Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Samstag und Sonntag, 13. und 14. Januar

14. 1. 2018 14 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Morgens nach Wiesbaden gefahren und dort mit der Lauchröllchenbäckerin und der Heidelberger Turnschwester gebruncht. Empfehlung: Mathilda.

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Danach Wiesbaden erkundet: Altstadt, Kurhaus, Kurpark. Alles sehr mondän.

Wikipedia sagt, das Kurhaus in Wiesbaden sei einer der „prunkvollsten Festbauten Deuschlands“. Man mag es glauben.

Wiesbaden: Kurhaus von innen

Der Kurpark ist im Januar erwartungsgemäß trist, was mehr am Januar liegt als am Kurpark. Entlang des Parks: Villa an Villa. In den Villen arbeiten Rechtsanwälte an Rechtsanwälte. Ganz Wiesbaden scheint aus Rechtsanwälten zu bestehen.

*

Danach Fahrt nach Mainz zum ZDF, das sportstudio besuchen. Die Freundin arbeitet dort und fragte vor einigen Wochen, ob ich mal kommen, ihr beim Arbeiten zusehen und die Kollegen kennenlernen wolle, von denen sie immer erzählt.

Ich schaue mir im Studio die Sendung an und lerne die Leute kennen, die allesamt so sympathisch sind wie angekündigt. Nach der Aufzeichnung trinken wir noch eine Cola, danach geht’s heim. Ein langer, runder Abend. Um 2:30 Uhr liege ich in Heidelberg auf der Schlafcouch.

*

Am Sonntagmittag zarter Sonnenschein in Ziegelhausen.

Heidelberg: Blick auf Ziegelhausen mit ein bisschen Sonne

Ich werde aufs Land und in den Wald gefahren – so weit hinein, dass ich mir sicher bin: Gleich kommt Räuber Hotzenplotz aus dem Tannenwald. Wir erreichen einen Ort, in dem es keinen Handyempfang gibt, nicht für Telefon und schon gar nicht für LTE. Ich werde Menschen vorgestellt; wir trinken Espresso und Apferlschorle und essen Geschnetzeltes.

Fragen Sie mich nicht, wie ich diese Sachen immer erfahre und wie es dazu kommt, dass die Leute mir all diese Geschichten erzählen – ich weiß nun jedenfalls:

Vor Monaten wurde der Postbote des Ortes zuletzt gesehen. Man munkelt, er lebe aktuell in Vollpension in der Landesstrafanstalt, denn der Tag seines Verschwindens fällt mit dem Tag zusammen, an dem dieser Undercover-Polizeieinsatz war, der nur aufgefallen ist, weil der Huber Leopold, nachdem er bereits drei Kilometer mit zugefrorener Frontscheibe über die Landstraße fuhr,  sich dachte, dass es eine gute Idee sei, die Scheibe mal freizukratzen. Er fuhr rechts ran und kam direkt neben einem Polizisten zu stehen, den er allerdings beim Ranfahren nicht sehen konnte, weil ja die Scheibe dicht war. Der Huber Poldi stieg also aus seinem Wagen, den Eiskratzer in der Hand, und wie er sich erhob, stand er Auge in Auge mit diesem Bär von Mann mit Knarre und schusssicherer Weste und Knopf im Ohr, der ihm zuraunte: „Steigen’s bittschön wieder ein. Bis die Kirch‘ anfängt, sind wir wieder weg“, woraufhin der Poldi geräuschlos und in einer fließenden Bewegung zurück in sein Auto glitt und weiterfuhr, ohne die Scheibe freizukratzen. Er las dann später in der Presse, dass da dieser Polizeieinsatz war, bei dem es um Waffen oder um Drogen ging, das hat er vergessen; jedenfalls ist seither der Postbote weg.

Das eigentliche Problem an der Sache ist, und das ist auch der Grund, warum wir darauf zu sprechen kamen: Die Post verteilt nun ein Anderer, und er macht das dergestalt, dass die Familie Altmann alle Briefe bekommt, deren Empfängernamen mit A beginnen, die Familie Becker alle Briefe für Menschen mit B und so weiter, was natürlich ein unhaltbarer Zustand ist, denn jetzt müssen die Altmanns und die Beckers und alle Anderen von A bis Z durchs Dorf rennen und den Job des Postboten zu Ende machen. Ein wirres Durcheinandergelaufe, wie man sich vorstellen kann. Allerdings muss man sagen, dass auch vorher nicht alles rund lief, denn der Postbote, der jetzt nicht mehr Postbote ist, hat die Briefe bisweilen einfach bei den Leuten ins parkende Auto geworfen, deren Scheibe wegen des Hundes ein Stückerl unten war, wobei sich im Nachhinein herausstellte, dass der Halter des Wagens doch nicht mit dem Empfänger des Briefes übereinstimmte.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Biber, der Dämme baut, die den Bach stauen. Der Bach überflutet dann die Felder des Bauern. In dem Bach badet ab und an die Fischerin, die Fischer Leni, bei Sonnenaufgang, nackt und mit langem Haar wie eine Nymphe, aber das ist eine andere Geschichte, die jetzt den Rahmen sprengt. Der Bauer möchte den Biber am liebsten tot sehen. Der Biber steht allerdings unter Naturschutz und hat außerdem Fans im Ort, weshalb ein Streit entbrannt ist, der dazu führte, dass der Bauer einen Betonpoller gegossen und auf den Feldweg gestellt hat. Jetzt können die Leute, die den Biber mögen, aber den Bauer nicht, nicht mehr über den Feldweg fahren, obwohl sie müssen. Vielleicht wird deshalb irgendwann nochmal der Mann mit der schusssicheren Weste kommen – wir hoffen aber, dass nicht.

