ein Weihnachtsgeschenk für die Kinder. Also fuhren wir am Samstag von Beglien nach Haltern, sammelten dort die Kinder ein, und fuhren weiter in die Dortmunder Westfalenhallen.

Die Kinder fanden die Show super. Ich fand sie durchwachsen. Die Großillusionen waren gut gemacht, wengleich die Tricks maximal durch den Fleischwolf gedreht wurden, um auch den letzten Gag rauszuholen. Zwischendurch boten die Brothers Close-up-Magie. Ich war viele Jahre lang mit einem Zauberer verheiratet; er hat bei seinen Auftritten in der Studentenzeit, irgendwann Anfang der 2000er Jahre, schon genau die gleichen Tricks aufgeführt. Ich war hart unterwältigt. Zwischendurch Geschlechterklischees. Nun ja.


Schlauer werden | Das Tolle an meinem Job ist, dass ich selbst sehr viel lerne. Meist geschieht das mit Fragestellungen, die knapp neben dem liegen, was ich schon weiß und kann. So kam ich seinerzeit zu meiner Mediations-Weiterbildung: Ich arbeitete mit Teams und fand, dass ich mehr Werkzeuge brauchte, um Konflikte zu klären. Oder zu meiner ITIL4-Foundation: Ich war bei einem IT-Kunden unterwegs, hatte auch die ITSM-Prozesse verstanden, wollte aber eine Grundbesattelung, um mit meinen Fähigkeiten besser an die interne Logik des Unternehmens anzudocken. Oder Verhandlungsführung: Mehrere Kunden standen vor entsprechenden Herausforderungen, ich wollte besser unterstützen.

Aktuelle Lektüre:

Fachbücher zu den Themen "Vergütungssysteme" und "New Pay", "Stufenentwicklung in der Praxis" "OKR" und "Umgang mit schwierigen Zeitgenossen":

Bereits gebuchte Weiterbildungen in 2023: Kanban System Design. Ich arbeite zwar schon mit Kanban (und vermittle mit großer Begeisterung den Mehrwert von WiP-Limits, um gleichzeitige Arbeit zu begrenzen), möchte mich aber dazu austauschen. Außerdem: Organisationsentwicklung kompakt. Auch hier kenne ich schon Einiges, möchte es aber vertiefen. Außerdem ist der Austausch mit den anderen Teilnehmer:innen ja meist genauso spannend wie die Weiterbildung selbst.


Wanderung | Ich war im Wald, und es war schön.


Angeguckt | Ralph Caspers, das Konzerthaus Dortmund und die Orgel – nur begrenzte Zeit online.

Gelesen | Der Gesang der Flusskrebse von Delia Owens, aus dem Englischen von Ulrike Wasel, Klaus Timmermann. Ein angenehmes Buch: Interessante, sich langsam (aber nicht zu langsam) entwickelnde Geschichte, die mehr und mehr ein Kriminalfall wird und schließlich in einem Gerichtsprozess endet. Ich mochte die verschiedenen Zeitebenen und dass mir die Protagonistin auch mal unsympathisch war.


Schweine | Aktuelles Insight:

Drei Meeschweine aus der Vogelperspektive, die erwartungsvoll nach oben schauen

So sieht das aus, wenn die Schweine auf Erbsenflocken hoffen. Stellen Sie sich ein wildes Quietschen dazu vor. V.l.n.r.: Mittagessen, Abendessen, Frühstück.


Und sonst | Heja BVB!

Der Acker-Schachtelhalm. Ab in den Süden. Bahnfahren als Me-Time.

15. 05. 2023  •  16 Kommentare

Der Acker-Schachtelhalm | Ich habe einen neuen Gegner: den Acker-Schachtelhalm. Er wächst in meinem Garten, und agiert äußerst perfide. Er sieht zunächst ansprechend aus, aber dann wird er riesig und hässlich. Er vernetzt sich. Taucht unter und an überraschenden Stellen wieder auf, bis er die Weltherrschaft errungen hat. Ich las, dass ihm nicht beizukommen ist, dass man im Grunde nur an höhere Mächte beten kann, die durch göttliche Kraft seinen Niedergang herbeiführen. Ich versuche es erstmal handfester und grabe alles aus, was sich an der Oberfläche zeigt.

Jedem Problem wohnt aber bekanntermaßen auch eine Chance inne.

In der Kosmetik werden Extrakte des Acker-Schachtelhalms besonders zur Stärkung des Bindegewebes […] verwendet.

