Post aus dem Jawl – beziehungsweise von Christian via Facebook. Er hat mich gebeten, ein paar Stichworte zu meinem Jahr 1998 aufzuschreiben. Ich mache das mal hier im Blog.
1998 also.
Alter:
20 Jahre
Aufenthaltsort:
Essen, Düsseldorf und Menden/Sauerland
Beruf:
Studentin. Psychologie, Medienwissenschaft und Verlegenheitssoziologie. Schlimme Kombination, es sei denn, man strickt gerne. Ich hatte die NC-Zulassung für die beiden ersten Fächer erhalten, und die Studienordnung ließ, verbunden mit meiner Interessenslage, nichts anderes als das Hauptfach Soziologie zu. Das war mittelprächtig schrecklich. Im Jahr 1998 änderte die Uni die Studienordnung, und ich konnte eine Sprache als alleiniges Hauptfach wählen. Ich habe sofort gewechselt und im Hauptfach fortan Italienisch studiert.
Neben dem Studium habe ich gearbeitet. Diese Studiererei musste finanziert werden; außerdem bedurfte es angesichts der Fächerkombination einer Vorbereitung auf meine Taxifahrerkarriere Anschlussverwendung. Am Wochenende war ich als Freie für die Tageszeitung in Menden unterwegs, habe über Schützenfeste, Orgelkonzerte und Wellensittichzucht geschrieben und Fotodienste gemacht. Das war damals noch Analogfotografie mit Film entwickeln in der Dunkelkammer – die Älteren unter Ihnen erinnern sich. Unter der Woche habe ich Nachhilfe gegeben. In den Semesterferien habe ich in einer Buchbinderei gearbeitet und für eine Messebaufirma Messestände aufgebaut.
Beziehung:
Status: „Es ist kompliziert.“ Im Laufe des Jahres bin ich aus der gemeinsamen Wohnung aus- und in ein eigenes Ein-Zimmer-Appartment gezogen.
Haare:
Gute Frage. Ich glaube: lang. Und ich fürchte, ich hatte einen Pony.
Urlaub:
Insel Pag (Kroatien)
Bemerknis #1:
Mit dem Umzug habe ich mir mein erstes Modem gekauft und hatte fortan Internet in meinem Zuhause. Ich habe es nur eingeschaltet, wenn ich es brauchte, denn wir hatten damals ja nix, nicht einmal eine Flatrate. ICQ war der letzte heiße Scheiß.
Bemerknis #2:
Ich konnte fünf Fernsehprogramme empfangen: ARD, ZDF, WDR, RTL und einen niederländischen Sender. Wenn ich nachmittags von der Uni kam, habe ich gerne Hans Meiser zugehört. Sehen ging nicht, denn RTL war voller Schnee. Leider ging RTL irgendwann verloren, und ich hatte nur noch Eins, Zwei und Drei. Und den Holländer.
Weiterführende Literatur:
Ich bin mal ins Blogflöz hinabgestiegen und habe mein Teenietagebuch abgestaubt. Das ist zwar nicht aus 1998, sondern von 1995, dafür aber mit Special Audio Feature. Falls Sie also nichts vorhaben:
22. April 1995: Gestern PUR-Abend bei Tanja.
6. Mai 1995: Hervorragende Nachrichten!
10. Mai 1995: Die Lösung der Montagssache.
11. Mai 1995: Die Ereignisse überschlagen sich.
13. Mai 1995 (besagter Samstag): O-ber-pein-lich.
14. Mai 1995 (Sonntag nach besagtem Samstag und vor besagtem Montag): Dann doch lieber eine scheiß Taufliege sein.
15. Mai 1995 (besagter Montag): Geredet. So richtig.
23. Mai 1995: Schluckauf.
30. Juni 1995: Ein Leben wie auf einer Galeere.
3. Juli 1995: Der Brief.
Falls Sie gerne mitmachen und ein Jahr von mir haben möchten, schreiben Sie es in die Kommentare. Ich schüttel dann den Kalender für Sie.
Kommentare
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(Der 11. Mai verlinkt sich auch auf den 10. Mai. Und der 23. auf den 15.)
Und das hier…
„Ich weiß nicht mal, ob er mich richtig wahrgenommen hat. Aber das ist doch kein Grund, mich nicht zu grüßen! Schließlich muss er mich gesehen haben. Ich saß ja die ganze Zeit da.“
…ist quasi die Zusammenfassung meines pubertären Liebeslebens. Und das meiner besten Freundin. Zentraler Satz „Oh, siehst du? Ich glaube, er hat zu uns rüber geblinzelt!!!“ – und dann verfielen wir in einen Zustand katatonischer Verzückung wie sonst nur Katholiken vor einer Marienerscheinung.
Ich gehe jetzt die ollen Tagebücher rauskramen – das kann ich sicherlich noch toppen! Denn die Beste und ich hatten denselben Schwarm und haben darüber korrespondiert. Weia.
Wie ging es eigentlich nach dem Brief an N. weiter?
Gar nicht. Oder, um bei meinem 17-jährigen Ich zu bleiben: erst o-ber-pein-lich und dann gar nicht.
