Als Kind hatte ich einige Bücher, an die ich mich heute noch genau erinnere.
„Lotta aus der Krachmacherstraße“ gehört dazu. „Die Kinder aus Bullerbü“ und „Madita“. Natürlich auch die „Wawuschels“, „Die unendliche Geschichte“, „Oh wie schön ist Panama“ und „Konrad aus der Konservendose“. Am liebsten mochte ich aber Lotta, die Rad fahren lernt – mit dem Fahrrad von Tante Berg.
Als ich die Biografie von Astrid Lindgren sah, dachte ich deshalb sofort: Die möchte ich lesen.
Denn Astrid Lindgrens Figuren, wer kennt sie nicht? Michel aus Lönneberga, Karlsson und Lillebror, Ronja Räubertochter und Bork Borkasohn, Tjorven und Bootsmann von Saltkrokan, die Brüder Löwenherz und natürlich Kalle Blomquist und Pipi Langstrumpf. Aber Astrid Lindgren selbst?
Mit 18 Jahren wird sie ungewollt schwanger. Sie bekommt das Kind in einer dänischen Klinik, in der sie nicht den Namen des Vaters angeben muss. Später heiratet sie Sture Lindgren und bekommt noch eine Tochter. Sie beginnt zu schreiben – erst Märchen, mehr schlecht als recht, dann Pippi Langstrumpf. Der erste Verlag lehnt das Werk ab: zu progressiv – ein ungezogenes Mädchen, das tun und lassen kann, was es will, wo gibt’s denn sowas. Doch dann findet Astrid einen Verlag, und das Buch geht sofort durch die Decke.
Jens Andersen erzählt das Leben der Schriftstellerin – ein langes Leben: Astrid Lindgren ist 94 Jahre alt, als sie 2002 in Stockholm stirbt. Pippi Langstrumpf war tatsächlich ihr erstes, wirkliches Werk für Kinder – Ronja Räubertochter (1981) das letzte. Dazwischen liegen viel persönliche Entwicklung, Zeitgeschichte und unterschiedliche gesellschaftliche Strömungen.
Ich habe die Biographie sehr gerne gelesen, auch wenn sie im hinteren Drittel ein paar Längen hat. Aber das bleibt bei 94 Jahren, die zu erzählen sind, nicht aus. Interessant fand ich vor allem die persönliche Ebene: das ungeplante Kind, die Ehe, ihre Haltung zu Kindern und zur Kindererziehung und den Mut, sich gegen den konservativen Mainstream zu stellen. Aber auch die Hintergründe zu Pipi Langstrumpf sind erhellend: Astrid hat die Geschichte während des Zweiten Weltkrieges geschrieben, und sie enthält zahlreiche Anspielungen.
Manchmal allerdings wirkt Andersens Erzählstil etwas zu lobhudelnd: Da hätte ich mir mehr Neutralität vom Autor gewünscht.
Sehr gerne angeschaut habe ich übrigens die Bilder: Das Buch enthält zahlreiche Fotos aus Lindgrens Leben.
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Das Buch wurde mir zur Rezension zur Verfügung gestellt. Ich rezensiere nur Bücher, die ich mir auch gekauft hätte.
Kommentare
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Ich hab damals auch fast alles von ihr gelesen. So gut! Als ich vor Jahren dann meinen Söhnen Bullerbü vorlas, fiel mir erst auf, wie frei und unbeaufsichtigt die Kinder aufwachsen – die Eltern spielen kaum eine Rolle, die Kinder sind nach der Schule und im Sommer den ganzen Tag über praktisch auf sich gestellt. Vielleicht ist deshalb die Welt, die sie beschreibt, so anziehend? Und wie brutal sind die Brüder Löwenherz? Da hat sie schon einen Stil geschaffen, der weitab von der heilen Welt Werte wie Mut, Einfallsreichtum, Freundschaft und Aufrichtigkeit in den Vordergrund stellt. Ja, ich mag Astrid Lindgren sehr.
Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga haben mich durch meine Kindheit begleitet.
Vielleicht sind ergänzend auch ihre Tagebücher 1939-1945 interessant: http://www.amazon.de/gp/product/3550081219/ref=as_li_tl?ie=UTF8&camp=1638&creative=19454&creativeASIN=3550081219&tag=eud-21&linkCode=as2