Acker-Schachtelhalm – Kosmetik

//*piekt sich in den Oberschenkel


Regatta im Obergeschoss | Stichwort „Bindegewebe“: Der Reiseleiter und ich haben uns ja ein Rudergerät gekauft. Das Gerät benutzen wir entgegen aller Voraussagen immer noch; eine gute, effiziente Art des Granzkörpertrainings. Mit Ausnahme des Hinterns, auf dem ich sitze, sind alle Muskelgruppen beteiligt, sogar der Bauch, wie ich feststellen durfte. Seit drei Einheiten schaue ich während des Ruderns Working Moms, eine Serie, die ich, während mein Blut hauptsächlich in Armen und Beinen zirkuliert, gut intellektuell verarbeiten kann. Jede Folge dauert nur 23 Minuten, perfekt für meine Aufmerksamkeitsspanne und perfekt für fünf Kilometer. Die zweite Folge nutze ich für weitere zwei Kilometer und ausgbiebiges Dehnen. Ab einem gewissen Alter trainiert man ja nicht mehr für bessere Leistungen, sondern man trainiert nur noch gegen den Verfall an.

Ich finde, man sollte Beiträge in einer Mediathek über das Kriterium der Folgenlänge suchbar machen. Das gilt auch für Podcastfolgen. Ich benötige ungefähr 35 Minuten lange Podcastfolgen, um sicher einzuschlafen. Zwar schlummere ich bereits nach sechs Minuten, aber ein leises Gemurmel ist wunderbar, um vollends hinwegzugleiten in die tiefen Tiefen des Dunkels.


Frühsommer-Vibes | Wochenende, Symbolbild:

Aktuelle Lektüre: Der Gesang der Flusskrebse. Fühlte mich förmlich hineingesogen in das Buch. Es wird mit jeder Seite intensiver.


Ab in den Süden | Ich habe Bahnfahrkarten gekauft: nach Berlin – dort bin ich im Juni zu einer Fortbildung; nach Hamburg – dort besuche ein Konzert in der Elbphilharmonie; ins Pustertal – dort mache im im Oktober Wanderurlaub.

Im Juni geht es nochmal nach Karlsruhe. Dieses Jahr bin ich beruflich viel in Baden-Württemberg unterwegs. Dreimal war ich in der ersten Jahreshälfte schon dort, drei Auswärtsspiele kommen noch mindestens hinzu. Spannend, wie sich aus dem Nichts regionale Schwerpunkte entwickeln – als hätten sich die Leute abgesprochen. Es geht in der zweiten Jahrshälfte aber auch nochmal nach Berlin und nochmal in den Norden.

Insgesamt ist das Jahr ziemlich irre. Fast alle Unternehmen kehren zurück zu Präsenz, wollen Workshops vor Ort, möchten beisammensein, Lösungen kreativ erarbeiten, sich justieren, Beziehungen pflegen. Ich habe bereits Termine bis in den November hinein und werde viel Zeit in der Bahn verbringen.


Me-Time | Die Zeit in der Bahn mag ich gern, denn es ist meine Zeit. Ich nutze sie ausdrücklich nicht zum Arbeiten. Das unterscheidet mich augenscheinlich von vielen Menschen, mit denen ich gemeinsam reise: Sie nutzen jede Minute, um zu arbeiten und ihre Zeit zu faktorieren. Sie malen Folien zu Geschäftsstrategien und Absatzzahlen. Und sie führen Gespräche, die man nicht hören möchte, die man aber sehr gut nachvollziehen kann, wenn man den Unternehmensnamen und die letzten Veröffentlichungen googelt und die Beteiligten auf LinkedIn findet. Sehr unangnehm.

Ich habe irgendwann festgestellt, dass ich für meine Kunden bessere Leistung erbringe (und zudem zuverlässiger gesund bleibe), wenn ich das nicht tue. Denn auf einer Bahnfahrt Termine zu haben, ist stets unerfreulich: Der Fahrplan passt nie zum Terminplan, und der Empfang ist immer mies. Der Zug verspätet sich, man muss Gespräche, die für die Fahrt geplant waren, auf dem Bahnsteig beginnen, der Zug fährt ein, und man kann sie erst später fortführen. Während man gerade zum Kern der Sache vorstößt, kommt eine lange Durchsage, und man versteht nichts mehr. Oder man ist plötzlich im Tunnel. Zum Folienmalen werde ich zu schnell reisekrank. Ganz abgesehen davon, dass die Interna meiner Kunden nicht in den öffentlichen Raum gehören, empfinde ich Arbeiten während der Bahnfahrt grundsätzlich als stressig.

