Der Tag beginnt wie jeder Arbeitstag um 6.30 Uhr, was reichlich früh ist, aber sprechen wir nicht darüber.
Der Strauß Ringelblumen, den ich am Samstag im Garten gepflückt habe, ist verwelkt. Ich frühstücke und lese in meinem Buch – eine der schönsten halben Stunden des Tages, bevor ich ins Büro fahre.
Vor dem Weg zur Arbeit gieße ich die Thorstens und pflücke die reifen Tomaten, vertuppere sie und nehme sie mit. Ich esse sie am liebsten pur. Sie sind wie Bonbons: süß und mit viel Geschmack.
Im Büro ist viel zu tun, mein Morgen ist ausgefüllt. Ich habe praktisch keine Verschnaufpause.
Deshalb beschließen die Kollegin und ich, die Mittagspause mit einem kleinen Spaziergang zu verbringen.
Wir laufen zum Datteln-Kamm-Kanal, der tatsächlich hübscher ist, als es das trübe Bild vermuten lässt. Das Wetter ist wolkig, aber schwül. Am Kanal weht ein leichter Wind.
Ein Geländer säumt das Wasser. Wir stützen uns darauf und unterhalten uns.
Der Nachmittag vergeht wie der Vormittag: Absprachen, Abwägungen, Angebote und Auftragsbestätigungen. Gespräche über Backend, Frontend, Konzeption. Themenwechsel zu: Storyboard. Themenwechsel zu: Text. Themenwechsel: Telefontermin. Entscheidungen treffen.
Dann Feierabend. Um 18 Uhr breche ich auf und fahre zu einer Verabredung an den Phoenixsee.
Beim Warten auf meine Begleitung mache ich ein Selfie und komme mir dabei ziemlich doof vor. Ich bin müde, verschwitzt und erschöpft.
Immerhin hat der Wind aufgefrischt, die Schwüle weicht einem kühlen Abend.
Wir setzen uns ins türkische Restaurant. Die Begleitung entscheidet sich für ein Gericht namens „Der Imam fiel in Ohnmacht“. Mein Essen heißt einfach: „Hähnchen in Weißwein-Curry“.
Ich schnacke ein bisschen mit dem Restaurantbesitzer und erfahre, dass die Geschäfte gut laufen. Besonders am Wochenende sei es voll, das Wetter spiele ihm in die Hand. Er wolle jetzt auch testweise Frühstück anbieten: türkisches Buffet für 8,50 Euro. Ich freue mich für ihn, dass er zufrieden ist.
Wir gehen noch ein bisschen am See entlang.
Am See gibt es ein Haus im Kolonialstil. Vor dem Haus steht ein Mann, von dem ich weiß, dass er nur eine Figur ist – trotzdem denke ich jedesmal: Huch.
Die Sonne geht unter. Die Wiesen sind dick und grün. Ich mag den August, in dem die Bauern das Getreide ernten, der Sommer Kraft hat, und die Natur satt und bunt ist.
Doch mit Traurigkeit bemerke ich jeden Abend, dass die Tage wieder kürzer werden.
Als ich mich auf den Weg zum Parkplatz mache, ist es schon fast dunkel.
An der Hörder Burg die Aufschrift:
Als ich heim komme, steckt ein dicker Umschlag in meinem Briefkasten – und ich freue mich wie ein Schnitzel: das Buch von Frau Nuf! Flippste aus!
Ende für heute.
Kommentare
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Sie wirken überhaupt nicht doof, liebe Frau Nessy, ganz im Gegenteil…
Ich vielleicht nicht. Aber das Selfiemachen ist vor Publikum schon seltsam. (Danke.)
danke für die wie immer gelungenen 12 :)
das Restaurant kommt auf die Liste neben die Lieblingsbäckerei. Assoziationskettenerweiterung, das ist doch in Ihrem Sinne?
(Erlauben Sie, dass ich kurz meine Verblüffung über „mit freundlichen Grüßen des Autors“ vermerke. Es bleibt wohl kompliziert. ) Aber ich freue mich auch schon sehr auf das Buch.
Den „Autor“ fand ich auch seltsam, als ich Karte und Buch aus dem Umschlag zog.
Liebe Frau Nessy, schon seit Jahren schaue ich immer mal wieder auf Ihrer Seite vorbei und genieße Ihren Schreibstil, Ihre Energie, Kreativität, Lebensfreude und treffsicheren Seitenhiebe. Heute, beim Anblick dieses so schönen und zarten Selfies kam mir der Gedanke, dass ich endlich mal… Herzlichen Dank dafür, Einblick in Ihr Leben und Gedanken zu bekommen!
Oh, danke.
//*errötet
Dabei schreibe ich in letzter Zeit kaum etwas – zu meinem eigenen Bedauern.
Ich finde Ihre Tage immer so anstrengend. Weiß jetzt auch nicht. Verabredungen nach der Arbeit, Sport, Lesen, Garten, Thorstens, etc. Da würde ich mich total überfordert mit fühlen. Und dann denke ich ob ich mein Leben richtig auskoste? So abends auf der Couch, wo ich mich nach einem Arbeitstag am wohlsten fühle?
Ich finde meine Tage auch manchmal anstrengend.
Heute deshalb: Sofa. Oder Balkon.
Das Ganze wäre im Übrigen viel weniger anstrengend, wenn diese zeitraubende Erwerbstätigkeit nicht wäre.
Das ist wahr. Aber die Erwerbstätigkeit ermöglicht es uns ja erst überhaupt auf einer Couch zu liegen. So auf Euro-Paletten wäre nicht so bequem. Und da schließt sich dann im Großen und Ganzen wieder der Kreis.
Ich gebe die Hoffnung weiterhin nicht auf, im Laufe meines Lebens überraschend und auf wundersame Weise reich zu werden, arbeite aber zunächst an laufenden Projekten weiter. Allein schon, um später nicht aufzufallen.
Liebe Frau Nessy,
danke ! Mir tun Ihre Dortmunder Fotos und Berichte immer wieder gut, auch die aus dem Gaaten!
viele liebe Grüße aus dem Süden
Jule
Ich versuche, die regelmäßige Lieferung von Dortmund-Fotos auch in Zukunft zu gewährleisten. :)
Sapperdilotti, schon wieder den Zwölften verpasst.
Dabei habe ich extra einen Servicetweet abgesetzte. Ich sollte Sie vielleicht explizit darin erwähnen.
Datteln-Kamm-Kanal.
Sowas macht Sie sehr menschlich.
;-)