Heute hatte ich Urlaub.
Ich habe meine Diss abgegeben, und wo ich schonmal frei hatte, bin ich zu Unsaomma gefahren, um nachzusehen, ob sie wieder Zähne hat. Denn Sie erinnern sich vielleicht: Unsaomma hat ihr Gebiss ins Klo fallen lassen.
Ich komme in ihr Zimmerchen. Sie sitzt in ihrem flauschigbraunen Seniorensessel mit ferngesteuerter Aufstehautomatik und strahlt wie Nadja Abd El Farrag nach ihrem ersten Bleeching.
„Du hast ja wieder Zähne“, sage ich fröhlich.
„Schön, woll!“ sagt Unsaomma.
„Sieht gut aus“, sage ich. „Sitzen die auch richtig?“
Unsaomma zieht ihre Augenbrauen zur Nasenwurzel und macht mit ihrer Tatterhand eine wegwerfende Geste. „Unten is locker“, sagt sie und schiebt zum Beweis ihre Zunge unter ihr Gebiss und lässt es auf die Lippe hängen.
„Dann musst du jetzt beim Pippimachen den Mund zulassen“, sage ich. „Und durch die Nase atmen.“
Sie saugt ihre Zähne zurück in den Mund. Klackernd rasten sie ein. „Nicht gut“, sagt sie, beugt sich vor und deutet auf die gegenüberliegende Wand. „Da.“ Sie wackelt nervös mit dem Zeigefinger. „Da fehlt eine. Kannst du die drucken, vom Computer?“
Ich folge ihrem Finger. Dort hänge ich, sechs Monate alt, und neben mir hängen Prinzessin Viktoria und Prinz Daniel und William und Kate.
Ich frage: „Wen meinst du?“
„Die von Monaco. Die gabs nicht inne Zeitschrift. Die so schwimmt. Von Afrika.“
„Charlène.“
„Deine Mutter sagt, du kannst Poster machen. Mit dem Computer.“
„Kann ich machen.“
„Machst du, ja?“
„Schicke ich dir mit der Post.“
„In Farbe, ja?“
„Auch in Farbe.“
Sie lässt sich zurück in den Sessel fallen. „Dann ist gut. Dann mach’s dir bequem.“
Kommentare
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Das ist so großartig. Alles. (Würde hier gerne etwas qualifizierteres schreiben, mir fällt aber nichts ein. Also lass ich’s.)
Amüsieren Sie sich einfach.
//*schenkt Bubble-Tea ein
Geht mir genauso. Wobei: ich vermisse ja hier die Prinzessin Madelaine von Schweden, in der schwedischen Fachpresse „Madde“ genannt. Wenn Sie vielleicht auch dieses Bild ausdrucken könnten? (Bitte an mich …)
Nicht „ausdrucken“.
Poster machen. Mit dem Computer.
Klingt irgendwie viel schöner. :-)
Danke für den Bubble-Tea. Könnte ich mir eigentlich heute noch mal holen…
Ob die Ehe noch so lange hält? Bitte schnell drucken.
Der Fürst ist ja ein Wilder.
Hauptsache, die Braut im Kleid ist drauf. Den Fürst kann man im Fall mit der Nagelschere wegschneiden.
Och Goddi, das ist ja herzlichst süß. Können wir nicht mal Ommas tauschen? Vielleicht wenigstens für einen Tag? Ich möcht‘ auuuuuch so ’ne Omma…
Leihen Sie sie sich ruhig mal aus. Dann kommt sie ein bisschen rum. Aber Obacht: Immer gut festhalten. Sie strauchelt gern.
Wer ist denn das Pummelbaby links? Auch was königliches?
Pummelbaby? Ich sehe kein PUMMELbaby.
Oh, hab nochmals gelesen. Das sind ja Sie, die Königliche :-))))))))
Eine Pummelprinzessin.
Jetzt selbstverständlich nur Prinzesschen,
oder NesschenPrinzesschen.
(So als kleine Wiedergutmachung fùr das böse Wort von vorhin
Koennen Sie denn den Goldrahmen gleich mitdrucken, oder hat Ihre Frau Oma da sowieso einen Vorrat?
