Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Lektüre«

Ferienlektüre

8. 06. 2012  •  23 Kommentare

Urlaubsbücher:

Carofiglio, Cleave, Devi, Follett, Gavalda

Gianrico Carofiglio. Ragionevoli dubbi. (Das Gesetz der Ehre) 
Ein neuer Fall für Anwalt Guerreri. Diesmal trifft er auf einen Widersacher seiner Kindheit: Fabio Paolicelli. Dem früheren Bandenführer wird Drogenschmuggel vorgeworfen. Guerreri soll ihn raushauen. Genauso wie der erste Band der Guerreri-Reihe, „Testimone incosapevole“ („Reise in die Nacht“), ist „Ragionevoli dubbi“ ein lesenswertes Buch – ein klassischer Gerichtskrimi in einem wunderbar unaufgeregten Schreibstil und mit einer sympathischen Hauptfigur.

Chris Cleave. Little Bee. (UK: The Other Hand)
Die Britin Sarah und die Nigerianerin Little Bee sind tragisch miteinander verbunden: Sarah rettete ihr am Strand in Afrika einst das Leben. Nun ist Little Bee als Asylbewerberin in London. Die einzigen Menschen, die sie kennt, sind Sarah und ihr Mann Andrew. Das Buch erzählt aus wechselnden Perspektiven und fließt trotz des schweren Thema leicht dahin. Die Geschichte selbst wirkt etwas unrealistisch. Am besten hat mir die subtile Charakterisierung von Sarahs Liebhaber Lawrence gefallen.

Jamuna Devi. Jamuna.
Jamuna ist 16 und wohnt in Neukölln. Ihr Vater ist Libanese, ihre Mutter Deutsch-Perserin. Als ihr Vater Spielschulden macht, verkauft sie sich als Escortdame. Die Geschichte ist in der Ich-Form erzählt. Jamunas Stil ist rotzig und pubertär – man muss ihn möge. Ich fand ihn authentisch, genauso wie die Figur des 16-jährigen Teenagers, der vorgibt, cool zu sein und klarzukommen, während genau das Gegenteil der Fall ist.

Ken Follett. Sturz der Titanen.
Die große Jahrhundertsaga auf 1000 Seiten: In Europa bricht der Erste Weltkrieg aus. Follett verwebt vor dem Hintergrund dieser Kulisse das Schicksal eines britischen Kohlearbeiters und seiner Schwester, einer Adelsfamilie, eines deutschen Diplomaten und zweier russischer Brüder. Das Buch fesselt nicht so sehr wie bei Follett gewohnt, ist aber trotzdem eine gefällige Lektüre.

Anna Gavalda. Ein geschenkter Tag.
Drei Geschwister – Lola, Simon und Garance – machen sich auf den Weg zu einer Hochzeit. Sie kommen auch an, fahren dann aber fort zu ihrem Bruder Vincent, der in einem nahe gelegenen Schloss den Fremdenführer gibt. Sie erleben einen unbeschwerten Tag und hängen ziellos ihren Kinderheitserinnerungen nach. Eine nette Erzählung – mehr aber auch nicht.

Philip Gould: When I die

4. 05. 2012  •  23 Kommentare

Buchtipp.

Philip Gould: When I Die

Im Jahr 2007 erfährt Philip Gould, dass er an Speiseröhrenkrebs erkrankt ist. Er unterzieht sich einer Chemotherapie, einer schweren Operation, weiterer Chemotherapie und Bestrahlungen. Aber der Krebs kommt zurück. Er wird erneut operiert, er erhält erneute Therapien. Im Herbst 2011 ist klar: Er wird sterben. Bald. In seinen letzten Monaten schreibt er ein Buch. Es heißt When I die. Lessons from the Death Zone.