„…ist quasi die Zusammenfassung meines pubertären Liebeslebens.“ – Gnihi. Schön gesagt.
(Links korrigiert – danke!)
Uiii, ’98! Im Januar die Doktorarbeit (Inhalt vergessen aber den Titel kann ich noch) eingereicht. Im Sommer auf IT umgeschult (was’n echter Bio-Doc eben so macht), Kind 1 auf Stapel gelegt.
Uih – auch ein ereignisreiches Jahr. Und noch dazu so positiv. Wie schön!
Hatten Sie damals auch schon so einen Brauereihintern?
Prima Nebeneffekt des Modems: Sie konnten ggf. noch staunen als Sie das erste Mal mit ISDN online gegangen sind. So schnell und ganz ohne Pfeifen! Heute fliegt man quer ueber die Welt und in der Ansage beim Start wird erwaehnt, dass 10MB Traffic aus dem Flieger frei sind.
Viel schoener aber – und daher auch keine Jahreszahl von mir – die Sammlung sorgt fuer ein wenig stoebern in den alten Posts. Tolle, tolle Sache, das.
Nicht wahr? Habe ich mir auch gedacht. Habe gestern doll in Erinnerungen geschwelgt.
Sehr verehrte Frau Nessy,
ich lese alle Ihre Beiträge und dran gewöhnt habe ich mich eh schon lange … :-)
Heute schreibe ich Ihnen, weil mir in Ihrem Text eine Wendung auffiel, über die ich seit Längerem nachdenke, nach einer Alternative suche (und sie nicht finde) und vor allem: ich hatte sich als typisch Bayrisch verortet…?
Ich meine „unter der Woche“
(…“Unter der Woche habe ich Nachhilfe gegeben“…)
Herzliche Grüße vom Wortklauber aus München
Vorschlag einer Alternative: Ich würde in dem Fall die Formulierung „In der Woche“ oder „Die Woche über“ benutzen. Ggf. noch „wochentags“ oder „werktags“.
„Unter der Woche“ sagt man bei uns zuhause im Sauerland. Vielleicht auch noch woanders, aber bei uns hieß es immer „unter der Woche“. So wie „unter Umständen“ oder „unter den und den Bedingungen“. „Unter der Woche“ hat gefühlt also sowohl eine zeitliche als auch eine modale Bedeutung.
Unter der Woche sagense bei uns auch. Das ist im Bergischen so.
Ich würde bei diesem Jahr-Spiel gerne mitmachen. Aber gib mir bitte nur Jahre ab 1991…
Und was kann ich zu 1998 sagen? Mein schönes Einzelkind-Dasein wurde beendet und ich wurde ständig vom schreienden Babybruder geweckt.
2004.
Danke! Ist jetzt hier zu finden: http://kitschautorin.wordpress.com/2014/11/06/mein-2004/
Südschweden – jaha. Kenne ich. Das klassische Jugendfreizeitziel. Dort war ich auch.
“Die Abschlussklasse” – das habe ich nie verstanden. War das die erste scripted-reality-Nummer im deutschen Fernsehen? Mir fehlte da irgendwie der Zugang. Ich war aber auch schon zu alt. Also – als Zielgruppe.
Auf Jugendfreizeiten war ich nie, aber x Mal in Südschweden, weil mein Vater so ein großer Skandinavien-Fan ist, dass er jetzt sogar da wohnt (inklusive Mutter und Sohn).
Kann sein, dass das die erste SR-Sendung war. Damals fand ich so was klasse. Mittlerweile schüttelt sich da bei mir alles.
[…] Frau Nessy hat mir ein Jahr zugelost, zu dem ich was aus meinem Leben erzählen soll, und das tue ich doch gerne. […]
warum übrigens 1998?
im allgemeinen Was-tat-ich-damals-Kram hätte ich 1989 viel schlüssiger gefunden.
Kein Grund. Kein Zusammenhang mit Mauerfall. Sinnfreie Reminiszenzen und ziellose Nennung von Jahren.
Argh!
Das ist jetzt aber wirklich unfair uns nach dem Brief so unaufgeklärt sitzen zu lassen. Wie soll ich denn so heute schlafen können? o.o
Ich bitte um (kurze) Aufklärung, was aus N. wurde! :D
Liebe Nessy
Ich hab mich jetzt durch sämtlich Audiodateien geklickt und habe mich dabei köstlich amüsiert. Auch ich konnte mich extrem mit deinem pubertären Ich identifizieren. „Ob er mich sieht?!“ „Guck doch, er hat rübergesehen!“ „Der hat mich EINDEUTIG gesehen und mich NICHT MAL GEGRÜSST!!“ Meine Güte, das waren Zeiten… Ich mache auch gerne mit beim Jahreszahlen-Roulette. Liebe Grüsse, Änni
Ja, das waren harte Zeiten.
Jahreszahl … 2000.
Vielen Dank für die wunderbare Jahreszahl. Ich hab mich jetzt endlich darüber ausgelassen:
http://www.aenni-on-tour.ch/aennis-jahr-2000/