Zu meinem neuen Garten gehört auch eine neue Wohnung.
Die vorherigen Bewohner hatten diese Wohnung ganz apart tapeziert: im Wohnzimmer und Flur eine Melange aus Orange und Rosa, in der Küche ein psychedelisches, pollockhaftes Machwerk auf grauem Grund. Darunter jeweils zwei weitere Schichten Tapeten, denn warum sollte man zuerst alles abreißen, wenn einem nach neuem Interieur ist: Man kann schließlich auch einfach drübertapezieren.
Um diesen Schichten Herr zu werden, habe ich die Handballerinnen angeheuert. Donnerstagabend, eine Trainingseinheit lang. Grad am Anfang braucht es schließlich schnelle Tore, damit die Motivation nicht schon im Keim erstickt! Zack, Zack, die ersten Bahnen runter von der Wand, und die Nummer läuft.
Die Handballerinnen rücken also an, 17 an der Zahl, eine davon hochschwanger und zuständig für die Verpflegung. Jede bekommt einen Spachtel in die Hand, der Coach baut Lautsprecher auf, schaltet Musik an und los geht’s.
„Alta, das sind ja tausend Schichten!“
„Hihi, habt ihr die Tapete mal nass gemacht?“
„Mit diesem Ghost-Buster-Sprühding?“
„Wenn die Tapete nass wird, sieht man Penisse!“
„Echt? wo?“
„Hier! Guck! Im Muster!“
„Tatsächlich! Mit Hoden!“
„Voll die Porno-Tapete!“
„Wo? Will ich auch sehen!“
Jemand bringt Wassereis mit, und wir machen Wassereis-Pause.
„Was ist denn mit den Fliesen in der Küche?“
„Die müssen auch ab.“
„Wow! Cool! Darf ich?“
Sie bekommt Schutzbrille, Hammer und Meißel. Bumm, bumm, klirr. Das war die erste Fliese. Bumm, bumm, klirr – die zweite.
„Die Mädels haben dir auch die Fliesen abgekloppt?“, fragt Vatta später, ungläubig.
„Klar.“
„Wozu braucht ihr eigentlich noch Männer?“
„Fürs Vergnügen natürlich.“
Nach drei Stunden gibt es Würstchen vom Grill und einen Kasten Mädchenbier. Aus den Brötchen quillt der Ketchup. Krautsalat tropft auf die Terrasse.
„Gooooile Party!“
„Das Schlafzimmer schaffen wir auch noch.“
Sie machen sich wieder an die Arbeit und singen dabei „Eisgekühlter Bommerlunder“. Erst gröhlen sie, dann fallen sie in einen opernhaften Kanon. Es ist richtig schön, auch von der künstlerischen Warte aus.
Um 23 Uhr, nach fünf Stunden, sind Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Arbeitszimmer tapetenfrei. Nur der Flur, der muss noch. Am nächsten Tag klagen die Handballerinnen über Muskelkater in der Hand. Und im Arm. Und im Rücken. Aber was wäre eine Trainingseinheit ohne den gewünschten Effekt.
Kommentare
43 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓
Dann noch viel Spass beim Umzug und in der neuen Wohnung. Ich freue mich auf jeden Fall über damit verbundene Geschichten.
Wie das bei einem Umzug so ist, wird es wohl Einiges zu berichten geben. Ich absolviere ja parallel eine Lehre als Laminatverlegerin und Handwerkerkoordinatorin.
Beim nächsten Umzug heuer ich Papas Handballherren an. Da hab ich noch gar nicht dran gedacht. Die können bestimmt auch was.
Klingt nach einem tollen Abend und tollen Handballhühnern :) So muss das! Viel Spaß bei Renovierung und Umzug!
Hanballherren können natürlich noch mehr zulangen als -damen. es geht bestimmt Einiges.
Ich kann mir das so richtig vorstellen und muss schmunzeln :)
Ein echtes Argument für Mannschaftssport!
Absolut!
Was ist denn „Mädchenbier“?
Alles, wo mehr drin ist als Bier: Bier + Holunder, Bier + Grapefruit, Bier + Apfel usw
Ich stell’s mir jetzt schon vor, wenn die Hühner beim Umzug helfen.
Da werden die Kartons zumindest fachkundig geworfen.
Medizinbälle waren gestern.
Chapeau!
gibts da auch Nachbarn?
(also so Leute, von denen man teilweise mehr mitkriegt als man will und was man dann in lustige Geschichten packen kann, frei nach dem Motto, „Lachen, wenns nicht zum Weinen reicht“ bzw. „lächle und sei froh, denn es könnte … … …“)
Gibt es. Daneben, darüber und gegenüber.
Das ist ja vor allem mal Werbung fuer den Wechsel auf die Trainerseite, wo man solche Einheiten zwanglos anordnen kann – und natuerlich fuer alle Ihre Handballhuehner.
