Begegnungen | Wir gehen im Park spazieren, der Reiseleiter und ich, ein botanischer Garten. Seit einiger Zeit, vielleicht sind es auch schon Jahre, gibt es dort eine Düne, mitten in Dortmund. Es fühlt sich tatsächlich an, als sei man an der See: Sand, Gräser und Gesträuch – es ist alles da, was eine Dünnenlandschaft braucht. Nur Meer fehlt, aber als wohlwollende Besucher nehmen wir das Summen der nahen Bundesstraße wohlwollend als Meeresrauschen; man muss gedanklich nur ausreichend flexibel sein.
In der Dünenlandschaft kommt uns ein Mann entgegen. Er trägt einen Bogen mit weißem Gestrüß. Darin baumeln die Worte: „Will you marry me?“ Gehetzt strebt er auf den Ausgang des Parks zu, die Frage schwingt hin und her, der Sand ist tief, das Fortkommen mühsam. Hinter ihm stapft eine Frau mit einem Strauß weißer Rosen. Auch sie wirkt angeschlagen.
An anderer Stelle, jenseits der Düne, werden Hochzeitsfotos gemacht. Unter Bäumen steht eine Frau. Oder nein: Dort steht ein Kleid, und in dem Kleid steht eine Frau, steif wie Barbie. Vielleicht steht sie auch gar nicht selbst, vielleicht steht nur das Kleid, und ihre Beine berühren nicht den Boden, so groß und steif und gestärkt ist der Rock. Man könnte die Braut, so wie sie ist, nehmen und als Figur auf ihre eigene Hochzeitstorte stellen.
Hinter ihr an einem Baum lehnt ein Mann in Weste und Anzug, mutmaßlich der Bräutigam. Er ist Beiwerk zur Frau, die Frau ist Beiwerk zum Kleid. So werden sie fotografiert, unter herbstbunten Bäumen.
Kunst | Das Nest der Meisen aus dem Nistkasten. Wunderschön.
Broterwerb | Das Jahr 2023 liegt brach und jungfräulich vor mir. Bis auf kleine Aufträge wehen noch Heuballen durch meinen Kalender. Die Unternehmen haben zwar schon ihre Budgets fürs neue Jahr geplant, aber noch keine Aufträge vergeben. Es gibt lose Zusagen, unverbindliche „Wir würden gerne …“ Mitte Januar wird das schon anders sein. Aber jetzt ist alles unsicher. Das ist das Gefühl, das ich aushalten muss als Selbstständige; das kenne ich seit sechs Jahren. Es wird jedoch niemals angenehmer. Es hilft auch nicht, dass ich weiß: Die Situation ist jeden November so.
Ich schaue also in meinen Kalender, in die Nachrichtenlage, auf Grafiken zu Gaspreisen, Corona-Zahlen und ukrainischen Geländegewinnen und frage mich: Ist das der normale Gang der Dinge, ist das November oder ist das nun die Krise? Vielleicht ist die Frage aber auch falsch. Vielleicht müsste ich fragen, ob die Krise inzwischen der normale Gang der Dinge ist.
Gelesen | Elf Schwangerschaften, sieben Abbrüche: „Ich wollte jedes Kind“ [€]. Eine Frau ohne Halt – ein Text, der mich aus der Komfortzone rausgeholt hat.
Gelesen | Klimaschutz: Was getan werden muss, damit endlich was passiert [€]. Ein gutes Essay, verkürztes Fazit:
Die Lösung liegt darin, dass die Willigen in der Klimapolitik sich zu einem „Klimaclub“ zusammenschließen. Dessen Mitglieder beschleunigen den Kampf gegen die Erderwärmung und schützen ihre Wirtschaft gleichzeitig mit Zöllen gegen Länder, die billiger produzieren können, weil sie eben keine Klimapolitik betreiben. […] Ist der Club erst einmal etabliert, wird der Rest der Welt es sich kaum leisten können, nicht mitzumachen.
Und sonst | Ich befinde mich in einer schweren Bienenstichphase – kulinarisch, ohne Insektenbeteiligung.
Kommentare
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Mein trüber November wird bunter durch Ihren Blog.
Vielen Dank!
Ich freue mich!
Oh, die Düne kenne ich noch nicht!. Na ja, ich bin ja auch lange nicht in der Heimatstadt gewesen. An dem Park gab es mal ein Hotel-Restaurant, dort habe ich Anno Irgendwann mal das Kochen gelernt und in den Pausen den Park genossen. Meine Kinder waren bei späteren Besuchen immer von den „Vorsicht, Tagesbrüche !“ Schildern fasziniert.
Grüße nach Dörpen von Jule