Beginnen wir einmal ganz von vorn, quasi bei der Erfindung des Blogs:
Es gibt in diesem Internet ein Blog – ich möchte behaupten: Dieses Blog ist die Mutti aller Muttiblogs. Es besteht seit 2004, einer Art paläodigitalem Zeitalter, in dem wir mit Klapphandys telefonierten und unsere Rezepte im Dr.-Oetker-Schulkochbuch googelten, in dem wir mit gewaltsam gegen den Knick gefalteten Falk-Plänen durch Städte gingen und es noch zwei Jahre dauern sollte, bis Twitter erfunden wird.
Vor elf Jahren also, als Gerhard Schröder Bundeskanzler war und die Gartenbohne das Gemüse des Jahres wurde, setzte sich die Mutter der Mutti aller Muttiblogs an einen Schreibtisch und begann zu bloggen.
Diese Frau, die Pionierin des Erzähltippens, heißt Patricia Cammarata, formally known as Das Nuf. Und Patricia hat nun ein Buch veröffentlicht.
Endlich!, möchte man sagen, nach so vielen Jahren. Denn ich mag Patricias Schreibstil: entspannt und selbstironisch, satirisch und humorvoll – das passt alles wunderbar. Insbesondere zum übergeordneten Thema des Blogs passt es gut: Leben mit Kindern.
Patricias nicht vorhandene Leidenschaft für Brotdosen, ihr ebenso engagierter wie erfolgloser Versuch als Bastelmutti, ihr nimmermüdes Engagement in Sachen Aufwachteller – das alles macht sie unglaublich sympathisch (ein Eindruck, der sich übrigens besätigt, wenn man sie trifft). Darüber hinaus bloggt Patricia auch über Nicht-Eltern-Themen – ein großes Qualitätsmerkmal eines Elternblogs, wie ich finde.
Ein Buch also. Es heißt „Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe“ – ein Titel, der den Inhalt treffend zusammenfasst.
Eigentlich bräuchte ich nun nicht weiter fortfahren, denn hey! Ein Nufbuch! Außerdem hat Christian vom Familienbetrieb bereits alles über das Buch gesagt. Trotzdem ein paar Worte meinerseits:
Das Buch bündelt Beiträge aus dem Blog; es ist eine Art Kurzgeschichtensammlung. Manch einer mag das kritisieren, ich halte das für ein Format, das seine Berechtigung hat. Schön kompakt zum Durchblättern die Höhepunkte aus elf Jahren Blog (und ungefähr so vielen Jahren Familienleben), in mundgerechten Häppchen und handlich verpackt zum Immer-wieder-in-die-Hand-nehmen, zum Aufs-Klo-legen und Beim-Bahnfahren-Lesen. Und natürlich zum Verschenken – für all die vielen Menschen, die Blogs noch nicht für sich entdeckt haben.
Ich selbst kannte übrigens nur rund ein Drittel der Beiträge und habe mich gefreut, die anderen zu lesen.
Am Ende noch zwei Kritikpunkte, die aber eher in Richtung Lektorat gehen. Zuerst zur Sortierung der Geschichten, denn die Chronologie ist irreführend: Mal ist Kind 1.0 klein, in der nächsten Geschichte ist es Teenager, dann wieder klein; das hätte man besser machen können – hängt aber möglicherweise mit der Untergliederung in Kapitel zusammen, die sich mir nicht erschlossen hat. Einfach chronologisch hintereinander weg, ohne künstlische Themeneinteilung, das wäre besser gewesen. Zweiter Wehrmutstropfen ist der Untertitel „Tiefenentspannt durch die Kinderjahre“. Die Erzählerin (von der Autorin weiß ich es nicht) ist mitnichten immer tiefenentspannt – das macht es doch gerade so gut! Warum also dieser Mainstream-Untertitel?
Insgesamt: schöne Lesefreude mit ein paar wirklich herzlichen Lachern und vielen Schmunzlern. Ich habe das Buch schon dreimal verschenkt.
*
Das Buch wurde mir zur Rezension zur Verfügung gestellt. Ich hätte es mir aber auch so gekauft, als alter Nufgroupie.
Kommentare
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„ohne künstlische Themeneinteilung“
Da hat Kind 3.0 schon abgefärbt :-)
Ach, Frau Nessy, da wünschte ich doch beinahe, ich wäre Vater, denn dann hätte ich mir das Nufbuch[tm] bereits gekauft.
Aber sagen Sie doch der Frau Nuf, deren Blog ich übrigens auch regelmäßig lese, dass ich ihr Buch allen Eltern empfehle, die ich so kenne. Das sind immerhin so, Moment, lassen Sie mich nachrechnen … drei, oder vier. Ungefähr. Bei Eltern ist es manchmal schwierig den Überblick zu behalten, denn man weiß nie, ob man zwei zusammen zählen soll, also als ein Elter, und wer gerade von wem wieder getrennt oder geschieden ist.