Die Entdeckungen unter der ersten Tapetenschicht hingegen habe ich immer fuer den eigentlichen Nervenkitzel beim zur Miete wohnen gehalten. Ich hatte mal eine Wohnung, die muss – den Spuren die wir eine Schicht tiefer nach gefunden haben – mal komplett rosa (und ich meine: leuchtend Schweinchenrosa) gewesen sein. Das andere Highlight waren durch die halbe Wohnung laufende Kabel, die sich an beiden Enden als tot (mit nichts mehr verbunden) herausstellten. Aber wir kennen ja alle wie das ist.
//PS. Wenn das nun offizielles Training ist: muessen Sie dann zur naechsten Saison schon wieder umziehen?
klar … bei 17 Handballhühnern ist immer was zu tun.
Allein im Garten wüsste ich Etliches, was das Team erledigen könnte.
„17 an der Zahl“ … „einen Kasten Mädchenbier“.
Hmja, haben Sie vergessen, den Likör zu erwähnen?
De Schwangere trinkt nicht, und – hallo! Sie sollen arbeiten, nicht saufen. ;-)
In meiner Jugend (Gott, bin ich alt, jetzt red ich schon von meiner Jugend!!!) waren wir so 5 Mädels, die immer zusammen unterwegs waren. Innerhalb von 10 Jahren hab ich so etwa 20x beim Umzug geholfen bzw. wurde mir geholfen. Ich weiss also, wovon ich red. Und ich red jetzt davon, wie toll ich es finde, wenn man „UMZUG – HILFE“ schreit, und alle stehen Gewehr bei Fuss. Nicht hoch genug einzuschätzen, sowas! Egal ob es sich um Spachtelarbeiten, Tragehilfen oder Aufbauorgien handelt.
Oft ist es ja nicht so, sondern: Man selbst hilft auf fast jedem Umzug, und wenn man dann an der Reihe ist, stehen nur drei Mann vor der Tür.
Dagegen gibt es ein probates Mittel.
Cool. Eigentlich fehlen hier nur noch Vorher-Nachher-Bilder. Also nicht von den Hühnern, sondern von der Hütte. Gibt’s welche? :)
Nicht so richtig. Vorher schon, nachher müsste ich machen.
auf handballer is halt verlass ;)
Sehr schöne Geschichte, dem nächsten, der umzieht, empfehle ich vorher in den Handballverein einzutreten.
Volleyballer können das bestimmt auch. Und Fußballer. Und Ruderer.
Vorher-Nachher-Bilder hätte ich auch so sehr gerne gesehen – vom Haus und von den Handball-Hühnern. ;-)
Die Handballerinnen sahen natürlich top dabei aus.
Ist ja fast besser als der Vergleich deutscher und polnischer Handwerker ( http://www.youtube.com/watch?v=49EOslVtYtA ).
Kenn ich. Ist super.
Ich empfehle auch Feuerwehrleute für den Umzug – nur beim Möbelaufbau nicht so zu empfehlen, weil die eher den fachgerechten Abbau gewöhnt sind… :D
Feuerwehrleute … //*rrrrrrr.
Coole Aktion!
Das ist eine tolle Mannschaft! :)
Kommen die dann auch noch zum Tapezieren und Kisten schleppen oder drücken die sich dann ganz gekonnt, nachdem sie sich schon bei mehreren Schichten Tapete und Fliesen ausgetobt haben?
Ach, ich glaube, die kommen auch nochmal, solang die Verpflegung stimmt.
Verpflegung und: Handschuhe. Habe am Anfang auch drüber gelacht, aber für jeden einen Satz Baumwoll-Arbeitshandschuhe (mit Noppen!) aus dem Baumarkt steigert die Arbeitsmoral massiv.
Da kann ich nur zustimmen! Hab meinen Mann auch erst etwas verwirrt angeschaut, als der mir Handschuhe in putziger Damengröße mitbrachte, aber 1. trägt sich damit alles deutlich besser, rutscht nämlich weniger, 2. hole ich Bullerballer mir weniger Kratzer an den Händen und 3. sind die orange-schwarz! Mit Tigerstreifen quasi! Roar!
also ich bin auch jemand der sich eine wohnung nach dem garten suchen könnte (wennichsuchenmüsstewasichglücklicherweisenicht mussdaschonvorhanden) ich könnt‘ inner‘ kellerwohnung.
verbesserung: hab das nicht vergessen. ich könnt inner‘ kellerwohnung NICHT
ich freu mich ja schon so auf mein Buch ;-)
[…] Dings … so ähnlich wie Wischtechnik. Die Handballhühner haben mich von diesen Tapeten befreit und auch gleich die Wandfliesen mit abgekloppt. Der Fliesenleger hat dann den Rest erledigt und […]