Drei Tage Holland.
Die Niederländer mögen es mir nachsehen: Ich wohne kaum eineinhalb Fahrstunden von ihrem schönen Land entfernt, aber ich war erst zweimal dort. Zu meiner Verteidigung darf ich anführen, dass ich auch nur eineinhalb Fahrstunden von Bielefeld entfernt wohne und und sogar noch nie dort war. Oder sagen wir: Noch nie dort ausgestiegen bin.
Holland also. Vor allem: Den Haag. Das kennt man – irgendwie. Dort ist doch dieses Kriegsverbrechertribunal. Das war auch schon alles, was mir zu Den Haag einfiel. Ein guter Grund, um dorthin zu fahren.
Den Haag liegt am Strand, an der Nordsee, hat demzufolge Wasser, Sand und eine Promenade, auf der sogar ein Karussel steht.
Das alles genügt, um den ersten halben Tag zu verweilen. Denn Meer und Strand ist etwas, dem ich lange, sehr lange zuschauen kann. Wasser, wie es anlandet, wieder wegfließt, wieder anlandet, wie es Steinchen und Muscheln rollen lässt, wieder fortzieht, rollen lässt, wie es Schiffe trägt, große Schiffe, die nach Rotterdam in den Hafen wollen, wie es überhaupt einfach da ist, wie es Möwen und Menschen beschäftigt.
Die Menschen, sie laufen den Strand auf und ab. So wie ich selbst. Ich schaue sie an, schaue ihnen zu, wie sie ihren bettelnden Hunden Bälle werfen, wie die Hunde den Strand entlang stürmen, wie sie hart in die Bremsen steigen, wie sie den Ball fangen, ihn zurücktragen und wieder bettelnd vor ihren Menschen stehen. Wie die Menschen den Ball werfen, diesmal ins Meer, wie die Hunde hineinstürmen, wie sie feststellen, dass das Wasser tief und nass und salzig ist, wie sie schnaufend wieder herausschwimmen und warten, bis das Meer ihnen den Ball vor die Füße trägt, wie sie den Ball aufnehmen und wieder zu ihren Menschen tragen, auf dass diese ihrem Betteln erneut nachgeben und werfen.
Währenddessen weht der Wind, zerzaust die Haare der Menschen und der Hunde. Die Haut prickelt, kleine Sandkörner pieksen, und alles ist perfekt.
Auf dem Weg nach Den Haag kommt man, wenn man möchte, durch die Provinz Utrecht, am Paleis Soestdijk in Baarn vorbei. Dort gibt es keinen Sand, keinen Strand, kein Meer. Dort gibt es Parks und Wälder, große Bäume, alte Bäume.
Ich besuche gerne Schlösser und Burgen. Ich mag es, mir vorzustellen, wie die Menschen dort leben und gelebt haben. Ich mag mir vorstellen, wie kleine Prinzen und Prinzessinnen in diesem Park gespielt haben. Wie sie dieses Dinosaurierskelett entdecken haben und hinaufklettern. Doch Vorsicht! Der Riese ist noch nicht ausgestorben. Er lebt noch, er atmet und Achtung! Er erhebt sich! In Deckung! Wir müssen ihn bekämpfen! Holt euch Waffen!
Äste und Stöcke werden zu Speeren und Gewehren. Der Feind ist gefährlich, er kann Feuer spucken und hat giftige Stachel. Deshalb nähern sich die Jäger von hinten. Vorsichtig pirschen sie sich an und – waaaaah! Auf ihn! Erlegt ihn!
Oben an der Küste, in Den Haag gelange ich dann tatsächlich zum Internationalen Gerichtshof. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber er ist genau so, wie ich ihn mir nicht vorgestellt habe: alt, kirchlich, Big-Ben-haft.