Was ich allerdings wunderbar im Zug tun kann, ist lesen und nachdenken. Also lese ich, bilde mich fort, denke nach, schaue aus dem Fenster, erfreue mich an der Landschaft und komme unbeschwert an.


Broterwerb | Ich war bei einem Kunden. Er hat mich für ein Moderationstraining gebucht: „Basiskompetenz Moderation“ und „Moderation für Fortgeschrittene“. Wir sprachen zunächst über die Basis; dort beginne ich immer mit …

  • einer gesunden Moderationshaltung
  • der Frage, was Souveränität ausmacht
  • dem Aufstellen einer guten und schaffbaren Agenda und einem vorausgedachten Time-Boxing
  • einem Augenmerk auf die Sitzordnung in Präsenzterminen.

Im Anschluss sprachen wir über die gute Einleitung eines Termin und wie man sich selbst den roten Teppich ausrollt. Wir sprachen über Möglichkeiten, Beteiligung und Interaktion zu schaffen – und probierten sie aus. Und wir redeten darüber, wie man mit Menschen umgeht, die einen Termin für sich einnehmen.

Im Folgeseminar wird es unter anderem um den Umgang mit Unverschämtheiten gehen, die Teilnehmer werden ein Beteiligungsformat für große Gruppen kennenlernen und ich zeige ein Meetingformagt, das der Energie der Gruppe folgt, die aber dennoch strukturiert und sich – nach einem offiziellen Teil – gut für Team-Jour-fixes eignet.


Schweine| Aktuelles Insight:

Drei Meerschweinchen im Außengehege. Nummer Eins mit dem Rest von Löwenzahn im Maiul, Nummer Zwei mit einem fetten Löwenzahn im Maul, Nummer Drei hinabgebeugt und fressend.

V.l.n.r.: Mittagessen, Frühstück, Abendessen.


Und sonst | Die Belegexemplare meines Buches „Die Frau, die den Himmel eroberte“ sind bei mir angekommen. Im Februar ist das Buch noch einmal das Taschenbuch erschienen, und seither geisterten die Belegexemplare durchs DPD-Universum.

Der Verlag hatte sie noch an meine alte Wohnadresse adressiert. Ich habe zwar einen Nachsendeauftrag am Laufen, der gilt aber nur für die gelbe Post. Nachdem nun ein sehr verzweifelter Bote meine ehemalige Nachbarin getroffen hatte, nahm sie das zerfledderte Paket entgegen. Sie rief mich an, und ich holte es ab.

Ich hatte mich schon gewundert, dass ich keine Belegexemplare bekomme, war aber immer zu beschäftigt gewesen, beim Verlag nachzufragen.

Eine Zugreise, ein Blech voller Käsespätzle, ein interessantes Haus und, nun ja, Meerschweine

8. 05. 2023  •  8 Kommentare

Schweine | Erst habe ich überlegt, keinen Meerschwein-Content zu verbloggen, aus rein erzähltaktischen Gründen. Sonst erwecke ich noch das Bild einer verschrobenen Meerschweinchenbloggerin. Aber was ist das Leben ohne Meerschweine – jetzt, wo sie da sind!

Im Vorgerdrung ein Meerschwein, das Löwenzahn isst, im Hintergrund ein Meerschwein, dass dumm guckt.

Frühstück, Mittag- und Abendessen haben das Leben nun vollends verstanden. Sie sind die verkörperte Hoffnung auf Erbsenflocken. Ihr Leben ist ein Terzett aus Fressen, Schlafen und Abenteuer erleben – im Außengehege, in dem frisches Gras wächst und in dem manchmal Leckerchen und Löwenzahn versteckt sind, immer woanders, wie aufregend!

Sie wissen, wer ihnen Futter bringt, und huldigen mir.


Broterwerb | Beruflich war ich bei Kunden in Wuppertal, Karlsruhe und in Renningen bei Stuttgart, auf dem Rückweg machte ich einen Stop in Heidelberg.