Als ich schrieb, dass sie Krebs hat, bekam ich eine E-Mail aus London. Die Verfasserin sagte mir, sie habe in der Times einen langen Artikel über Philip Gould gelesen. Zeitgleich seien posthuman seine „last thoughts“ herausgekommen. Das Buch sei sehr inspirierend. Sie empfahl es mir nicht nur, sondern bestellte es auch für mich, weil es in Deutschland noch nicht erhältlich ist – und sie bestellte es nicht nur, sie schickte es mir auch und schenkte es mir, umwickelt mit einer roten Schleife und begleitet von einer lieben Karte. Das ist absolut großartig und hat mich sehr bewegt. Danke noch einmal dafür.

Ich habe das Buch gelesen. Es ist aufwühlend. Philip Gould beschreibt darin, wie er sich dem Tod stellt, wie er hofft, wie er Angst hat, wie er Freude empfindet, wie er Frieden mit dem eigenen Verschwinden findet und wie ihn ab diesem Zeitpunkt seine Furcht verlässt.

„I want to say something else as well, because this is not a seminar. In six weeks or less, I will be dead. Before then, I will face huge fear. This is the real, unavoidable experience that is coming unstoppably my way. The moment you accept the imminence of death, fear disappears – up to a point.“ (p.126)

Er drückt dabei nicht auf die Tränendrüse, im Gegenteil, er beschreibt nüchtern und sachlich. Aber er verschweigt nicht das Leid und die Erniedrigungen, die der Krebs mit sich bringt: die Magensonde, das Gepflegtwerden, die Gewissheit, seiner Familie durch seine Krankheit Schmerzen zuzufügen. Doch das Positive überwiegt: Er erhält das Geschenk, seinen eigenen Tod vorzubereiten, sich zu verabschieden, Nähe zu genießen und abzuschließen mit dem, was ihm am Herzen liegt.

„I am enjoying my death. There is no question I am having the most fulfilling time of my life. I am having in many ways the most enjoyable time of my life. I am having these moments of ecstasy. I am having the closest relationship with all of my family. This is the most intense time of my life.“ (p.128)

Am meisten beeindruckt hat mich, wie er seine Beerdigung plant – gemeinsam mit Victor, the gravedigger, „a six-foot-six giant with a shovel over one shoulder“ (p.138). Er geht auf den Highgate-Friedhof und sucht sich ein Grab aus, denn es gibt ihm eine innere Ruhe, den Ort zu sehen, ihn zu betreten und im Wortsinne zu erleben, an dem er seine Ewigkeit verbringen und an dem er in Zukunft seine Frau, seine zwei Töchter und seine Freunde treffen wird.

Philip Gould erzählt seine Geschichte bis zum 3. November – bis drei Tage, bevor er stirbt. Danach übernimmt seine Tochter Georgia – einschließlich des Moments, an dem ihr Vater sie verlässt.

„I am holding on to his left had, Grace his right. Mum has her arms around his neck, leaning on his chest. The Gregorian chant fills the room and as it reaches its last note, Dad gives a shudder and lets go.“ (p.178)

Philip Gould stirbt am 6. November 2011 um 21.30 Uhr. Seine letzten Worte sind:

„I am going to crash out now, I’m done.“ (p.173)

Der Regisseur und Fotograf Adrian Stein begleitete Philip Gould in seinen letzten beiden Lebenswochen, sprach mit ihm und portraitierte ihn auf seinem eigenen Grab:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=S2eUw0CUuMc&w=480&h=274]

Enjoy.

Frühlingstag

28. 04. 2012  •  50 Kommentare

Liebes Tagebuch, heute habe ich …

… ein rosa Blümchen gekauft.

Blümchen in der Blühbirne

Blümchen in der Blühbirne

… der Winkequeen und der Winkeblume beim Winken zugeschaut. Hamma, was bei praller Sonne geht. Die Winkeblume hat sich in einen totalen Rausch gewinkt.

Winkequeen mit Winkeblume

Winkequeen mit Winkeblume

… einen Haufen Blumen gekauft und den Balkon gepimpt. Danach auf den Balkon gelegen, Musik gehört und in der Sonne gechillt. Im Bikini. Im April. Goil.

Balkon gepimpt.

Balkon gepimpt.

… lecker gekocht: Hähnchenkeule auf Spargel und Rhabarber. Mit Sekt und Rosmarin. Ein Rezept von Frau Juliane. Der Sektgeschmack war super. Morgen gibt’s die zweite Portion.