Ende des Tages.

Kommentare

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  1. Aaah, ich möchte die Geschichte mit der Nymphe wissen!

    Und bei der Briefverteilung hatte ich gerade regelrecht Kopfkino.

    (Jedem anderen Menschen würde ich unterstellen, 3/4 selbst ausgedacht zu haben. Ihnen glaube ich das alles.)

    1. Vanessa sagt:

      Das ist schon alles so. Sowas kann ich mir auch nicht ausdenken, wirklich nicht. Da schreibt das Leben immer noch die besseren Geschichten. Was einzig sein kann, ist, dass der Huber Poldi nicht der Huber Poldi ist, sondern vielleicht der Steinbacher Egon, und dass die Sache mit dem Biber noch komplizierter ist.

      Die Nymphe, nun ja – stell Dir vor, dass da jetzt der Steinbacher Egon zum Mähen der Wiese kommt, während die Fischerin nackbadet. Der Rest ist Deine Fantasie.

  2. Frau Koralle sagt:

    Postzustände wie in Stars Hollow…

    1. Vanessa sagt:

      //*googelt „Stars Hollow“

      „… a close-knit community with many quirky characteristics …“ – klingt gut.

  3. Sabine sagt:

    Ich wollte nur mal meiner Freude über die Tagebuchbloggerei Ausdruck verleihen. Wie schön, hier so viel zu lesen! (Und dann noch solche Geschichten! ;-) )

    1. Vanessa sagt:

      Hach! Danke. <3

  4. Orinoko sagt:

    Helene Fischer badet nackt auf einem Feld in Ziegelhausen?!

    1. Vanessa sagt:

      Wir fuhren ja aufs Land, Jottwede. Und die Nymphe stelle ich mir mehr wie Reiner Langhans in weiblich vor. Aber da gönne ich jedem seine Fantasie.

  5. Annette Friese sagt:

    Neulich im Auenland…(-; Habe wie immer sehr gelacht, heute sehr zum Erstaunen der restlichen Handlungsreisenden um mich herum im Hotel „Zur muffigen Deko“. Danke, der Abend hat wieder einen Sinn.

    1. Vanessa sagt:

      Freue mich immer, wenn ich dienlich kann.
      #serviceblog

      Ich bin im Hotel „Zur Zimmersauna“:
      „Ihnen ist warm? Wir können wärmer!“

  6. Kai sagt:

    Von Ziegelhausen aus? Ging’s in den Odenwald oder ins Badische? Und ja, wir Odenwälder sind manchmal…. speziell.

    Bei Wald-Michelbach, nördlich von Ziegelhausen, trieb sich bis vor wenigen Wochen noch ein Wolf rum, der erste nach 150 Jahren. Er ist wohl aber mittlerweile weitergezogen: https://hessen.nabu.de/news/2017/23066.html.

    1. Vanessa sagt:

      Ob der Odenwald oder das Badische – das lassen wir jetzt mal offen. Am Ende sitzt der Postbote gar nicht in Haft, sondern ist einfach nach Mallorca ausgewandert, und wenn wir den Ort genauer nennen, wissen alle, wer er ist, und denken, er hätte was auf dem Kerbholz.

      Der Wolf war ein großes Thema! Dass er weitergezogen ist, schmälert nicht den Gesprächsbedarf. Man kennt auch die Geschichte eines anderen Wolfes, der tot aufgefunden wurde: mit Patrone im Schädel und Steinen beschwert in einem Teich – wie bei der Mafia. Davon weiß der Naturschutzbund natürlich nix.

  7. Photokina sagt:

    Ich wollte mich für die Restaurantempfehlung in Wiesbaden bedanken, war die Tage beruflich in Wiesbaden und zum Abendessen im Mathilda. Habe sehr sehr gut gegessen!

    1. Vanessa sagt:

      Das freut mich!
      #serviceblog

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