Mit der Deutschen Bahn fuhr ich erst von Haltern nach Karlsruhe, übernachtete und gab dort Seminar für Führungskräfte: Sich selbst führen, um andere zu führen. Nach Ende des Seminars fuhr ich von Karlsruhe nach Renningen, übernachtete dort und beriet tags darauf eine Bürgerinitiative zur Mobilitätswende. Nach Ende des Beratungsworkshops fuhr ich von Renningen nach Heidelberg und besuchte eine Freundin. Tags darauf machte ich mich auf den Heimweg von Heidelberg zurück nach Haltern. Die Züge waren allesamt pünktlich; es gab keine Zwischenfälle, alles lief nach Plan.

Auf dem Rückweg nach Haltern fuhr ich durchs Rheintal. Das ist immer wunderbar entschleunigend. Der InterCity schenkte mir zudem ein 90er-Jahre-Gefühl – mit Abteilen, in denen man die Lautstärke der Durchsagen einstellen konnte, und krümeliger Seife auf den Toiletten. Nur die Fenster konnte man nicht runterschieben, wie damals, auf Klassenfahrten.

Die Bürgerinitiative, die ich in Renningen beriet, ist die BAUS. Die Abkürzung steht für „Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn“. Die BAUS hat beim Landeswettbewerb Badenb-Württembergs „Wir machen Mobnilitätswende“ gewonnen und hat sich mich als Preis ausgesucht: Beratung zu ihrer Kommunikation, zum Storytelling, zur Stakeholder-Ansprache.

Eines der Mitglieder der BAUS wohnt in einem Mehrgenerationenhaus und lud mich ein, dort zu übernachten; es gibt ein kleines Ferienappartment. Am Abend vor dem Workshop unterhielten wir uns über das Projekt: Als Teil einer Bauherrengemeinschaft hat er das Haus zusammen mit anderen Wohnungseigentümern gebaut. Ich fragte ihn, wie die Gruppe das konfliktfrei hingekriegt hat. Seine Antwort: Im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern im gleichen Gebiet, die von Bauträgern errichtet wurden, sparte die Bauherrengemeinschaft ein Drittel der Baukosten. Denn die Projektleitung übernahm sie selbst. Das bedeutete viel Abstimmungsbedarf und viele Diskussionen; für den Einzelnen aber auch die Einsparung eines sechsstelligen Betrags. Immer dann, wenn es unterschiedliche Mehrheiten hinsichtlich einer Entscheidung kam – zum Beispiel was die Einrichtung eines Gemeinschaftsraums, eines Fahrradkellers oder Aufzugtüren aus Glas -, rief sich die Gruppe ins Gedächtnis: Auch wenn ich als Einzelperson bei dieser Entscheidung überstimmt werde und Kosten tragen muss, die ich eigentlich nicht tragen möchte, spare ich durch die Mitgliedschaft in dieser Gemeinschaft trotzdem enorm. Das machte es leichter für den Einzelnen, Kompromisse einzugehen.

Für die Aufzugtüren aus Glas entschied sich die Gruppe übrigens, weil sie ein offenes Haus seien möchte: Man soll sehen, wer kommt und wer geht, um Blickkontakt und Gespräche zu ermöglichen. Ein spannendes Projekt – architektonisch und gruppendynamisch.

Credits gehen außerdem raus für das Blech mit Käsespätzle, das es in der Mittagspause gab.

blech mit Käsespätzle

Gelesen |  Im Osterurlaub, in Zügen und auf dem Sofa habe ich Bücher gelesen:

Barbara stirbt nicht von Alina Bronsky. Die Geschichte von Walter Schmidt, dessen Frau Barbara eines Morgens nicht mehr aufsteht. Sie ist krank, sie ist müde, sie ist nicht mehr die Barbara, die Walter geheiratet hat. Sie macht keinen Kaffee und kein Frühstück mehr, sie kocht kein Mittagessen; Walters leben ist plötzlich ohne Struktur. Alina Bronsky zeichnet das Portrait einer Ehe, deren Routinen plötzlich aus den Fugen gerät – und das Bild eines Mannes, der so abhängig von seiner Frau ist wie sie von ihm.

Melodie der Stille von Rose Tremain, aus dem Englischen von Elfie Deffner. Eine Reise ins Dänemark des 17. Jahrhunderts: Peter Claire, ein Lautenspieler, wird an den Hof des Königs beordert. Der ist jedoch ein ausgesprochen seltsamer Kerl. Ebenso seine Frau, die mit Kalkül ihr Liebesleben pflegt – jedoch nicht mit ihrem Gatten. Rose Tremain malt ein opulentes Gemälde vom Leben am Hof und auch daneben. Das Buch hat nach hinten raus einige Längen. Als Urlaubslektüre ist es aber sehr tauglich.