Mit großen Orten ist es ja so, dass sie in Wirklichkeit sehr klein sind. Dass man sie gar nicht als das erkennt, was sie sind: bedeutend und voller Geschichte. Wenn ich an all die Orte denke, an denen ich bereits gewesen bin, an denen Menschen starben und Schlachten geschlagen wurden, an denen Entscheidungen fielen und jemand Leben rettete – diese Orte alle sind Jahre später nichts weiter als Wiesen und Gebäude, als Straßen und Plätze wie andere Straßen und Plätze.
Am letzten Tag aber traf ich, in der Nähe von Europol und der OPCW, der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen, einen großen Mann, dem ich seine Größe ansehen konnte.
The Hague. Mit dem Zug vom Ruhrgebiet aus über Duisburg und Utrecht. 3 Stunden Fahrzeit. Sparpreis in der 1. Klasse: 59€ pro Strecke. Novotel The Hague World Forum: 90€/Nacht. Speculaasmoppen: 3,75€. Sonne, Strand und Wind: unbezahlbar.
Kommentare
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Die Fotos und dein Bericht sind herrlich!
Dankeschön.
Liebe Nessy, hast du meinen Objektivdeckel gefunden? Vor 7 Jahren hat ihn die stürmische Nordsee bei Scheveningen verschluckt.
Tut mir leid. Hätten Sie das mal vorher gesagt. Dann hätte ich einen der anwesenden Hunde in die Nordsee geschickt.
Soso, Sie glauben also auch daran, dass Bielefeld wirklich existiert? tststs
Sie meinen, das ist ein Hologramm, an dem man mit dem Zug vorbeifährt?
Mal hier lesen :-)
http://de.wikipedia.org/wiki/Bielefeldverschw%C3%B6rung
Schon klar. Aber wir uns ja alle nicht sicher.
;-)
https://www.youtube.com/watch?v=Lcec4loroH0&list=PLF4AE2D6F4C2EC90A&index=2
Sorry, das war das falsche, peinlich…
Das hier meinte ich (hoffentlich jetz der richtige Link). Kann das andere leider nicht editieren…
https://www.youtube.com/watch?v=Lcec4loroH0
Was hat es denn mit diesen Moppen auf sich?
Das sind Spekulatiuskekse. Sehr lecker. Ich bin ja nur partiell spekulatiusinteressiert, aber die niederländischen schmecken sehr gut.
Man kann Spekulatius mit dick kalter Butter drunter auf Weck legen, lecker
(Weck ist quasi Micken am Stück, Stuten in Westfalen, natürlich ohne Rosinen)
Uih, welch eine schweinische Idee. Wäre natürlich schön, wenn der Spekulatius dann ein wenig labbrig wäre. Aber das lässt sich ja einrichten.
In den Niederlanden war ich als jemand, der nur ca. 80 km von der Grenze entfernt aufgewachsen ist, so einige Male, allerdings nie da, wo du warst.
In Bielefeld war ich schon zwei Mal – einmal fürs Fernsehkritik-TV-Fantreffen und einmal fürs Bela-B-Konzert vor nem halben Jahr.
Bela B. in Bielefeld. Schöne Alliteration.
Bela Bielefeld?
Das B. stand in grauer Vorzeit mal für „Barney“, was Bela seit Ewigkeiten aber nicht mehr benutzt.
Wir waren am IJsselmeer kann ich auch nur empfehlen. Land , Leute und erst die Häuser… hier mein Reisebericht *kuckstdu*
http://ichbinhinundweg.blogspot.de/2014/06/ferien-am-ijsselmeer-teil-i.html?m=1
Das Häuschen schaut sehr hübsch aus. Die Stadtführerin in Den Haag meinte: [//*niederländischer Akzent] „Es ist schon ein bisschen lustig, gell? Nordsee zum Beispiel. Und Ijsselmeer. Was für Sie See ist, ist für uns Meer. Und was für uns Meer ist, ist für Sie See.“
ich komm gerade aus Zeeland heim. Soooooooooooo schööööööööön.
und fast war ich der einzige Touri.
Urlaub im November ist ein Konzept, das viele Vorteile zu haben scheint. Habe ich letztens noch drüber nachgedacht.