Hähnchenkeule mit Spargel und Rhabarber

Hähnchenkeule mit Spargel und Rhabarber

… die zuletzt gelesenen Bücher fotografiert. Diesmal wieder mit Hund.

tschick, River, Das wird ein bisschen wehtun

Bücher

Wolfgang Herrndorf. tschick.
Maik ist ein Langweiler. Er steht auf Tatjana, traut sich aber nicht an sie ran. Dann feiert Tatjana Geburtstag, aber Maik ist nicht eingeladen. Es sind Sommerferien, Maiks Mutter ist in der Entzugsklinik, und sein Vater ist mit seiner Geliebten auf Geschäftsreise. Dann steht plötzlich Tschick mit einem geklauten Lada in der Auffahrt von Maiks Elternhaus. Eine wilde Fahrt beginnt. – Ein prima Roman, kurzweilig und temporeich. Die einfache, unverblümte Sprache gefällt mir. Kann man gut lesen.

Donna Milner. River.
Kanada, 1960er Jahre. Natalie Ward lebt mit ihren Eltern und ihren Brüdern auf einer Milchfarm. Eines Tages steht River, ein Hippie aus den USA, auf dem Hof. Das Leben der Familie nimmt eine Wendung. – Ein eindringlicher Roman. Irgendwann habe ich geahnt, welche Richtung die Geschichte nimmt. Aber das hat sie nicht minder spannend gemacht.

Stefan Schwarz. Es wird ein bisschen wehtun.
Max ist Mitte 40, mit Dorit verheiratet und in seine Kollegin Nergez verknallt. Als sein Sohn Konrad seine erste Freundin anschleppt und sein Vater pflegebedürftig wird, kommt er in eine Lebenskrise. – Das Buch beginnt gut, die Geschichte hat Potential. Aber dann wird sie schnell stereotyp. Besonders die Story rund um die dicke Vroni, die Fernsehjournalist Max mit einer neuen Badewanne beglückt, ist plump und dümmlich. Fazit: geht so.

… und weil wir ein wichtiges Spiel haben, habe ich dann noch mein Hello-Kitty-Glückstattoo aufgeschnallt.

Hello-Kitty-Glückstattoo

Hello-Kitty-Glückstattoo

Ein toller Tag.

Tschüs,
Deine Frau Nessy

Vier Bücher

15. 04. 2012  •  18 Kommentare

Die vier Bücher der vergangenen Wochen:

Bücher

Johanna Adorján. Eine exklusive Liebe.
Vera und István sind ungarische Juden. Sie überlebten den Holocaust und flohen nach Dänemark. Sie sind alt, und sie nehmen sich gemeinsam das Leben: Er ist schwer krank, sie möchte nicht ohne ihn sein. Johanna Adorján erzählt den letzten Tag im Leben ihrer Großeltern – mit Distanz, aber auch mit Wärme. Traurig, schön und – ja, auch ermutigend.

Per Olov Enquist. Der Besuch des Leibarztes.
Ein Buch über den dänischen König Christian VII., einen geisteskranken jungen Mann, seine arrangierte Heirat mit der 13-jährigen, englischen Prinzessin Caroline Mathilde und über Christians Leibarzt Johann Friedrich Struensee. Wegen des Geisteszustandes Christians übernimmt im Hintergrund Struensee die Regentschaft – und hinterher auch die ehelichen Pflichten des Königs. Das Buch ist aus der Sicht eines Chronisten geschrieben, beobachtend, beschreibend, bewertend, vorausgreifend – in einem unglaublich guten, außergewöhnlichen Erzählstil, der die Geschehnisse fast ironisch wirken lässt. Empfehlenswert.

