Ausflug zum Schatöchen | Das lange Wochenende verbrachte ich auf einem französischen Landschloss.
Sie erinnern sich vielleicht an meinen letztjährigen Ausflug, als Freunde dort ihre Hochzeit feierten. Noch vor Ort hatten wir uns angeguckt und gesagt: Das müsste man eigentlich jedes Jahr machen. Also haben wir es dieses Jahr wieder gemacht.
Mit Sack und Pack, Kindern und Kisten voller Wein reisten wir in die Champagne und verbrachten dreieinhalb Tage auf unserem Schatöchen, dem Château de Pleurs.
Was wir dort taten, ist schnell berichtet: Wir taten nichts.
C sagte am dritten Tag zu mir: „Sehe ich das richtig, dass wir hier nur schlafen und essen? Entweder gibt’s Frühstück oder wir kaufen Zeug ein, das wir dann kochen und essen, oder wir trinken oder wir machen ein Nickerchen.“
Hier exemplarisch drei Bilddokumente, einmal mit Grill, einmal mit Gratin im Ofen und einmal mit Pastetchen:
Dass wir nur schliefen und aßen, ist allerdings nicht ganz richtig. Wir ließen uns auch im Pool zu Wasser, spielten Billard und lasen. Manche von uns unterhielten sich auch – bis der Gesprächspartner wegnickte.
Nur einmal packte es uns. Da sagten wir uns: „Wir müssen mal runter von der Scholle, etwas erleben.“ Plötzlich fühlten wir starken Tatendrang.
Wir fragten den Schlossherrn, was er empfehlen könne. Er empfahl ein Champagnergut. So fuhren wir nach Broyes.
Auf dem Champagnergut wohnte ein großer Hund, der erst so tat, als ob er sehr gefährlich sei. Später leckte er uns die Kniekehlen; er hatte einen großen Faible für Kniekehlen.
Auf dem Champagnergut tranken wir und kauften Lebensmittel ein.
Außerdem lernten wir etwas. Nämlich, wie man Champagner macht. Das geht so: Man erntet die Trauben mit der Hand. Dann tut man sie in eine Maschine. Die Maschine presst den Saft aus den Trauben. Der Saft kommt in ein Fass. Dort bleibt er von September bis März. Von dort kommt er in Flaschen. Auf die Flaschen kommt ein Kronkorken. Danach kommen sie für drei Jahre in den Keller. Dort werden sie nicht bewegt.
Danach wandern sie eine Etage höher. Dort hängen sie herum.
Außerdem werden von einer Maschine vorsichtig gedreht. Dadurch sinkt die Hefe in den Flaschenhals.
Wenn alle Hefe dort ist, wird die Flasche geöffnet. Die Hefe kommt raus. Dann kommt ein Korken auf die Flasche, und der Champagner liegt nochmal drei Monate herum.
Dann wird er verkauft.
Als wir vom Champagnergut zurückkamen, waren wir müde und mussten uns hinlegen.
Danach mussten wir etwas essen.
Wenn Sie auch mal ein Château-Wochenende haben möchten: Das Preismodell des Schatöchens ist einfach. Man bezahlt immer das Gleiche, egal ob man mit zwei Leuten oder mit 20 Leuten auf dem Schloss wohnt. Der Betrag teilt sich dann durch die Anzahl der Leute. Wenn man – wie wir – ein paar Leute zusammenkriegt, sind drei Tage Schloss preiswerter als drei Tage im Harz.
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Macht | Ich las über Macht, genauer über „Die helle Seite der Macht“, ein Dossier der Zeit.
Macht hat, wer Andere begeistert. Macht hat, wer Wissen hat, das Andere benötigen. Macht hat, wer belohnen kann – materiell oder mit Lob und Aufmerksamkeit. Macht hat, wem Menschen folgen: physisch oder ideell, ob intendiert oder ungewollt.
Ich halte Macht für nichts Schlechtes. Ich glaube vielmehr, dass Menschen sich ihrer Macht zu wenig bewusst sind. Sie warten deshalb, dass Andere etwas für sie tun. Tun die Anderen aber nicht. Deshalb kommt es zu Komplikationen, Stillständen, unausgesprochenen Erwartungen, Konflikten.
Kommentare
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Ach, das Schatöchen, was für ein herrlicher Bericht. Wie war es diesmal mit den Stechmücken? Mich würden selbige in den Wahnsinn treiben. Und bei den hohen Decken gestaltet sich auch die Jagd inhäusig schwierig.
Das Schatöchen werde ich mir mal auf die Liste setzen. Wir suchen immer mal wieder eine Bleibe für die Dreigenerationen Großfamilie. Dies klingt sehr verlockend, Danke!
Und Rumliegen wie Champagner werde ich im Urlaub üben. Das klingt sehr verführerisch.
Das Schatöchen ist perfekt für einen Dreigenerationenurlaub.
Ihr habt wirklich Kisten voller Wein von Deutschland auf ein Chateau in der Champagne gefahren? Nee oder?
Ansonsten tönt das sehr entspannt. Sollte man sich wirklich in gewissen Abständen gönnen können.
„Wenn A gerne dreimal in der Woche Sex hätte und B dreimal im Monat, dann hat das Paar dreimal im Monat Sex.“
Das Paar vermutlich schon… aber gilt das auch für A? ;)
Da es hier keine Daumenhochbestätigungsknöpfe gibt, ich diesen Einwand aber dringend unterstützen möchte, muss ich das eben auf diese Weise unterstützen
Gilt nur für das Paar. :)
Eine Paarbeziehung, in der es ein „Machtgefälle“ gibt, sollte man beenden.
Wenn man Macht als die Möglichkeit definiert, den eigenen Willen dem Anderen aufzuzwingen, sehe ich das auch so.
Betrachtet man Macht lediglich als Einfluss des Einen auf den Anderen, sehe ich das anders. In der Paarbeziehung nehmen wir ständig Einfluss aufeinander. Ich glaube, dass ein Partner immer mehr liebt als der Andere, der Eine immer mehr Freiheit möchte als andere – oder mehr Nähe, und so weiter. Durch diese Bedürfnisunterschiede entsteht ein Machtgefälle – bezogen auf dieses Bedürfnis: Wenn ich mehr Nähe möchte, mein Partner aber nicht, beeinflusst er als der Bedürfnisärmere die Paarbeziehung in seine Richtung und übt dadurch Macht auf diesen Teil der Beziehung aus. Ich muss mein Bedürfnis einschränken, denn ich kann und möchte ihm ja nichts aufzwingen (das wäre dann wieder die obere Definition). In anderen Teilen ist es vielleicht anders herum, so dass die Beziehung in Summe ausgeglichen ist.
„Schatöchen“…es hat etwas gedauert,aber dann habe ich umso lauter gelacht :)
Es freut mich, wenn es Dir Freude macht.
Da waren Sie also im Schatöchen – es klingt wundervoll und sei Ihnen von Herzen gegönnt- und haben gar nichts vom Kirchentags-Spirit hier in Dortmund mitbekommen, das ist wiederum schade. Ich hatte mich schon darauf gefreut, Ihre Eindrücke dazu zu lesen.
Es gab einen Einblick in unsere Gesellschaft, wie sie gerne immer sein dürfte. Sehr inspirierend und alles offen, tolerant und herzlich.
Was für eine tolle Kulisse! Was soll man denn da noch anderes machen als entspannen! Und, kochen muss man ja auch erstmal tun…