Corpus Delicti von Juli Zeh. Eine Dystopie, in deren Zentrum die Gesundheitsdiktatur der Zukunft steht: Der Mensch ordnet sich der Methode unter, einer Rechtsform, die das körperliche Wohl der Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Bürger tragen Maske, desinfizieren sich ständig und absolvieren ein tägliches Gesundheitsprogramm; wer krank wird, gilt als gescheitert. Juli Zeh schrieb den Roman weit vor der Corona-Pandemie, was das Überraschendste an der ganzen Sache ist. Insgesamt allerdings ist es ein mäßiges Leseerlebnis: Die Moral kommt mir zu keulenartig. (Das Buch ist offensichtlich auch Schullektüre; die hat mir immer schon Schmerzen bereitet.)


Radeln | Endlich ist wieder Radfahrwetter! Für große und kleine Touren, fürs Radeln auf den Markt, zum Gemüse-Einkaufen und fürs Fahren durch die Gegend.


Die Summe der Einzelerlebnisse | Christian schreibt über Mikroverletzungen, und das korrespondiert sehr gut mit zahlreichen Lebensbereichen: Die einzelne Begebenheit ist vernachässigbar, aber die Summe gleicher und ähnlicher Begebenheiten formt das Problem. Das passt wunderbar auch auf Dinge, die in der Arbeitswelt geschehen – zum Beispiel Sexismus: Das einzelne Vorkommnis ist nicht erwähnenswert, man könnte emotionslos darüber hinwegsehen und, haha!, ein Scherzchen erwidern. Oder Unternehmenskultur: Das Management möchte, dass die Mitarbeiter:innen mehr Verantwortung übernehmen – maßregelt sie jedoch jedesmal, wenn sie es tun und die Entscheidung nicht zu einhundert Prozent ihren Erwartungen entspricht.


Merkste selber, ne? | Nachdem ich mit dem Reiseleiter zusammengezogen war, wir unser Zeugs geordnet hatten und alles an seinem Platz stand, blickte er sich um und stellte fest, dass nun eine Gitarre zu seinem Haushalt gehört. Er beschloss kurzerhand, das Gitarrespielen zu lernen.

Jedesmal, wenn er nun mit meiner Gitarre beim Gitarrenunterricht ist, denke ich: Ach, wunderbar! Niemand da – endlich mal Zeit zum Gitarrespielen!

Sie merken es auch, ne?


Gelesen | Dürre in Frankreich: Ein bisschen Wasser für Tomaten, ein bisschen für Atomkraft. Während sich dieserorts Menschen auf die Straße kleben, um den Verkehr für einige Stunden lahm zu legen und dadurch für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, ist man in Frankreich deutlich nachhaltiger: Aktivisten bauen eine Mauer über die Autobahn.

Gelesen | Blick nach Österreich: Der Tommy, der zahlt das. Grossbanken können untergehen, aber die Banker bleiben – wie Thomas Matter, Nationalrat der Südtiroler Volkspartei. Besuch in Matters Bank und seinem Villenkomplex.

Gelesen | Miriam Vollmer, Fachanwältin für Verwaltungsrecht und spezialisiert auf Energierecht, fasst zusammen, warum die jüngsten Änderungen an der eurpäischen Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EU spannend sind – vor allem für jene, die noch schnell eine neue Gasheizung einbauen wollen.

Dass die Verbraucher die Tragweite dieser dynamischen Entwicklung nicht antizipieren, zeigt die Debatte um das neu zu fassende Gebäude-Energiegesetz, GEG: Die vermeintlich günstige Lösung einer neuen Gasheizung wird von vielen Verbrauchern nicht über den voraussichtlichen Verlauf der Kostenstruktur über die Lebenszeit der Anschaffung modelliert. 

Die stille Transformation

Der ganze Beitrag ist – wenngleich für den Laien etwas sperrig – lohnenswert zu lesen. Ich habe nämlich endlich verstanden, wie Emissionshandel funktioniert.


Und sonst | Der Garten wird gemütlich.

Ich aß Ramen (auswärts) und Spargel (inwärts). Ramen aß ich zum ersten Mal; es scheint mit insgesamt überschätzt, aber ich werde der Sache weiter auf den Grund gehen. Bei Spargel bleibe ich dabei: Sauce Hollandaise ist gut, Parmesan ist noch besser.