Charlotte Link. Sturmzeit
Die Geschichte der jungen Felicia Degnelly, die während des Ersten Weltkriegs das Gut ihrer Familie in Ostpreußen verlassen muss, heiratet, als Krankenschwester an die Ostfront geht, sich scheiden lässt, eine erfolgreiche Geschäftsfrau wird und am Ende alles verliert. Das Buch ist recht schwülstig, und die Erzählung nicht wirklich packend. Was ich allerdings gut fand, war, mal einen Einblick in die Zeit des Ersten Weltkriegs zu bekommen – denn die meistens Bücher handeln entweder vom Zweiten oder sind historische Romane, die in früherer Zeit spielen. Fazit: Kann man lesen, muss man nicht.

Ferdinand von Schirach. Glück und andere Verbrechen.
Das bekannte Buch Ferdinand von Schirachs – in der Neuauflage zum Film. Ich kannte es noch nicht und war positiv überrascht: kurzweilige, kuriose, packende Geschichten, kühl und schlaglichtartig erzählt. Eine hervorragende Unterhaltung.

Bevor jemand fragt: Der Hund ist im Osterurlaub. Skifreizeit in der Schweiz.

Fremdlesen

28. 02. 2012  •  27 Kommentare

Sollten Sie sich zwischendurch langweiligen,

schauen Sie doch mal woanders vorbei. Neben den Damen und Herren, die in meinem Schaufenster stehen, habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten einige neue und alte Blogs entdeckt, die ich Ihnen vorstellen möchte.

Frau Anne.
Frau Anne mag das Ruhrgebiet. Das muss man wollen und ist allein schon ein Grund, sie zu lesen. Sie isst gerne, fotografiert viel und steht total auf Bubble Tea. Vor allem aber kommt sie voll knorke rüber.

Herr Wilson.
Schreibt unaufgeregt. Manchmal auch schlau. Was sexy sein kann, beides. Fährt einen alten Benz. Sonst nix Besonderes, aber alles sehr gefällig.

Frau Juliane.
Sie kocht. Danach fotografiert sie den Mampf so, dass er toll aussieht. Ich meine: Ich koche auch gut, aber wenn ich das Zeug fotografiere, sieht es aus wie Erbsensuppe. Wenn Sie also mal nicht wissen, was Sie kochen sollen: Bei Frau Juliane können Sie es nachgucken.

Frau Chirurgin.
Schneidet an anderen herum und freut sich darüber. Kann ich verstehen, würde ich auch tun, schließlich war ich schon immer der Basteltyp. Allerdings nicht mit dem nötigen Geschick, weshalb ich bei Frau Chirurgin nachlese, wie mein Leben mit mehr Talent hätte werden können.

Ach Naja.
Schreibt unsympathisch. Offenbart dadurch Einblicke und Wahrheiten. Ich lese ihn nur wegen dieses Gegensatzes.

An dieser Stelle möchte ich Sie an Frau Nicky erinnern. Denken Sie bitte an sie. Sie kann’s gebrauchen.

Vier Bücher

13. 02. 2012  •  13 Kommentare

Die ersten Bücher des Jahres 2012:

Fuchsberger, Kanger, Kehlmann, Mazzantini

Joachim Fuchsberger. Altwerden ist nichts für Feiglinge.
Ich hatte eine tiefschürfende Betrachtung des Lebens erwartet – Weisheiten eines alten Mannes. Stattdessen beschränkt sich Fuchsberger auf seichtes Geplauder über Beschwernisse des Alters, Stationen seiner Karriere und Episoden aus seinem Leben. Das Lesen ist unterhaltsam, aber neue Erkenntnisse gewinnt man nicht.

Thomas Kanger. Der Geheimnisträger.
Auf dem Rathausplatz in Kopenhagen wird ein Mann ohne Gesicht und Hände gefunden. Seine Identität ist unbekannt. Alles, was Kommissar Vincent Paulen als Anhaltspunkt hat, ist ein Ring mit vier eingravierten Frauennamen. Wenig später wird die kleine Stadt Korsør besetzt. Der Krimi beginnt vielversprechend und ungewöhnlich: Er liefert nämlich erst 100 Seiten Vorgeschichte, in denen verschiedene Personen eingeführt werden. Doch dann krankt er unerwarteterweise an zu wenig Nähe zu den Figuren. Kann man lesen, muss man nicht.

