Viel erlebt, wenig Schlaf.
Am Freitagabend Vorbereitung der Steuer 2017. Dabei mit dem freundlichen Helfer Flammkuchen auf dem Grill gemacht: klassisch mit Speck und Zwiebeln und unklassisch mit Birne und Schafskäse. Dazu Didinger-Riesling.
Danach Arbeit und Zahlenwerk. So läuft das, wenn Sie mit mir Projekte machen.
*
Am Samstag Renovieren bei Freunden: Tapeten abreißen, Laminat aufnehmen, Löcher zuspachteln. Die Tapeten konnte wir in ganzen Bahnen abziehen – rückstandslos. Verrückt! Kein Knibbeln, kein Schaben. Ein ganzes Doppelhaus in unter drei Stunden. Völlig irre. Wie in einer idealen Welt. Jetzt ist alles möglich, sogar ein Ende des Nahostkonflikts.
Abends Stammtisch in Mülheim. Gastgeber Björn hat eine neue Innendekoration: eine Saturn-5-Rakete von Lego. Ich bin ekstatisch entzückt, habe mir alles genau erklären lassen.
Es gilt weiterhin die Regel der Hausherrin: nur ein Fluggerät im Wohnzimmer! Der X-Wing-Fighter ist deshalb in andere Räumlichkeiten umgezogen. Die Rakete macht sich innenarchitektonisch auch besser und kann ein Zimmer nur bereichern. Darum ist sie jetzt auf meinem Wunschzettel.
Danach Schlemmeressen mit Rinderfilet sous-vide und Vorspeise und Nachtisch und wahrscheinlich 3000 Kalorien, aber was soll’s.
Beim Essen die zweite verzückende Sache: Es wird geheiratet!
Nach 22 Jahren wilder Ehe.
//*Pompomwedeln
//*Rührungstränen
Wir hatten es alle nicht mehr für möglich gehalten. Dazu noch: Im Sommer. In Frankreich. In einem Schloss auf dem Land. Als Teil der Hochzeitsgesellschaft werde ich für drei Tage auf dieses Chateau fahren, in einem dieser plüschigen Zimmer schlafen, im Pool baden und Champagner trinken, während um mich herum der Lavendel blüht.
Die nächsten vier Monate stehen unter dem Motto: „Shopping Queen Dortmund. Kreiere Dein Outfit für eine Sommerhochzeit auf einem französischen Landsitz“.
*
Am Sonntag Fahrt ins Osnabrücker Land zum kleinen Patenkind. Auf dem Hinweg führte das Navi mich über die A2. Auf der A1 war irgendwas mit Stau oder Wetter oder Sperrung – jedenfalls: A2. Abfahrt in Herford, und wie ich durch den Schneegriesel über verlassene Landstraßen schlittere, denke ich: So beginnen ZDF-Montagskrimis. Es geht durch Orte wie Ostkliver, Wehringdorf und Tittingdorf, Hustädte und Hüsede. „Verschollen in Ostwestfalen – das berührende Schicksal einer Patentante.“
In einem Tannenwäldchen klingelt das Telefon. Entgegen aller Erwartungen ist es nicht der Tüp von Mittwochabend aus der Kneipe, sondern Mutter.
„Bist du im Auto? Es rauscht so.“
„Ich bin bei Herford.“
„Herford?! Was machst du in Herford?“
„Geburtstag vom kleinen Patenkind.“
Ich biege in einen Wirtschaftsweg ein.
„Heute ist Geburtstag? Das kann nicht sein. Warum in Herford?“
„Nicht in Herford. Ich fahre nur durch Herford dorthin.“
„Das Patenkind hatte noch nie im Februar Geburtstag.“
„Schon zweimal. Jetzt das dritte Mal.“
„Aber doch nicht in Herford.“
//*Augenzucken
Hier sind Schlaglöcher, die ganze Schafe verschlucken.
Ich sage: „Ich muss mich auf die Strecke konzentrieren.“
„Weißt du nicht, wo du bist?“
„Doch. Nein.“
„Was denn jetzt?“
„Weshalb rufst du eigentlich an?“
„Was fragst du? Möchtest du nicht mit deiner Mutter reden?“
//*leichter Schläfenkopfschmerz
Jetzt geht es bergab. Einsamkeit. Tannenwald. Es ist schweineglatt.
Ich sage: „Ich rufe dich morgen zurück, okay? Das ist hier grad schlecht.“
„Ich dachte, du hast eine Freisprechanlage.“
„Schon. Aber es sind nur noch fünf Kilometer, und es ist total glatt hier.“
„Wieso das denn, hat’s geschneit?“
„Sieht so aus.“
„Bei mir aber nicht.“
„Das kann ja sein.“
„Dass du jetzt in Herford bist, wundert mich schon.“
„Ich bin nicht mehr in Herford. Ich bin jetzt in Hüsede.“
„Wo ist Hüsede?“
„Bei Herford!“
„Ich glaube, meine Tochter, wir telefonieren morgen. Das bringt nichts mit dir.“
Ich habe mir ja immer erhofft, sowas wie Pretty Woman zu werden. Doch sehen wir den Tatsachen ins Auge: Ich bin Bridget Jones.
Nach Ankunft dann Geburtstagsparty, eine sehr schöne.
In Zusammenhang mit meiner Bridget-Jones-haftigkeit könnte das Ereignis auf dem französischen Landsitz übrigens Esprit bekommen.
*
Am späten Abend: Superbowl in geselliger Runde. Nun ja: der Anpfiff. Danach: bleiernde Müdigkeit. Dabei hätte ich das Ereignis wirklich gerne gesehen, zumal ich plötzlich die Regeln verstanden hatte und auch, worum es ging, und die Gesellschaft sehr, sehr nett war. Aber es ging nichts mehr, gar nichts. Außer schlafen. Kennen Sie das, wenn Sie ins Bett gehen und sich gar nicht mehr erinnern können, wie Sie den Kopf aufs Kissen gelegt haben, weil sie schon beim Hinlegen eingeschlafen waren?
*
Von den ganzen Resten an Suppe, Brot, Kuchen und Dips, die ich am Wochenende bei den diversen Abschieden in die Hand gedrückt bekam, vertuppert oder eingerollt in Folie, auf Papptellern oder in Plastegefäßen ehemaliger Krautsalate, kann ich bis Donnerstag essen. Danach ist wieder Wochenende. Wie praktisch.
*
Gelesen: Herr Buddenbohm schreibt Dinge über das Lernentwicklungsgespräch seines Sohnes in der Schule. Ich kenne solche Gespräche ja nicht, doch es klingt für mich schlüssig. Zwei gute Sätze auch über das Pendant in Unternehmen, das Personalentwicklungsgespräch:
Wenn man im Personalentwicklungsgespräch auch nur ansatzweise auf einen überraschenden Inhalt stößt, hat man im Jahr vor dem Termin wohl nicht genug miteinander geredet, das ist eigentlich einfach. Ich halte eine Kommunikationskultur in einem Unternehmen erst dann für wirklich gelungen, wenn diese Gespräche fast nichts mehr ergeben können und man sich albern vorkommt, weil man da so feierlich zu zweit im Konferenzraum sitzt.
Angeguckt: Wenn Eisbären Kameras tragen, während sie Robben jagen.