Vertrauensbildung mit Erbsenflocken

22. 04. 2023  •  3 Kommentare

Schweine | Frühstück, Mittag- und Abendessen haben sich eingelebt, fressen Löwenzahn und Erbsenflocken aus der Hand, lassen sich streicheln und haben kapiert, dass die große Frau, wenn sie den leeren Napf mitnimmt, mit einem vollen wiederkommt. Sie stehen dann wie Fensterrentner in der Tür ihres Stalls, die Pfoten aufgestützt, den Kopf gereckt, und quietschen wie verrückt.

Am liebsten mögen die Fressmaschinen Löwenzahn, Gänseblümchen und Gras, Salat und Paprika (in dieser Reihenfolge). Möhren scheinen das Graubrot unter den Gemüsen zu sein: Machen satt, sind aber nicht sexy. Heute habe ich einen Topf mit Wildkräutern in ihren Vorgarten gestellt. Frühstück und Mittagessen rückten sogleich zur Erkundung aus. Luis-Trenker-Gedächtnisportrait vor der Besteigung des Mount Kraut:

Zwei Meerschweine vor einem Wildkräutertopf

Wesentlichen Anteil daran, dass die Meerschweine uns vertrauen, haben die Kinder: Sie gingen so sanft auf die Schweine zu, dass diese mehr Neuigerde als Angst zeigten.

Sogar Abendessen, vom Typ her eher ein Drinni, geht inzwischen öfter mal raus. Frisches Gras und Erbsenflocken locken selbst das skeptischste Schwein aus dem Bau.


Neuland | Ich habe hier in Haltern nun eine Hausärztin. Es gibt hier kaum Ärzt:innen, die noch Neupatienten aufnehmen, deshalb bin ich glücklich. Die Ärztin ist sympathisch, die Praxis ist top organisiert. Terminbuchung online, Aufnahme per Anamnesebogen auf dem iPad, vier Minuten Wartezeit, Rezepte und Überweisungen gibt es elektronisch in die Arzt-direkt-App. Rezeptbestellung geht so: Nachricht über den Messenger, und die Praxis schickt das E-Rezept in die App. Ich muss keine engen Öffnungszeiten mehr mit meinem Terminkalender überein bringen, zwanzig Minuten zur Praxis radeln, mich ins Wartezimmer setzen, mich anhusten lassen und zwanzig Minuten wieder heim fahren, nur um einen Zettel abzuholen! Fühle mich wie im Jahr 2023. Verrückt.


Anekdotisches | Nach dem Besuch bei der Hausärztin war ich auf dem Wochenmarkt und habe bunte Brötchen gekauft.

EIn schwarzes, ein rotes und ein gelbes Brötchen auf einem Teller.

Im schwarzen Brötchen ist Aktivkohle, im roten ist rote Beete. Geschmack prima, andere Wirkungen konnte ich nicht feststellen.

Ich kaufte auch Kuchen. Während ich aussuchte, kam ein Mann an den Stand und bestellte eine Waffel. Er war gehörlos und schwierig zu verstehen. Der junge Azubi wusste nicht recht damit umzugehen. Die Chefin übernahm, machte nichts weiter als mit deutlichem Mundbild zu sprechen, fragte nach Puderzucker, fragte nach weiteren Wünschen, kassierte und erklärte hinterher dem Azubi, wie diese Situation in Zukunft zu meistern sei. Das Ganze geschah so respektvoll und selbstverständlich, sowohl in Richtung des Kunden als auch in Richtung des Azubis, das ich mich unangemessen doll darüber freute.


Meilenstein | Es ist angespargelt.

Nudeln mit gründem Spargel, Tomaten und Parmesan

Broterweb, Zusammenfassung der Woche | Moderation einer Management-Tagung. Workshop mit Einrichtungsleiterinnen in der stationären Altenpflege, Thema: Stressempfinden und Bewältigen von Veränderung. Beratung von Menschen aus der IT und der Energiebranche. Vorbereitung eines Führungskräfte-Workshops in der kommenden Woche. Zusage für eine Keynote im August in der Luftfahrtindustrie (yeah!). Erfolgreich eine Kollegin für einen Auftrag vermittelt, der besser in ihr als in mein Portfolio passt.


Gelesen | Wie Bankenkrisen entstehen, einfach erklärt

Gelesen | Das ist der Anfang vom Ende für Deutschlands Autobauer in China



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