Daniel Kehlmann. Die Vermessung der Welt.
Das Buch ist nicht neu. Ich war bislang allerdings nie dazu gekommen, es zu lesen. Der Roman erzählt das Leben des Mathematiker Carl Friedrich Gauß und des Naturforschers Alexander von Humboldt. Der ironische Tonfall gefällt mir. Aber die Geschichte ist arm an Höhepunkten, so dass sich der Erzählstil abnutzt. Überschätzt.

Margaret Mazzantini. Das schönste Wort der Welt.
Während der Olympischen Winterspiele in Sarajewo lernt Gemma den Dichter Goijko und seinen Freund Diego kennen. Diego und sie verlieben sich ineinander, leben miteinander. Der Wunsch nach einem Kind wächst – und auf dem Balkan beginnt der Krieg. Die Geschichte beginnt verhalten. Mazzantini erzählt sehr episch. Manche Seiten mochte ich gar überblättern, dann wiederum kommen 30, 40 oder 50 Seiten mit intensiven Episoden, die fesseln. Es ist ein Buch, das erst nach dem Lesen Eindruck hinterlässt – und endlich mal eines, das den Krieg im ehemaligen Jugoslawien aufarbeitet. Zu empfehlen.

Bücher sortieren

1. 02. 2012  •  198 Kommentare

Komme ich in einen Haushalt, sehe ich mir sehr gerne die Bücherwand an. Sie verrät Einiges über die Menschen, die dort leben. Es gibt die Freunde der leichten und der schweren Literatur, Krimileser, Liebesromanverschlinger, die Angeber und die wahren Bücherliebhaber. Fantasyromanmöger sind mir suspekt.

Jedem Haushalt aber ist gemein: Er sortiert seine Bücher anders. Herr Buddenbohms Sohn I deshalb schlägt vor:

„Man sortiert die Bücher doch am besten einfach so, dass die Geschichten, die richtig, richtig gruselig sind und besser nicht angefasst werden, wenn es gerade dunkel wird, weil sie nämlich vielleicht Monster anlocken könnten, auf der einen Seite stehen. Dann ist das viel weniger gefährlich, dann nimmt man die nicht aus Versehen mit ins Bett. Und auf der anderen Seite dann eben die ganzen anderen Bücher, die einfach nur schön sind und die man also immer lesen kann, weil da kommen keine Monster oder Gespensters. Das kann man doch leicht verstehen? Und dann müsste man doch gar nicht mehr so lange suchen?“

Ich gehe damit vollkommen konform, denn ich sortiere meine Bücher auch nach den Gefühlen, die sie auslösen. Nein, falsch – zuerst sortiere ich sie nach Genre: die Krimis stehen unten rechts, die historischen Romane oben links und dazwischen die Gegenwartsliteratur. Ganz unten, direkt neben ein paar Fotoalben, verstauben noch die Bücher aus dem Studium.

Innerhalb des Genres aber sortiere ich nach guten und schlechte Gefühlen, nach Freude, Fröhlichkeit, Mattheit und Tristesse. Ein bisschen auch danach, wie mir die Geschichten gefallen haben – was aber nichts mit den Gefühlen zu tun hat, die sie vermitteln. So finde ich jedes Buch problemlos wieder. Besucher allerdings sind aufgeschmissen.

Wie sortieren Sie Ihre Bücher? Nach Inhalt? Nach Alphabet? Nach Farbe?

Fünf Bücher

7. 01. 2012  •  15 Kommentare

Gelesen:

5 Bücher: Carofiglio, Mercier, Pauer, Schwarzenbach, Tremain

Gianrico Carofiglio. Testimone inconsapevole. 
(Deutscher Titel: Reise in die Nacht)
Ein Krimi in Tradition der „Zeugin der Anklage“: Der Anwalt Guido Guerreri verteidigt den Afrikaner Abdou Thiam, dem vorgeworfen wird, einen kleinen Jungen entführt und getötet zu haben. Die Beweislage ist erdrückend, die Vorverurteilung bereits geschehen. Carofiglio erzählt angenehm zurückhaltend aus der Ich-Perspektive des Anwalts, der  im Gerichtsaal analysiert, argumentiert und in seiner Freizeit nebenbei mit seiner Nachbarin anbändelt. Ein wirklich gutes Buch, eine sympathische, tiefgründige Hauptfigur – eine Eins mit Sternchen.