(Vielleicht werden ja auch Rahmen aus einer ungluecklichen Scheidung wieder frei – dem Hoerensagen nach ist in Spanien ja grade eher schlechte Stimmung).
Ich werde mal sehen, was sich mit Photoshop machen lässt.
In Spanien? Dat Lätizchen? Die hält doch Händsche mit de Lullatsch? Nä?nimmer?
Infos bitte unverzüglich:-))
Genau so gehört das an die Wand! Unsaomma gefällt mir :-)
So hat sie ihre Lieben ganz nah beieinander und vom Sessel aus im Blick.
Sprich mal mit Unsaomma über die Bildreihenfolge. Die von Monaco gehört eigentlich nach ganz rechts und nicht neben dich. ;-)
Ach … Zeit. Schall und Rauch.
ach, was tät ich, auch wieder so eine Omma zu haben.
Meine hatten es alle eilig, in den Himmel zu kommen.
Oder sie waren schon sehrsehr alt.
Insgesamt hatte ich vier, mit nur zweien war ich verwandt – aber was schert einen Verwandtschaft?
Bei so einer Omma ist nicht wichtig, dass sie verwandt ist. Zeit muss sie haben und das Herz am rechten Fleck.
Ich gratuliere sehr zu Unsaomma.
Unsaomma ist auch sehr alt. Sie ist so eine Art Quastenflosser.
Unsaomma (also unsa, nicht eueromma) war auch immer vorne mit dabei, hatte all e rentnerbravos, und ich musste mir schon als ganz kleines kind die verwandschaftlichen Verhältnisse des Europäischen Hochadels antun.
Immerhin (dieses Wort ist toll, daher der inflationäre Gebrauch im Moment) sind da Bilder drin.
Meine Oma, geboren aus einem fruchtbaren Schoß, klärte mich immer über die verwandtschaftlichen Verhältnisse unserer Familie auf. Ich weiß bis heute nicht, wieviele Großonkel- und Tanten ich eigentlich habe, denn ohne Bilder aber mit visuellem Lerntyp kein Merkerfolg. Was ja auch schön war, so durfte sie mir die Geschichten über Onkel X und Tante Y mehrmals auftischen. Pflichten einer Enkelin.
@Frau Charlotte: Rentnerbravo, gnihi.
@Frau Illy: Kurios wird es auch dann, wenn Ihnen auf gesellschaftlichen Events oder beim Bummel in der Heimatstadt wildfremde Menschen begegnen, Ihnen in die Wange kneifen und sagen: „Ach, die kleine Nessy! Ich kannte dich schon, als du so warst“ – hält Hand flach über den Boden – „nein, sowas! Wie geht’s dir denn?“
Frau Nessy, ich find das toll, dass Sie das auch kennen. Da wähne ich mich in guter Gesellschaft.
Die Unsaomma-Geschichten finde ich immer sehr rührend. Und erheiternd.
Ich wünschte, es gäbe noch ein, besser beide Meineommas.
Naja, Ihreommas trösten ein bisschen darüber hinweg…
:-)
Die eine Omma sitzt schon auf einer Wolke. Unsaomma ist jetzt 88, möchte seit 30 Jahren sterben, wird aber noch weitere 20 machen.
Herrlich! So rührend, diese Geschichte! Ich hatte eine Uroma, keine echte, sie war die Großmutter meines Stiefvaters, und war mit einem langen Leben gesegnet (sie sah das anders „Na muass i denn sooooo oit werdn, ha?“), daher durfte ich sie noch bis vor 5 Jahren „Häusloma“ nennen (no na, sie wohnte im Austragshaus, daher der Name). Und immer, wenn Sie eine Unsaomma-Geschichte posten, fällt mir meine Häusloma ein. Als sie nicht mehr aufstehen konnte, und zu ihrem Geburtstag ein Stamperl Likör verlangt hat. Und 1000 andere Geschichten. Unvergesslich. Unwiederbringlich.
In Ihrem Dialekt ist das alles noch schöner!