Pascal Mercier. Der Klavierstimmer.
Die Zwillinge Patricia und Patrice sind erschüttert: Ihre Vater, ein Klavierstimmer, hat einen Opernsänger auf offener Bühne erschossen. Warum? Sie reisen zu ihren Eltern nach Berlin und gehen der Sache nach. In Tagebüchern erzählen sie sich gegenseitig ihre Erkenntnisse und Eindrücke. Das Buch ist episch und leidet aufgrund der doppelten Erzählstruktur  unter einigen Wiederholungen. Die Handlung beschränkt sich auf Gespräche mit den Eltern. Gesamteindruck: na ja. 300 statt 500 Seiten hätten es auch getan.

Nina Pauer. Wir haben keine Angst: Gruppentherapie einer Generation.
Wirtschaftskrisen, Terroranschläge, atomare Katastrophen – die Generation der 30-Jährigen hat alles mitgemacht. Davor hat sie keine Angst. Stattdessen ist sie bis ins Mark verunsichert und überfordert von ihren Möglichkeiten. Mit den Protagonisten Anna und Bastian zeigt Nina Pauer zwei Prototypen. Gründe und Analysen bleibt sie allerdings schuldig. Stattdessen beschreibt sie nur, bleibt an der Oberfläche und wirft Fragen auf, anstatt sie zu beantworten. Ich hatte mir mehr versprochen.

Annemarie Schwarzenbach. Das glückliche Tal.
Persien, im Angesicht des Demawend. Annemarie Schwarzenbach ist dort, erholt sich, reflektiert ihre Reise durch den Orient. Das Buch hat keinen Plot, keine Geschichte. Es erschließt sich schwer. Trotzdem fesselt es bisweilen. Schwierig zu sagen, ob es mir gefallen hat: Zweifellos hat es etwas, restlos überzeugt bin ich aber nicht.

Rose Tremain. Der weite Weg nach Hause.
Lev wandert aus. Weg aus der Ukraine, weg von seiner Mutter und seiner Tochter, nach Großbritannien, um dort sein Glück zu suchen. Denn zu Haus gibt es keins. Seine Frau ist gestorben, und Arbeit ist auch keine mehr da. Erst verdingt er sich als Prospektbote, dann als Küchenhilfe. Er zieht zu einem trunksüchtigen Iren, der ebenso melancholisch ist wie er. Mutig, unverdrossen und gelehrig improvisiert sich Lev durch die fremde Welt. Ein schöner, Mut machender Roman, ganz nah an der Hauptfigur.

Sechs Bücher

7. 12. 2011  •  36 Kommentare

Die Bücher der vergangenen Wochen:

Sieben Bücher rund um den Adventskranz

Maarten ‚t Hart. Der Schneeflockenbaum.
Die Geschichte des Ich-Erzählers und seines Freundes Jouri, der ihm sämtliche Frauen ausspannt. Die beiden nehmen die Stationen des jungen Lebens: Grundschule, Gymnasium, Studium. Die Erzählung ist flüssig und gefällig. Die Figuren sind sauber gezeichnet. Aber so ganz will der Funke nicht überspringen. Dafür fehlt der Spannungsbogen.

Jonas Jonasson.
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.

Ein Road Movie: An seinem 100. Geburtstag steigt Allan Karlsson aus dem Fenster seines Altenheims und haut ab. Er klaut einen Koffer, der zufällig einem bösen Bandenmitglied gehört, trifft diverse Kleinganoven und eine Frau mit einem Elefanten. In Rückblicken wird zwischendurch Allans Leben erzählt, in dem er sämtliche Diktatoren dieser Welt kennenlernte und als Schelm um die Erde zog. Was launig klingt, ist belanglos: Die Verknüpfung von Weltereignissen ist bemüht. Die flapsige Sprache nervt mit der Zeit. Die Erzählung ist vorhersehbar. Die Ideen wiederholen sich. Die sich ähnelnden Szenen langweilen.