Mein Großvater war auch nicht schlecht….als ich ihn besuchte kam ich ins Wohnzimmer und an der Wand klebte ein Zeitungsausschnitt. Zusehen war eine südamerikanische Dolly Buster. Ich drehte mich zu meinem Opa und fragte geschockt was das ist. Er so: „Hab´s aufgehängt, weil die schöne Brüste hat“…….na dann….
Zumindest war Ihr Großvater ehrlich. Im Flieger nehmen die Herren Geschäftsreisenden den Playboy ja immer nur „wegen der tollen Reportagen“.
gut, dass ich nie fliege.
Ihr Großvater ist ein Schlawiner.
Ich liebe Unsaomma! Und schön, dass sie wieder Zähne hat. Ist auch so ein bisschen blöd ohne.
Aber wieso ausgerechnet die Monegassen? Die gehören doch gar nicht zum Hochadel. Aber wenn’s nur ums weiße Kleid geht ist das natürlich was anderes.
Frisch verheiratet + entfernt adelig = reif für die Fotowand von Unsaomma.
Und ich lese immer: Unasomma. Irgendwann ist mir das dann aufgefallen, dass es Unsaomma ist, da musste ich mich nicht mehr so über das (schöne) Wort wundern. Na ja, damit bin ich wahrscheinlich nicht die Einzige, falls das schon tausendmal angemerkt wurde: bitte ignorieren. Danke und danke auch für die Unsaommageschichten.
Andrea, das hab ich als Schnellleserin auch ne Weile so verstanden.Iich dachte, dass es ein besonders poetischer Name für insomnia=Schlaflosigkeit wäre. Irgendwann dämmerte es mir dann.
da hab ich ja den regionalen-Dialekt-Versteher-Bonus.
Für mich wars gleich klar.
Kennse nich‘? Unsa Omma? Unsa Oppa? Unsa Siechfried ihm sein Bütterken?
Onsrrrrooooma, so hieße sie in meiner Heimat.
S’isch nons mai……sagte sie, wenn sie darauf hinweisen wollte, dass sie bald sterben würde. Tat sie dann doch nicht.
An der Wand hingen Heiligenbildchen, Lourdesmadonnen und der Papst. Im Garten bekam eine Lourdesmadonna sogar ihr eigene Höhle, aus Tropfsteinen.
Als sie noch jünger war und ab und an ihrer 8 Kinder überdrüssig, schwang sie sich auf’s Fahrrad und besuchte örtliche Ereignisse. Filmaufnahmen und Gerichtsverhandlungen waren die Höhepunkte.
Omas gibt’s hier, das ist die wahre Pracht. Jetzt auch noch eine heldenhafte Gerichtszuschauerin. Die konnte doch irgendwann schon in der ersten Instanz erkennen, ob Töpfchen oder Kröpfchen?!
Hach, schön.
Meine Oma war neugierig, aber nicht an Tratsch interessiert. Sie las und hatte Briefwechsel mit Gott und der Welt. Nebenher betreib sie noch die Poststelle und eine Auskunftei. Ach ja, sie webte, spann Wolle und stickte auf Leinen. Und hatte einen großen Blumengarten. Wenn man kam, war die Bude voller Leute, die sich besuchten und oft um Rat fragten.
Erstaunlich für eine Bauersfrau, die nie mit auf’s Feld ging. War ihr zu blöd, ach ja, und der Heuschnupfen war auch noch da.
Jetzt hab ich ihn.
Sag ich ja: Prachtoma!
Heißt der aus GB nicht William?
Kommt drauf an, wen Sie fragen – Unsaomma oder den Rest der Welt.
Ach neee, die Charlene, können Sie die Ihraomma nicht ausreden? Die guckt doch immer so vergnatzt. Wie wärs mit denen Dänen, Frederik und Mary glaub ich, und den süßen Zwillingen, die sehen doch immer freundlich aus. Jedenfalls bei meinem Friseur. Aber die Charlene, neee…
Aber Glückwunsch zu den Zähnen!
(Man freut sich ja, dass die Kasse doch findet, dass das noch lohnt. Da hat man ja bezüglich neuer Oberschenkelhälse auch schon mal was anders läuten hören…)
Einfach herrlich. Ich genieße Ihre Geschichten von „unsa Omma“ immer. :)