Jo Nesbø. Headhunter.
Er ist Headhunter. Und er ist ein Kunstdieb. Bis er seinen Klienten Clas Greeve kennenlernt. – Der Krimi beginnt vielversprechend; kühl erzählt, aus der Perspektive eines unsympathischen Täters. Das ist ungewöhnlich. Das ist gut. Aber dann überschlagen sich die Ereignisse, der Thriller wird zum Actionsstreifen und verliert seine Spannung und Intensität. Schade.

Tatiana de Rosnay. Sarahs Schlüssel.
1942: Sarah lebt mit ihrer Familie in Paris und ist zehn, als die französische Polizei alle Juden der Stadt im „Velodrome d`Hiver“ zusammentreibt und nach Auschwitz deportiert. In letzter Sekunde schließt sie ihren kleinen Bruder im Wandschrank ein, mit dem Versprechungen, bald zurückzukommen. 60 Jahre später begibt sich die Journalistin Julie auf ihre Spuren. Die Geschichte ist gut, sehr gut sogar, aber der gefühlsduselige, wertende, frauenromanhafte Stil hat es mir manchmal schwer gemacht, sie zu genießen.

Tom Rob Smith. Kolyma.
Der ehemalige KGB-Offizier Leo Demidow ist nun Ermittler eine Mordkommission. Als mehrere Ex-KGB-ler sterben müssen und seine Adoptivtochter Soja entführt, muss sich Leo seiner Vergangenheit stellen. Die Geschichte beginnt vielversprechend. Die Stimmung ist beklemmend. Doch ab der zweiten Hälfte wird das Buch zu einem unglaubwürdigen Actionstreifen.

Jeanette Walls. Ein ungezähmtes Leben.
Die Geschichte von Lily Casey, die auf einer Texas Ranch aufwächst, Lehrerin wird, Kinder großzieht, illegal Schnaps verkauft, wilde Pferde zureitet und immer einen Revolver griffbereit hat. Es ist eine wahre Biographie mit ein bisschen Fiktion, denn Lily ist die Großmutter der Autorin. Der Erzählstil ist wie die Hauptfigur selbst: zielstrebig und pragmatisch. Ein gutes Buch.

Mein erstes E-Book

10. 11. 2011  •  88 Kommentare

Rebacca Gablé. Der dunkle Thron.

"Der dunkle Thron" auf dem Sony Reader
Zuerst zum Inhalt:
Robin of Waringham ist der jüngste Nachkomme des Waringham-Clans. Um ihn herum rankt sich die Geschichte Heinrich VIII. und seiner Tochter Mary Tudor („Bloody Mary“). Der Roman liefert Liebe, Intrige, Historie. Insgesamt leicht und gefällig, nie langweilig. Aber eben auch sehr – oder besser: zu – routiniert: Es hat mir ein bisschen an Liebe zum Detail und zu den Figuren gefehlt.

Zum Elektronik-Dingens:
Am Anfang war es etwas komisch, nur so ein dünnes Ding in der Hand zu haben. Ich hatte das Gefühl: Dort kann doch nicht die komplette Geschichte drin sein!

Was mich störte: Ich kann nicht einfach vor- und zurückblättern, die Geschichte durch die Finger rauschen lassen, schauen, wie weit es noch bis zum nächsten Kapitel oder bis zum zweiten Teil ist und die Entfernung in Fingerdicke messen. Bislang standen Lesezeit und die Lebenszeit der Figuren mit der Dicke des Buches in einem Verhältnis. Das fehlt.

Nichtsdestotrotz: Es ist zweckmäßig. 844 Seiten wiegen nur noch 220 Gramm. Für einen Viel-Unterwegs-Leser wie mich ist das super. Und ich muss mich nicht mehr fragen, was ich nach dem Lesen mit den Büchern mache. Gefällt mir. Sehr.



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